Sündige Herrschaft. Andreas Nass

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Название Sündige Herrschaft
Автор произведения Andreas Nass
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738039443



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Haus des Tischlers. Von dort kam der Schrei.« Eifrig zeigte die Wache ins Stadtinnere.

      »Bringt uns dorthin!«, befahl ich der kleinen Gruppe und sie nickten gehorsam, marschierten voraus und wir folgten in langsamen Schritt.

      Am Haus des Tischlers angekommen sahen wir den Hauptmann neben einem ausgestreckt auf dem Boden liegenden Toten stehen. Der Leichnam hielt noch eine große Holzfälleraxt in der Hand und war übersät von Wunden, die ihm scharfe Klauen zugefügt hatten. Holzsplitter verteilten sich bei der Haustüre, die gewaltsam aufgebrochen worden war.

      »Gebt einen kurzen Bericht, Hauptmann!«, wies ich Umbold an, während ich geschmeidig von dem Egniaygir abstieg.

      »Herrin«, neigte er sein Haupt, »als unser Trupp hier eingetroffen ist, fanden wir den Tischler bereits an seinen Wunden erlegen. Ich mag mich irren, denn das Licht war sehr schwach, aber ich glaube, einen Ork gesehen zu haben, der in die Gassen floh. Ein Schwarzpelz, nur schwer zu erkennen in den Schatten der Nacht.«

      Wogar führte sein Reittier an die Leiche heran, wo es laut schnüffelte, sich aber auf keine Spur einigen konnte. Seine Düsterdogge schnaufte noch mehrmals und knabberte gelangweilt an der freien Hand des Erschlagenen.

      »Nicht jetzt«, herrschte Wogar das Tier an und zog scharf an den Zügeln.

      »Hauptmann«, lenkte ich dessen Aufmerksamkeit auf mich, »lasst die Wachen feststellen, ob etwas entwendet wurde, nicht nur beim Tischler, sondern in der ganzen Stadt.«

      Ich selbst folgte Umbold in das Haus. Umgestürzte Stühle und zerbrochene Tongefäße waren ein deutliches Zeichen für einen heftigen Kampf. Blutspritzer verteilten sich auf dem Boden. Ich ging die Treppen hinauf und gelangte in das Schlafzimmer, wo sich ebenfalls Blutspuren befanden. An verschiedenen Stellen kniete ich nieder und nahm etwas Blut auf meinen Finger, schleckte daran und war mir schnell sicher, dass hier unterschiedliches Blut geflossen war.

      »Der Tischler muss seine Familie verteidigt haben«, erklärte ich meinen Gefährten, »denn hier haben weitere Menschen ihr Blut verloren, doch ihre Leichen sind fort.«

      »Zur Familie des Tischlers zählte seine Frau und seine zwei Kinder«, berichtete der Hauptmann.

      »Gib meinem Blutross eine Probe von ihrem Blut, Crish«, machte Moi’ra den Vorschlag, »vielleicht kann er der Spur folgen.«

      Kaum hatte das Blutross an dem Blut geschmeckt, zog es uns durch die Gassen einer unsichtbaren Fährte folgend zum Palisadenzaun. Dort hielt es an und starrte direkt auf die Holzwand.

      »Wartet, ich werde auf der anderen Seite nach der Fährte suchen«, und schon trieb Moi’ra ihr Reittier auf das Tor zu.

      Nur wenige Minuten später kam sie zu uns zurück und schüttelte enttäuscht den Kopf.

      »Ich konnte zwar die Fährte aufnehmen«, berichtete sie, »doch im nahen Wald verlor sich die Spur völlig.«

      Unruhig zappelte Wogar auf der Dogge hin und her. Mit einem Satz kletterte das Tier senkrecht an der Wand hoch und hielt auf einen Wachturm am Tor zu.

      »Es befindet sich keine Wache hier oben«, rief er zu uns hinab, »dafür aber frische Blutflecken. Jetzt ist guter Rat angebracht.«

      »Wir haben doch einen schlauen Gast in der Stadt«, erwähnte ich den Reisenden, »kommt, gehen wir ihn wecken.«

      Im Galopp erreichten wir schnell das Gasthaus und klopften lautstark gegen die Zimmertüre. Noch wesentlich lauter tönte ein ausgelöster, magischer Alarm. Ziemlich verschlafen öffnete Asanael.

      »Kommt mit, wir haben etwas, das Ihr besser mit eigenen Augen begutachten solltet. Und wenn Ihr darüber schon etwas in anderen Ländern gehört habt, so wären wir über diese Information sehr dankbar«, erklärte ich in knappen Worten.

      »Dann lasst mich noch schnell etwas Passendes anziehen«, bat er in seiner ruhigen Art. Kurz darauf stand er vor dem Gasthaus unseren Reittieren gegenüber.

      »Kommt, steigt auf«, bot ich ihm an, auf den Rücken von Gargarhaykal Platz zu nehmen, wohl wissend, dass er ihn nicht dulden würde, »dann sind wir schneller am Ort des Geschehens.«

      Ob es das lodernde Feuer der Hufe war oder der Blutgeruch, den das letzte Mahl hinterlassen hatte: beim Anblick unserer Reittiere sträubten sich dem Gelehrten sichtbar die Haare.

      »Nein, danke«, wies er voller Abscheu und doch um Höflichkeit bemüht mein Angebot zurück, »ich gehe lieber zu Fuß.«

      Während des Weges achtete Asanael sehr darauf, genug Abstand zwischen sich und den Tieren zu halten.

      Sehr ausgiebig widmete er sich dann der Begutachtung des Tatortes.

      Wogar untersuchte in der Zeit die Leiche des Tischlers.

      »Klauen wie bei wilden Tieren«, murmelte er seine Erkenntnisse, legte dabei einzelne Verletzungen frei, prüfte sie mit seinen Fingern oder nahm einen Dolch zu Hilfe, »nur hatte das Wesen in etwa die Größe eines Menschen. Aber das hier ist eigenartig. So tief, wie die Wunden gehen, hätte mehr Blut fließen müssen.«

      Moi’ra bückte sich und hob die Axt auf. Aus dem Augenwinkel sah ich etwas von dem Axtblatt abfallen.

      »Warte«, rief ich, »da ist etwas abgefallen, leider konnte ich nicht genau sehen, wo es auf dem Boden gelandet ist.«

      Ohne sich zu rühren schweifte der Blick des Mönches über den aufgewühlten Untergrund. Ich kniete mich hin und versuchte, in dem Gewirr von Steinen, Erde und Fußabdrücken etwas zu finden, wobei ich nicht wusste, wie es genau aussah. Nachdem ich mehrere Minuten lang erfolglos geblieben war, konzentrierte ich mich, berührte mit meiner Hand meine Stirn und aktivierte das dort befindliche, psionische Dritte Auge. Es schimmerte sanft grün und klärte meinen Blick für das Verborgene. Zwischen dem Dreck steckte ein nahezu schwarzer Holzsplitter, den ich vorsichtig aufnahm. An einem Ende des Splitters befand sich eine Kerbung mit Loch.

      Zwischen meinen Fingern hielt ich das Fundstück hoch und rief nach dem Gelehrten.

      »Die Leiche ist noch warm«, schloss Wogar seine Untersuchung ab und erhob sich, »aber tot. Sehr eigentümlich. Und was hast du gefunden, Crish?«

      Alle konnten einen Blick auf den Splitter werfen, aber keiner hatte eine Vorstellung, um was es sich dabei handeln konnte.

      »Vielleicht eine Schuppe, die abgeschlagen wurde«, spekulierte Moi’ra.

      »Und was bedeutet das Loch«, warf ich ein, »wenn es nicht von vorn herein vorhanden war?«

      »Sehen wir im Haus nach, ob sich weitere Splitter finden«, grummelte der Halbork.

      Nachdem wir wussten, worauf wir achten mussten, fanden sich noch zahlreiche weitere Holzsplitter im Hauptraum, die jedoch kein Loch aufwiesen. Die Haustüre war von Innen herausgedrückt worden, was auf eine überstürzte Flucht deutete. Hinweise, wie die Angreifer unbemerkt in das Gebäude gelangt waren, fanden sich zu meinem Ärgernis nicht.

      »Darf ich die Stücke kurz haben?«, bat der Gelehrte. Moi’ra musterte ihn kühl, presste ihm dann aber ein ganzes Dutzend der Splitter in die Hand. Mehrere Minuten lang konzentrierte sich Asanael, murmelte leise vor sich hin und hielt die Augen geschlossen. Als er uns wieder ansah, schüttelte er enttäuscht den Kopf.

      »Anhand der Splitter konnte ich eine Verbindung zu ihren Trägern aufbauen und den Ort ihres Aufenthaltes bestimmen«, erklärte er nüchtern, »leider wird uns dieses Wissen nicht viel nutzen, denn alles, was ich berichten kann, ist, dass wir im Wald der Ostmark nach ihnen suchen müssen.«

      »Und der ist groß«, fügte ich mehr an mich selbst gerichtet hinzu.

      »Herrin«, näherte sich aufgeregt ein Gardist und stand vor mir stramm, »wir haben nun das ganze Stadtgebiet durchsucht und die Bevölkerung befragt. Zehn weitere Personen werden vermisst, doch nichts wurde gestohlen.«

      »Hat sich schon einmal eine Entführung von solchem Ausmaß ereignet?«

      »Nein, Herrin, so etwas ist in Ostmark noch