Lücken im Regal. Elisa Scheer

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Название Lücken im Regal
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746748634



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      „Sie haben noch mehr Töchter?“, fragte Katrin. Immerhin, nicht das einzige Kind…

      „Fiona und Camilla. Drei Mädchen, und keine räumt jemals irgendetwas in ihr Zimmer.“ Sie seufzte theatralisch. „Also, was hat Becky angestellt? Eigentlich ist sie eine recht Brave – aber vielleicht erzählt sie mir auch bloß nicht alles…“ Sie ging, während sie sprach, in ein ebenso heftig bewohntes Wohnzimmer voraus. Katrin holte tief Luft. „Frau Rottenbucher, vielleicht sollten Sie sich hinsetzen…“

      „Oh Gott! Du lieber Himmel, ist es das, was ich jetzt denke? Nein, bitte nicht…“

      Katrin setzte sich neben sie auf das abgewohnte Sofa und legte ihr die Hand auf den Arm. „Ich fürchte, es ist so. Rebecca wurde heute Vormittag tot aufgefunden. Wir hätten jetzt natürlich viele Fragen, damit wir möglichst schnell herausfinden können, wer für diese Tragödie verantwortlich ist – aber wenn Ihnen das im Moment zu viel ist, wäre das verständlich. Dann kämen wir morgen wieder.“

      Joe nickte zufrieden: Sie machte das wirklich schon recht gut!

      Frau Rottenbucher sah sie mit tränenlosen Augen an. „Becky ist wirklich tot? Das glaube ich nicht, ich habe doch erst gestern mit ihr telefoniert! Haben Sie mal ein Taschentuch?“

      Katrin zückte die Packung und Frau Rottenbucher schneuzte sich kräftig. „Na, fragen Sie ruhig“, seufzte sie dann. „Aber ich glaube nicht, dass es Ihnen viel nützen wird…“

      „Zunächst: Worum ging es denn in dem Telefonat gestern?“

      „Das war eigentlich gar nichts Besonderes. Ich wollte wissen, ob sie dieses Wochenende mal vorbeikommt. Sie hat gemeint, sie hat wahrscheinlich keine Zeit, weil sie noch eine Arbeit schreiben muss. Das sagt sie ja immer!“

      Sie sah Katrin empört an und jetzt füllten sich ihre Augen doch mit Wasser, wahrscheinlich war ihr aufgefallen, dass Becky dies nie wieder sagen würde.

      „Sie kommt – kam – also nur selten hierher zurück?“

      „Ja.“ Das klang schon recht erstickt und Katrin reichte ihr schnell ein neues Taschentuch.

      „Sie meinte, ich würde zu viel herummeckern. Dabei wollte ich doch bloß wissen, wann sie mit ihrem Studium fertig ist, schließlich muss ja Milly auch noch, die macht nächstes Jahr Abitur… bloß gut, dass Fi schon mit allem durch ist…“

      „Wo hat Rebecca denn dann gewohnt, wenn sie hier nur noch zu Besuch kam?“

      „Besuch!“, schluchzte Frau Rottenbucher, „genau, so war sie, so fremd, plötzlich. Fi ist ja auch nicht mehr hier, aber die hat ja auch schon geheiratet, da ist das ganz normal. Wenn Becky wenigstens schon einen richtigen Beruf gehabt hätte…“

      „Sie wollte Lehrerin werden, nicht wahr?“

      „Ja. Hab ich auch nie verstanden. Warum nicht schön ins Büro – oder etwas mit Mode? Fremde freche Kinder erziehen…“

      Katrin überlegte, dass sie wohl auch ausgezogen wäre, um sich dieses Geschwätz nicht dauernd anhören zu müssen.

      „Aber jemand muss doch auch dafür sorgen, dass unsere Kinder etwas lernen?“

      „Warum ausgerechnet meine Becky? Sie sehen doch, wohin das geführt hat!“

      „Nun, ob ihr Studium etwas damit zu tun hat, wissen wir doch noch gar nicht.“

      „Ach ja – wie ist es denn eigentlich geschehen?“

      „Wir behalten die Einzelheiten noch für uns, das kann für die Ermittlungen wichtig sein. Aber Rebecca wurde in der Bibliothek für mittelalterliche Geschichte gefunden, so viel kann ich Ihnen schon verraten.“

      „Muss ich – muss ich – sie identifizieren?“

      „Das wäre günstig, aber wenn Sie es nicht über sich bringen können, können wir auch jemand anderen fragen, der sie gut gekannt hat. Wo hat sie denn nun gewohnt?“

      „Offiziell hat sie immer noch hier gewohnt, immerhin ist das ihr Elternhaus!“

      „Ja, Frau Rottenbucher, das wissen wir. Schließlich haben wir Ihre Adresse aus Rebeccas Personalausweis entnommen.“

      „Ach, dann war ihre Handtasche noch da? Also war es kein Raubüberfall?“

      „Nein, davon gehen wir derzeit nicht aus“, warf Joe ein, der bisher das Gespräch nur verfolgt hatte. Frau Rottenbucher warf ihm einen waidwunden Blick zu und führte das Taschentuch an die Augen.

      „Aber dann – wer könnte denn wohl…? Ich verstehe das nicht“, klagte sie dann.

      Katrin unterdrückte einen gereizten Seufzer. „Genau das möchten wir herausbekommen. Und dazu könnte es beitragen, wenn wir wüssten, wo Rebecca gewohnt hat, nachdem sie hier ja nur noch besuchsweise aufgetaucht ist.“

      „Ja, das stimmt natürlich. Recht undankbar, nicht wahr? Nach allem, was ich für sie getan habe…“

      „Frau Rottenbucher, bitte! Wo hat Rebecca gewohnt?“

      „Ach, irgendwo hinter der Uni. So genau wollte ich das gar nicht wissen. Sicher in einem ganz verwahrlosten Haus. Sie hatte dort wohl ein Zimmer…“

      Frau Rottenbucher verdiente sicher jede Anteilnahme, dachte Joe, aber diese Art, Fragen gar nicht oder wenigstens betont vage zu beantworten, war schon recht anstrengend. Katrin verdrehte in seine Richtung kurz die Augen und fragte dann weiter: „Zur Untermiete oder in einer WG? Einer Wohngemeinschaft?“

      „Ist das nicht egal?“

      „Nein, das ist nicht egal!“ In Katrins Ton hatte sich erkennbare Schärfe eingeschlichen. „Wir hoffen, dass eventuelle Mitbewohner uns weiter helfen können. Die müssten wir aber erst einmal auftreiben. Und dazu wäre die Adresse nützlich, die Sie aber offenbar nicht kennen. Oder nicht kennen wollen. Also müssen wir alle WGs an der Uni abklappern – ein unglaublicher Aufwand, da darf in den nächsten Tagen nichts mehr passieren, wo Polizei gebraucht würde. Müssen wir auch noch alle Untermietverhältnisse überprüfen, dauert es noch länger. Vielleicht ist Ihr Mann ja besser informiert als Sie?“

      „Mein - Mann hat uns vor fünf Jahren verlassen. Er hat wohl eine Jüngere gefunden, aber das wollte ich so genau gar nicht wissen.“

      „Mir scheint, Sie wollen eine Menge Dinge nicht so genau wissen“, warf Joe ein, der kurz davor stand, die mäßig trauernde Mutter aufs Präsidium mitzunehmen. Wollte sie nicht, dass der Mord an ihrer Tochter aufgeklärt wurde?

      „Bitte?“

      „Wie hätten Sie Ihre Tochter in dringenden Fällen denn erreichen wollen?“, fragte Katrin.

      Frau Rottenbucher wandte den Kopf von links nach rechts, als sei sie mit zwei Gesprächspartnern restlos überfordert. „Telefon?“, schlug sie schließlich vor.

      Ach so, ja. Katrin ärgerte sich über sich selbst.

      „Wir haben in Rebeccas Tasche kein Handy gefunden“, warf Joe ein.

      „Dann hat sie´s wohl nicht mitgenommen. Sie war doch in der Bibliothek, haben Sie gesagt? Ist Handyklingeln da nicht verboten?“

      „Dann machen wir es so“, legte Katrin entnervt fest, „Sie werden ja wohl die Kontaktdaten ihrer Tochter Fiona haben. Die geben Sie uns bitte und wir fragen nach, ob diese sie etwas über ihre Schwester weiß. Ihre Jüngste soll bitte im Präsidium vorbeikommen, heute oder morgen. Bei allem Verständnis für Ihre Trauer, aber Sie sind ausgesprochen unkooperativ, Frau Rottenbucher.“

      „Erst so eine schreckliche Nachricht, dann wird man noch beschimpft… gehen Sie jetzt bitte!“

      Joe und Katrin wechselten