Lücken im Regal. Elisa Scheer

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Название Lücken im Regal
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746748634



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Möglichkeit – als mehr hat sie es auch nicht bezeichnet – hingewiesen hat. Sie wollen doch wohl nicht, dass jemand aus Ihrem Institut der Kriminalpolizei Dinge verschweigt, die zur Aufklärung eines Mordfalls beitragen können?“

      „N-nein, natürlich nicht“, versicherte der Professor hastig.

      „Hatte Frau Rottenbucher, während sie an Ihrem Seminar teilnahm, viele Kontakte zu anderen Seminarteilnehmern?“

      Achselzucken. „Ich achte darauf, wie die Referate gestaltet sind, wie brauchbar die verwendeten Quellen sind, wie informativ die Handouts – aber doch nicht auf das Privatleben der Studierenden!“

      „Sie haben also kein menschliches Interesse an ihren Studenten“, stellte Patrick fest.

      „Selbstverständlich nicht – so etwas wird nur allzu leicht missverstanden!“

      „Nun, ich denke, zwischen zu großer Nähe und einem gewissen pädagogischen Anspruch gibt es noch einen Unterschied“, fand Joe. „Aber das ist natürlich Ihre Angelegenheit. Ich denke, vorläufig haben wir´s. Wir werden versuchen, bei den nächsten Fragen einen der beiden Tage zu erwischen, an denen Sie an der Uni anzutreffen sind. Oder wir bitten die Garmischer Kollegen um Amtshilfe.“

      Er erhob sich und Patrick tat es ihm gleich, nicht ohne das fassungslose Gesicht des Professors zu bewundern.

      „A-aber dann weiß hier ja jeder…“

      „Was weiter? Morgen steht das alles auch in der Zeitung, natürlich bis auf die Aspekte, die wir aus ermittlungstechnischen Gründen geheim halten müssen. Ich empfehle, dass Sie sich einige Floskeln der Betroffenheit zurechtlegen. Einen schönen Tag noch!“

      Draußen sahen sie sich zornig an. „Was für ein Arsch!“, sprach Patrick schließlich aus, was Joe als Teamleiter mühsam heruntergeschluckt hatte.

      „Der interessiert sich doch einen Dreck für seine Studenten und den Mord! Aber dein Ratschlag zum Schluss war echt stark“, lobte Patrick.

      Joe grinste. „Ich konnte mich eben auch nicht mehr bezähmen. Fahren wir zurück und überlegen unterwegs, was wir jetzt wirklich erfahren haben.“

      Patrick saß brav mit dem Tablet auf dem Beifahrersitz, während Joe fuhr und vor sich hin spekulierte. Schließlich hatten sie, als sie sich dem Ende der Autobahn näherten und schließlich in München inden Tunnel Richtung Norden einbogen, um zur Autobahn nach Leisenberg zu kommen, eine eher bescheidene Ausbeute zusammengetragen:

       Mahlmann interessiert sich nicht für seine Studenten (Angst vor Ärger wg. Belästigung?)

       Mahlmann spielt die Bedeutung der Diebstähle herunter

       Mahlmann hält Dr. Eversbach für eine Wichtigtuerin

       Mahlmann hat Angst vor der öffentlichen Meinung in Garmisch Hebel?

       Mahlmann hält Becky Rottenbucher für begabt

      „Und dafür sind wir soweit gefahren?“, ärgerte Patrick sich und googelte den Herrn Professor in der Hoffnung, etwas Peinliches zu entdecken.

      „Auch nichts Rechtes“, stellte er kurz vor Leisenberg frustriert fest. „Eine ganz normale Biografie. Geboren 1960, Promotion 1989, Habilitation 1995, dann Privatdozentur, ordentliche Professur 2002, seit 2010 Institutsvorstand, offenbar, weil so viele andere Dozenten das Institut verlassen hatten und die Neuen noch zu jung und unerfahren waren. Verheiratet mit Maria, geborene Seeberger. Drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter, geboren 1992, 1994 und 1999. Die Söhne studieren auch Geschichte, aber einer in Tübingen und einer in München. Die Tochter besucht ein Gymnasium in Garmisch und ist in der Oberstufe.“

      „Keine Affären? Ich meine, so, wie er sich von Anschuldigungen wegen Belästigung fürchtet…“

      „Die Söhne scheinen etwas Distanz zum Vater zu suchen“, überlegte Patrick und suchte weiter. „Oh, hier gibt es Bewertungen, profs_in_leisenberg. Hui! Sehr beliebt ist er ja nicht… desinteressiert, gleichgültig, langweilig, Stoff nicht prüfungsrelevant, nie da, wenn man ihn braucht…“

      „Na, das sagt man uns ja auch gerne nach“, kommentierte Joe. „Wenn alle schlechten Dozenten ermordet würden… ich erinnere mich da noch an ein oder zwei Typen – furchtbar.“

      Patrick lachte auf. „Geht mir genauso. Vielleicht waren das die gleichen Langweiler?“

      Mit diversen Anekdoten aus ihrer Ausbildung vertrieben die beiden sich die Zeit bis Leisenberg aufs Angenehmste.

      „Na, mal sehen, was Liz und Katrin mittlerweile geschafft haben“, meinte Joe, als sie die Treppen hinaufeilten.

      XI

      Patrick durfte gerade noch seine Notizen in die Akte übertragen und sie an die Tafel schicken, dann kam jemand, um ihn zu seinem eigentlichen Team zurückzubeordern.

      Joe stellte die dürftigen Ergebnisse vor. „Diesen Üblher sollten wir uns auch mal vornehmen – da scheint es eine ziemlich alberne Fehde zu geben. Aber das könnten wir auch an Daxenberger weiterreichen… Was habt ihr?“

      Liz begann: „Naja. Ein Sensibelchen ist er schon, der Herr Hambacher. Aber ihm zufolge hat Becky Rottenbucher nie einen Kurs bei ihm besucht, denn er darf nur Anfängerkurse abhalten und dafür war sie schon zu weit, kurz vor dem Examen, sie schrieb ja offenbar schon an ihrer Zulassungsarbeit. Er kannte sie also mehr oder weniger nur vom Sehen, aber ihm zufolge war sie ein nettes Mädchen und er hatte bis dato noch nie eine Leiche gesehen. Zwischendurch ist ihm immer wieder so richtig das Wasser in die Augen gestiegen und er glaubt auch, dass er psychologische Betreuung brauchen wird, um das Erlebte zu verarbeiten. Und dann hat er gefragt, ob ich das nicht übernehmen könnte.“

      „Der hat dich angebaggert?“ Katrin war empört.

      „Ach Quatsch. Ich glaube, er hat eher so etwas wie eine Mutter oder eine Kindergartentante in mir gesehen. Ich hab ihm die Nummer unseres KIT gegeben, die werden ihm schon jemanden schicken. Also, er hat noch mal erzählt, wie das gestern war, aber ich glaube, da war nichts Neues mehr dabei – er hat niemanden vor der Bibliothekstür gesehen, aufgeschlossen, festgestellt, dass es bullenheiß war, die Westfenster aufgemacht, dann die Ostfenster, für den Durchzug – und da lag dann die arme Becky und er hatte doch noch nie eine Leiche… Und wie gesagt, er weiß gar nichts über Beckys Privatangelegenheiten.“

      „Hat er zu den Diebstählen etwas sagen können?“

      „Nicht viel. Er wusste davon nur, weil die Eversbach ihn gefragt hat, ob er etwas weiß, und dann über den schundigen Schrank geschimpft hat.“

      „Mahlmann scheint das Ganze nicht allzu tragisch zu nehmen. Vielleicht sind diese angeblichen Kostbarkeiten ja auch gar nicht so viel wert… ich glaube, ich frage wirklich mal den Flo Daxenberger“, überlegte Joe.

      „Den vom Kunstdiebstahl? Passen da alte Bücher auch dazu?“

      „Garantiert. Aber ich denke, dazu brauche ich auch die Eversbach, die ist ja wohl die einzige, die diese Diebstähle ernst nimmt und die Stücke beschreiben kann.“

      Er nahm den Hörer ab.

      XII

      Elli freute sich nur mäßig über die Einladung ins Präsidium, denn eigentlich hatte sie immer noch auf einen faulen Nachmittag auf dem Sofa gehofft, nur sie und dieser neue Krimi, der schon so vielversprechend angefangen hatte…

      Na gut, um vier sollte sie dort sein und möglichst eine Liste mitbringen, was bis jetzt alles geklaut worden war.

      Saublöd, die ließe sich leichter aus dem Bibliothekscomputer herausholen – und das hatte sie diesem Schönberger auch gesagt. Und wenn sie da etwas pampig rübergekommen hatte, war es ihr auch egal!

      Andererseits war gegenüber vom