Название | Sichelland |
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Автор произведения | Christine Boy |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783844236200 |
Es war kein Feuer und es besaß auch nicht dessen Leuchtkraft. Kleiner, unauffälliger, wie ein nur schwach beleuchtetes Fenster hinter zugezogenen Vorhängen. Akosh bezweifelte, dass es jemand, dessen Augen nicht so an die Finsternis gewöhnt waren wie die der Cycala, auf diese Entfernung hin überhaupt bemerkt hätte. Und wenn, hätte er ganz sicher nicht das gewusst, was ihm selbst jetzt klar wurde.
„Ein Sonnenstein...“
„Hantua.“ bestätigte Lennys.
„Die Sonne ist schon lange untergegangen, wie kommt es, dass er immer noch leuchtet? Normalerweise hält das Licht nur ein oder zwei Stunden an.“
„Sonnensteine leuchten nicht nur durch das Sonnenlicht, das sie aufgenommen haben. Vermutlich hatten sie ein Lagerfeuer angezündet um ihn aufzuladen. Aber ein großes Feuer ist zu verräterisch, deshalb benutzen sie jetzt nur noch den Stein.“
„Könnte es auch jemand anders sein?“
Lennys zog die Brauen zusammen. „Unwahrscheinlich. Zrundir hat seine Schätze nie geteilt und zweifellos halten sie diese Spielereien für wertvoll, da sie sonst der Dunkelheit ausgeliefert sind. Wieder eine Eigenschaft, in der sie uns unterliegen.“
In Akosh schien langsam das alte Selbstbewusstsein wieder zu erwachen.
„Sie werden feststellen, dass sie durch einen Sonnenstein längst nicht alle Schwächen beseitigen können, die sie haben.“
Lennys machte eine Bewegung zu einer Baumgruppe ein Stück südöstlich entfernt.
„Wir bringen die Pferde dorthin und gehen dann einen Bogen um den Hügel dort. So kommen wir sehr nah an sie heran, ohne dass sie uns bemerken.“
„Wie viele es wohl sein mögen...“ überlegte der Schmied.
„Nicht mehr als vier oder fünf, denke ich. Wahrscheinlich schlafen sie schon und haben nur einen Mann als Wache eingeteilt, der jetzt den Stein benutzt.“
„Und wenn es mehr sind?“
„Wenn es mehr sind, sind es keine Hantua. Eine größere Gruppe von ihnen hätten wir längst gehört. Die schaffen es doch nicht, leise zu bleiben, ständig grölen sie herum, schlagen sich die Schädel ein und betrinken sich. Barbaren.“
Akosh schmunzelte. „Nun ja, was das Betrinken angeht...“
„Du weißt genau, was ich meine!“ schnitt Lennys ihm zischend das Wort ab. „Komm, wir haben hier schon genug Zeit vergeudet.“
Obwohl sowohl Lennys als auch Akosh selbst in mondlosen Nächten die Augen eines Luchses hatten, konnten sie die Anzahl der lagernden Hantua erst ausmachen, als sie nur noch wenige Meter entfernt waren. Sie hatten sich im Schutze eines Abhangs in einer Senke verschanzt, die auf einer Seite von hohen Buchen und Kastanien geschützt wurde, so dass der Platz aus der Entfernung nicht einzusehen war.
'Ein typisches Zrundir-Versteck', dachte Lennys. Sie kannte die Eigenheiten ihrer Gegner und wusste, dass sie sich auch in flachen Gebieten nahezu unsichtbar machen konnten, wenn sie ihre Erfahrungen und Fähigkeiten ausspielten. Doch andere Charakterzüge der Hantua sorgten dafür, dass sie oft nachlässig waren und sich ihre Stärken nicht vollständig zunutze zu machen vermochten. Diesmal hatten sie es allerdings geschafft. Ohne den Sonnenstein wären sie vielleicht sogar von den Cycala unbemerkt geblieben.
Der Stein lag neben der Feuerstelle und glomm inzwischen schon deutlich schwächer, beleuchtete aber immer noch einen Großteil des Lagers. Er hatte etwa die Größe eines Kinderkopfes und war normalerweise milchig-weiß, jetzt strahlte er aber ein seltsam kaltes, zitronengelbes Licht aus, das nach und nach erlöschen würde.
Lennys zählte vier schlafende Hantua, von denen drei sehr nah um die ausgetretene Feuerstelle lagen. Der Vierte hatte sich ein wenig weiter in den Schatten des Hügels verzogen, war aber trotzdem gut zu erkennen. Ein fünfter Mann wachte über seine Kameraden. Er schien mit der Müdigkeit zu kämpfen, lief einige Schritte auf und ab, ließ sich dann erschöpft auf einem Felsblock nieder, um aber gleich darauf wieder aufzustehen. Er gähnte herzhaft.
„Das wird nicht besonders schwer.“ flüsterte Lennys. „Es riecht nach billigem Wein und der dort kann kaum noch stehen.“
„Die anderen werden aufwachen, sobald wir ihn angreifen.“ wandte Akosh ein.
„Wir werden doch wohl mit einer Handvoll Bastarde aus Zrundir fertig werden. Oder hast du jetzt schon Angst?“
„Natürlich nicht.“
„Gut. Du zuerst.“
Akosh trat ein paar Schritte aus den Bäumen hervor, hinter denen sie sich verborgen hatten. Die schnellste und einfachste Methode wäre es gewesen, den Wachmann mit einem Sichelwurf zu erledigen, doch der Schmied hatte seine Waffe lange nicht in der Hand gehalten und wollte sich erst wieder mit ihr vertraut machen, bevor er diese so schwierige Technik einsetzte. Er durfte jetzt kein Risiko eingehen, auch wenn er mit Lennys übereinstimmte, dass diese fünf Männer kein ernsthaftes Problem darstellten.
Jetzt schlich der Hantua zu einem seiner Kameraden und beugte sich über ihn. Ein Grunzen war zu hören und Akosh war sich nicht sicher, welcher der beiden Feinde dessen Urheber war. Gleich darauf kam der Wächter aber schon wieder zurück, in der Hand einen grob getöpferten Tonkrug, den er wohl seinem Gefährten abgenommen hatte. Gierig hob er ihn zum Mund und trank in schmatzenden Zügen.
Der Schmied zögerte nicht länger, sondern ging mit schnellen, lautlosen Schritten von hinten auf den Hantua zu, den Shajkan fest in seiner rechten Hand. Er ließ keine Zeit für eine Reaktion, warnte oder drohte nicht. Das einzige, was der Wachmann noch wahrnahm, war ein silbriges Blitzen im Schein des Sonnensteines, bevor die Klinge seine Kehle zerfetzte.
Es war nie Akoshs Art gewesen, sich lange mit seinen Opfern aufzuhalten. Er bevorzugte die schnelle, vielleicht auch gnädigere Art, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Wie alle Cycala hatte er gelernt, Feinde so zu töten, dass sie nicht einmal mehr einen letzten Todesschrei ausstoßen konnten, aber nicht immer griff er auf dieses Können zurück. Er dachte an Lennys und an den Angriff einige Nächte zuvor. Sie spielte gern mit ihren Unterlegenen, führte ihnen den Tod vor Augen und ließ sie an jeder Sekunde bewusst teilhaben. Viele grausame Sekunden, bevor das Leben dem Sterben endgültig unterlag. Nur selten konnte sie sich dieses fragliche Vergnügen erlauben, denn meist waren die Gegner in der Überzahl und jegliches Hinauszögern ihres Todes barg ein gewisses Risiko.
Das dumpfe Aufprallen des toten Hantua war nicht lauter gewesen als dessen plumpe Schritte kurz zuvor. Die anderen reagierten nicht darauf. Ein mehrstimmiges ungehemmtes Schnarchen verriet ihre vollkommene Ausgeliefertheit und Akosh fühlte ein nicht unangenehmes Gefühl der Macht in sich aufsteigen. Er allein entschied, welcher als nächstes sterben würde und wem noch einige Momente ahnungslosen Schlafes verblieben. Keiner dieser vier würde die nächste Stunde erleben.
Er spürte, dass Lennys direkt hinter ihm stand. Sie würde nicht auf ihren Anteil verzichten. Zwei, vielleicht drei dieser Kreaturen gehörten ihr. Und sicher würde sie zumindest dem Letzten, der ihrer Sichel unterlag, noch lange in die Augen sehen, bevor der Lebenshauch ihn verließ. Er trat zur Seite.
Lennys' Blick schweifte über die vier Todgeweihten und blieb an dem haften, der einige Schritte von den anderen entfernt lag. Unheilvoll spiegelte sich das verblassende Licht des Sonnensteins in ihrer Sichel.
Dieses Mal verlor sie keine Zeit. Im Stillen bedauerte sie, dass sie dem Hantua Gnade erweisen musste, so dass er nicht einmal aus seinem trunkenen Schlaf erwachte, als die Klinge seine Schlagader durchtrennte. Jeder Tropfen des vergossenen Blutes versickerte verschwenderisch in der Erde, doch dieses Lager bot noch mehr...