Sichelland. Christine Boy

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Название Sichelland
Автор произведения Christine Boy
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783844236200



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die auf dich achtgibt. Allein dafür lohnt doch schon der Versuch. Und ich bin sicher, du würdest die Prüfung mit Leichtigkeit bestehen, wenn du nur willst....“

      „Ich weiß einfach nicht, ob es das Richtige ist. Und im Moment möchte ich auch gar nicht darüber nachdenken. Ich habe eine andere Aufgabe zu erfüllen und die geht vor. Um Kräuter und Tränke kann ich mich danach auch noch bemühen...“

      „Wenn du sie von ihren Pflichten abhältst, alter Mann, dann bekommst du es mit mir zu tun!“ Lennys war aufgestanden.

      Menrir grinste sie durch die Bäume an. „Keineswegs, ich denke nur auch an ihre Zukunft. Und diese ist gar nicht so weit entfernt.“

      „Aber sie steht auch noch nicht heute auf ihrer Tagesordnung, also lass das. Du warst übrigens schnell.“

      „Oh, danke, welch seltenes Lob. Nun, mit einer so netten Gesellschafterin geht es sich gleich viel leichter.“

      „Dann ist ja für deinen Rückweg bereits gesorgt. Ich werde heute nicht mehr in den Tempel kommen, deshalb habe ich dich auch hierher bestellt.“

      „Du übernachtest doch nicht etwa hier im Wald?“ fragte Menrir ungläubig.

      „Nein, wobei mir das in der Tat am liebsten wäre. Ich gehe nach Goriol, um mit Akosh zu reden und werde bis morgen dort bleiben. Aber ich dachte, du wärst beleidigt, wenn ich dich heute nicht noch einmal sprechen würde.“

      Misstrauisch runzelte der Heiler die Stirn. „Du scheinst mir ungewöhnlich gut gelaunt heute. Natürlich wäre ich nicht beleidigt gewesen, aber es ist schön, dass du mich noch einmal treffen wolltest. Darf ich fragen, ob du... irgendetwas Neues erfahren hast?“

      Lennys tat gelangweilt.

      „Nein. Ich war auch nirgends, wo es etwas Neues geben könnte.“

      „Was willst du damit sagen?“

      „Sara und ich haben heute einen kleinen Ausflug gemacht. Sie hat dir also nichts davon erzählt?“ Sie warf einen Seitenblick auf die Novizin, die einige Meter entfernt schweigend wartete und sich nicht anmerken ließ, ob sie dem Gespräch folgte.

      „Lennys, du weißt genau, dass sie mir kein Wort von dem erzählt, was sie mit dir erlebt. Auch heute nicht. Willst du mir sagen, wo ihr ward? Oder warum du mich ausgerechnet hierher bestellt hast?“

      „Ich dachte, du magst diese Stelle und mir persönlich ist der Wald auch lieber als das Ödland von Valahir. Ich war froh, es wieder hinter mir zu lassen.“

      Die Farbe wich aus Menrirs Gesicht und er schien einen Moment lang sprachlos. Dann presste er hervor:

      „Du warst in Valahir?“

      „Nur in den Ausläufern.“

      „Du warst nicht... nein.... wo... was hast du dort gemacht?“ stammelte der Heiler.

      „Muss ich dir das wirklich erklären? Es gab da etwas, was mir gehört.“

      Menrir rang um Luft, stützte sich dann gegen den Stamm einer Buche und starrte Lennys entsetzt an.

      „Es gab? Aber .. du hast ihn doch nicht etwa... mitgenommen?“

      „Was glaubst du? Dass ich dorthin gehe, nur um nachzusehen, ob er noch da ist? Er gehört mir, Menrir, .... mir! Und er war lange genug dort gelegen, verborgen, aber nie vergessen!“

      „Er sollte aber vergessen werden! Er wurde nicht ohne Grund dort zurückgelassen und gerade jetzt... gerade jetzt... das hättest du nicht tun dürfen, Lennys!“

      Die Cycala sprang auf, doch sie schien nicht im Mindesten verärgert über die Zurechtweisung.

      „Hätte ich nicht, nein? Wer sagt das? Es ist allein meine Entscheidung! Viel zu lange hat er dort auf mich gewartet und ich auf ihn! Es ist an der Zeit, alter Mann, doch du siehst das nicht!“

      „Du weißt genau, was du damit in Gang bringst! Du wirst ihn nicht nur unschuldig im Umhang verbergen und er wird dich rufen, wo immer du bist! Und nicht nur dich! Ist dir nicht klar, was geschehen wird?“

      „Vielleicht ist es dir noch nicht klar. Du kannst es nicht verhindern. Niemand, hörst du, niemand wird es verhindern, es war nur eine Frage der Zeit. Akzeptiere es.“

      Sie sprach ganz ruhig. Menrir hatte genauso reagiert, wie sie es erwartet hatte, doch es spielte keine Rolle. Er konnte nicht verstehen und er musste es auch nicht. Dass er überhaupt davon wusste, war schon mehr Ehre als den Meisten zuteil wurde und noch hatte er Zeit, sich mit diesem Wissen abzufinden. Wenn er das nicht tat, war es sein Problem.

      „Wann....?“ fragte er jetzt.

      „Ich kann nicht in die Zukunft sehen. Nicht heute, wohl auch nicht morgen. Aber nicht mehr lange, Menrir... nicht mehr lange... Ein kurzes Warten, was ist das schon im Vergleich zu der Zeit, die schon vergangen ist? Aber sie geht dem Ende zu, schnell und unaufhaltsam. Sehr bald, Heiler....“

      Es bestand gar keinen Zweifel daran, dass Lennys diesen Moment, was auch immer dann geschehen mochte, auf ihre Art herbeisehnte. Und ebenso wenig konnte man bestreiten, dass Menrir genau das Gegenteil dachte. Er schien etwas zu fürchten und gleichzeitig zu wissen, dass sein Wille hier unbedeutend und machtlos war. Also versuchte er, das Thema zu wechseln.

      „Du willst... jetzt zu Akosh?“

      „Nicht sofort. Erst wenn die Sonne etwas tiefer steht. Ich habe heute genug von ihr und bleibe lieber im Schatten des Waldes.“

      „Du willst nicht, dass wir....“ Er nickte zu Sara hinüber, die immer noch nahe der Buche stand, „..dass wir mit dir mitkommen nach Goriol, nehme ich an?“

      „Ehrlich gesagt, ist es mir egal. Wenn ihr in die Stadt wollt, werde ich es nicht verbieten. Aber das Treffen mit Akosh wird unter vier Augen stattfinden, nicht unter sechs oder acht.“

      „Und morgen? Wirst du morgen zum Tempel zurückgehen?“

      „Vielleicht. Unsere Sachen sind noch dort.“

      „Das heißt, du willst bald weiterziehen?“

      Ein gefährliches Glitzern erfüllte Lennys' Blick.

      „Manche Dinge, die auf mich warten, werde ich nicht im Nebeltempel oder seiner Umgebung finden. Jetzt noch nicht. Und ich brenne auf sie...“

      „Wir wissen noch zu wenig.“

      „Ich weiß genug, aber sei beruhigt, es wird bald noch mehr Zeichen geben, die auch dich überzeugen werden. Und vergiss nicht... du musst nicht mitkommen. Wenn du dein Leben hier weiterhin in Ruhe genießen willst, tu es.“

      „Du weißt genau, dass ich mit dir gehe. Aber ich weiß noch nicht, wie weit. Heute kommen mir zum ersten Mal Zweifel. Trotzdem.. darf ich dich etwas fragen?“

      „Seit wann so förmlich?“

      „Ich wüsste gern, wann du dich zu dem Weg nach Valahir entschlossen hast. Es war nie die Rede davon...“

      „Manchmal kommen Entscheidungen so plötzlich wie ein Gewitter in der Nacht, und ebenso wie man diesem Gewitter nicht entgehen kann, konnte ich mich nicht vor dieser Frage verstecken.“

      „Du hat nicht lange darüber nachgedacht?“

      „Das muss ich nicht. Ich weiß, dass es richtig ist.“

      Menrirs Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass er da völlig anderer Meinung war, doch er sagte nichts weiter. Stattdessen wandte er sich Sara zu.

      „Sara, hast du Lust auf einen Ausflug in die Stadt der Wanderer? Du bist lange nicht dort gewesen, soweit ich weiß. Wir könnten Lennys dorthin begleiten und dann im Gasthof übernachten. Oder willst du lieber zurück nach Hause?“

      Die Novizin warf Lennys einen unsicheren Blick zu. „Ich tue, was mir gesagt wird. Aber wenn ihr wünscht, kann ich mich schon auf den Weg nach Goriol machen und eurem Gastgeber mitteilen, dass ihr ihn heute noch aufsucht.“

      Lennys