Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847696667



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hätte. So kam Sorbonne zu uns. Und weil sie nun mal auf dem Gelände der Sorbonne gefunden worden war, dachten wir, dass dies der passende Name für sie wäre.«

      »Das ist sehr interessant.« Kim war begeistert, zumal sie sowieso einen Hang für außergewöhnliche Tiernamen hatte.

      Durch ihre Rückkehr unterbrach Zink ungewollt die Unterhaltung.

      »Können wir jetzt endlich gehen und meine Kappe kaufen?«, erkundigte sich Evelyn.

      »Sicher, beste Freundin«, schmunzelte Madame Zink, die die Vorliebe Evelyns für Hüte und dergleichen kannte.

      »Dann viel Spaß. Wir können uns heute Abend, wenn Sie möchten, noch ein wenig unterhalten«, schlug Madame Le Blanc vor.

      Kim nahm ihre Tasche, dabei fiel sie ihr aus den Händen, so dass die Tarotkarten aus der Tasche herausfielen.

      Madame Le Blanc erblickte die Karten. Nachdenklich sah sie Kim an. »Mein Mann, er hatte, kurz vor seinem Tod, auch Tarotkarten gefunden. Die sahen den Ihren sehr ähnlich.« Die Wirtin sah nachdenklich auf die am Boden liegenden Tarotkarten. »Doch das ist eine etwas längere Geschichte. Wenn Sie möchten, erzähle ich sie Ihnen irgendwann einmal, wenn Sie Zeit haben, bei einem guten Glas Rotwein. Doch nun möchte ich Sie nicht länger aufhalten.« Ihre Hand fuhr unter Sorbonnes Schnauze. »Sorbonne, aus! Jetzt ist es genug. Du musst deinen Hundefreund fürs Erste gehen lassen. Später könnt ihr immer noch miteinander spielen«, lachte sie und zog Sorbonne von Nickel fort.

      Auch Zink zog ihren Hund zu sich heran. Nur widerwillig folgte er ihr. Mit einem Blick zu Sorbonne zeigte Nickel, dass er viel lieber bei der Hundedame geblieben wäre, als mit Madame und den anderen spazieren zu gehen.

      8 – Missstimmigkeiten

      Eine leichte, warme Windbrise wehte von Westen zu ihnen herüber.

      Madame genoss den herben Geschmack des französischen 2008-er Beaujolais’. Der Rotwein mundete köstlich zu ihrer Käseplatte, den Trauben und dem frischgebackenen Baguette.

      »Du solltest dich etwas mäßigen, Zink. Sieh dir nur die Speckpölsterchen an, die sich an deiner Taille hervorzwängen«, mahnte Evelyn. »Nimm dir ein Beispiel an mir: Ich bin rank und schlank, selbst noch in meinem Alter.«

      Madame würgte ihren Bissen hinunter, dabei bedachte sie Evelyn mit einem entrüsteten Blick. Bevor sie jedoch antwortete, nahm sie einen Schluck des herrlichen Weines, winkte der Kellnerin, ihr ein neues Glas Rotwein zu bringen. Dann entzündete sie sich mit fahrigen Fingern eine Zigarette. Sie blies den Rauch zwischen ihren Zähnen hindurch. »Beste Freundin, was meine Pölsterchen betrifft, so halten sich diese immer noch in Grenzen. Und was dich und dein zierliches Wesen angeht, scheinst du völlig vergessen zu haben, dass du schon eine ganze Weile tot bist. Um nicht zu sagen, nicht mehr unter den Lebenden weilst. Zumindest nicht so, wie es der üblichen Norm entspricht. Von daher ist es ganz bestimmt ein Leichtes, sein Gewicht zu halten. Erst recht dann, wenn man es erst gar nicht mehr beachten muss, weil es nichts weiter zu beachten gibt.«

      »Aber, aber, meine Damen. Wer wird denn gleich dermaßen unfreundlich sein. Weshalb diese Missstimmigkeiten? Ich bin mir völlig sicher, beste Zink, dass unsere liebe Evelyn, ihre Worte nicht gar derart garstig gemeint hat, wie sie bei Ihnen anscheinend angekommen sind.« Bestrebt, Frieden unter den beiden Frauen zu stiften, wandte er sich an Evelyn. »Nicht wahr, Lady Evelyn, Sie haben Ihre Worte nicht so gemeint, wie unsere gute Madame sie aufgefasst hat.«

      Empört warf sich ihr Blick vom Professor auf Zink. »Natürlich habe ich jedes Wort auch so gemeint, wie ich es gesagt habe! Warum nehmen Sie sie in Schutz? Wollen Sie, dass eine lebende Fleischkugel aus ihr wird? Wie, frage ich Sie, soll sie dann noch wendig genug sein, wenn es darum geht, gegen Dämonen und all das Böse kämpfen zu müssen?« Sie fauchte die Freundin an: »Vielen Dank, Zink, dass du mich daran erinnert hast, dass ich tot bin. Ohne dich hätte ich das doch tatsächlich fast vergessen.« Sie stand auf, und verschwand bereits im nächsten Moment in einer der Gassen der Altstadt Paris’.

      »Oh, oh, mir scheint, jetzt ist sie böse mit mir«, staksten die Worte verlegen über Zinks, vom Rotwein verfärbten Lippen. Etwas unbeholfen setzte sie zu einer Verteidigung an: »Was muss sie auch immer dermaßen taktlos sein.« Sie schaute an sich herunter. »Nun ja, ein paar Pfunde weniger, könnten mir tatsächlich nicht schaden. Werde mich morgen früh bei Evelyn entschuldigen.« Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja schon einige Hosen, die zu kneifen anfangen.

      »Ich finde Ihre Pölsterchen gar nicht dermaßen schlimm«, versuchte der Professor, Madame zu trösten.

      Kopfschüttelnd sah Madame vom Professor zu den anderen. »Hätte sie deswegen gleich beleidigt davon rauschen müssen?«

      »Geister, Madame, mögen es nicht besonders, an ihr Geisterdasein erinnert zu werden. Zu sehr fehlen ihnen die Freuden des Lebens«, erklärte er ihr.

      »Sie kennen sich gut aus, Professor. Sind Sie denn schon so vielen Geistern in Ihrem Leben begegnet, um diese Aussage treffen zu können?« Quentin war müde. Außerdem ging ihm seine Großtante mit ihren Marotten immer mehr auf die Nerven. Es hätte ein schöner Abend, nach einem anstrengenden Tagesmarsch durch die Straßen Paris’, werden sollen, und nun das. Das stimmte auch ihn missmutig. Er hatte die Nase voll. Ihm reichte es. Er wollte nur noch eins: Zurück in die Pension und schlafen. Seine Füße taten ihm weh, und in seinem Kopf kündigten sich rasende Kopfschmerzen an.

      »Quentin …«

      »Nicht, Kim, lassen Sie es gut sein. Ich glaube, wir sind alle ein klein wenig gereizt, nach all den vielen Stunden Fußmarschs. Ich schlage vor, wir beenden hiermit den ersten Tag in Paris. Gestern Abend, unsere Ankunft, kann man aus meiner Sicht, nicht als unseren ersten Tag bezeichnen«, unterbrach sich der Professor, doch dann kam er auf seinen Vorschlag zurück. »Wie gesagt, wir sollten den heutigen Tag hier ausklingen lassen, und zurück zur Pension gehen. Morgen früh, wenn wir alle ausgeschlafen sind, und gemeinsam bei einer guten Tasse Kaffee zusammensitzen, sieht die Welt bereits wieder ganz anders aus. Und auch die derzeit erhitzten Gemüter werden bis dahin wieder zur Ruhe gekommen und abgekühlt sein.« Gräulich winkte der Kellnerin. Kurz danach bezahlte er die Rechnung und sie gingen zurück ins Le Petite, in der Hoffnung auf eine ruhige und geruhsame Nacht.

      Madame Le Blanc begegneten sie an diesem Abend nicht mehr. Auch nicht Evelyn.

      9 – Das Bildnis

      Gräulich stand vor dem Portrait Madames, welches er hatte rahmen lassen. Die Pfeife lag entzündet in seiner Hand. Pfeifenrauch legte sich um das Bildnis. »Dieser Straßenmaler, er hat sie schon sehr hässlich gemalt, unsere Madame«, stellte er für sich fest, und wandte sich Salvatore, mit dem er sich das Zimmer teilte, zu.

      »Wenn er sie so gesehen hat …«

      »Ich bitte Sie, Salvatore, wie kann er sie so gesehen haben? Worin soll die Ähnlichkeit zwischen diesem Portrait und Madame bestehen? In ihren Augenbrauen?«

      Salvatore grinste. »Regen Sie sich doch nicht so auf, Professor. Es ist doch nichts weiter, als eine potthässliche Zeichnung. Nicht die Zeit wert, darüber nachzudenken, oder sich gar deswegen aufzuregen.« Salvatore Amore stand von seinem Bett auf, ging zum Professor. Neben ihm stehend, betrachtete auch er das Bildnis. »Grottenhässlich, wenn Sie mich fragen. Sie haben Recht, diese Zeichnung ist eine einzige Ohrfeige für Madame Zink. Doch nun ist es gezeichnet, und sie hat es gesehen. Daran ist nichts mehr zu ändern. Nehmen wir es einfach mit Humor, anders kann man dieses Bild sowieso nicht sehen, denn sonst würde einem das Würgen kommen. Doch nun, mein Bester, nehmen Sie es mir nicht übel, möchte ich eine Mütze Schlaf nehmen. Von mir aus können Sie das Licht anlassen, mich stört das nicht. Ich kann auch so schlafen.« Er ging zurück zum Bett und ließ sich hineinfallen.

      Überrascht schaute der Professor ihm nach. »Ich dachte, Sie bräuchten keinen Schlaf. Sie, der Sie doch ein Astralwesen sind.«

      »Vielleicht brauche ich ihn nicht, doch heute Abend ist mir