Cemetery Car®. Angelika Nickel

Читать онлайн.
Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847696667



Скачать книгу

kann ich doch nicht annehmen«, antwortete sie verlegen.

      »Aber sicher doch, Mademoiselle, das können Sie. Wenn Sie mich fragen, dann sind die Karten geradezu für Sie gemacht. Haben Sie es nicht gespürt, als Sie sie in Ihrer Hand gehalten haben?«

      »Wie?« Sie hörte in sich und nickte dabei. »Doch, jetzt, wo Sie es sagen ...« Kim hielt inne. Ihr war das eigenartige Kribbeln in ihren Fingern nicht entgangen, als sie die Karten des Tarots in ihren Händen gehalten hatte. Doch sie hatte nicht weiter darauf geachtet, noch sich etwas dabei gedacht. Doch jetzt, nachdem Destin sie darauf aufmerksam gemacht hatte …

      Sie spürte es tatsächlich. Den Tarot und sie verband etwas. Wie ein unsichtbares Band, lag etwas zwischen ihnen. Auch wenn Kim noch nicht zu sagen gewusst hätte, was genau der Verbindungspunkt war.

      Ein Lächeln legte sich in ihr mit Sommersprossen bedecktes Gesicht. Bisher hatte sie mit Wahrsagekarten recht wenig im Sinn gehabt. Doch diese hier, sie schienen etwas Besonderes, Einzigartiges zu sein.

      Dankend nahm sie die Tarotkarten an, und verließ mit den anderen den Laden Monsieur Destins.

      6 – Destins Enkel

      Erneut erklangen die Glöckchen über André Destins Eingangstür.

      Aufgeregte Finger schoben den Schlüssel ins Schloss und verschlossen die Tür. Danach wurde das Schild Geöffnet auf Bin gleich zurück umgedreht.

      Von hinten erklang Destins Stimme: »Ich komme gleich. Sehen Sie sich ruhig schon um.«

      »Nicht nötig, ich komme zu dir, Grand-père!«, antwortete eine männliche Stimme. Pierre le Rousse ging schnellen Schrittes in eins der Hinterzimmer, aus dem er seinen Großvater hatte rufen hören.

      »Pierre? Gut, dass du schon da bist. Wir müssen reden!«

      Pierre le Rousse zog den Vorhang beiseite und grinste breit. »Grand-père, Großpapa, was glaubst du, weshalb ich da bin?«

      »Komm rein, ich mache mir gerade Kaffee. Willst du auch einen? Ja? Gut. Einen Croissant dazu? Nein? Ihr jungen Leute, dass ihr immer Angst habt, zu dick zu werden. Dabei, sieh dich doch an, an dir ist gar nichts dran. Du kommst nach deiner Mutter, die konnte als junges Mädchen auch immer essen, was sie wollte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen«, lachte der alte Mann und bedachte Pierre mit liebevollem Blick. Pierre, er war seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Und sie wiederum war das Ebenbild ihrer Mutter, André Destins verstorbener Frau Amelie.

      Die beiden Männer setzten sich an einen alten Tisch. Viele Einkerbungen, im Laufe der vergangenen Jahre hinterlassen worden, hatten ihn gezeichnet. Ließen das Holz seiner Tischfläche fast lebendig erscheinen.

      André Destin zog seinen Tabakbeutel zu sich heran. Bevor er seine Pfeife entzündete, forderte er seinen Enkel auf, die Tür zu schließen. »Ist nicht gut, wenn die Dinge im Laden nach Rauch riechen.«

      »Wie oft, Großvater, willst du mir das noch sagen?«

      »So lange, bis du es lernst, die Tür von alleine hinter dir zu schließen. Hast du auch daran gedacht, das Türschild umzudrehen?«

      »Sicher doch«, grinste Pierre. Mit der Hand fuhr er sich durch seine schwarzen Haare. Seine blauen Augen musterten amüsiert seinen Großvater.

      »Hör auf einen alten Mann auszulachen«, mühte Destin sich, Ernst zu sein. Doch dann änderte sich sein Ausdruck. »Hast du getan, was ich dir aufgetragen hatte?«

      »Habe ich schon einmal nicht getan, worum du mich gebeten hast, Großvater?«

      »Wie oft, Pierre, muss ich dir noch sagen, dass ich Gegenfragen nicht leiden mag?«

      »Reg dich doch nicht gleich wieder auf. Klar, habe ich getan, um was du mich gebeten hast. Allerdings würde ich jetzt auch sehr gerne einmal erfahren, wozu das Ganze eigentlich dienlich sein soll.« Neugierig hielt er den Blick auf seinem Großvater.

      »Hast du auch ganz sicher den Stift verwendet, den ich dir gegeben habe?«

      »Um das Portrait der Frau zu malen? Sicher habe ich ihn zum Zeichnen benutzt.«

      »Und du hast den Stift auch nicht nochmals benutzt? Du hast doch nicht noch jemand anderen damit portraitiert? Oder etwa doch?«, fragte Destin besorgt.

      »Nein, ich habe alles so gemacht, wie du es mir aufgetragen hast. Wenn es dich beruhigt, ich habe noch nicht einmal einen Zeichenstrich mit deinem Stift gemacht. Nur dieses Portrait, um das du mich gebeten hattest, habe ich mit ihm gezeichnet«, antwortete Pierre, der Straßenmaler, der vor Kurzem das Portrait Madames gezeichnet hatte.

      »Es hat ihr bestimmt nicht gefallen.«

      »Gefallen? Dass sie es mir nicht um die Ohren geschlagen und anschließend in der Luft zerrissen hat, war alles.«

      »Sie hätte das Portrait nicht zerstören können. Nicht, nachdem du es mit besagtem Skizzierstift gezeichnet hattest. Gib mir bitte den Stift wieder.« Auffordernd streckte er Pierre seine Hand entgegen.

      Ohne zu zögern, gab ihm der junge Mann den Stift. Sofort stand Monsieur Destin auf, ging auf einen großen Tresor zu und schloss den Skizzierstift in diesem ein.

      Verwundert sah Pierre ihm dabei zu. »Hältst du es nicht für übertrieben, einen simplen Zeichenstift in einem Tresor einzuschließen?«

      »Einen simplen Skizzierstift schon …, aber nicht diesen Stift.«

      »Was ist an diesem anders als an anderen?«, wollte Pierre wissen.

      »Das musst du nicht wissen, Pierre. Bei manchen Dingen ist es sicherer, so wenig als nur möglich zu wissen.«

      »Du redest in Rätseln. Warum nur so geheimnisvoll?«

      »Es ist zu früh, um über gewisse Dinge zu reden. Wichtig ist, dass du sie gezeichnet hast. Alles andere ergibt sich von selbst. Und die Kleine, sie hat den Tarot mitgenommen. War ganz angetan von ihm.« Er lächelte nachdenklich, während er an seiner Pfeife zog.

      »Wozu das alles? Was hat es mit diesem Portrait, das ich von der Frau zeichnen sollte, und den verkauften Tarotkarten auf sich?«

      »Nein, nicht verkauft, Pierre. Der Tarot, er musste seinen eigentlichen Besitzer finden, aber niemals darf er an ihn verkauft werden. Würde er verkauft …«, er brach ab, auf seiner Stirn bildeten sich tiefe Furchen. Mit gesenkter Stimme sagte er: »Nicht auszudenken, was dann passieren könnte. Es würden Dinge erwachen, die besser schlafen.«

      »Grand-père, warum sagst du mir nicht endlich, worum es hier geht?«

      »Weil du noch zu jung bist, Pierre, deshalb. Du bist erst mit fünfundzwanzig befugt, mehr über gewisse Dinge zu erfahren«, antwortete Destin geheimnisvoll.

      Pierre schluckte schnell seinen Kaffee hinunter. »Entschuldige mal, ich bin bald fünfundzwanzig, hast du das vergessen?«

      »Nein, habe ich nicht. Nur bis dahin sind es nun einmal noch einige Tage, um nicht zu sagen, Monate. Und die sind es, die zählen. Und jetzt, Pierre, dringe nicht weiter in mich. Ich kann und darf dir heute noch nichts darüber erzählen. Irgendwann, aber nicht heute. Und nicht solange, du noch nicht fünfundzwanzig bist«, antwortete André Destin, und es war ihm anzusehen, dass er diesen Umstand ebenfalls bedauerte. »Hast du sehen können, wohin sie gegangen sind, nachdem sie mein Geschäft verlassen haben?«

      »Sicher. Ich bin ihnen nachgegangen. Nein, sei unbesorgt, sie haben mich nicht bemerkt. Dadurch, dass du ihnen den Chinesischen Gong verkauft hast, waren sie gezwungen, in ihre Unterkunft zurückzugehen.«

      »Oh ja, der Chinesische Gong …« Er machte eine Pause. »Hoffentlich war es kein Fehler, ihn ihr zu verkaufen.« Er strich sich über die alte Stirn. »Doch auch er war für sie bestimmt. Was konnte ich also dagegen tun? Auch ich muss mich dem Schicksal fügen.«

      »Weshalb sollte es ein Fehler sein, ihnen ein Stück aus deinem Geschäft zu verkaufen?«, wunderte sich Pierre.

      »Es