Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847696667



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zu lachen; und Professor Gräulich hüstelte verlegen. Salvatore Amore ließ nur ein vorsichtiges »Oh, oh«, hören, wusste er doch, wie reizbar Zink werden konnte, wenn es um seine Person ging. Und das Bildnis, das der Straßenmaler von Madame gezeichnet hatte, diente mit Sicherheit nicht dazu, sie freundlicher zu stimmen.

      Auch Kim und Quentin sahen sich betreten an. Wie konnte er nur? Was hatte sich der Maler nur dabei gedacht, sie so zu malen? Wo sollte die Ähnlichkeit von Madame Zink zu diesem Portrait sein?

      Sie biss sich auf die Lippen, und quetschte gefährlich leise hervor: »So sehen Sie mich?«

      »Ja, Madame! Es trifft Ihr ganzes Naturell. Ich habe auch nicht versäumt, Ihren persönlichen Charme mit einfließen zu lassen«, freute sich der Maler, dem die Entrüstung Zinks entgangen war.

      »Mein persönlicher Charme? Für wen oder was halten Sie mich? Für siebzig? Für des Teufels Großmutter?« Ihre braunen Augen verdunkelten, dermaßen wütend war sie. Sie zerrte ihren Hund an der Leine zu sich heran. »Nickel, wir gehen!«

      Der Straßenmaler schaute ihr verdutzt nach. Fragend sah er den Professor an. »Warum gefällt es ihr nicht? Ich habe mir doch so viel Mühe gegeben, ihr Wesen, ihren Charme, und ihr natürliches Naturell, in dem Portrait einzufangen.«

      »Wie soll ich sagen«, Professor Gräulich räusperte sich verlegen, während sein Blick nach wie vor auf dem Portrait ruhte. Er hatte keine Ahnung, wie er dem Mann Zinks Reaktion erklären sollte, ohne dessen Gefühle zu verletzen. Und es reichte doch schon, dass Madame eingeschnappt und beleidigt war. Da brauchte es nicht auch noch den jungen Franzosen.

      Salvatore konnte es sich nicht verkneifen, zu grinsen. Belustigt sah er den Straßenmaler an. »Vielleicht zu viel natürliches Naturell? Ein wenig eigentümlicher Charme?«, fragte er den Franzosen, dem wieder die Ironie der Worte entgangen war.

      Gräulich blickte den jungen Mann nachdenklich an. »Ähnlichkeit? Nun ja, die hohen Wangenknochen …, möglicherweise. Doch das Gesicht, es ist viel zu sehr maskulin. Es hat nicht die Weichheit, die das Gesicht einer Frau ausmacht. Die Augenbrauen, die sind Ihnen gelungen. Aber, wenn Sie mich um meine persönliche Meinung fragen, dann ist es auch das Einzige, das an Madame erinnert. Ähnlichkeit mit ihr hat.«

      »Kaufen Sie es, Professor. Zink kann es für ein Cover nehmen. Wer weiß, vielleicht macht sie aus ihrem Portrait ja sogar einmal einen Roman.« Evelyn blickte auf die Zeichnung. »Das Scheusal wäre ein passender Name dafür. Dazu würde sich die Zeichnung hervorragend eignen. Los, Professor, kaufen Sie es schon! Wer weiß, wofür es gut sein wird. Außerdem will ich auch noch mehr von der Altstadt sehen, als nur dies hier.« Sie blickte sich suchend um. »Jetzt sehen Sie nur, wie weit die Zink schon weg ist. Auf jetzt, avanti. Geben Sie dem jungen Mann ein paar Penunzen. Danach nehmen Sie das Bild und lassen uns endlich gehen!«, forderte ihn Evelyn energisch auf. Gleich danach folgte sie in raschem Tempo Madame Zink. Als sie sie eingeholt hatte, sagte sie: »Nimm’s nicht so tragisch, Zink. Nicht jeder kann malen, was er sieht.«

      »Malen? Dieses Bild hat nichts mit mir gemeinsam. Mit etwas Wohlwollen kann ich gerade noch so die Augenbrauen durchgehen lassen. Aber das war’s auch schon! Mein Portrait, wie der Kerl es nennt, ist nichts als eine absolute Frechheit. Eine Beleidigung an meine Person«, schimpfte Zink.

      »Sei friedlich, Zink. Der Professor kauft es für dich. Freu dich wenigstens ein klein wenig.« Sie schmunzelte verschmitzt. »Wenigstens dem Professor zuliebe.«

      »Wie bitte? Er kauft es? Für mich? Ich fass es nicht!«, erzürnte sich Madame. »Will er sich mit mir anlegen?«

      »Nein, er schenkt dir etwas, worüber du irgendwann einmal lachen wirst.«

      »Oh ja, ganz sicher«, antwortete Zink zerknirscht.

      »Am besten hängst du es gleich in den Flur, dass es jeder sehen kann«, schlug Evelyn, sanft lächelnd, vor.

      »Zur Abschreckung, willst du das damit andeuten? Dass jeder gleich die Flucht ergreift, der mich besuchen kommt? Hervorragender Gedanke«, ereiferte Zink sich wutschnaubend.

      »Nein, um zu zeigen, dass du über den Dingen stehst. Um zu zeigen, dass du sehr wohl weißt, wer du bist, und, wie du aussiehst. Und, dass du genau aus diesem Grund, über die Größe verfügst, dieses schrecklich-hässliche Bild sogar in deinem Eingangsbereich aufzuhängen.« Sie lachte amüsiert. »Genau dort, wo es auch jeder sehen kann.«

      »Wie du meinst, Evelyn. Wenn ich schlechte Laune brauche, gehe ich am besten zu dem Portrait«, bei dem Wort Portrait würgte sie, »und so wie ich es mir ansehe, steigt mir die Galle von ganz alleine. Aber bitte, da ich weiß, wie ich aussehe, auch zu meinen Alterdilemmas stehe, werde ich dir den Gefallen tun und das hässliche Teil aufhängen. Aber hier, hier in Frankreich, will ich dieses potthässliche Ding nicht mehr zu Gesicht bekommen müssen, merk dir das, Evelyn! Und jetzt will ich kein Wort mehr darüber hören. Ich will jetzt die Stadt, Paris, genießen. Zudem möchte ich durch die Läden streifen, wer weiß, worauf wir dabei stoßen.« Sie zog Evelyn mit sich fort. Bei dem Gedanken an schöne alte Dinge, diese zu finden und womöglich käuflich zu erwerben, war sie bereits wieder versöhnlicher gestimmt.

      Die anderen waren unterdessen nachgekommen. Professor Gräulich trug den Stein des Anstoßes, zu einer Rolle aufgerollt, unter seinem Arm. Auch er war der Meinung, dass das Portrait eine einzige Beleidigung, Zink gegenüber war, auch wenn der Maler es noch so gut gemeint haben mochte. Ähnlichkeit mit Madame wies es nur sehr bedingt auf. Und das Wenige, das auf Ähnlichkeit schließen ließ, konnte nicht gutmachen, was der Rest ihr antat.

      Und auch, wenn Madame wusste, wie es war, wenn ein Bild einmal nicht so wurde, wie zuvor erhofft, da auch sie malte, ärgerte, entrüstete sie sich dennoch über dieses Portrait.

      5 – Der Tarot

      »Seht mal, dort hinten. Da scheint ein Trödelladen zu sein. Lasst uns hingehen und sehen, was es dort Schönes gibt«, rief Kim und eilte bereits auf den Laden zu, der versteckt am Ende der engen Gasse lag.

      »Folgen wir ihr. Ich bin sicher, dass Kim etwas finden wird, das es dort zu kaufen lohnt«, lachte Quentin, der Kims Vorliebe für alte Sachen kannte.

      »Oh ja, lasst uns in einem französischen Trödelladen stöbern! Lasst uns eins werden mit den Dingen der Vergangenheit. Lasst sie uns riechen und längst vergangene Zeiten in unsere Gegenwart fließen«, hielt Madame mit ihrer Begeisterung nicht hinterm Berg, sondern folgte Kim eilig. Allerdings nicht, ohne zuvor Nickels Leine dem Professor in die Hand gedrückt zu haben.

      Wie nahe sie dabei der Wahrheit kam, das konnte Madame nicht wissen. Auch nicht, dass in wenigen Minuten die Vergangenheit in ihre Gegenwart fließen würde. Sie in wenigen Minuten auf ihrem Weg begleiten, regelrecht verfolgen würde.

      Gräulichs Vision den Anfang ihrer Wahrheit finden sollte …

      »Ich bin mir ganz sicher, dass auch Madame in dem Laden fündig werden wird«, lächelte Professor Gräulich, während er sich mühte, die Hundeleine Nickels und die Portraitrolle so zu halten, dass ihm nichts von beidem verloren ging.

      Quentin, dem die Hilflosigkeit des Professors nicht entgangen war, nahm, ihm zu Gefallen, die Portraitrolle Madames an sich.

      Kim öffnete, ohne lange zu zögern, die Eingangstür des antiken Lädchens.

      Eine abgeschabte Glockenkette über der Tür machte auf die Ankömmlinge aufmerksam.

      Der Geruch von Räucherstäbchen, orientalischen Düften, und dem Mobiliar vergangener Tage, drang ihnen entgegen. Es war kein unangenehmer Geruch. Im Gegenteil. Bereits der Duft, der durch den Laden zog, vermittelte das Gefühl eine andere Zeitsphäre zu betreten.

      Ein kleiner alter Mann kam aus einem der hinteren Zimmer. Mit einem freundlichen Lächeln, und listigen Augen, die hinter seiner Brille hervorschauten, sah er sie an. »Mademoiselle, wie kann ich Ihnen helfen«, fragte er mit gebrochenem Akzent, während er sich Kim zuwandte.

      »Vielen Dank.