Название | Bei Thor und Odin |
---|---|
Автор произведения | Claus Beese |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738000436 |
Während ich mich notdürftig säuberte und meine Wunden verband, saß mein weiblicher Steuermann auf dem Skipperstuhl, summte fröhlich den weltberühmten Sirtaki aus „Alexis Sorbas“ und nahm Kurs auf Gyros und Tsatsiki in Bederkesa.
Das Phantom von Bederkesa
»Hermann! Riech mal! Grillt hier schon wieder einer?«, fragte der Hafenmeister von Bederkesa und schnüffelte in der Luft herum. Der angesprochene Skipper hielt nun auch seinen Riechkolben in die Luft, konnte aber nichts Verdächtiges feststellen. Dann jedoch zeigte er stumm den Kanal entlang, wo aus Richtung Lintig ein gelbes Motorboot aufkam.
»Zum Teufel! Wenn das nicht die DODI ist…«, murmelte der Hafenkapitän und wechselte die Farbe in Richtung kalkweiß.
»Hat wohl nicht geklappt mit den sechs Richtigen im Lotto«, sprach Skipper Hermann aus, was Hafenmeister Wilfried soeben dachte. (siehe: Voll voraus, DODI!)
»Ich geh zur Burg, die Kanone holen«, meinte der Herr über die Liegeplätze entschlossen und machte Anstalten davonzueilen. Hermann fasste beherzt zu und bekam ihn gerade noch an den Hosenträgern zu fassen.
»Mann! Bleib hier! So schlimm sind die doch nun auch nicht, und außerdem bin ich ja auch noch da. Ich pass auf, dass nix passiert«, versprach er und ließ die weit gedehnten Hosengummis fahren, die sich darauf hin wieder mit Schwung in ihre Ausgangsstellung begaben und sich an den „durchtrainierten“ Oberkörper des Hafenmeisters anschmiegten, dass es laut klatschte.
»Aaaaah!«, brüllte der Gepeinigte auf.
»Fein«, freute sich Hermann, der das als Zustimmung auffasste. »Du weißt doch, wenn ich was verspreche, dann halte ich das auch!«
»Hermann«, jammerte der Hafenkapitän. »Immer bringen sie hier alles durcheinander. Der ganze Ort steht Kopf, wenn die DODI in Beers anlegt!«
Hermann legte seinen Arm väterlich um die Schultern des Freundes.
»Heul man nich, mien Jung! Das wird schon werden! Vielleicht fahren sie ja auch durch«, tröstete er den verzagten Wilfried, der mit angstvollem Blick beobachtete, wie wir das Anlegemanöver einleiteten. Hatte er eben noch insgeheim gebetet, dass wir weiterfahren mögen, so sah er jetzt alle seine Hoffnungen dahinschwinden.
»Nicht wieder vor dem Klo!«, forderte meine Bestfrau und schwang drohend das nasse Handtuch, welches eigentlich zur Kühlung meines verbrannten Rückens dienen sollte.
»Und nicht so weit weg vom Dobbendeel! Sonst muss ich so weit zum Eisessen laufen«, forderte unser weiblicher Nachwuchs. Ich verzog das Gesicht, denn damit saß ich mal wieder in der Falle. Der öffentliche Sanitär-Container befand sich nämlich direkt neben dem See-Restaurant, und wenn ich es dem einen recht machen wollte, wurde automatisch der andere benachteiligt.
»Weiber!«, knurrte ich wütend. »Früher, bei meinen Vorfahren, den edlen Wikingern, da haben sie so etwas wie euch verkauft! Je weiter weg, um so besser!«
Ich überlegte kurz: Sah man mal von den Annehmlichkeiten des Lebens ab (gemeint war natürlich das Leben der gewöhnlichen Crewmitglieder), so benötigte das Schiff und sein Skipper in erster Linie passende Holzpoller zum Anlegen, nahebei eine Steckdose zur Stromversorgung und einen möglichst kurzen Weg zur nächsten Wasserzapfstelle. Na also, schon gefunden! Ich steuerte den benötigten Liegeplatz an und war der festen Überzeugung, dass es nicht meine Schuld war, dass der genau auf der Grenze zwischen Sanitär-Container und Dobbendeel lag!
»Nicht vor dem Lokus, habe ich gesagt!«
»Ja, wo soll er denn hin? Alles andere ist zu weit vom Eistresen entfernt!«
»Aber nicht vorm Klo!«
»Mama! Weißt du was? Du bist sowieso überstimmt! Papa und ich sind immerhin zu zweit, und du bist ganz alleine! Dein Pech!«
Ich beschloss, mich da raus zu halten und nahm einfach keine Notiz von der Zankerei.
»Diskutiert das unter Euch aus, ich geh anlegen«, meinte ich lässig und verließ den Skippersitz. Heute war ich nicht auf meine Festmacher angewiesen, denn der Wind wehte von der Seite her und drückte das Schiff genau an seinen Liegeplatz am Steg. Ich nahm die Leinen und während meine beiden Kampfhühner noch immer verbal aufeinander losgingen, war DODI schon fest. In aller Ruhe zog ich die Stromleitung zum Anschlusskasten, wo mich schon der Hafenmeister erwartete.
»Moin, Willy!«, begrüßte ich ihn. »Schön, wieder bei euch zu sein. Haste mal ’n paar Pfund Schlick für uns?«
Angesichts der Tatsache, dass wir mal wieder sein geliebtes Bederkesa heimsuchten, wusste Willy nicht, ob er lachen oder weinen sollte und starrte mich entgeistert an.
»Wat?«, murmelte er.
»Na gut, ein paar Kilowatt können es auch sein«, willigte ich gutgelaunt ein und klopfte ihm jovial auf die Schulter, während ich ihm den Stecker in die Hand drückte. Er nahm ihn, schob ihn in die Dose und schon war das kühle Bier für den Skipper gesichert.
»Sag mal, riecht ihr so angesengt?«
Der Hafenkapitän hatte sich ein wenig gefangen und schnüffelte erneut in der Luft herum. Ich zeigte ihm meinen von der Sonne angekohlten Rücken, von dem wohl der durchdringende Brandgeruch in Form kleiner grauer Wölkchen ausging. Ich erzählte ihm von unserem Malheur und die Laune des Hafenmeisters stieg beträchtlich. Willy wollte sich schier ausschütten vor Lachen, klopfte sich vergnügt auf die Schenkel und meinte: »Na, dann sieh man zu, dass du in der Apotheke noch was kriegst. Der Sonnenbrand sieht wirklich nicht sehr gut aus!«
Ich brauchte mich nicht von hinten zu betrachten, um zu derselben Überzeugung zu gelangen. Ich spürte den heftigen, brennenden Schmerz und ahnte, dass ich in den nächsten zwei Nächten wohl im Sitzen würde schlafen müssen. Auf den „Grillrippchen“ konnte man einfach nicht liegen!
Also barg ich eines der beiden Klappräder vom Achterdeck und brachte Sattel und Lenker in eine für mich benutzbare Position. Dann schwang ich mich auf den Mini-Drahtesel und radelte fröhlich pfeifend in Richtung „City“ davon. Um meine beiden Kampfhühner brauchte ich mich nicht zu kümmern, sie waren bereits in stiller Eintracht auf die Damentoilette im Container entschwunden um danach die Eisvorräte des Seerestaurants Dobbendeel zu inspizieren.
Der Apotheker lieferte eine Top-Beratung ab und machte das Geschäft seines Lebens. Tuben, Töpfe und Tiegel, so wie eine ganze Batterie von Pillenschachteln waren seiner Meinung nach unbedingt notwendig, um diesen schlimmsten aller Sonnenbrände, der ihm je untergekommenen war, zu bekämpfen. Ich vertraute ihm und verstaute die ganze Notfallarznei auf dem Rad. Ich wusste, dass ich in den nächsten Nächten kaum Schlaf finden würde, darum radelte ich auch noch beim hiesigen Fahrradhändler vorbei, bei dem es nicht nur alles um die Drahtesel herum gab, sondern auch die Gastangelkarten und Köder in Form von Maden und Tauwürmern. Wenn schon, denn schon, dachte ich mir. Wenigstens sollte keine Langeweile aufkommen, während meine beiden Seejungfrauen in ihren Kojen dem nächsten Tag entgegen träumten.
Meine bordeigene Krankenschwester rieb mir den verbrannten Buckel mit den diversen Mittelchen ein, bevor sie sich zur Nachtruhe in ihre Koje zurückzog. Das Brennen der angeschmorten Haut ließ ein wenig nach, und die Kühle der Nacht tat gut. Ich saß neben dem Boot und hatte die Ruten ausgelegt, um mir die Zeit zu vertreiben. An Schlaf war nicht zu denken, denn ich hätte sowieso nicht gewusst, auf welchem Körperteil ich hätte liegen sollte. Also konnte ich auch die Nacht damit verbringen, den Aalen im Kanal nachzustellen. Immer leiser wurde es um mich herum, die Lichter in den Kajüten der Boote erloschen, der Hafen entlang des Kanals kam zur Ruhe. Es war etwa zur Mitte der Geisterstunde, als die Lampen entlang der Hafenpromenade ausgeschaltet wurden und alles in samtene Dunkelheit gehüllt wurde. Von weit her schimmerte noch der Schein einiger Straßenlampen durch die Bäume, aber sie waren zu weit weg, um noch bis hier her die Gegend zu erhellen.
Langsam gewöhnten sich meine Augen