Missgriffe. Elisa Scheer

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Название Missgriffe
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737561563



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mich.

      „Ist was?“, fragte ich schließlich gereizt, weil er regelrecht glotzte.

      „Ja... Du bist wunderschön!“ Ach Gottchen. Sollte ich jetzt etwa sagen Du auch? Den Schnurrbart loben? Verlegen kichern? Ich zuckte die Achseln.

      „Was machst du so? Bist du berufstätig?“

      Ich hätte mich fast verschluckt. „Was glaubst du denn? Dass mich der liebe Gott ernährt? Ich bin Redakteurin bei LifeManagement. Und du?“

      Nicht, dass mich das besonders interessiert hätte! „Das kenne ich gar nicht“, sagte er in einem Tonfall, als hätte ich LifeManagement gerade erfunden. „Ich bin stellvertretender Abteilungsleiter in einer Bank.“

      „Interessant. Bei welcher?“

      Er nuschelte etwas, aber ich hatte doch Kreissparkasse verstanden. Kleines Imageproblem? Ich unterdrückte ein Lächeln. „Und bei euch laufen alle Projekte zeitgenau? Niemandem wächst die Arbeit über den Kopf?“

      „Wie kommst du darauf?“

      „Naja, wir bieten auch Kurse zu Zeit- und Projektmanagement an. Das könnte auch für die Kreissparkasse interessant sein, denke ich.“

      „Kaum“, warf Fabian ein und lachte nachsichtig, „Lea, Süße, das sind Profis, die brauchen doch keine Volkshochschulkurse, um zu lernen, wie man Termine in einen Kalender einträgt.“

      Grr. „Fabian, du weißt nicht mal, wie man Projektmanagement schreibt, also halt dich da raus, ja?“

      Simone streichelte tröstend seinen Arm, aber Fabian konnte man nicht beleidigen, er stürzte sich sofort in einen längeren Vortrag des Inhalts, dass a) „Projekt“ ein dämlicher neuer Begriff war, b) Teamwork ebenfalls eine Schnapsidee darstellte, weil mehrere Leute nie zusammenarbeiten könnten, ohne sich zu zanken, vor allem, wenn mehr als eine Frau im Team war, und c) der Versuch, dazu Theorien zu entwickeln, völlig überflüssig war, weil jeder Trottel ein so genanntes Projekt durchziehen konnte. Ob ich nicht endlich mal auf die Suche nach einem richtigen Job gehen wollte?

      Ich ignorierte ihn, durch Erfahrung gewitzt. „Was hast du für eine Ausbildung?“, fragte Robert. „Vielleicht findet sich bei uns ja was für dich.“

      Zu gnädig! „Ich hab ein Diplom in Wirtschaftswissenschaften und ich mag meine Arbeit, danke. Und unsere Kurse haben mit der Volkshochschule absolut nichts zu tun, dazu sind sie viel zu teuer.“

      „Was kostet so was?“

      „Etwa zweihundertfünfzig Euro pro Person und Wochenende. Kann man von der Steuer absetzen, Weiterbildungsmaßnahmen.“ Fabian schnaubte. „Genau so ein Scheiß wie diese so genannten Motivationskurse. Da springt einer rum, zwingt die Leute „ich bin der Größte“ zu brüllen, und kassiert ein Schweinegeld dafür. Irgendwann landet ihr alle noch im Knast.“

      „Kaum. Erstens sind unsere Kurse fundiert, und zweitens läuft unser Laden. Diese Windeier sitzen samt und sonders wegen betrügerischen Bankrotts. Lies deine Zeitung doch mal richtig. Oder mach einen Kurs an der Volkshochschule.“

      Simone sah mich beschwörend an und ich gab klein bei, als sie das Thema wechselte. „Und morgen fährst du?“

      „Ja, deshalb kann ich heute auch nicht so lange“, versuchte ich sofort vorzubauen. „In den Urlaub? Wohin?“, wollte Robert wissen.

      „Jesolo.“

      „Du hast schöne Hände“, stellte er fest und nahm meine Hand in seine. Ich entriss sie ihm sofort. „Jesolo... Ich glaub, da hab ich noch eine Karte“, meinte Fabian, stets bereit, sein überlegenes Wissen mit uns armen Minderbemittelten zu teilen. „Der Ort ist ziemlich lang gestreckt, aber viel ist da ja nicht los. Warum fährst du nicht lieber woanders hin? Ibiza zum Beispiel?“

      „Weil ich in Jesolo eine Wohnung habe.“

      „Sag die halt ab. Komm, der Ort ist doch öde, da gibt´s nichts als Strand und Meer und zwei, drei Kneipen.“

      „Fabian, kannst du mal mit dem Scheiß aufhören? Ich war in den letzten zehn Jahren insgesamt gut dreißig Mal in Jesolo, die Wohnung gehört mir, und es gibt dort ungefähr dreitausend Kneipen, gute und weniger gute. Spiel dich nicht immer als Fachmann auf, wenn du keine Ahnung hast.“

      „Keine Ahnung? Ich war doch schon dort!“

      „Ja, einmal!“

      „Und? Jeder weiß doch, dass Männer mehr wahrnehmen als Frauen! Analytischer Verstand, klar?“

      „Ach, und deshalb kennst du dich dort besser aus als ich, obwohl das mein Zweitwohnsitz ist? Gott erhalte dir deinen Kinderglauben!“

      „Darf ich dich in Jesolo besuchen?“, fragte Robert.

      „Das ist doch eine tolle Idee!“, freute sich Simone. „Du könntest ihm doch alles zeigen, wo du dich da so gut auskennst. Und Platz hast du doch auch genug.“ Ich dankte meinem Schöpfer im Stillen, dass Simone die genaue Adresse nicht wusste. „Kommt gar nicht in Frage.“ Das war unhöflich, aber dieser Robert nervte mich etwas, vor allem, weil er dauernd versuchte, nach meiner Hand zu fassen. Jetzt sah er mich gekränkt an, und ich war schon wieder kurz davor, weich zu werden, aber glücklicherweise mischte Fabian sich wieder ein. „Ja, Lea – so ganz alleine, das ist doch nichts. Urlaub ohne Mann... Nicht, Simone, du kämst nie auf so eine Schnapsidee?“

      „Nein, Schatz“, sagte Simone brav. Ich warf ihr einen hoffentlich tödlichen Blick zu und erhob mich. „Wo gehst du hin?“, fragte Robert sofort.

      „Geschirr spülen“, antwortete ich patzig.

      „Ich muss auch mal“, sagte Simone hastig und schlängelte sich um den Tisch herum. „Wenn das so weiter geht, bin ich schon um acht todmüde und noch urlaubsreifer als sowieso schon“, blaffte ich sie im Vorraum der Toilette an. „Fabian ist heute grauenvoll, kannst du ihn nicht mal bremsen?“

      „Er meint es doch nur gut“, war die schwächliche Antwort.

      „Der meint es nicht gut, er glaubt nur, dass er alles besser weiß als alle anderen. Nervt dich das eigentlich nie?“

      „Selten. Zu Hause ist er nicht so.“ Sie zog sich die Lippen nach.

      „Und wieso hat er diesen idiotischen Robert mitgebracht?“

      „Keine Ahnung, ich kenn den auch nicht. Aber er ist doch ganz nett, oder? Bis auf diesen bescheuerten Schnurrbart.“

      „Nett? Der macht mich dermaßen plump an! Und du willst ihn mir noch im Urlaub auf den Hals hetzen! Eins sag ich dir, wenn ich den jenseits der confine del stato antreffe, mach ich dich alle, wenn ich zurückkomme.“

      „Boah, bist du böse! Hier, guck mal, wie findest du die Farbe?“

      Ich begutachtete das intensive Pink, als glitzerte, als seien Glassplitter darin eingeschlossen. „Diamantlook“, erläuterte Simone stolz.

      „Eigenartig. Macht der nicht gelbe Zähne, bei dem kalten Farbton?“

      „Nö. Meine Zähne sind schließlich weiß! Ich finde, du brauchst wieder mal einen Mann.“

      „Nur weil du in der Falle sitzt, sollen alle übrigen auch dran glauben?“

      „Ich sitze nicht in der Falle! Fabian ist der liebste, beste – ja, schon gut, er ist ein elender Besserwisser, aber echt nur in der Kneipe, ich schwör´s. Trotzdem, immer so ganz alleine...“

      „Simone, pass auf: Wenn ich einen Kerl will, dann suche ich mir selber einen, der mir auch gefällt, so schwer ist das nicht. Dieser Robert ist nicht mein Typ. So, und jetzt esse ich meine Pizza, die hoffentlich endlich da ist, und dann gehe ich heim und packe.“

      „So bald schon? Soll ich dir einen Koffer leihen?“

      „Ich hab einen Koffer, danke.“

      „Ja, aber bloß einen!“ Das rief sie aus ihrer Kabine, von Plätschern