Homo sapiens movere ~ geliebt. R. R. Alval

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Название Homo sapiens movere ~ geliebt
Автор произведения R. R. Alval
Жанр Языкознание
Серия geliebt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738024937



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dran.“, meldete ich mich. Mein Kopf fühlte sich immer noch heiß an. Mein Körper war schön. Peinlich war es mir trotzdem. Am liebsten wäre ich untergetaucht. Nur für ein paar Minuten. Aber dann hätte ich meine Mutter nicht mehr gehört. Zudem war Edgar längst außer Sichtweite. Und vermutlich auch außer Hörweite.

      Meine Mutter fragte mich aus. Ich glaubte, um sich selbst zu beruhigen. Die Telefonnummer hatte sie von Roman bekommen, der sie bereits in Einiges eingeweiht hatte. Deshalb fiel es mir auch ziemlich leicht, Auskunft zu geben. Ich musste nichts für mich behalten.

      Es war … erleichternd.

      Nach dem Vormittag am und im Pool war ich hungrig. Ich aß mit großem Appetit. Edgar benahm sich ganz wie er selbst. Falls ihn mein Anblick schockiert haben sollte, konnte er das gut verstecken. Oder aber, ich interpretierte zuviel hinein. Edgar hatte mit Sicherheit schon mehr als eine Frau nackt gesehen. Er schien meinen inneren Zwiespalt zu bemerken. „Machen Sie sich nicht so viele Sorgen, Samantha. Ich kann mich, damit es ihnen besser geht, selbstverständlich ebenfalls ausziehen. Allerdings ist mein Körper nicht halb so ansehnlich wie ihrer. Nun? Was meinen Sie?“ Prompt verschluckte ich mich. „Äh… danke. Nein. Ich… es ist mir bloß peinlich.“ Edgar nickte. „Das muss es Ihnen nicht sein. Ich werde jetzt allerdings nicht sagen, dass Sie meinen Tag gerettet haben. Eine solche Abwechslung könnte zu aufregend für mich sein.“ Meine Lippen zitterten.

      Nur kurz.

      Dann prustete ich los.

      Lauthals.

      Edgar schloss sich meinem Ausbruch von Heiterkeit an. Das Thema hatte sich damit erledigt.

      „Was ist denn hier so lustig?“ Roman. „Nichts.“, antworteten Edgar und ich unisono. Mit dem feinen Unterschied, dass ich nach wie vor kicherte. Edgar hingegen offenbarte stoische Bescheidenheit. Noch nicht mal ein Mundwinkel zuckte. Alles an ihm schrie ‚Perfekter Butler‘.

      Man!

      Soviel Selbstbeherrschung hätte ich auch gern. Ob man die irgendwo kaufen konnte? Bei meinem Glück musste die hart erarbeitet werden.

      Also fragte ich nicht.

      „Wenn du dann fertig bist, Sam, komm bitte in den Salon.“ Ich schluckte, weil Roman sehr ernst aussah. Salon – das klang scheiße vornehm. Für mich war das ein Wohnzimmer. Eine verflixt großes. Falls er mir irgendwas predigen wollte, konnte ich es sowieso nicht ändern. In aller Ruhe aß ich mein Mittag. Edgar hatte frischen Kaffee angesetzt. So ein netter Mann. Ob ich mir den hin und wieder borgen konnte?

      Mit einer Tasse des frischen, herrlich duftenden Getränks ging ich in den Salon.

      Wenigstens erwartete mich keine Grabesstimmung.

      Keine allzu erdrückende.

      War jemand gestorben?

      Bei dem Gedanken zuckte ich innerlich zusammen. „Ganz ruhig, Sam. Du siehst aus, als hättest du etwas überfahren.“

      Ach, wirklich?

      Ich war froh, mich setzen zu können. Meine Hände zitterten leicht. Ich wollte keinesfalls etwas verschütten, weswegen ich die Tasse vorsichtshalber abstellte. Seine Worte hatten mich nur bedingt beruhigt. Vor allem, da er keinen meiner Gedanken aussprach. Er wollte mich demzufolge auf keinen Fall gegen sich aufbringen.

      Doch ein Überbringer von schlechten Botschaften?

      „Nun fang schon an, Roman. Bevor ich vor Neugier platze.“ Oder vor Herzklopfen. Und er sollte sich verflixt nochmal hinsetzen. Sein Herumstehen machte mich nervös.

      Zumindest diesen Gedanken schien er offenbar zu hören.

      Roman setzte sich neben mich. Die Beine lang von sich gestreckt. Unwillkürlich fiel mein Blick auf seinen flachen Bauch. Durch das Shirt sah ich deutlich seine straffen Muskeln. Da es zudem ein kleines Stück nach oben gerutscht war, einen Streifen seiner leicht gebräunten, makellosen Haut. Augenblicklich lief mir das Wasser im Mund zusammen. Herr Ober, eine Serviette bitte!

      Romans Worte holten mich in die Gegenwart zurück. „Ich habe mit Stépan gesprochen. Laut seiner Aussage sind deine Körperfunktionen allesamt hundertprozentig intakt.“ Mein Stirnrunzeln wetteiferte mit dem Aufreißen meiner Augen. „Ich hatte ihn darum gebeten. Während der Aktion vor drei Tagen hat Stépan an dir nichts Ungewöhnliches feststellen können. Abgesehen von der Lappalie mit deinen Stimmbändern.“ Die waren fein säuberlich durchtrennt gewesen. Ein Werk der Feen, das der Pir glücklicherweise behoben hatte. Ich zuckte mit den Achseln. Exakt das Gleiche hatten die Ärzte auch gesagt – nur, ohne meine Stimmbänder zu erwähnen.

      „Dann reagiere ich wohl auf das Wetter; leide unter Luftschwankungen.“

      „Ich bezweifle, dass du wetterfühlig bist. Davon fällt man kaum in Ohnmacht. Menschen bekommen Kopfschmerzen, Kreislaufschwankungen. Hin und wieder kann das abweichen. Doch mir ist kein Fall bekannt, in dem es jemandem einfach die Lichter ausknipst. Dass ich im Vorfeld Stimmen oder was auch immer höre – so wie du – weist ebenfalls auf etwas vollkommen anderes hin.“ Verwirrt sah ich ihn an. „Voodoo?“ Glaubte Roman nicht. Sonst würde er kaum den Kopf schütteln. „Stépan denkt, es hängt möglicherweise mit dem Einsatz deiner Kräfte zusammen. Natürlich können wir das nicht beweisen.“ Ich nickte vorsichtig. „Müsste dann nicht ein Muster erkennbar sein? Es können Monate zwischen den Anfällen liegen, und dann wieder nur wenige Wochen. Wie erklärst du dir das?“ Roman fuhr sich durch seine schulterlangen Haare. Rückte mit dem Hintern ein wenig zurück und ließ die Unterarme über seine Oberschenkel baumeln. „Vielleicht wirst du ja verrückt?“ Hmhm… vielen Dank auch! Roman hielt ein Lachen zurück. „Genau. Pass bloß auf, dass ich nichts Verrücktes anstelle.“

       Mit dir!

      Aufsässig wackelte ich mit den Augenbrauen. „Schwestern stellen mit ihren Brüdern nichts Verrücktes an, Sam.“ Mein Schmollmund war eine Meisterleistung. „Das musst du mir nicht auf den Bauch malen.“

      „Auf die Stirn schreiben.“ Meine Schultern zuckten. „Wortklauberei. Ich habe lediglich daran gedacht, dein Shirt in Brand zu setzen. Oder deine Hosen. Und ja, Schwestern tun solche verrückten Dinge. Frag meine Brüder.“

      „Du hast die Klamotten deiner Brüder angebrannt?“

      „Nö. Aber die Schlafanzughosen zugenäht und die Ärmel ihrer Hemden.“ Nimm das! Ich lächelte boshaft. „Seitdem weiß ich, dass meine Brüder sehr kreativ fluchen können. Und das jede Schandtat ein Nachspiel hat.“

      „Dann fürchtest du dich nicht vor meinem Nachspiel?

      „Du bist erwachsen. Außerdem kratzen dich solche Neckereien doch überhaupt nicht.“

      „Du scheinst dir dessen ziemlich sicher zu sein, Sam.“ War ich auch. Je zuversichtlicher ich mich gab, desto weniger war die Wahrscheinlichkeit, dass er doch ausrastete.

      Sein Echo würde ich bestimmt nicht vertragen.

      Romans Blick sagte mir, dass er wusste, dass ich ganz bestimmt nicht an seine Klamotten gedacht hatte. Zumindest nicht, was ein kleines Feuer oder eine Nähnadel betraf.

      Er sagte nichts dazu; wechselte schlichtweg das Thema. „Lass uns heute Nachmittag ein wenig in die Stadt gehen. Bummeln. Einkaufen.“ Mein Mund klappte auf.

      Einige Sekunden – oder auch Minuten – starrte ich ihn an.

      Roman war ein Mann.

      Die Worte Bummeln oder Einkaufen gehörten im Grunde nicht in deren Repertoire. Gleichzeitig erinnerte ich mich daran, dass ich schon mal mit ihm einkaufen gewesen war. Er hatte es damals sichtlich genossen. „Äh… eigentlich würde ich lieber heim. Mir geht’s prima. Siehst du doch, oder?“ Roman bedachte mich mit einem Blick, den ich bis in die Fußzehen spürte. So hatte mich noch nie ein Mann angesehen. Auch Alan nicht.

      Mir wurde heiß.

      Im selben Augenblick hatte ich das Bedürfnis, mich vor ihm auf die Knie zu werfen und meinen Blick