Homo sapiens movere ~ geliebt. R. R. Alval

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Название Homo sapiens movere ~ geliebt
Автор произведения R. R. Alval
Жанр Языкознание
Серия geliebt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738024937



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zusammen zucken ließ. Die Schlinge hatte ich vor dem Kochen abgenommen. Ein Fehler, wie ich jetzt bemerkte. „Du bist verletzt!“, zischte er und lockerte seine Hände. „Das wird schon wieder. Sie war nur ausgekugelt, ok?“ Stoisch stocherte ich im Tiegel, aber Roman sagte das, was ich nicht hören wollte. „Dein Gesicht ist auch nicht ok. Deine Nase meine ich. Waren das die Frauen?“ Als ich nichts sagte, las er es in meinen Gedanken. „Ich hoffe, du hast dich revanchiert.“ Ich hörte mich selbst lachen. „Du hättest sehen sollen, was die Frauen mit ihm gemacht haben. Eigentlich soll ich es keinem sagen, aber da wir in seinen Augen eine Beziehung führen, kann ich dir das schlecht vorenthalten, oder?“ Roman strich sanft über meine Oberarme und küsste spielerisch meinen Nacken. „Das ist wahr. Also?“ Ich erzählte es ihm – während er es nebenbei live in meinem Kopf sah. Wie erwartet entlockte es sogar ihm eine Reaktion. „Zu schade, dass du keine Fotos gemacht hast.“ Jepp, das bereute ich ebenfalls. Sehr sogar. „Und dein Wohnstubentisch ist weg?“ Ich nickte. Außerdem waren auch Alans Schuhe und Socken verschwunden. Aber das interessierte mich weniger. „Der Tisch hat sich in Luft aufgelöst.“ Erneut küsste er meinen Nacken, was sich viel zu gut anfühlte. „Das gefällt mir gar nicht.“, sinnierte er, „Wenn Hexen dazu in der Lage sind, etwas verschwinden zu lassen, dann sind sie sehr mächtig. Und was du über die Mädchen erzählt hast …“ Er seufzte. „Ich werde mit meinem Vater sprechen. Vielleicht kann er sich an etwas Ähnliches erinnern. Wenn es wirklich Hexen sind, und davon bin ich überzeugt, muss es sich um einen bestimmten Zirkel handeln. Und wenn wir den finden …“

      „... können wir ihn ausräuchern.“, beendete ich seinen Satz, was er mit einem knappen Nicken quittierte. „Ich hätte es ein wenig anders ausgedrückt, aber das passt auch.“ Er zwinkerte mir zu. „Noch was: Ich bin ein Vampir, Sam und ich habe die ein oder andere Eigenart, die dir fremd ist. Das heißt aber nicht, dass ich es gut heiße, wenn Alan dich wie seinesgleichen behandelt.“ Betroffen schaute ich auf meine Fußspitzen und lachte leise. „Ich auch nicht. Ich wollte ihn darauf hinweisen, dass er vergisst, dass ich kein Wer bin. Wie du siehst, bin ich damit nicht sehr weit gekommen.“ Roman verschränkte seine Hände hinter seinem Rücken und sah an mir vorbei in die Ferne. „Er betrachtet dich als meine Frau. Und trotzdem wagt er es, Hand an dich zu legen. Ich frage mich, ob ich ihm später einen Besuch abstatten soll. Ein kleiner Schlagabtausch unter Freunden soll erholsam sein… Habe ich gehört.“ Bei diesem letzten Satz drehte er den Kopf zu mir und sah mir direkt in die Augen. In seinem Blick lag ein Versprechen, das mir nicht behagte.

      Nur eine Sekunde lang, und es jagte mir Schauer über den Rücken.

      Vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet.

      „Komm her.“ Langsam zog Roman mich in seine Arme und küsste mich. Vorsichtig und sanft, als befürchtete er, er könnte mich zerbrechen. Sein Mund wanderte an meinem Hals entlang nach unten. Das Schaben seiner Zähne schickte ein köstliches Schauern durch meinen Körper. „Schhhh.“, murmelte Roman, leckte über meine Halsschlagader und biss zu. Am Schlimmsten war der Schmerz des Eindringens. Doch der verging. Stattdessen spülte eine angenehme Wärme durch meine Adern. Erst da erkannte ich, dass Roman nicht von mir trank, sondern mich heilte. Ich war ihm wirklich dankbar, aber gegen ein wenig mehr hätte ich auch nichts einzuwenden. „Ein faszinierender Gedanke, den ich gern in die Tat umsetzen würde. Aber leider kann ich nicht. Behalte ihn im Kopf. Ich komme darauf zurück.“, flüsterte er mir ins Ohr, drückte sich eng an mich, so dass ich seine Erregung deutlich fühlte und seinen angenehm vampirischen Duft tief einatmen konnte. Sein Abschiedskuss glich einem Versprechen. Einem, bei dem mich die Vorahnung beschlich, dass er es nie einhalten würde. „Einen schönen Abend noch, Sam.“ Er neigte leicht den Kopf zum Abschied und verschwand.

      Auf Vampirart.

      Wusch und weg.

      Also das würde ich wirklich gern können.

      Nachdem Roman gegangen war, hatte ich die Steaks gegessen, mir anschließend ein Buch geschnappt, es mir auf der Couch gemütlich gemacht und war schließlich sehr spät ins Bett gegangen. Obwohl ich todmüde war, schlief ich schlecht. Beim kleinsten Geräusch schreckte ich auf, streckte meine Sensoren aus und ließ mich, für den Moment beruhigt, zurück ins Bett fallen.

      Bis zum nächsten Geräusch.

      Missbilligend schaute ich an den Wecker, dessen Zeiger auf die Sieben vorrückte. Ich konnte ebenso gut aufstehen.

      Seufzend schlug ich die Bettdecke zurück, stand leise vor mich hingrummelnd auf, stampfte ins Bad, schmiss mir einen Liter kaltes Wasser ins Gesicht, putzte die Zähne und kämmte meine vom hin- und herwälzen zerzausten Haare.

      Hallöchen!

      Ich sah wirklich hübsch aus mit den blaugrauen Augenringen. Und abartig phänomenal mit den Haaren, die in alle Richtungen abstanden. Abgesehen davon zeigte mein Gesicht keine Spuren mehr von der Verletzung; meine Schulter schmerzte nicht mehr. Jepp, der Tag konnte nur besser werden.

      Solange Alan nicht klingelte.

      Oder ein paar Frauen auftauchten, die von Hexen manipuliert wurden.

      Vorausgesetzt, Romans Theorie stimmte.

      Hexen… Hatte Roman die nicht erst im Zusammenhang mit meinen Ohnmachtsanfällen angedeutet? Hm… wie hatte er es genannt? Eine Beschwörung? Das musste ich ihn definitiv fragen. Vielleicht hing das eine mit dem anderen zusammen. Meine Laune hob sich trotz meiner nicht mehr vorhandenen Blessuren erst, als ich mit einer Tüte frischer Brötchen vom Bäcker zurückkam, keine Magie oder unwillkommene Besucher auf mich warteten und mich der Duft von frischem Kaffee empfing. Den hatte ich vor meinem kurzen Ausflug zum Bäcker angesetzt.

      Doch sie sank wieder auf den Nullpunkt, als ich nach dem Frühstück die Zeitung aufschlug. Mir sprang ein Artikel direkt ins Auge. Er ließ mich wünschen, ich hätte nichts im Magen. Die Fotos der drei Frauen blickten mich anklagend von der ersten Seite an. Die Überschrift ließ mich die Hände zusammenballen.

       Mysteriöser Tod – neue Seuche?

       Am gestrigen Abend wurden drei junge Frauen von besorgten Bürgern ins nahe gelegene Krankenhaus gebracht, nachdem sie im Bus zusammengebrochen waren. Laut Zeugenaussagen waren die Frauen an der Haltestelle ‚Zum Brunnen’ eingestiegen und hatten Platz genommen. Nach etwa fünf Minuten seien sie von ihren Plätzen aufgesprungen und kurz darauf schreiend zusammen gebrochen. Im Krankenhaus fielen dem Personal barbarische Verstümmelungen auf. Der Chefarzt, Dr. Cassius, meint, er hätte in seiner medizinischen Karriere noch nie etwas Derartiges erlebt. Es schien, als wären sie bereits seit mehreren Tagen tot, obwohl zum Zeitpunkt der Untersuchung sämtliche Vitalfunktionen messbar waren. Der Verwesungsprozess hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits eingesetzt. Dagegen seien die Verstümmelungen, auf die er aus ästethischen und kriminaltechnischen Gründen nicht näher eingehen wollte, den jungen Frauen vermutlich bei vollem Bewusstsein zugefügt worden. Es sei ein Segen, so Dr. Cassius, dass die Mädchen nur eine Stunde nach ihrer Einlieferung eingeschlafen seien. Eine weitere Angestellte, die anonym bleiben möchte, sagte aus, dass es mysteriös gewesen sei. Bei allen dreien war zur selben Zeit ohne jegliche Vorwarnung das Herz stehen geblieben, und die schon vorher nur schwach vorhandenen Hirnströme seien einfach verschwunden. Der Tod der Frauen gibt dem Krankenhaus und der Gesundheitsbehörde Rätsel auf ...

      Es folgte das Übliche bla, bla, indem man um die Mithilfe der Bürger bat und den Hinterbliebenen sein Mitleid aussprach. Ich fand das fadenscheinig. Die Zeitungen waren auf eine Story aus, die möglichst viele Leser gewann. Die interessierte einen Scheißdreck, wie sich die Familien fühlten. Andererseits: Wer war ich schon, dass ich das beurteilen sollte?

      Dann traf mich die Erkenntnis wie ein Schock: Ich hatte Tote zum Leben erweckt. Und Alan hatte sie in einen Bus gesetzt? Die Haltestelle lag ziemlich zentral. Wie waren sie dort hingekommen?

      Oh, oh… das war … zum Kotzen.

      Warum hatte ich das getan? War mir nicht klar gewesen, dass sie sowieso keine Chance hatten? Hatte Alan etwas von ihnen erfahren?

       Oh Gott, oh Gott, oh Gott.

      Wenigstens