SILBER UND STAHL. Nicole Seidel

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Название SILBER UND STAHL
Автор произведения Nicole Seidel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738096156



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es gesehen."

      "Ich bin einverstanden", sagte Fuin traurig.

      Iorweth kletterte auf einen Felsen. blickte über den See ans ferne Ufer, an dem ein kleines Fischerdorf lag. Weiter vor ihm, auf einem flachen kleinen Plateau bemerkte er zwei ockerfarbene Wyverne, sie schliefen und ließen sich von der Sonne wärmen. Der Pfad zum Tempel im Norden führte nahe am Plateau vorbei. Seine Hand ruhte auf dem Knauf seines schmalen Schwertes, das er links an der Hüfte gegürtet hatte. Er hoffte, es nicht gegen diese Flugechsen ziehen zu müssen.

      Lautlos sprang er vom Fels und folgte dem Weg. Die Tiere beachteten ihn nicht, als er sich an ihnen vorbei schlich. Vom Plateau führte eine natürliche Treppe nach unten. Links verdeckte ein kleiner Wald die Sicht auf den Wassertempel. Rechterhand klafften Klippen, an denen er sich vorbei hangelte. Dann erreichte Iorweth das Konstrukt aus blauen Felssäulen.

      Wenige glatte Stufen führten von drei Seiten in ein viereckiges Bassin, über das das Seewasser wellte. Ein verschlungenes Mosaik von Fischen, Schlingpflanzen und Nixenwesen zeichnete sich auf dem Grund ab. Die dicken Säulen an den vier Ecken des hohen Daches mit dem spitzen Turm darauf, waren teilweise auch mit Mosaikbildern verziert, aber der Zahn der Zeit hatte unzählige Steinchen abblättern lassen. Die vierte Seite, die zum See offen war, führte in die Tiefe. Iorweth hatte sich die Stiefel ausgezogen und watete unter dem Dach im Wasser und bemerkte, dass eine helle Steintreppe in den Grund des Sees führte. Dort unten lag eine versunkene Stadt, in der ein Fischvolk leben sollte, dachte Iorweth, ob sie wohl heute noch dort lebten?

      Dort hinunter sollte er tauchen, hatte die Herrin des Sees ihm befohlen. Also entledigte er sich auch der Lederhose und seiner Samtweste. Iorweth tauchte unter, das Seewasser war kühl. Er folgte mit kräftigen Schwimmbewegungen der Steintreppe, diffuses Licht umfing ihn. Am nicht weit entfernten Grund warfen Mauerreste zwischen wogenden Algen tiefe Schatten. Ein Schwarm kleiner silberner Fische stob vor ihm davon. Einige Sonnenstrahlen drangen bis hier runter vor und spiegelten sich auf glatten, metallenen Oberflächen. Die Stadt und deren säulenbewerten Gebäude war ein Ruinengebälk aus überzogenen Steinquadern und natürlichem Wuchs. Der Elf tauchte durch gekippte Säulen und an zerriebenen Mauern entlang. Hier gab es kein Fischvolk mehr und einen Schatz gab es ebenso wenig - kam es Iorweth, als er zum Luftholen auftauchte. Und gleich wieder abtauchte und ein Blitzen in der Ritze zweier Quader entdeckte. Er griff instinktiv danach, hielt es ohne es betrachtet zu haben, fest in der Faust. Er schwamm mit den großen bunten Fischen, genoss die Ruhe unter Wasser.

      Später lag er auf der obersten Stufe im Sonnenlicht und ließ sich trocknen. In seiner Hand hielt er einen Ring der mit grüner Patina überzogen war. Geduldig kratzte er die Schicht ab, darunter kam ein schlichter Goldring zum Vorschein, der ihm nur am kleinsten Finger passte.

      Mit einem Schrei erhob sich eine der Wyverne in die Lüfte und kreiste immer höher. Der Elf sprang zu seinem Kleiderbündel, zog sein Schwert. Aber keine Gefahr drohte ihm. Er zog sich an und setzte seinen Rundgang über die Schwarzschwalbeninsel fort. Iorweth trat in die Schatten des kleinen Waldes. Auf Elfenart grüßte er die stolzen Bäume, in dem er die Hand auf die Rinde legte und dem Säuseln ihres Blätterdachs lauschte. Er fand einige süße Walderdbeeren.

      Ein kleiner Lindenbaum mit unzähligen winzigen Blättern und verzweigten Ästen lugte hinter einem Felsen hervor und der junge Elf brach einen armlangen Zweig ab. Die Sonne neigte sich dem westlichen Horizont zu. Es war Zeit, dachte Iorweth. Er blickte über den See, die Stadtmauern und Dächer der Hauptstadt Wyzima strahlten rötlich in der Ferne. Die Nackenhärchen stellten sich ihm auf, eine unbestimmbare Angst bemächtigte sich seiner. Die sorglosen Tage seines Lebens waren gezählt, ahnte er und schüttelte das ungute Gefühl sofort wieder ab.

      Fuin'isengrim war verschwunden, er wartete beim Boot und hatte das Lagerfeuer entzündet. Die Herrin vom See war aus ihrem Meer von Seerosen getreten. Zwischen ihren weißen Fingern erschien eine Tiermaske. Sie reichte Iorweth das lederne Antlitz eines jungen Hirsches mit einem knospenden Geweih von sechs Enden. "Ab diesem Zeitpunkt sage kein Wort mehr", befahl sie ihm.

      Er zog die Hirschmaske über und ließ sich von der Herrin entkleiden. Dann befahl sie ihm sich in den warmen Sand zu legen. Sie begann leise ein Lied in alter Elfensprache zu singen, das von einem Mädchen aus der Anderswelt handelte, dass in der Belteyn-Nacht sich mit dem Hüter des Waldes vermählte. Sie umtanzte Iorweth dabei und entzündete magische Feuer am Kopf und zu seinen Füßen. Die Feuer spendeten jedoch keine Hitze und ließen ein glutrotes Mosaik auf dem hellen Körper der zierlichen Frau tanzen.

      Durch die schmalen Schlitze der Tiermaske beobachtete der Elf die Herrin vom See. Sie beugte sich zu ihm herab, berührte seine Männlichkeit, die sich noch weiter aufrichtete, sich hart ihr entgegen­streckte. Blut rauschte in seinem Kopf, Hitze wallte durch seinen gestählten Leib. Sie umschloss ihn, saß fast bewegungslos auf ihm. Ein kaum merkliches Kreisen ihrer Hüften quälte den erregten Leib des jungen Elfenmannes. Er wollte nach ihren Schenkeln, ihren bloß Brüsten greifen, aber sie stieß seine Hände fort. So blieb er zitternd und bebend unter ihr liegen und ergab sich dem inneren Tosen.

      Ihre Schenkel spannten sich an, die Bewegung der Hüften wurde fordernder. Das Feuer an seinem Kopf umhüllte ihn und mischte sich mit den Flammenzungen zu seinen Füßen. Der Zweig vom Lindenbaum peitschte über seine Brust. Der Schmerz seiner Lenden paarte sich mit dem Schmerz auf seiner Brust. Tausend Nadeln stachen dort in seine Haut, wanderten den Hals hinauf, die Rippen zu den Leisten hinab. Aus dem anfänglichen Stöhnen wurde ein erstickter Schrei. Dann fiel Iorweth einen dunklen Abgrund hinab.

      Er erwachte inmitten der Nacht am Lagerfeuer der Sandbank, auf die das Boot gezogen war. Sein Vater blickte ihn über die Flammen hinweg an und sagte: "Jetzt bist du ein Mann und trägst das alt-mystische Zeichen der Aen Seidhe - das tan i boron'galadh tuia'tinnu - Das Banner des standhaften Baumes der zunehmenden Abenddämmerung."

      Iorweth richtete sich auf und betrachtete erstaunt das filigrane Blattwerk, das sich rauchgrau seine linke Seite hinunter schlängelte und deren Spitzen unter dem Bund der Hose verschwand. Er hatte immer das Tattoo seine Vaters bewundert, nun hatte er selbst eines. Ihm waren noch weitere Elfen begegnet, die ähnliche Tätowierungen aufwiesen, aber bei den meisten hatte ein Elf oder Zwerg Hand anlegen müssen, daher waren diese auch bei weitem nicht so feingliedrig, vielfältig und vollkommen gewesen.

      "Wir sollten schlafen gehen und morgen nach Wyzima zurück segeln." Iorweth nickte und die beiden Elfen hüllten sich in ihre Umhänge, um bald darauf neben dem Feuer einzuschlafen.

      4

      Der Unrat an den Hausecken und den morastigen Untiefen häufte sich in den Straßen Alt-Wyzimas, bemerkte Iorweth auf dem Weg nach Hause. Ein regenreicher Sommer lag hinter ihm. Ein paar klapprige menschliche Existenzen hielten ihm bettelnd ihre Hände entgegen, dann bog er ins Anderlingviertel ab. Achtlos wie ein Müllsack war ein Mann auf einen stinkenden Haufen schimmliger Abfälle geworfen worden. Achtlos hatte Iorweth vorbeigehen wollen, doch dann erkannte er den jungen Elf.

      "Riordain?" Als er in die Bande von Coinneach aufgenommen worden war, hatte die Freundschaft zu dem Halbelf arg gelitten, bis sie sich überhaupt nicht mehr sahen. Er war in einem erbärmlichen Zustand. Sein dürrer Leib steckte in Lumpen und jemand musste ihn aus einer hellen Freude heraus noch verprügelt haben, denn Gesicht und Körper wiesen Blutergüsse, Platzwunden und Prellungen auf, aber er lebte noch.

      Iorweth hob sich den Verletzten über die Schulter und ging direkt nach Hause. Alle waren aufgebracht - eher über den schändlichen Zustand Riordain's, als dass Iorweth gewagt hatte ihn mitzubringen. Sofort machten sich die drei Frauen an die Pflege des jungen Halbelf.

      Sie kamen nicht einmal dazu ihm die Wunden zu verarzten, als Fuin'isengrim ins Haus eilte. "Razzia! Soldaten durchsuchen erneut das Viertel." Als er seinen Sohn im edlen Gewand und den verwundeten Halbelf bemerkte, fügte er hinzu: "Ihr müsst euch verstecken. Wer weiß, was sie diesmal suchen. Dieser neue Hauptmann ist mir ein zu fleißiger, pflichtbewusster Mann!"

      Im Küchentrakt gab es eine kleine Grube mit einer Falltür, um Vorräte zu lagern. Dorthin zwängten sich die beiden jungen Elfen. Iorweth musste nur dafür sorgen, dass sein Freund nicht zu laute Geräusche