Wen oder was wir lieben. null michelle_werner

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Название Wen oder was wir lieben
Автор произведения null michelle_werner
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847654254



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gehen.

      Als drei Jahre später die Schutzwände entfernt werden, steht da nicht mehr ein Haus mit 7 Meter Länge sondern eines mit der dreifachen Länge und Herr Loibner tut so, als wäre dies immer schon genauso hier gestanden. Neidische Nachbarn finden bald heraus, dass Herr Loibner jemanden in der Baukommission sitzen hat. Einblicke in den Akt werden jedem Anrainer verwehrt, obwohl das Gesetz eigentlich etwas anderes besagt.

      Herr Loibner liegt nun öfter mit zwei jungen Damen im Garten, die leicht seine Töchter sein konnten, es allerdings nach seinem Verhalten zu urteilen nicht sind. Die Frau, die früher an seiner Seite lebte, scheint nicht mehr zu existieren. Niemand hat sie abreisen gesehen und auch ein Möbeltransporter ist nicht gesichtet worden. Der Postbote kann dann später Auskunft geben, aber natürlich nur jenen, die sein Wissen auch mit einem Schnäpschen honorieren. Frau Loibner (2) hatte einige Zeitschriften abonniert und diese fanden sich bald wieder im Schaukasten ein mit einem handschriftlichen Vermerk.

      „Unbekannt verzogen“ stand dort, ein anderes Mal las man „verstorben“ und Ähnliches. Es waren auch einige Male plattfüßige Kripobeamte hier, die sich in der ganzen Umgebung nach dem Verbleib von Frau Loibner erkundigten, weil sie auch nirgendwo anders aufgetaucht ist. Herr Loibner selbst lässt die Beamten ohne Durchsuchungsbefehl nicht ins Haus, was in dieser Gegend schon ein sehr ungewöhnliches Verhalten ist.

      Bald spricht man davon, dass vor der Eheschließung Frau Loibner die Vermögende war, da sie aus einer reichen Familie kommt. Das Gerücht, dass die gute Frau wohl unter dem neuen Prachtgebäude ruhen würde, verstummt nicht wieder.

      In den Abendstunden gibt es öfter Besucher für Herrn Loibner und die Nachbarn mit ihren Feldstechern würden diesen finsteren Gesellen nur ungern allein begegnen. Sie kommen meist mit einem Kleintransporter um Dinge abzuliefern, als auch abzuholen. Teilweise geschieht dies in der Garage am unteren Teil des Grundstücks, teils aber auch auf der Straße, wenn Loibners Transporter die Garage blockiert. Offenbar werden hier Bilder angeliefert und dafür sonderbare Pflanzen mit auffallend schmalen und spitzen Blättern abgeholt. Diese werden in dem länglichen Teil des Hauses gezüchtet. Also eine Art Tauschhandel, Kunst gegen diese sonderbaren Pflanzen.

      Herr Loibner reagiert zunehmend unfreundlicher auf Kontaktversuche seiner Nachbarn und inzwischen möchte er sich nicht einmal mehr über das Wetter unterhalten. Er vermeidet jeden Kontakt zu seiner Umgebung. Auch die jungen Damen wechseln immer wieder gegen andere ebenso junge Damen.

      Vor einigen Wochen gab es einen Einbrecher auf diesem Grundstück. Dieser Bösewicht wurde von den Nachbarn gesichtet, wie er mit zwei prall gefüllten Taschen das Grundstück wieder verließ. Die Alarmanlage heulte und so kam es auch, dass die Nachbarn die Polizei alarmierten. Offenbar waren sie gerade in unmittelbarer Nähe und daher drei, vier Minuten später hier. Herr Loibner stritt ab, dass man bei ihm eingebrochen hätte, wollte auch nicht, dass die Beamten sich im Haus umsahen. Herr Loibner erstattete nicht einmal eine Anzeige. Die Polizeibeamten zogen sich auffällig schnell wieder zurück, so als ob sie eine verdeckte Ermittlung nicht gefährden wollten.

      Einige Tage später gibt es dann eine große Razzia auf diesem Grundstück und dabei kommen die Beamten von beiden Seiten auf das Grundstück, wodurch alle Fluchtwege versperrt sind. Diesmal haben sie auch eine richterliche Erlaubnis zur Durchsuchung des Gebäudes und Grundstücks, inklusive Garage. Die Beamten werden in hohem Maße fündig. Die Aktion dauert bis spät in die Nacht und die Nachbarn bekommen eine interessante Abendunterhaltung geboten.

      Die meisten Bewohner der Siedlung stehen direkt auf der Straße, um sich nichts entgehen zu lassen. Für den Abtransport der beschlagnahmten Dinge werden Lastkraftwagen angefordert. Da die LKWs aber für die schmale Straße viel zu breit sind, müssen die Fahrzeuge ganz unten stehen bleiben und alles muss von den Beamten über die Straße nach unten getragen werden. Auf diese Weise entgeht den Nachbarn nichts. Man kann sich ausreichend über diesen bösen Menschen entsetzen, denn man hat ja sonst nichts zu tratschen. Natürlich halten die Beamten nicht dicht. So etwas geht auch nicht, wenn viele Beamte ganz viele Objekte durch die Gegend tragen. Es geht aber nicht nur um gestohlene Kunstwerke. Es geht auch um Pflanzen für die Drogenproduktion, Mädchenhandel, Zuhälterei und noch einige andere Dinge. Natürlich wird Herr Loibner verhaftet, wie auch die anwesenden Hehler, Zuhälter, Freudenmädchen, Drogenhändler und Drogenhersteller. Das Haus will sich die Kripo in den nächsten Tagen nochmals im Detail vornehmen, denn wer weiß, was man da alles unter dem Fundament oder in sonstigen Verstecken findet.

      Jetzt ist zumindest klar, dass Herr Loibner das weiße Pulver so sehr liebt, dass er es auch anderen Menschen zum Kauf anbietet oder gegen Kunstgegenstände eintauscht. Herr Loibner wird seine Pflanzen und das Pulver in der nächsten Zeit wohl sehr vermissen. In diesem Punkt gibt es wohl eine Einigkeit mit den Liebenden dieser Welt, denn manchmal kommen wir Menschen einfach an unsere Liebe nicht heran und dann beginnt eine traurige Zeit, von der niemand so genau weiß, wie lange sie dauert.

      Die Nummer 22 – Adi Zack

      Auf der anderen Seite der Straße, auf Nummer 22 sitzt Adi Zack (1) schon den ganzen Abend auf seinem Kirschbaum, damit ihm nichts vom Spektakel entgeht. Dadurch dass er am Kirschbaum sitzt, kann er über den lebenden Zaun sehen. Der Kirschbaum ist auf seinem Grundstück das höchste Objekt und das hat seinen Grund.

      Für ihn ist es eine kleine Genugtuung, mit anzusehen, wie Herr Loibner abgeführt wird. Vor einiger Zeit hat er Herrn Loibner geradezu angefleht, ihn mit seinen Beziehungen zur Baubehörde zu unterstützen. Der Schuft lachte nur dumm und meinte, dass er nichts für Herrn Zack tun könne.

      Adi Zack hat seinen Garten als Teil der Kleingärtnersiedlung vor einigen Jahren gepachtet. Der Pachtvertrag läuft über 99 Jahre und ist sehr preiswert, da das Grundstück nur 500 Quadratmeter hat und sich darauf nur ein wirklich kleines Haus befindet. Es sind zwei Zimmer mit allen Nebenräumen.

      Als Familienvater mit einem Adoptivkind hat er sich wenigstens drei Zimmer gewünscht, aber allzu viele Grundstücke kamen in den letzten Jahren nicht auf den Markt. Wenn doch, dann war es in einer Preisklasse, die er sich als Versicherungsvertreter nicht leisten konnte. Also griff er bei dem Pachtvertrag schnell zu bevor es ein anderer tat. „Besser dies, als gar nichts“, dachte er sich damals.

      Nachdem er mitbekommt, wie im anderen Garten über der Straße das Haus vergrößert wird, kommt er auch auf die Idee zu bauen. Seine Intention ist zunächst, zwei Räume anzubauen, denn dafür langt das Grundstück allemal. Er beauftragt einen Architekten mit der Planung und freut sich schon auf das Ergebnis.

      Mit seiner Frau bespricht er nichts davon, denn er meint dass dies Männerangelegenheiten wären, die eine Volksschuldirektorin für behinderte Kinder ohnehin nicht verstehen würde.

      Einige Monate vergehen, weil der Architekt größere Projekte hat, um die er sich vordringlich kümmern muss. Schließlich nimmt er einen Lokalaugenschein vor und fertigt danach einen Zwischenbericht an. Das Ergebnis ist einigermaßen ernüchternd. Die Bausubstanz ist in keinem wirklich guten Zustand. Man muss geradezu befürchten, dass die Nutzungsbewilligung für das Objekt widerrufen wird, wenn die Ämter vom Zustand des Objektes erfahren. Man könnte zwar einzelne Wände oder Teile davon austauschen, aber ob dies das Fundament aushält, ist keineswegs gesichert. Viel eher befürchtet der Architekt, dass mitten im Umbau alles zusammenkrachen könnte und dafür will er keineswegs die Verantwortung tragen. Also rät er Herrn Zack von einem Umbau dringendst ab.

      Dies bringt das Gefühlsleben von Herrn Zack nicht gerade voran und so feuert er den Architekten, der als zusätzliches Ärgernis so viel Zeit verbummelt hat. „Wenn man nicht alles selbst macht!“ denkt sich Herr Zack und begibt sich ans Werk. Er macht sich schlau, wie man einen Bauplan erstellt. Danach zeichnet er selbst alle Pläne für sein neues Haus, welches er dort zu errichten beabsichtigt.

      Natürlich überlegte er, dass die Behörde einwenden könnte, dass er bereits eine Behausung auf dem Grundstück hat und daher ein Neubau nicht bewilligt werden kann. Dem baut Herr Zack vor, indem er das Haus selbst abreißt und das Material entsorgt. Jetzt muss er nur noch