Название | "Brender ermittelt" |
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Автор произведения | Kim Scheider |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738006216 |
„...und die Tatsache, dass du ihn einfach nicht ausstehen kannst!,“ vollendete Grzyek den Satz. „Glaubst du wirklich, er wäre so blöd, das von seinem eigenen PC aus zu machen? Wo er sich vorher so viel Mühe gegeben haben muss, um die Videos ins Netz zu bekommen? Das ist mir irgendwie zu einfach. Das sieht für mich eher danach aus, als wolle jemand, dass wir auf Frey kommen.“
Die Tür öffnete sich und Müllenbeck kam mit drei Bechern dampfenden Kaffees herein.
„Na, den hast du aber ganz schön rangenommen,“ lachte er, mit einem Blick auf Frey, der von Minute zu Minute mehr in sich zusammenschrumpfte und reichte Grzyek und Herwig ihre Getränke.
„Ich glaub' aber nicht, dass er es wirklich war. Ich glaub', du hast da ziemlich hoch gepokert, mein Lieber!“
„Jetzt fang du auch noch an,“ knurrte Herwig strubbelte sich nervös über seine fast schon ergrauten Haarstoppeln und starrte wieder durch die abgedunkelte Scheibe.
Aber im Grunde wusste er, dass die Beiden recht hatten. Es wäre viel zu einfach, wenn sie in Frey schon den Schuldigen festgemacht hätten. Er hatte sich da doch zu sehr von seinen persönlichen Abneigungen gegenüber Frey leiten lassen. Und trotzdem... Er traute diesem erfolgsverwöhnten Schnösel einfach nicht, mochte er auch noch so eine traurige Vergangenheit haben.
Nicht, dass er Frey seinen Erfolg geneidet hätte, ganz gewiss nicht. Er war mit seiner kleinen Familie und seinem Job als Kriminalhauptkommissar und leitender Ermittler der SoKo durchaus zufrieden. Er hätte nicht mit Frey tauschen wollen.
Aber mal ehrlich, wie selbstverliebt konnte ein Mensch sein? Schrieb die Bücher, inklusive der Drehbücher, produzierte die Serie über die eigene Firma, spielte die prestigeträchtige Hauptrolle und führte selbst Regie, wie Herwig und die anderen im Team sehr wohl wussten.
Und dann gab der Erfolg diesem Menschen auch noch recht! Etliche Preise hatte die Serie abgeräumt, selbst international. Fanclubs hatten sich gegründet und auf dutzenden Fanseiten posteten die Brender-Jünger oder Brenderianer, wie sie sich selbst nannten, im Internet ihre neuesten Hypothesen, wie es denn nun in der dritten Staffel mit Brender und Lenz weiter gehen müsste, luden unscharfe Handyfotos und verwackelte Videos von zufällig entdeckten Dreharbeiten im Netz hoch und lieferten sich erbitterte Glaubenskriege, welcher der Nebendarsteller denn nun der wichtigste sei und welche der vielen wechselnden Damenbekanntschaften für Brender die beste gewesen wäre.
Es gab sogar einen polizeiinternen Fanclub!
Dabei bediente die Serie nur einfachste Bedürfnisse der Fernsehzuschauer. Die Folgen waren, dem modernen Zeitgeist entsprechend, recht blutrünstig und reißerisch, ein bisschen Sex, ordentlich Crime, mit einfach gestrickten Geschichten, die nicht viel Neues zu bieten hatten. Ok, die Themen waren sauber recherchiert, die Figuren hatten Charisma und dank Frey gab es wohl nur wenige Frauen, die nicht infiziert waren vom Brenderschen Charme. Doch hatte die Serie nicht auch eine beachtliche Zahl männlicher Fans? Nur an Freys Konterfei konnte es also doch nicht liegen.
Herwig hingegen konnte diesen ganzen Hype um „Brender ermittelt“ einfach nicht begreifen.
Doch nicht einmal zu Hause konnte er sich dem entziehen, weil seine eigene Frau sich offen als Brenderianerin bekannte und er so unfreiwillig selber zum Spezialisten der Serie wurde. Das war das erste Mal in ihrer langjährigen Beziehung gewesen, dass seine Frau für ihn ein fremdes Wesen darstellte. Selbst ihren Tick, die beiden Kinder nach den Orten zu benennen, denen sie ihre Zeugung verdankten, Lucca und Giuliano, hatte er noch klaglos mitgemacht. Obwohl ihm das schon so manchen Spott eingebracht hatte.
„Zum Glück wart ihr nicht gerade in Brüssel. Oder in Istanbul,“ hatte ein Kollege noch kürzlich gewitzelt, als Rina, die olle Tratschtante, es ihm erzählt hatte. Wenn Herwig ehrlich zu sich selbst war, hatte er Ähnliches auch schon gedacht, aber seiner Frau zuliebe hatte er sich angemessen echauffiert.
Wenn sie gewusst hätte, wen er da verhaftet hatte, sie würde vermutlich augenblicklich die Scheidung einreichen.
Er betrachtete seinen Verdächtigen nachdenklich und je mehr Zeit verstrich, desto sicherer wurde er, dass seine beiden Kollegen recht hatten. Das war nicht der Mörder. Zumal es sich um drei verschiedene Täter zu handeln schien, doch da liefen die Analysen der Spezialisten noch. Viel gaben die Videos aus dem Netz jedoch nicht her. Umfangreiche Vermummung und geschickt gewählte Standorte der Täter, so sie denn überhaupt mal im Visier der Kamera auftauchten, ließen da noch keine eindeutige Aussage zu. Hauptsächlich sah man sowieso nur die Frauen und ihr Leiden.
Frey wurde jedoch vor allem verdächtigt, Koordinator und Hintermann der Taten zu sein. Verschiedenes deutete darauf hin, dass es auch hier wie in der Serie war. Es gab den bösen Superschurken, der alle diese Verbrechen steuerte. Und alle Indizien führten bislang mehr oder minder direkt zu Frey. Die E-Mail, die an den Journalisten Özkilic gegangen war, war mit Tom Lenz unterzeichnet worden und wurde über Freys PC verschickt, das hatte Müllenbeck am Computer zurückverfolgen können.
Özkilic hatte einfach nur drei Links zugeschickt bekommen mit dem Hinweis, dass er daraus die Story seines Lebens machen solle.
Was er zum Glück nicht getan hatte.
Stattdessen hatte er umgehend die Kripo informiert, die sofort überprüfte, ob es sich um echte oder um gestellte Aufnahmen handelte. Da war dann auch schon die erste Leiche aufgetaucht. Die beiden anderen waren nur noch eine traurige Bestätigung des zu erwarteten Verlaufs gewesen.
Trotz der bundesweiten Fundorte hatte man ihnen die Fälle gesamt übertragen, da der Zusammenhang schnell deutlich wurde, und sie hatten die SoKo „Brender ermittelt“ gegründet. Selten im Leben war Herwig etwas schwerer gefallen, als diesem ansonsten einstimmigen Vorschlag der Kollegen zuzustimmen.
Sie hatten Informationen über die Opfer, die Serie, die Rolle Tom Lenz und über ihren Schöpfer gesammelt, waren über die „finanzielle Anspannung“ auf Freys Konto gestolpert und als Müllenbeck dann in einer eingelegten Nachtschicht herausfand, von wo die E-Mail kam, war alles ziemlich schnell gegangen. Sie hatten den völlig überrumpelten Mann mitten aus einer wichtig aussehenden Sitzung herausgeholt und nun saß er nebenan und war mit dem ihm zur Last gelegten Vorwurf konfrontiert worden.
Ein Schnellschuss, zugegeben, aber ein durchaus berechtigter, wie er nach wie vor fand.
Eine junge Beamtin betrat forsch den Raum und überreichte Herwig einen Stapel Papiere. „Der Bericht zu den Schriftproben, Chef. Freys passt auf keine, das glaubt Meyer mit Sicherheit sagen zu können. Außerdem sagt er, dass die drei verschiedenen Ursprungs sind, auch wenn sie sich so ähneln.“
„Danke, Tina, das bringt uns ein ganzes Stück weiter,“ sagte Herwig. Das tat es tatsächlich. Es bestätigte ihre Theorie, dass es sich um mehrere Täter handelte und dass Frey zumindest nicht als Mörder der drei Frauen in Frage kam.
Die Frauen hatten, jeweils an ihrem rechten Zeh, einen kleinen, mit einer Schnur befestigten Notizzettel getragen. Mit kindlich verstellter Schrift hatte dort stets das gleiche gestanden: „Ein Geschenk für Tom Lenz!“
Auch da wieder dieser verfluchte Tom Lenz. Jemand, der sich für diesen fiktiven Superschurken hielt, trieb hier ein ganz mieses Spiel mit Ihnen. Und Herwig gedachte diesen Jemand ausfindig zu machen!
„Torsten, sieh mal, da tut sich was.“ Müllenbeck stupste Herwig an und deutete mit dem Kopf in Richtung Nebenraum.
Tatsächlich, Frey schien aus seiner Parallelwelt zurückgekehrt zu sein. Suchend sah er sich im Raum um, schien aber nicht zu finden, wonach er suchte. Stattdessen blickte er direkt in den Spiegel, winkte ihnen zu, als wolle er grüßen und deutete dann an, etwas zu Trinken haben zu wollen.
„Besorg' dem Mann mal einen Kaffee, Tina,“ bat er die junge Frau, die immer noch neben ihm stand und die Unterlagen über die Schriftproben sortierte, wobei sie immer wieder verstohlene Blicke zu Frey hinüber warf. “Wir sollten