Название | "Brender ermittelt" |
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Автор произведения | Kim Scheider |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738006216 |
Tom Lorenz – Tom Lenz.
War das keinem aufgefallen, nicht einmal Walter? Der kannte ihn schließlich in und auswendig.
Hatte Grzyek ihn gerade deshalb so angesprochen? War es ausgerechnet ihr ins Auge gesprungen?
„Oder sollte ich besser Herr Lenz sagen...?“, hatte sie im Rausgehen gefragt.
Tom Lenz, so hatte er den Oberbösewicht seiner Krimiserie getauft. Das Phantom, der führende Kopf, der hinter all den dramatischen Vorkommnissen stand, in die Lars Brender so hinein geriet. Den ultimativen Endgegner, dem Brender am Ende der dritten Staffel hatte gegenübertreten müssen, worauf die Fans noch bis zum Sendetermin hinfiebern mussten. Sozusagen den „Moriarty“ der Brender-Serie.
Doch noch während Frey sich über all dies klar wurde, lief der begonnene Lebensrückblick einfach weiter und es gelang ihm kaum einen Gedanken zu fassen und festzuhalten, weil unaufhörlich weitere Bilder auf ihn einströmten.
Tom Lorenz selbstherrliche Visage, als er vor Gericht befragt worden war.
Das Versprechen an Frey in Lorenz Augen nach der Urteilsverkündung, dass sie noch nicht miteinander fertig wären.
Weitere Bilder, manche wie Schnappschüsse, andere wie Videoausschnitte zogen an ihm vorbei; wechselnde Bezugspersonen, Streitigkeiten mit den Pflegeeltern, besonders wenn es um seine Freundschaft zu Walter Haferkorn ging, schulische Erfolge wie Misserfolge, die erste Liebe, der erste Liebeskummer, seine zunehmende Bindung an Walter, der bis heute für ihn Mentor und väterlicher Freund war und in dessen Firma „HFP“, „Haferkorns-Film-Produktionen“, Frey kürzlich als Geschäftspartner eingestiegen war. Walter war es auch gewesen, der Freys Talente in der Schauspielerei und der Schriftstellerei erkannte und förderte und durch den sein Leben heute so lief, wie es nun mal lief.
Er war erfolgreich, sah unverschämt gut aus mit seinen stets etwas zu langen dunklen Haaren, die ihm wie zufällig, tatsächlich aber mit großer Sorgfalt drapiert ins Gesicht fielen, den warmen braunen Augen, die ihm einen leicht südländischen Touch verliehen und deren Blick schon so manches Frauenherz zum Schmelzen gebracht hatte. Und das nicht erst, seit er ein gefeierter Star geworden war.
Er war allerdings auch dafür bekannt, kein Kostverächter zu sein und noch war es keiner Frau gelungen, ihn länger als ein paar Wochen oder Monate an sich zu binden.
Ein Psychologe hatte ihm erklärt, es sei völlig verständlich, dass er Bindungsängste habe, bei den Verlustängsten, die er aufgrund seiner kindlichen Traumata mitbringe. Auch wenn ihm da zu viel von Ängsten und dergleichen die Rede gewesen war, fand Frey die Erklärung für sich völlig schlüssig und genoss sein Männerdasein in vollen Zügen. Er konnte ja schließlich gar nichts dafür!
Erst in der letzten Zeit hatte er sich öfter dabei ertappt, dass er sich sehr wohl ein bisschen mehr Halt und Vertrauen in einer Partnerschaft gewünscht hätte, als er es in seinen oberflächlichen Liebeleien bislang zugelassen hatte.
Doch alles in allem war er, je erfreulicher sich sein Leben entwickelt hatte, zum narzisstischen „Rundum-Genießer“ mutiert, der die sich ihm bietenden Möglichkeiten in vielerlei Hinsicht zu nutzen wusste. Soweit hatte Grzyek ihn schon ganz richtig eingeschätzt, ebenso wie sie völlig richtig lag mit ihrer Vermutung, er habe Lars Brender vor allem deshalb selber gespielt, weil er wollte, dass es „auch was wird“, wie sie sich ausgedrückt hatte. Aus jenem Grund hatte er auch direkt selbst Regie geführt, das war der Ermittlerin bei ihrer zynischen Auflistung seiner Verwicklungen in die Serie offenbar entfallen. Und im Gegensatz zu ihr konnte er auch nichts Verwerfliches daran finden.
Er hielt beruflich immer gern alle Zügel in der Hand – kein Grund, ihn zu verurteilen.
Mit diesem Gedanken kam Frey wieder im Hier und Jetzt an.
Ihm war immer noch übel, wenn nicht sogar noch mehr als zuvor.
Er hätte einiges dafür gegeben, sich jetzt auch mit irgendetwas den Mund ausspülen zu können, vorzugsweise mit einem guten Whisky.
Für den Moment wäre er jedoch schon für ein Pinnchen mit Leitungswasser dankbar gewesen.
Suchend sah er sich im Büro um.
Vielleicht war ja irgendwo ein Waschbecken angebracht.
Nein, außer Pinnwänden, Fahndungsfotos, Ermittlerkauderwelsch und einem großen Spiegel, auf dessen Rückseite Herwig sicher mit seiner Truppe stand und ihn beobachtete, befand sich nichts an den Wänden. Frustriert lehnte er sich zurück, knöpfte sich das Hemd auf und fächerte sich mit der Hand etwas Luft zu. Der Sauerstoffgehalt in dem Raum schien sich rapide zu verringern. Er brauchte dringend sogar deutlich mehr als nur ein Pinnchen Wasser!
So bescheiden seine Situation auch war, er konnte es doch nicht sein lassen, den hinter dem Spiegel vermuteten Polizeibeamten freundlich zuzuwinken, anschließend machte er mit der Hand eine Geste, die andeutete, dass er etwas zu Trinken benötigte.
Erwartungsgemäß passierte nichts.
Das fehlte jetzt noch, dass er hier zusammenbrach, weil sein Kreislauf verrückt spielte. Er sah die Schlagzeilen schon vor sich. Wie die Aasgeier würde sich die Boulevardpresse darauf stürzen, wenn er, der große TV-Held, einen Kreislaufkollaps bekäme, kaum dass er mal echten Stress hatte.
Er solle sich gut überlegen, was er zu den Vorwürfen zu sagen hätte, hatten sie ihm geraten. Also fing er besser mal langsam damit an. Was hatte er ihnen denn zu sagen?
Nichts!
Außer, dass er es grauenhaft fand, was den bedauernswerten Opfern zugestoßen war. Wofür sie ihn aber nun wirklich nicht verantwortlich machen konnten, bloß weil er sich Geschichten ausgedacht hatte, die irgendein Psychopath als Vorlage für das Ausleben seiner perversen Fantasien genutzt hatte.
Und was sollte diese Anrede als Herr Lenz? Und die völlig absurde Behauptung, er habe von seinem PC aus irgendwem irgendwas zugeschickt, um die Presse auf seine angeblichen Untaten aufmerksam zu machen?
Er wusste ihnen nichts zu sagen, außer, dass er mit alledem überhaupt nichts zu tun hatte. Ob sie ihm nun glauben wollten oder nicht.
Im angrenzenden Raum standen Herwig und Grzyek, wie Frey ganz richtig vermutet hatte, auf der Rückseite des speziellen Spiegels und beobachteten sein Verhalten. Bisher war jedoch nichts von Belang passiert. Frey saß nahezu regungslos auf seinem Stuhl, starrte vor sich hin und schien sich in einer anderen Dimension zu befinden. Lediglich ein Mal hatte er eine Regung gezeigt, als er den laufenden Monitor bemerkt hatte. Grzyeks Körper spannte sich, als Freys geballte Faust sich dem Computer näherte. Sie rechnete mit einem Wutausbruch und machte sich bereit, nach nebenan zu stürmen, aber der Schauspieler hatte nur energisch die Stopptaste gedrückt und verschwand danach wieder in seinem Kopfkino.
Kein nervöses Auf- und Abtigern, keine Tobsuchtsanfälle, ja noch nicht einmal der Versuch, einfach zu gehen. Nicht, dass es ihm etwas genutzt hätte. Vor der Tür standen selbstverständlich zwei Beamte Wache. Aber Frey saß einfach nur da und stierte traurig vor sich hin.
Fragend sah sie ihren Vorgesetzten an, der mit den Händen in den Hosentaschen den Verdächtigen beobachtend dastand und in dessen Gesicht sich nicht im Mindesten abzeichnete, was er dachte. Dennoch kannte sie ihn lange genug, um zu wissen, dass er mit dem bisherigen Verlauf unzufrieden war.
„Du glaubst, er war es wirklich selbst?,“ fragte sie ihn.
Ein tiefer Seufzer drang aus seinem mächtigen Brustkorb.
„Was glaubst du?,“ warf er ihr den Ball zurück.
„Ich glaube nicht, dass er es war. Man kann ja von ihm halten was man will, aber ich glaube nicht, dass er dazu fähig wäre.“ Katharina Grzyek sah ihm direkt ins Gesicht. „Ich glaube, du verrennst dich da in was!“
„Weißt du, Rina, wahrscheinlich hast du Recht. Aber es passt halt alles so schön