Название | Jesusse |
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Автор произведения | Leon Skip |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847699767 |
Langlois stellte sein Gepäck im Vorraum ab und entnahm der Umhängetasche sein Laptop. Den USB-Stick von Bonboni hatte er separat in einem kleinen Seitenfach der Tasche versteckt. Er fingerte ihn heraus und steckte ihn an. Dann ließ er sich auf das kleine Sofa neben dem Bett fallen, schraubte die kleine Evian-Flasche auf, die neben einer Schale mit Zitronengrasaroma-Erfrischungstüchern stand, nahm einen Schluck und rief die Datei Dossier J.S., Australien auf:
Abraham John Smith alias J.S., geboren 1973 in Melbourne, Australien.
Einzelkind
Vater: Wayne Smith, Mutter: Evelyn Smith, geb. Mooreheimer
Sohn Abraham fiel zweimal auf wegen geringfügiger Drogenvergehen, wurde jedoch nie verurteilt.
Diverse Reisen nach Europa in jungen Jahren. Musiker. Choleriker. Abgebrochenes Chemie-Studium, Lehramt; von 1998 bis 2008 Sonderschullehrer in Brisbane. 2009 hatte er die Vision, er sei der Heiland. Begann ab dann, gemeinsam mit seinen ersten Anhängern billige Grundstücke nahe Chinchilla, Queensland, aufzukaufen. Erbaute in nur zwei Jahren die World of Wonders, die von seinen Anhängern so benannt wurde. Es wird laufend von Wundern berichtet. Seine Anhänger vermachen ihm üblicherweise den Großteil ihrer Ersparnisse.
J.S. hat seine Visionen eigenen Angaben nach trauminduziert. Niemand außer Blanche Freeman hat näheren Kontakt zu ihm. Sie ist bekannt für ihre Leidenschaft für schamanische Rituale. Auch Drogendelikte, auch keine Verurteilungen. Weder er noch Mrs. Freeman ließen sich jemals interviewen, wahrscheinlich aus Angst vor unangenehmen Fragen bezüglich ihrer Vergangenheit.
Assurément! Langlois konnte sich gut vorstellen, wie schwierig es für J.S. und diese Blanche sein musste, den Schein zu wahren. Er selbst gab auch nie Interviews – schließlich lief man Gefahr, das Renommee der Exorzisten von heute aufs Spiel zu setzen. Aber stand etwa irgendwo geschrieben, dass Exorzisten ins Rampenlicht treten sollten? Langlois sah sich im Wohn-Container um. Sein Blick blieb an einer Steckdose hängen.
Gütige Jungfrau, daran hatte er nicht gedacht: Die hatten hier andere Stecker. Wie sollte er denn jetzt sein Räuchergerät aufladen. Er sprang auf und holte es aus der Tasche. Die Akku-Anzeige bestätigte seine schlimmste Befürchtung - die Spannung war im unteren Bereich. Das hieß, er musste einen Adapter besorgen. Im Vorraum befand sich neben der Tür ein Info-Screen. Er trat an den Bildschirm heran und dieser erwachte zum Leben. Er drückte einen Zeigefinger auf das Help-Icon.
»Guten Tag. Wie kann ich helfen?« Wieder diese Stimme.
»Äh, ja… Ich bräuchte einen Adapter für mein… für meinen Rasierer.«
»Kann den Begriff A-dapter nicht finden. Bitte sprechen Sie erneut.«
»Adapter. Ich brauche einen Aadaapteer…«
»Kann den Begriff Aadaapteer nicht finden. Bitte sprechen Sie erneut.«
Langlois´ Magen knurrte.
»Wo kann ich essen?«
»Bitte wählen Sie aus dem Menü.«
Ein Fenster zeigte die Optionen Caucasian / Asian / Vegetarian / Vegan. Langlois wählte Caucasian. Es gab verschiedene italienische Gerichte. Er wählte Makkaroni-Gorgonzola-Auflauf mit Ruccolasalat.
»Möchten Sie in Ihrem Habitat oder im Speisesaal Ihre Mahlzeit zu sich nehmen?«
»Im Speisesaal.«
»Der Speisesaal wird in drei Stunden geöffnet. Bitte begeben Sie sich um achtzehn Uhr in Gebäude eins. Ihre Bestellung ist vorgemerkt. Vielen Dank.«
»Nein, nein. Ich habe jetzt Hunger.«
»Kann Begriff Hunger nicht finden. Sprechen Sie erneut.«
»Ich will jetzt essen.«
Auf dem Bildschirm erschien wieder das Menü. Langlois tippte nochmals auf den Makkaroni-Auflauf.
»Sie haben eine zweite Portion Makkaroni bestellt. Bitte begeben Sie Sich um achtzehn Uhr in Gebäude eins. Ihre Bestellung ist vorgemerkt. Vielen Dank.«
»Nein, verstehen Sie denn nicht?« Sinnlos. Langlois trat zurück und der Bildschirm erlosch. Sollte er sich denn lächerlich machen? Sein Magen knurrte um einen Deut lauter.
Nachdem er sich eine Dusche in der Polyester-Nasszellen-Einheit gegönnt hatte, befasste er sich wieder mit dem Dossier.
Abraham Smith alias J.S. hat scheinbar große Überzeugungskraft. In internationalen Foren wird berichtet, dass alle, die an seinen Messen teilnahmen, ihr Leben neu gestalten.
Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass alle, die je an einer seiner Messen teilgenommen haben, von unerklärlichen Phänomenen berichten. Legen Sie also besonderes Augenmerk auf eventuelle Taschenspielertricks, die für das ungeübte Auge wie Wunder erscheinen könnten. Seien Sie wachsam und achten Sie auf noch so kleine Details.
Erstatten Sie nach Ihrem Treffen mit J.S. umgehend Bericht über die verschlüsselte Verbindung.
Da konnten die Offiziellen darauf wetten, dass er die Augen offenhalten würde. Zehn Minuten vor Sechs trat er hinaus auf die Galerie und rannte beinahe einen Mann um, der scheinbar auch sein Habitat auf dieser Ebene hatte.
»Excusez-moi. Langlois trat zurück und wollte seinem Nachbarn den Vortritt lassen.«
»Nein, nein. Bitte nach Ihnen.« Der Mann hatte eine leichte Alkoholfahne und einen Sonnenbrand, der nicht von schlechten Eltern war. Er war groß, hatte eine Halbglatze wie Langlois und trug Knickerbocker mit Hosenträgern. Dazu ein weißes Hemd und Flip-Flops. Modetrend würde der Stil wahrscheinlich nicht so bald werden, dachte Langlois. Andererseits: Die Kombination aus grauer Flanellhose mit hellblau-weiß-gestreiftem Hemd, die er selbst trug, würde ihn auch nicht auf der Fashion Week in Mailand auf den Laufsteg bringen.
Sein Nachbar schien ein freundlicher Zeitgenosse zu sein:
»Auch zum Essen?«
Langlois bejahte und übernahm die Führung. Als sie im Erdgeschoss ankamen, blinkten nunmehr zwei Pfeile mit der jeweiligen darunter eingeblendeten Nummer und zeigten Richtung Ausgang.
»Dann lassen Sie uns mal sehen, wie die hier kochen.« Langlois Nachbar grunzte zufrieden.
»Wie lange sind Sie schon hier?« Langlois musste zusehen, Informationen einzusammeln.
»Seit heute. In unserer Kuppel wohnen nur Teilnehmer, die gerade erst angereist sind. Nach der Messe ziehen wir um. Da drüber wohnen die, die die Messe hinter sich haben. J.S. möchte, dass die Neuen und die Initiierten jeweils unter sich bleiben. Der Knickerbocker-Mann zeigte zu den rötlichen Kuppeln auf der anderen Seite des Hauptgebäudes. »In der weißen Kuppel ist das Restaurant. Oh, hab ganz vergessen: Rand, Peer Rand.« Er hielt Langlois seine rechte Hand hin.
»Jaques Langlois, freut mich.« Jetzt konnten sie einige Gäste sehen, die, allesamt von den sandfarbenen Gebäuden kommend, zur weißen Kuppel strömten. Rund um die rötlichen Blasen war alles ruhig.
»Von den roten Kuppeln kommt wohl keiner zum Essen?«
»Ach, die haben hier ihre eigenen Sitten und Gebräuche. Hat mir meine Tochter schon erzählt. Ich bin ja auch nur hier, weil sie mir so vorgeschwärmt hat vom J.S. Ich wollte mir das mal mit meinen eigenen Augen ansehen.«
»Wissen Sie eigentlich, warum alle diesen Vertrag unterschreiben müssen. Sie wissen schon…«
»Keine Ahnung.« Der Knickerbocker-Mann runzelte die Stirn. Er machte nicht den Eindruck, dass er allzu sehr mit seinem Schicksal hadern würde. »Aber mir ist das ganz recht, dass ich nach der Begegnung mit dem Heiland noch vier Tage bleiben muss. Sie wissen schon, da hab ich ein bisschen Ruhe vor meiner Alten.« Er lachte das älteste, blödeste, kumpanenhafte Spießer-Lachen der Welt. Jetzt