Название | Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe |
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Автор произведения | T.D. Amrein |
Жанр | Языкознание |
Серия | Krügers Fälle |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738044652 |
4.Kapitel
Dornbach saß zum ersten Mal seit der Drogensache, wieder einen Tag in seinem Büro.
Die Geschäfte funktionierten praktisch von selbst, stellte er überrascht fest. Die Firma hatte während seiner Abwesenheit genauso weitergearbeitet, wie mit ihm. Nichts deutete überhaupt darauf hin, dass er einige Zeit gefehlt hatte. Seine Büroliegenschaften waren äußerst gefragt. Leerstände kamen praktisch nicht vor. Trotzdem verbrachte er jeden Arbeitstag in seinem Büro. Wozu? Aus Notwendigkeit oder nur weil er die Öffentlichkeit scheute?
Seine Vorzimmerdame hatte ihm einige Akten auf den Tisch gelegt. Aber diese hatte er nach wenigen Stunden erledigt. Es blieb nichts darin zu ändern oder zu entscheiden. Sein Personal funktionierte wie eine gut eingestellte Maschine. Seine Durchsicht diente nur der Kontrolle. Er wusste gerne Bescheid, redete er sich ein. Aber es interessierte ihn nicht mehr wirklich, fiel ihm auf.
Er überlegte die ganze Zeit, wen er für das Kokain verantwortlich machen konnte. Schon im Gefängnis hatte er viel Zeit damit verbracht. Er war jedoch noch zu keinem Ergebnis gekommen.
Am Nachmittag erhielt er einen Anruf aus Argentinien. Ein alter Freund bedankte sich für die Summe, die er zum Hausbau überwiesen hatte. Zuletzt sagte er noch: „Auch einen lieben Gruß von Ricardo, er ist ein wenig krank.“
Dornbach zuckte zusammen. Das war das verabredete Code-Wort, falls sich Hinweise darauf ergaben, dass jemand in der Vergangenheit herumstöberte. Es bezog sich auf das Schicksal von Ricardo Klement, der vom Mossad entführt und in Israel hingerichtet worden war.
Dornbach hatte ihn unter seinem richtigen Namen gekannt: Adolf Eichmann. Es war ausgemacht, bei Verdacht, den Zustand mit ein wenig oder sehr krank zu beschreiben. Fragen durfte Dornbach keine stellen. Stets lebte er mit der Angst, abgehört zu werden.
Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Der Mossad, natürlich. Der hatte ihm das Kokain untergeschoben.
Kein Aufwand für einen Geheimdienst. Beschlagnahmter Koks stand jedem Staat in rauen Mengen zur Verfügung. Eine solche Spur würde direkt den tatsächlich verantwortlichen Geschäftsführer jeder Firma ans Licht bringen. Dafür würde die deutsche Polizei zuverlässig sorgen.
Und seine Festnahme stand danach in allen Zeitungen. Damit war er enttarnt. Die Geheimdienstler hatten ganz bestimmt erwartet, dass er bald wieder freikommen würde, weil ihm ja nichts nachzuweisen war. Danach konnten sie ihn pflücken, wie reifes Obst.
Er musste sofort verschwinden. Natürlich waren mehrere Fluchtpläne längst vorbereitet. An erster Stelle stand die Villa in Argentinien. Aber unter diesen Umständen kam das natürlich nicht mehr in Frage.
Er rief nach seiner Sekretärin. „Ich mache ein paar Tage Urlaub. Melden Sie auf meiner Jacht, dass ich morgen komme. Sie sollen alles bereit machen, zum Fischen in Norwegen!“ Noch eine Nacht in Frankfurt, dachte er, kann ich mir leisten. So schnell schlagen die dann doch nicht zu. Einige Vorbereitungen würde auch der am besten organisierte Geheimdienst der Welt treffen müssen.
Außerdem war die Villa mit dem Zaun und den Hunden gut gesichert. So leicht kam da niemand rein.
Schon früh am nächsten Morgen, flog Dornbach mit seiner Privatmaschine an die Nordseeküste, wo seine Jacht, die Isolde lag. Er hatte nur seinen präparierten Koffer mit den eingenähten Pässen dabei. Alles was er sonst brauchte, war auf dem Schiff vorhanden. Die Jacht gehörte zu den konkreten Fluchtvorbereitungen. Die seltenen Urlaube dienten mehr der Tarnung. Manchmal fuhr er in die norwegischen Fjorde, um zu angeln. Er befahl seinem Kapitän, Kurs Nord, in die Fischgründe. Auf dem Schiff fühlte er sich sicher.
Nach zwei Tagen hatten sie ihr Ziel erreicht. Einen der vielen einsamen Fjorde, die für das Vorhaben Dornbachs bestens geeignet waren. Er ließ sich mit dem Schlauchboot absetzen. Seinen Koffer nahm er mit. Das fiel nicht weiter auf. Die Mannschaft wusste, dass er sehr misstrauisch war. Des Öfteren trug er die wichtigsten Dokumente bei sich, damit sie sonst niemand zu Gesicht bekommen konnte.
Er beauftragte seinen Kapitän, in der Zwischenzeit den Fjord zu überqueren. In dem kleinen Dorf am anderen Ufer sollte wichtige Post für ihn lagern. Zwei Stunden später solle er ihn wieder hier abholen.
Wenn Dornbach fischte, benutzte er immer das Schlauchboot. Auch das war nichts Ungewöhnliches.
An Bord der „Isolde“ befand sich eine festeingebaute Sprengladung, von der natürlich nur Dornbach wusste. Die Zündvorrichtung mit der Schaltuhr hatte er in seinem Koffer aus Frankfurt mitgebracht. Der Schacht zur Ladung war im Tresor seiner Kabine versteckt. Er hatte den Zeitzünder auf fünfundvierzig Minuten eingestellt. Die Abfahrt verzögerte er so, dass sich das Schiff etwa in der Mitte des Fjordes befinden würde, wenn die Zeit ablief.
Weit weg genug um sich selbst nicht zu gefährden, aber noch über einer Wassertiefe, die eine Suche nach dem Wrack praktisch verunmöglichte.
Er sah seinem Schiff nach, das sich plötzlich in einen Feuerball verwandelte, der sehr schnell verschwand. Nur noch Rauch trieb über dem Wasser, und etwas später erreichte ihn eine Druckwelle, die aber keinen Schaden anrichtete. Zwanzig Kilo Dynamit hatten locker ausgereicht, dachte Dornbach. Das beschäftigte ihn, weil er zuerst fünfzig Kilo einbauen wollte, die jedoch an der vorgesehenen Stelle möglicherweise bei Wartungsarbeiten aufgefallen wären.
An seine Mannschaft verschwendete er keinen Gedanken.
Schon in der Hitlerjugend hatte man ihm eingetrichtert, dass die einfachen Soldaten, sich der Sache zu opfern hatten. Wichtig war nur das übergeordnete Ziel. In diesem Fall, seinen Tod vorzutäuschen. Auf dem Wasser würden höchstens Kleinteile zu finden sein. Und vor allem die außen angehängten Rettungsringe mit dem Namen des Bootes.
Wer wollte anzweifeln, dass er sich auch auf dem Schiff befunden hatte. Dornbach wandte sich zufrieden ab, startete den Motor und schob den Gashebel nach unten.
Mit dem Schlauchboot hielt er sich an der Küste. Zweimal musste er nachtanken, bis er einen kleinen Ort erreichte.
Er wusste, dass es hier ein Hotel gab. Zwar nur ein Einfaches, aber er wollte nur solange bleiben, bis er mit einer Linienfähre verschwinden konnte.
Dornbach hieß jetzt Jens Müller. Er besaß einen sehr gut gefälschten Pass, auf Originalpapier, mit dem er problemlos reisen konnte. Das Schlauchboot hatte er in der Nacht verschwinden lassen. Alle Kammern mit einer dünnen Nadel angestochen, den Motor mit wenig Gas eingestellt, war es aufs Meer hinaus getuckert und schließlich in der Nacht verschwunden.
***
Erich Merz las wie jeden Morgen die FAZ, die er sich jetzt abonniert hatte. Als er auf den Artikel über die Freilassung Dornbachs stieß, rastete er völlig aus. Er warf, was ihm in die Hände kam, an die Wände seines Büros.
Die Nachbarn, aufgeschreckt durch den Lärm, klingelten besorgt bei ihm, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei?
Er wimmelte die Leute ab. Sein Triumph hatte nur drei Wochen gedauert. Er war sicher gewesen, Dornbach würde für ein paar Jahre verschwinden. Und jetzt. Der ganze Aufwand: umsonst. Merz konnte es nicht fassen. Er würde ihn kriegen. Koste es, was es wolle.
Merz überlegte sich von einer Bombe bis zum Auftragsmord, alles was möglich schien. Erst mit der Zeit fasste er sich wieder etwas.
Ich muss noch einen Stein in den Teich werfen, überlegte er. Er grübelte pausenlos über eine neue Falle nach, bis er drei Tage später wieder in der Zeitung eine Meldung über Dornbach fand. „Der kürzlich freigelassene Willhelm Dornbach, ( die FAZ berichtete ) ist bei einer Havarie seiner Jacht in Norwegen ums Leben gekommen.
Mit ihm seine gesamte Mannschaft von sechs Seeleuten. Als Ursache wird eine Explosion an Bord vermutet. Augenzeugen berichteten von einer Rauchwolke auf dem Fjord. Es wurden nur wenige Wrackteile geborgen. An eine Bergung ist infolge der großen Wassertiefe nicht zu denken. Die norwegischen