Название | Piraten, Gouda und Genever |
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Автор произведения | Claus Beese |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742745620 |
»Ihr mollt mdoch mohl nich schon mwieder eine Geschichte hören?«, nuschelte ich.
»Aber klar!«, sagte Gerti mit Bestimmtheit. »Und zwar hier und auch sofort!«
»Na gut«, murmelte ich und spülte mir mit Kallis superheißem Mocca die Brötchenkrümel herunter. »Ihr müsst wissen, dass wir bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir Kalli kennen lernten, mangels Masse«, ich rieb Daumen und Zeigefinger in eindeutiger Weise aneinander, »…noch gar keine Polster an Bord hatten. Das sollte sich zwar ändern, aber es war die Frage, wovon?«
»Also, wenn wir dem Piraten-Smutje jetzt öfter begegnen sollten, kannst du mich bald rollen«, hatte mein mir angetrautes Eheweib gestöhnt, als wir nach der „Schlepphilfe“ unsere DODI spät abends am heimatlichen Steg festgemacht hatten. Auch unser Nachwuchs war so pappsatt gewesen, dass das Töchterlein sich nur noch mit matten Bewegungen die Pontonbrücke hatte hinauf hangeln können. Eine Extraportion Pudding mit Sahne hatte es nach dem opulenten Fischmahl noch gegeben, und Kalli hatte darauf bestanden, dass die Schüssel leer gemacht wurde. Das Abendessen, das er uns nach der Bergung seiner LUIGI aus dem Abwasserkanal des Kernkraftwerkes spendiert hatte, würde von Umfang und Güte her in die Geschichte der Sportschifffahrt eingehen (siehe „Vom Angelkahn zur Motoryacht“).
Aber so klein war das Revier ja nun auch wieder nicht, dass man sich jeden Tag über den Weg fuhr. Wir bedauerten es außerordentlich, noch keine Polster an Bord zu haben. Nach einem so schönen Tag und einem so ausgiebigen Mahl noch das Schiff aufklaren und den langen Heimweg antreten zu müssen, grenzte schon fast an Unmenschlichkeit. Wie schön wäre es gewesen, sich jetzt einfach nur in die Kojen fallen lassen zu können, um dem mit Verdauen vollauf beschäftigten Körper die nötige Nachtruhe zu gönnen. Stattdessen schleppten wir alle erdenklichen Utensilien zum Auto und fuhren die ganze Strecke bis nach Hause.
»Und wenn ich auf den neuen Staubsauger verzichte?«, überlegte meine Haushaltsmanagerin laut und legte im Bett neben mir ihre Denkerstirn in Falten.
»Gut, ich kann mich ja mal erkundigen«, gähnte ich und war schon halb eingeschlafen. Was mochten solche Polster kosten? Sicher nicht allzu viel! War doch bloß Schaumstoff, den man ein wenig in Form schneiden musste. Ein bisschen Gardinenstoff drum herum wickeln, fertig. Na bitte! Würde schon gehen. Uah! Mann, war ich müde! Wie viele Polster-Teile brauchte man denn da? Also, zwei Bänke in Längsrichtung, dazu die Rückenteile, dann für das einlegbare Mittelfeld, oder sollte ich doch vorne quer lieber ein eigenes Stück …? Moment, ich hatte doch unten in der Garage irgendwo die Zeichnung mit den Maßen. Die könnte ich morgen gleich mitnehmen, dann wüsste man sofort, was man brauchte. Wo hatte ich den Plan nur hin gesteckt?
Das holde Wesen neben mir schlief schon tief und fest, als ich mich aus den Federn schwang und leise hinunter schlich. Ich stellte die ganze Garage auf den Kopf, fand aber natürlich nicht das Gesuchte. Konnte ich auch nicht, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, denn zuletzt hatten wir die ganzen Unterlagen im Wohnzimmer gehabt. Also wieder rein in die gute Stube. In welchem Schrankfach sollte ich suchen? Egal, fangen wir mal hier an. Oh! Das war das Barfach, da lag der Plan sicher nicht drin. Aber da war noch die angebrochene Rotweinflasche, und so ein kleiner Gute-Nacht-Trunk war jetzt nicht zu verachten. Irgendwann war das Fläschchen leer und ich hatte die Zeichnung mit den Maßen noch immer nicht gefunden. Hähä, egal! Ich hatte doch lange genug an dem Dampfer gebastelt, hupps!- da würden mir die Maße auch so wieder einfallen, ich brauchte nur Papier und Bleistift, dann würde ich mir eben eine neue Zeichnung machen, hicks! Jawoll! Papier fand ich, und auch einen Schreibstift. Gerade wollte ich die ersten Linien auf den Bogen malen, als ein Schatten auf das Papier fiel. Ich schaute auf.
»Oh, Liebling! Du hier? Wie, schon halb drei morgens? Ja, ja! Ich komm ja schon mit!«
Man muss doch gewaltig aufpassen, dass einen die Hobbys nicht derart in ihren Bann ziehen, dass man alles andere darüber vergisst. Artig folgte ich meiner mahnenden Bettgefährtin, nicht ahnend, dass der nächste Tag mit einigen tollen Überraschungen aufwarten würde.
»Waaaah!«
Das konnte es doch gar nicht geben! Ich hatte mich verhört! Oder redete der Kerl chinesisch? Möglicherweise war über Nacht die galoppierende Inflation ausgebrochen! Oder die heimische Chemieproduktion auf null herunter gefahren worden! Oder der Knilch hatte ganz einfach nur ein Rad ab! Der Typ, der gerade vor mir Polster für seinen nagelneuen Riesencampingwagen bestellt hatte, sollte nicht die Hälfte von dem bezahlen, was ich für das bisschen Schaumgummi hätte hinblättern sollen. Ich ahnte, dass es damit zusammenhing, dass ich laut und vernehmlich »Bootspolster« gesagt hatte. Ähnliche Erfahrungen hatte ich schon beim Ausbau des Schiffes machen dürfen. Es scheint ein großer Unterschied zu sein, ob man im Laden sagt: »Zehn von diesen Schrauben, bitte!« oder: »Ich brauche für mein Boot diese zehn Schrauben!«
Im ersten Fall wird der freundliche Verkäufer antworten: »Gerne! Macht Dreifuffzich!«
Im zweiten Fall wird er noch freundlicher antworten: »Gerne! Macht Dreizehnfuffzich!«
Heftig die Tür hinter mir ins Schloss ziehend, verließ ich den Ort von Wegelagerei und Raubrittertum. Es gab ja noch andere Polstereien in der Stadt, und man war ja, Gott sei Dank, nicht auf solche Halsabschneider angewiesen.
Am Abend war ich bereit, das Bundeskartellamt auf die Sache anzusetzen. Nicht nur, dass ich interne Preisabsprachen vermutete, ich war mir sicher, dass die Kerle sich untereinander informierten, kaum, dass ich aus einem der Läden wieder heraus war.
»Du! Da kommt gleich einer zu dir, der braucht Bootspolster! Ja! Stell dir vor! Das hat er gesagt! Bootspolster! Doch, ganz laut und deutlich! Also, ich hab ihm drei Finger hingehalten, und darunter solltest du das auch nicht machen. Der ist blöd genug und zahlt das!«
Nein, meine Herren, das tue ich nicht! Da war ich mir ganz sicher! Lieber würde ich auf Polster verzichten und mir mein Kreuz auf harten Holzbänken ausleiern! Mir fiel der Hinterhof-Sattler ein, der mir so wunderbar die neue Persenning angepasst hatte. Ob der so etwas nicht auch machen konnte?
»Klar, kein Problem! Ich mach ihnen auch einen Sonderpreis«, lockte der gute Mann. Na, schau mal an! Es ging doch! Allerdings lag dieser Sonderpreis noch immer weit über dem, was wir uns so vorgestellt hatten. Gut, dann also Polster pur, ohne Bezüge. Nur Zuschnitt, keine Extras! Oh Mann, das ging gerade so! Aber Winterreifen für das Auto würden in diesem Jahr nicht mehr drin liegen. Na gut, hier in Norddeutschland schneit es sowieso nie, oder zumindest nie sehr lange! Also, Meister, dann nehmen sie mal Maß!
Es dauerte gar nicht lange, und sie waren fertig, oder – na ja, wie eben unbezogene Polster fertig sein können. Er hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Die Polsterstücke waren mit Überlegung geschnitten und zum Schluss legte der gute Mann sogar noch ein paar Quadratmeter Hohlfaser-Spannflies drauf. Sie kennen das? Dieses weiße Gewebe, das die Polster immer so schön drall unter den Bezügen aussehen lässt?! Doch, wir waren zufrieden, denn wir hatten augenscheinlich ein gutes Geschäft gemacht. Den Bezugsstoff würden wir uns im Stoffreste-Handel besorgen, denn wir wussten, dass man auch da echte Schnäppchen machen konnte.
»Blümchenmuster?«, tobte ich. »Auf meinem Schiff? Niemals!« Beleidigt schob mein tapferes Schneiderlein den Ballen wieder zurück.
»Papa! Papa! Der hier ist niedlich! Den will ich haben, ja?«
Tochter, du hast zuhause Benjamin-Blümchen-Tapete und Benjamin-Blümchen-Gardinen. Von dem Benjamin-Blümchen-Rollo und der Benjamin-Blümchen-Bettwäsche wollen wir gar nicht reden. Aber von unserem Schiff wird keine Arche Noah gemacht, klar? Nein, auch Bibi Blocksberg setzt keinen Fuß auf unser Boot, verstanden?
Ich war mir nicht sicher, wie ich die Frage, was ich von modernen Motiven hielt, interpretieren sollte. Was mir die Verkäuferin zeigte, erinnerte mich an die total durchgeknallten Farbklecksereien von Picasso. Ich konnte mich nicht daran erinnern, der Frau jemals irgendetwas getan zu haben, dass sie mich so strafen wollte. Ich blähte die Backen auf, als überkäme mich eine heftige Übelkeit,