Das Friedrich-Lied - 1. Buch. Henning Isenberg

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Название Das Friedrich-Lied - 1. Buch
Автор произведения Henning Isenberg
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847612018



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zu Euch. Ihr seid nicht allein.“

      Ein Mensch, der mit ihm redete, nicht über ein Ding, sondern über ihn und seine Belange. Friedrichs Gedanken beruhigten sich.

      „

      Wo empfindet Ihr Schmerz?“, fragte die Äbtissin, deren Alter er unter der Haube, die nur den Ausschnitt ihres Gesichtes freigab, nicht auszumachen vermochte.

      „

      Hier, im Hals… und hier.“ Dabei fasste er sich dahin, wo sein Herz schlug.

      „

      Es schnürt Euch den Hals zu. Atmet. Atmet, Friedrich von Altena zu Isenberghe. Atmet.“

      „

      Ihr wollt der Welt etwas sagen, aber bisher durftet Ihr das nicht. Das schnürt Euch den Hals zu.“

      Friedrich schluckte.

      „

      Und Euer Herz will ich weiten. Das enge Herz, zeigt einen Konflikt mit Eurem Vater. Es fordert Erklärung und will, dass Ihr Euch am Ende versöhnt. Ein unversöhntes Herz hört auf zu schlagen und der Mensch stirbt vor seiner Zeit.“

      Sie fasste ihn bei der Schulter.

      „

      Kommt, wir gehen ein paar Schritte.“

      Am Nachmittag trat die Trauergesellschaft den Ritt zurück zur Isenburg an. Wegen der schweren Wagen, in denen die Damen reisten, ging es nur schleppend voran, und man vermochte nicht auszumachen, ob die Mienen der Reisenden aufgrund der Trauer oder des Reisetempos derart finster waren. Doch Friedrich war voller Pläne.

      ‚

      Viel Glück in Italien’, hatte der Junge namens Otto gesagt. Das beflügelte ihn. Er malte sich seine Ausrüstung aus. Er sah sich in heldenhaften Kämpfen und auf glanzvollen Festen. Wie mochte das Land jenseits der Alpen wohl aussehen? Ein grenzenloses Leben. Die Vorstellung war einfach unfasslich.

      Am Abend erreichten sie die Isenburg. Viele Angehörige der Familie aus den nördlicheren Regionen, die über den Hellweg zurückreisten, unter ihnen Dietrich von Cleve und sein Gefolge, waren mitgekommen. Und so war die Isenburg für ein paar weitere Tage Heimstätte für eine große Zahl von Menschen. Das Gesinde hatte zu ihrer Ankunft bereits alle Unterkünfte und für den Abend ein großartiges Mahl im großen Saal des Palas hergerichtet.

      Friedrichs Mutter, Mathilde, hatte an diesem Abend den Vorsitz der Gesellschaft. Sie saß zwischen Friedrich und ihrem Bruder, Dietrich, neben diesem saß Adolf von Altena.

      „

      Meine liebste Schwester”, begann Dietrich, „als Friedrichs Oheim, möchte ich dir einen Vorschlag machen.“

      Er schwieg einen Moment und musterte Mathilde.

      „

      Als Everhard vor zwei Jahren starb”, fuhr er fort, „habe ich Friedrich als Armiger in meine Dienste genommen, damit er zu einem vollständigen Regenten der Grafschaft heranwächst.”

      „

      Das ist sehr großzügig von dir gewesen, Dietrich. Und nun?!”, entgegnete Mathilde mit sichtbarer Zurückhaltung aber ruhigem Ton.

      „

      Durch sein Leben hinter Klostermauern, ist er mit vielen Wissenschaften vertraut. Und das ist gut so. Im sicheren Hafen seiner Knappschaft in meinen Diensten, wurde er für den ritterlichen Stand herangezogen. Was ihm nun noch fehlt, ist der Beweis in der Welt dort draußen.“ Dabei zeigte Dietrich durch eines der Fenster ins Freie.

      „

      Du meinst wohl, dass er mit deinen Raufbolden in irgendeinem Kleinkrieg Bauern abstechen soll, um Blut zu lecken!”

      „

      Mathilde“, mahnte Dietrich seine Schwester freundlich. Er kannte die Vorbehalte seiner Schwester gegen jegliche Form von Grobheit.

      „

      Raufbolde,“ sagte er vermittelnd, „das sind wir mit Sicherheit nicht. Wir sind Ritter Gottes. Wir stehen unter seinem Schutz und wir stechen keine Bauern ab. Nein, ich meine der Junge ist so weit, dass er sich die Ritterschaft verdienen kann.“

      Mathilde schaute auf in den rauchgeschwängerten Saal. Die Gesellschaft war in Fahrt gekommen und feierte. Mathilde zog die Augenbrauen hoch und ihr gehobenes Kinn formte eine trotzige Geste, die Dietrich nur zu gut kannte. Adolf suchte verlegen die gedeckte Tafel vor seinen Augen nach Worten ab.

      „

      Dietrich hat recht, Mathilde“, sagte er dann, „Friedrich und somit unser Besitz ist leichte Beute, für jeden Schurken, wenn er nicht auch mit diesen Wassern gewaschen wird. Wie soll er die Grafschaft verteidigen, wenn er nicht einmal weiß, was es heißt, übers Ohr gehauen zu werden?!”

      „

      Ich habe heute meinen Mann und vor zwei Jahren seinen Stiefsohn zu Grabe getragen, und ihr sprecht davon, nun auch Friedrichs Leben in Gefahr zu bringen. Die Welt braucht mehr der Gottergebenen, nicht der Krieger!”

      „

      Mathilde, die Welt ist so, wie sie ist. Sie ist grausam, sie ist gewalttätig. Wenn die Grafschaft nach Arnolds Tod überleben soll, dann braucht sie einen Führer; um das Seelenheil müssen sich andere kümmern. Nur, hier und heute kann Friedrich die Grafschaft nicht übernehmen. Arnolds Tod kam zu früh, Mathilde.”

      Mathilde blickte betreten drein.

      „

      Was habt Ihr vor mit dem Jungen, Dietrich?”, fragte Adolf.

      „

      Ich werde ihn mit auf den Italienzug nehmen und dem König zur Krönung nach Rom folgen.“

      Friedrich spürte, wie die Hitze der Erregung in seinen Kopf stieg.

      „

      Ich habe dem König meine Aufwartung gemacht und ihm im nächsten Frühjahr in Italien meine Dienste angeboten und...”

      „

      Du wirst den Jungen mitnehmen? Kommt gar nicht in Frage!”, entrüstete sich Mathilde.

      „

      Mutter”, meldete sich nun Friedrich zu Wort, der vor Aufregung, auf große Fahrt gehen zu können, förmlich erglüht war.

      „

      Wie soll ich unsere Rechte durchsetzen, wenn ich uns gegen Bedrohungen von außen nicht verteidigen kann?!“, plapperte er Dietrich und Adolf nach.

      „

      Man kann nicht alles durch Verhandlungen erreichen. Wenn man nicht drohen kann, dann kann man nichts halten. Das habe selbst ich hinter den Klostermauern erkannt.”

      „

      Das machen andere. Die Truppen deines Vaters sind gut und unser Heermeister ist ein guter Mann”, wollte Mathilde ihren Sohn ruhigstellen.

      Dietrich spürte die Ängste seiner Schwester.

      „

      Mathilde, so ein Mann ist doch nur ein Werkzeug. Er braucht einen Kopf, der ihm sagt, was er tun soll. Ich spreche auch nicht nur über Hauen, Stechen und Lanzebrechen. Das Geld nimmt eine immer wichtigere Rolle ein, Verhandlungsgeschick und Erfahrung in allen Dingen sind eine weitere Sache. Das kann er unmöglich alles hier bei dir lernen.”

      „

      Mutter!”, rief Friedrich.

      „

      Sei still…!”, fauchte Mathilde ihn augenblicklich an.

      Ein Moment betretenen Schweigens setzte ein.

      „…

      Mathilde, überlege es Dir gut. Du kannst mir einen Boten bis Mariä Lichtmess schicken. Danach ist es allerdings zu spät. Und jetzt lasst uns von etwas anderem reden. Morgen steht noch