Название | Hundeglückskeks |
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Автор произведения | Sigrid Ellenberger |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738015430 |
„Robert, bist du das?“
Die Stimme kenne ich. Das ist doch … Ex-Herrchen. Komisch, heute ist doch nicht Wochenende und die Mädchen sind auch nicht hier. Was will er? Mit mir Gassi gehen oder was? Ich knurre nicht mehr, sondern winsle ein bisschen.
Ja, Herrchen, Gassi. Super Idee. Ich bin bereit!
„Robert, jetzt hör schon auf zu wimmern. Ich habe nur einen Brief für Constanze. Mach mal Platz hinter der Tür.“
Und dann schiebt er einen Zettel durch den Türspalt.
„Tschüss, Robert, alter Junge. Vielleicht sehen wir uns jetzt wieder öfter.“
Damit entfernen sich die Schritte von Ex-Herrchen auch schon und ich fühle mich wieder alleine.
Der Zettel riecht total nach Ex-Herrchen. Bevor ich es richtig merke, träume ich schon wieder von den guten alten Zeiten: Joggen mit Herrchen, spielen mit Herrchen, toben mit Herrchen, Hundeschule mit Herrchen ….
Was er Frauchen wohl geschrieben hat? Ich war zwar in der Schule aber lesen haben wir nicht gelernt. Dafür aber die wichtigen Dinge des Lebens: mach sitz, mach Platz, aus, gib Pfötchen. Gut, „sitz“, „Platz“ und „gib Pfötchen“ klappt bei mir einigermaßen gut. Zumindest meistens. Also manchmal. Mit „aus“ habe ich so meine Schwierigkeiten. Das sagen die aber auch immer, wenn es gerade besonders spannend oder lecker ist. Kaum habe ich unterwegs ein fallengelassenes Brötchen mit Fleischwurst gefunden, schon schreit es „aus!“ Kaum liege ich völlig entspannt und gut gelaunt in einem Güllehaufen, schon schreit es „aus!“. Das ist doch auch echt gemein, oder?
Ich schaue mir den Zettel genauer an.
Liebste Constanze.
Ich habe gerade mit Entsetzen erfahren, dass du wieder heiraten willst. Ich bitte dich inständig, das nicht zu tun. Seit unserer Scheidung kann ich an nichts anderes mehr denken, als daran, wie glücklich ich mit dir war. Du musst das doch auch gespürt haben. Kurzum: ich möchte dich bitten, zu mir zurück zu kommen, damit die Kinder und wir wieder eine Familie werden. Ich warte auf eine Nachricht oder ein Zeichen von dir.
Dein dich mehr denn je liebender Klaus.
Also der Zettel riecht verdammt gut nach Herrchen. Hat er da Fleischwursttinte benutzt oder was? Das riecht wie frisch aus dem Metzgerladen. Wie die Würstchen von Metzger Hanke. Allein bei dem Gedanken läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen und läuft unglücklicherweise direkt auf Herrchens Zettel und verwischt die Buchstaben. Ich lecke noch mal schnell drüber, das schmeckt wirklich lecker. Und, hast du nicht gesehen, ist der Zettel weg. Ich glaube, ich habe ihn gefressen. Oh mein Gott, ich habe den Zettel gefressen!
Hoffentlich bekomme ich keine Bauchkrämpfe! Ich denke, ich lege mich noch ein Weilchen auf mein kleines Ohr und warte bis Frauchen zurück kommt und versinke auch schon im Land der Träume.
Der Schlüssel dreht sich im Schloss und plötzlich ist wieder ganz viel Leben in meiner Bude. Swenja und Julia plappern die ganze Zeit und erzählen vom Kindergarten und der Vorschule, Frauchens Mutti ist nicht mehr dabei - wahrscheinlich hat sie sie unterwegs aus dem Auto geworfen oder ausgesetzt. Und Frauchens Augen strahlen seltsam.
„Kinder, ich war mit Oma und Susi ein Kleid für die Hochzeit aussuchen. Und … eure Mama wird die schönste Braut, die dieser Ort, ach was, diese Welt jemals gesehen hat.“
„Kommt Papa auch zu deiner Hochzeit?“, will Svenja wissen.
Frauchen hustet. Keuchhusten? Akuter Erstickungs-anfall?
„Nein, Schätzchen, das wäre nicht die beste Idee. Glaub mir. Aber du und Julia dürft die Blumenmädchen sein.“
„Schade.“
Traurig zieht Swenja einen Schmollmund.
„Blumen sind doch toll!“, freut sich Julia, mein kleiner Schatz.
„Na, wir können ihm dann ja erzählen, wie es war.“
Beruhigt nimmt Swenja ihre kleine Schwester an der Hand und verschwindet im Kinderzimmer.
Ein klitzekleines Momentchen denke ich noch an den Zettel, der mittlerweile schwer in meinem Magen liegt, dann raschelt Frauchen aber mit meinem Fressi und schon verschwende ich keinen Gedanken mehr an den Zettel und an Ex-Herrchen.
Phase 2 beginnt …
Die Hektik wird immer schlimmer. Heute hat Frauchen schon vergessen, mich zu füttern. Unverschämtheit! Und das alles nur, weil sie seit dem Vormittag mit Susi am Tisch sitzt und die beiden ununterbrochen von Torten, Einladungskarten, Musik und Sketcheinlagen reden. Wird das eine Karnevalsveranstaltung oder eine Hochzeit? Meine letzte Hoffnung ist Susi. Wenn die keine Leckerchen mehr hat, sterbe ich den Hungertod. Ich schleiche also so unauffällig es mir möglich ist zu Susi und lege ihr meinen Kopf auf den Schoß.
„Robert, aus!“
Frauchen ist ja vielleicht gemein. Das geht doch nur Susi und mich etwas an. Also, Frauchen, halt dich gefälligst raus.
„Robert, mein Süßer, möchtest du ein Leckerli?“
Susi hat es verstanden. Die Frau ist genial. Sie liest mir jeden Wunsch von den Lefzen ab. Wäre da nicht Lucy, Susi wäre ein heißer Kandidat auf meine Traumfrau.
„Susi, gib Robert doch bitte nicht ständig Leckerchen. Der platzt doch schon fast.“
Ich habe mich wohl verhört! Spricht diese Frau von MIR?
Platzen? Meine Röllchen rund um die Taille sind erotisch. Und hallo: Ich habe heute noch nichts gefressen außer einem popeligen Frühstück bestehend aus einem Brot mit Hundeleberwurst, einem kleinen Appetithappen zwischendurch und dem Rest Frolic aus der Tüte, die ich zufällig gefunden habe. Mein Kalorienbedarf ist also noch keinesfalls gedeckt! Susi hält mir ein Leckerchen, das wohl eher für einen Toy-Pudel geeignet ist, unter dem Tisch vor die Nase. Himmel, wie klein. Hat sie sich in der Tüte vergriffen? Aber besser als gar nichts.
Ich schnappe mir das Mini-Leckerchen und beiße aus Versehen in Susis Hand.
„Aua!“
„Was hast du denn?“, fragt Frauchen besorgt. Und dann sieht sie, dass Susi sich die Finger unter dem Tisch reibt.
„Hat dir dieser verfressene Köter etwa in die Hand gebissen?“
Susi nickt und Frauchen schickt mich postwendend in den Flur.
Mist, jetzt bekomme ich noch nicht einmal mehr die Planung der Hochzeit mit. Egal. Ich rolle mich in meinem Körbchen zusammen und schmolle. Scheinbar interessiert es ja keinen, ob ich verhungere oder nicht!
Eine gefühlte Ewigkeit später öffnet sich die Tür und die zwei Frauen treten in den Flur.
„Ach, Susi, ich danke dir. Was würde ich nur ohne dich machen?“
„Keine Ursache. Dazu sind beste Freundinnen schließlich da.“
„Ich bin so wahnsinnig aufgeregt. Was Martin wohl zu meinem Kleid sagen wird?“
„Constanze, du wirst die schönste Braut des Universums, glaub mir. Martin soll froh sein, dass er dich bekommt.“
Frauchen wischt sich die Träne, die ihr gerade ins linke Auge schießt, mit dem Handrücken weg und umarmt Susi.
„Wenn du ein Mann wärst, würde ich dich heiraten.“
Susi lacht.
„Constanze, du und ich wissen, dass ich nicht zum heiraten tauge. Ich liebe meine Freiheit und die Unverbindlichkeit in meinem Leben.“
„Du weißt ja nicht, was du verpasst.“
Susi wuschelt mir durch meine Frisur.
„Wenn ich jemals einsam bin, kaufe ich mir einen Hund.“
Vernünftig.