Undercover - Auftrag. Jürgen H. Ruhr

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Название Undercover - Auftrag
Автор произведения Jürgen H. Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738044966



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möglich, dass er ihn hochfahren ließ. Dann hat er seine Schnapsflasche oben vergessen und ist wieder hochgefahren. Was ist mit dem Mann?“

      Chrissi wischte erneut durch mein Gesicht. „Da vorne liegt er und schläft tief und fest. Ihr beide wart ziemlich weggetreten, als der Aufzug hier unten ankam. Das stank ja fürchterlich da drin. Irgendeiner hat da hingekotzt. Alles voller Bier und Chloroform. Ich musste erst eine Weile warten, bis der Dunst abgezogen war. Dann konnte ich euch aus der Kabine herausziehen. Anschließend musste ich euch in Decken verpacken, da es auf dem Boden ja ziemlich kalt ist. Was hast du denn wieder angestellt?“

      „Das war der Mann. Der hat mir das Fläschchen einfach geklaut.“ Jetzt erinnerte ich mich nahezu vollständig. „Was ist mit Heyer? Haben wir ihn verpasst?“

      Chrissi schüttelte den Kopf. Die ganze Aktion ist mächtig schief gegangen. Aber keine Sorge - nicht deinetwegen. Heyer ist mit unserer Bekannten raus aus der Kneipe. Darüber informierte sie Sam ja auch.“ Ich konnte mich erinnern. Die beiden seien auf dem Weg, lautete unsere letzte Information. Ich nickte. „Und weiter?“

      „Dann wollte Heyer plötzlich nicht mit in das Hochhaus und hat darauf bestanden, in seine Wohnung zu fahren. Er ließ unsere Bekannte ein Taxi rufen und die beiden sind damit zu ihm gefahren. Aber die Frau ist ja nicht auf den Kopf gefallen und bevor es zu irgendwelchen Aktivitäten kam, hat sie Heyer mit K.O. Tropfen außer Gefecht gesetzt. Monika zog derweil ihre Aktion wie besprochen durch. Die Sache mit dem Unfall und dem Krankenwagen, du erinnerst dich? Nur nicht hier, sondern in der Nähe von Heyers Wohnung. Und Sam ließ den Mann zuvor wie geplant verschwinden.

      Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Und das alles in der kurzen Zeit?“ - „Nein, Jonathan. So kurz war die Zeit nicht, du hast zirka drei Stunden geschlafen. Nachdem ich euch beide aus dem Aufzug herausgezogen hatte, besorgte ich die Schutzdecken, du weißt, die, die man im Auto haben muss, und ließ euch erst einmal hier in dem Vorraum schlafen. Denn Monika benötigte meine Hilfe, um den Krankenwagen umzusetzen. Danach bin ich zurückgekommen und seit einer dreiviertel Stunde versuche ich dich wach zu kriegen. Mensch, Jonathan. Das war wieder eine Aktion von dir!“

      Ich nickte schwach, musste aber grinsen. Schließlich war ja nichts schief gegangen. Die ganze Sache war doch ein voller Erfolg!

      „Was gibt es denn da zu grinsen? Chloroform schädigt das Gehirn. Wie geht es dir?“ - „Gut, danke. Ich musste gerade nur daran denken, dass unsere Aktion ein voller Erfolg war.“

      Chrissi sah mich merkwürdig an. „Na klar, Jonathan. Volltrunken mit dem Aufzug rauf und runter zu fahren war ja auch dein Auftrag. Und den hast du glänzend erfüllt!“

      War sie jetzt sauer? Ich überlegte mir gerade ein paar tröstende Worte, da meinte Chrissi: „Kannst du aufstehen? Es wird allmählich Zeit zu verschwinden. Ein Wunder, dass bisher niemand herein- oder herausgegangen ist. Also, versuch mal dich aufzurappeln.“

      Schwankend kam ich auf die Beine. Meine Jacke stank fürchterlich. Bier und Erbrochenes. Chrissi bemerkte meinen Blick. Sie vermied es tunlichst mich anzufassen. „Hast du in den Aufzug gekotzt?“ Ich nickte. Dann schwankte ich Richtung Parkplatz hinter ihr her. Gut, dass der Weg nicht allzu weit war. Klugerweise stand der Wagen direkt am Hochhaus. Nachdem Chrissi sämtliche Scheiben heruntergefahren hatte, ließ sie mich vorsichtig auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.

      „Ich bringe dich jetzt erst einmal nach Hause. Morgen geht es dann weiter nach Plan. Schließlich musst du nun als Sohn des angeblich Verstorbenen aktiv werden. Sam möchte, dass wir morgen um elf Uhr im Sportstudio sind. Es geht darum, Informationen aus Heyer herauszuholen. Da sollst du natürlich dabei sein, damit wir dir später nicht alles noch einmal erzählen müssen. Und Jonathan - Sam lässt dir bestellen, dass du bitte nüchtern sein sollst!“

      VI.

      Der Sonntagmorgen begann für mich mit pochenden Kopfschmerzen. Gestern sorgte Chrissi eigenhändig dafür, dass ich ins Bett kam. Gut, dass ihre Wohnung direkt unter der meinen lag. Später wollte sie mich abholen, so dass wir gemeinsam zu Bernd Heisters Sportstudio ‚Krav Maga‘ fahren konnten. Ich war froh, nicht selbst fahren zu müssen. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass noch genügend Zeit für eine ordentliche Dusche und ein paar Tassen Kaffee blieb. Das war auch nötig!

      Pünktlich klingelte es an meiner Wohnungstür.

      „Morgen Jonathan. Wie geht‘s?“ Chrissi grinste mich breit an. Ich versuchte ebenfalls ein Grinsen. „Besser. Danke. Ich habe zwar noch nichts gegessen, aber das Duschen und der Kaffee brachten mich wieder ein wenig auf Trab. Diese blöde Sache mit dem Chloroform!“

      Christine nickte. „Dann los, sonst kommen wir noch zu spät. Und du weißt, wie Sam zu spät kommen hasst.“

      Zwanzig Minuten später betraten wir das langgezogene Gebäude. Jennifer erwartete uns schon hinter ihrer Anmeldung. „Hallo ihr beiden. Guten Morgen. Das war ja noch eine spektakuläre Aktion gestern.“ Dabei blickte sie mich lächelnd an. „Zu tief ins Chloroform geschaut, Jonathan?“ Die beiden Frauen lachten. Anscheinend sprachen sich Neuigkeiten hier schnellstens herum. Vermutlich war es Sam gewesen, der Jennifer alles haarklein erzählt hatte. Nun, wer sonst?

      „Ihr findet Sam in der Bibliothek. Unser Gast ist übrigens im Keller untergebracht. Bernd ließ extra einen Gästeraum mit Waschmöglichkeit einrichten. Dem Mann mangelt es also an nichts. Den Raum findet ihr direkt neben unserem kleinen Schwimmbad. Aber Sam wird ja mit euch hinunter gehen.“

      Wir nickten Jenni zu und machten uns auf den Weg in die Bibliothek. Nun, dieses ‚Sportstudio‘ war halt etwas Besonderes: Neben den Trainingsräumen befanden sich ein Dojo für Kampfsportübungen, ein Kraftraum, eine Bibliothek, ein kleines Schwimmbad, ein kleines Labor und sogar ein Schießstand in und unter dem flachen Bau. Und zur Krönung darunter noch eine Tiefgarage, die durch einen geheimen Zugang befahren werden konnte. Nun, und jetzt gab es offensichtlich auch noch einen Gästeraum neben dem Schwimmbad. Bernd sorgte wirklich für alle Fälle vor!

      „Morgen Chrissi, morgen Jonathan. Wie geht es dir? Wieder besser?“ Sam, der kleine, drahtige Asiate stand auf und kam uns entgegen. Sein Gang erinnerte mich immer an den einer Raubkatze. Sams Bewegungen erfolgten nahezu lautlos und geschmeidig. Er reichte uns beiden die Hand. „Unser Gast schlief dank der K.O. Tropfen bis heute Morgen. Jennifer und ich haben ihn im Wechsel ständig überwacht, damit dem Mann auch ja nichts passiert. Ich war dann einmal kurz bei ihm und brachte das Frühstück.“ Sam kratzte sich am Kopf, nickte dann gedankenverloren und fuhr fort: „Das Frühstück, was jetzt an einer Wand klebt. Der Typ ist ziemlich cholerisch. Brüllte zunächst herum, dass er seinen Anwalt sehen wollte und ging dann auf mich los!“

      Ich musste grinsen. Die Kampfkünste des Asiaten waren mir bekannt. Trainierten wir doch regelmäßig miteinander. Bestimmt hatte Heyer sich eine ordentliche Tracht Prügel abgeholt.

      Doch Sam blickte mich prüfend an und schüttelte den Kopf: „Ich sehe, was du denkst, Jonathan. Aber: nein. Ich bin dann schnellstmöglich raus aus dem Zimmer. Mittlerweile hat Heyer sich beruhigt. Und wenn er euch nachher ebenfalls angreifen sollte: Bitte schlagt mir den Mann nicht direkt zusammen. Verteidigen ja, aber mehr nicht. Das gilt besonders für dich, Jonathan. Verstanden?“

      Ich nickte. Günther Heyer war mit seinen Informationen viel zu wichtig für uns, als dass wir ihn jetzt krankenhausreif schlagen konnten. Das brauchte Sam ja nicht extra zu erwähnen!

      „Und noch etwas, Jonathan: Der Mann wird kontinuierlich Videoüberwacht. Das zeichnen wir alles auf. Also auch unser Auftritt gleich. Benimm dich bitte entsprechend.“

      Was sollte das jetzt? Natürlich würde ich mich benehmen. Entsprechend. Tat ich ja sowieso immer. Ein wenig beleidigt kehrte ich Sam den Rücken zu.

      „Gut, wie ich sehe hast du verstanden. Dann mal los. Lasst eure Waffen bitte hier. Besser noch: Ihr solltest bei der gesamten Aktion ohne eure Waffen auskommen. Es passt kaum zu dem angeblichen Stiefsohn von Heyer und seiner gerade aus dem Gefängnis entlassenen Freundin, dass beide Waffen tragen. Und den dazugehörigen Waffenschein ebenfalls.