Undercover - Auftrag. Jürgen H. Ruhr

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Название Undercover - Auftrag
Автор произведения Jürgen H. Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738044966



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auch dafür sorgen, dass der Mann genügend Alkohol zu sich nimmt. Das bedeutet aber auch - Jonathan! -, dass du mit Chloroform eher sparsam umgehen solltest.“

      Ich nickte. Sam konnte sich auf mich schließlich verlassen. Aber eine Frage brannte mir auf den Nägeln: „Sam, nur eine kleine Frage.“ - „Ja, Jonathan?“ - „Wieso ist der Beamer noch nicht wieder repariert?“

      Die anderen stöhnten auf. Ja, bestimmt hatte diese Frage allen schon auf dem Herzen gelegen. Sam fixierte mich eindringlich: „Und sonst noch Fragen zum Thema?“

      Ich überlegte. Fragen zum Thema? Kein Problem: „Diese Bekannte von Bernd. Wer ist das überhaupt? Ist die Frau zuverlässig?“ - „Der Name der Frau tut nichts zur Sache. Einfach eine Bekannte, die hin und wieder kleine Dienstleistungen für uns übernimmt. Zuverlässig ist sie allemal, macht euch darüber also keine Gedanken. Wichtiger ist, dass der geplante Ablauf des Abends funktioniert. Ansonsten sind wir gezwungen zu improvisieren. Aber auch in diesem Fall bin ich guter Dinge.“

      Jetzt meldete sich Monika zu Wort: „Was ist mit dem Wagen für den fingierten Unfall? Wird man das Fahrzeug später zu uns zurückverfolgen können? Wem gehört der überhaupt?“

      Sam nickte, dann schaute er in die Runde. „Der Wagen wurde vor einiger Zeit über Mittelsmänner gebraucht gekauft und kann nicht zu uns zurückverfolgt werden. Die Sache mit dem Ablauf und dem Krankenwagen besprachen wir ja schon. Wir werden auf dem Platz vor der Post in Odenkirchen Stellung beziehen und auf unseren Einsatz dort warten. Das ist weniger auffällig, als wenn wir direkt an dem Hochhaus parken würden. Sobald die beiden die Kneipe verlassen, werden wir aktiv. Der Krankenwagen für Monika steht unauffällig auf einem Parkplatz in der Nähe der Polizeiwache. Aber keine Sorge, die ist um diese Zeit nicht besetzt. Moni verursacht zunächst den Unfall und begibt sich dann schnellstmöglich zu dem Krankenwagen. Anschließend fährt sie mit Blaulicht und viel Lärm wieder zurück zur Unfallstelle. Dort bleibt sie kurze Zeit stehen, um anschließend mit Alarm zu verschwinden. Über Umwege landet der Krankenwagen dann wieder in unserer Tiefgarage. Aber natürlich ohne Tatütata und Blaulicht“, fügte er schmunzelnd hinzu.

      Monika nickte Sam zu. „Der Unfall wird sich in unmittelbarer Nähe der Kneipe ereignen. Nichts Großartiges, ich werde ein Schild auf dem Gehweg plattfahren.“

      Sam übernahm wieder das Erklären: „Genau, Monika ist instruiert. Im Krankenwagen befindet sich ein Beutel mit Blut, den Moni an der Unfallstelle ausgießen wird. Inzwischen dürfte auch unsere Bekannte zurück sein und der eintreffenden Polizei von dem Unfall, dem Krankenwagen und einem zu Fuß flüchtenden Autofahrer erzählen. Sollte ein Polizist Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der ganzen Sache haben, so bügelt das der Oberstaatsanwalt Eberson gerade. Wir brauchen uns darüber also keine Gedanken zu machen.“

      „Was ist denn mit dem Fahrer des Unfallwagens?“, wollte ich wissen. Nicht, dass dem armen Mann noch etwas geschehen würde.

      Sam und die anderen sahen mich verständnislos an. „Äh, Jonathan, welcher Fahrer? Monika wird den Wagen fahren ...“ - „Ich meine den Besitzer, den Besitzer natürlich“, korrigierte ich mich rasch.

      „Der ursprüngliche Käufer des Fahrzeuges - also unser Strohmann - hat den Wagen schon vor einer ganzen Weile als gestohlen gemeldet. In dieser Hinsicht gibt es also auch keine Probleme. Also, Herrschaften. Es kommt auf das funktionierende Timing an. Besonders du bist gefordert, Moni. Heyer wird später als bei dem Unfall verstorben gemeldet, eine entsprechende Meldung erhält die Presse zur rechten Zeit. Auch das hat Eberson schon organisiert. Wenn ihr sonst keine Fragen habt, dann bereitet euch vor und ruht euch noch ein wenig aus. Ach ja, bevor ich es vergesse: Denkt an eure Headsets, damit wir in Verbindung bleiben können.“

      Eine Frage brannte mir nun doch noch auf den Lippen: „Hat unsere ‚Bekannte‘ auch ein Headset?“

      Sam schüttelte den Kopf. „Nein, Jonathan. Sie wird mich über Handy informieren. Und zwar einmal, wenn absehbar ist, dass der Abend sich dem Ende zuneigt und einmal in dem Augenblick, wenn die beiden die Kneipe verlassen. Jetzt alles klar soweit?“

      Wir nickten. Es schwirrten zwar noch einige Fragen in meinem Kopf herum, aber diese Probleme würden sich wahrscheinlich schon von alleine lösen. Zum Beispiel die Frage, ob wir während der Wartezeit auch mit Essen und Trinken versorgt wären. Aber so etwas dürfte sich dann schon zeigen …

      Die Zeit verging quälend langsam. Anfänglich unterhielten wir uns noch über dieses und jenes, nach und nach aber wurde es zusehends stiller. Unser Wagen befand sich gut eingeparkt zwischen anderen Fahrzeugen auf dem Parkplatz vor der Post. Einerseits standen wir sehr unauffällig dort, andererseits war es uns möglich, aus dieser Position direkt auf die Straße zu gelangen. Um diese Zeit befanden sich nur noch wenig Passanten hier draußen. Ein angetrunkenes Pärchen schlenderte quer über den Parkplatz. Er schien wirkliche Schwierigkeiten mit der Koordination seiner Schritte zu haben, immer wieder musste die Frau ihn stützen und auf den rechten Weg zurückführen. Ich grinste und machte die anderen auf das Pärchen aufmerksam. Eine willkommene Unterbrechung unserer Wartezeit!

      Auf einmal blieb der junge Mann vor einem niedrigen Gebüsch stehen. Seine Freundin wandte sich dezent ab, denn irgendetwas vor sich hin brabbelnd urinierte er jetzt in das Gebüsch. Dabei schwankte der Angetrunkene verdächtig vor und zurück. Plötzlich fiel er vornüber in das Gestrüpp, rappelte sich aber kurz darauf fluchend wieder auf. An meiner Seite hörte ich Chrissi leise kichern. Der Mann stand nun vor dem Gebüsch und führte seine Tätigkeit fort. Dann krachte er erneut in die nun nassen Sträucher. Diesmal half ihm seine Freundin wieder hoch. Anschließend hakte das Mädchen ihren Freund wieder unter und die beiden torkelten weiter.

      Ich grinste Chrissi an: „Klasse Nummer, was?“ Aber die schüttelte nur den Kopf: „Leute gibt’s.“

      Ich wollte noch ein paar lustige Sprüche zu dem Vorgang loswerden, als Sams Telefon klingelte. Leise sprach er ein paar Worte hinein, dann wandte er sich an uns: „Es sieht so aus, als wenn es gleich losgehen würde. Unser Kandidat ist zur Toilette und danach wollen die beiden wohl die Kneipe verlassen. Offensichtlich hat Heyer bei unserer Bekannten angebissen, denn er ist ganz wild darauf, mit ihr zu gehen. Allerdings scheint er nicht so viel getrunken zu haben, wie uns lieb wäre. Also seid auf der Hut. Jonathan, Chrissi - und auch du Moni - prüft eure Headsets!“

      Ich steckte mir das kleine Gerät in mein linkes Ohr, nachdem ich es angeschaltet hatte. Ein kurzer Test bestätigte die Funktionsfähigkeit.

      „Alles klar, ich bin bereit!“ - „Ich auch“, erklärten Chrissi und Moni fast gleichzeitig. Sam nickte. „Dann los. Jeder auf seinen Posten. Ich melde mich, sobald die beiden das Lokal verlassen haben. Jonathan, wenn ihr den Mann habt, dann bringt ihr ihn zu dem Parkplatz vor dem Hochhaus.“ - „So wie wir es besprochen haben“, warf ich ein.

      „Genau. Hast du das Chloroform?“

      Ich fühlte nach der kleinen Flasche in meiner Tasche. Chloroform und einen Lappen. Es würde genügen, den Mann ein wenig zu betäuben. Gedankenverloren nickte ich. Alles klar.

      „Jonathan, hast du das Chloroform?“ - „Ja sicher, alles in Ordnung.“ Sam konnte in der Dunkelheit mein Nicken natürlich nicht sehen.

      Rasch verließen wir drei den Wagen. Monika trennte sich schon nach wenigen Metern von uns. Sie würde jetzt zu dem ‚Unfallwagen‘ gehen und sich vorbereiten. Sobald wir Heyer sicher hatten, könnte sie ihren Part der Aktion ausführen. Bis jetzt lief alles wie geschmiert. Chrissi und ich überquerten die Straße und dann eine kleine Brücke.

      Früher, als kleines Kind, liebte ich solche Brücken. Auf der einen Seite konnte man herrlich ein Stück Papier oder ein Stöckchen ins Wasser werfen und auf der anderen Seite beobachten, wie es den Fluss hinab schwamm. Schade eigentlich, dass uns jetzt für so etwas keine Zeit blieb! Allerdings konnte ich mich auch an ein Erlebnis meiner Kindheit erinnern, das von Enttäuschung geprägt war. Damals spazierten mein Großvater und ich über eine kleine Brücke und ich durfte wieder ein Stöckchen ins Wasser werfen. Großvater ließ mich gewähren und Sekunden später stand ich auf der anderen Seite und wartete auf mein Stöckchen. Aber es kam nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich gewartet