Название | ECHNATON |
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Автор произведения | Wieland Barthelmess |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738053777 |
Teje, eine prächtige goldene Geierhaube auf dem Kopf, begrüßte nun ihrerseits die Damen. Wenn Ani meinte, dies würde nun ein wenig schneller vonstatten gehen, so sah er sich alsbald getäuscht. Zwar hatten die wenigsten der Gemahlinnen mehr als ein oder zwei offizielle Titel, etwa Sängerin des Min oder Priesterin der Bastet, dafür fanden ihre sonstigen Verdienste aber eine mehr oder weniger ausführliche Erwähnung. Sei es die gesunde Geburt eines Kindes, eine herausragende Opfergabe, eine Armenspeisung oder die Finanzierung einer Handelsreise über das Erythräische Meer. Erst jetzt verstand Ani manch kryptischen Hinweis in den Dossiers. Einige der Damen waren tatsächlich einflussreicher, wohlhabender und mächtiger als ihre stolze Titel tragenden Gatten.
Einer nach dem anderen wurden die Gäste auf ihre Plätze geführt, die sich links wie rechts über die gesamte Länge des Audienzsaals erstreckten. Auf der rechten Seite saßen die Männer, links die Frauen und Kinder. Kaum hatten alle Platz genommen, wurden die Speisen unter anerkennenden Ahs und Ohs aufgetragen. Zunächst wurde, um den Appetit anzuregen, ein süß-sauerer Salat aus Lattich, Gurken, Datteln und Feigen gereicht. Er war mit gemahlenen Senfkörnern und saurem Wein abgeschmeckt und entlockte manch einem Gast Laute des Entzückens. Diener mit Körben voll Brot und großen Krügen mit Wasser und Wein von den Gütern Tejes liefen ständig durch die Reihen und ließen keinen der Schalen oder Becher lange leer. Es folgte eine stark nach Kumin duftende Linsensuppe, anschließend gegrillter Fisch, den, wie von Ani erwartet, die Gattin des Ra-messe pikiert verschmähte, galt er den Vornehmen aus dem Delta doch als Armenspeise. Der Nil war in der Tat am Ende seines Laufs derart verdreckt, dass es nicht gerade appetitlich war, daran zu denken, wovon die Fische sich ernährt hatten. Berge von gebratenen Zwiebeln, eingelegtem Knoblauch und gedünstetem Lauch wurden ständig nachgereicht. Anis Magen begann zu knurren, als das berühmte Taubenragout der königlichen Hofküche auf Plätzchen mit Kichererbsenmus serviert wurde. Es war genau nach Mutemwias Anweisungen zubereitet worden und eröffnete die nun folgende Reihe der Geflügelspeisen, die mit gebratenen Wachteln, Enten, Gänsen, Kranichen und winzigen Singvögeln die anspruchsvollen Gaumen verwöhnten. Die Macht Pharaos zeigte sich heute Abend nicht nur darin, dass er jeden auch noch so hungrigen Magen füllen konnte, sondern auch in der unerreichten Perfektion der Zubereitung der angebotenen Speisen. Schon mussten die ersten Gäste eine Pause einlegen.
Seit die ersten Gänge aufgetragen worden waren, hatte Aha seine Musiker aufspielen lassen, die inzwischen von einer Gruppe Tänzerinnen unterstützt wurden. Nach einem Interludium mit neuartigen Gesangseinlagen, welche die Gäste zu Begeisterungsstürmen hinrissen, wurden die ersten Fleischspeisen aufgetischt. Den Anfang machten pikante Nierchen, gebratene Kalbslebern sowie eine in Pfannen kurz angestockte Paste aus Enteneiern und Kalbshirn, die sich großen Zuspruchs erfreute. Musste sie doch unmittelbar nach der Schlachtung zubereitet und auch verspeist werden. So war sie wegen ihrer leichten Verderblichkeit ein überaus seltener Leckerbissen. Als Krönung der Speisenfolge wurde nach Gazellenbraten sowie Schaf mit Feigen schließlich Ochsenfleisch gereicht - sei es gebraten, gesotten oder gegrillt, je nach Wunsch und Appetit. Einige der Gäste waren bereits so gesättigt, dass ganze Ochsenschenkel wieder unberührt in die Küche zurückgingen. Dennoch wurden zum Abschluss noch kleine, mit Honig gesüßte Küchlein und frisches Obst angeboten. Als letzter Gang wurde jene neuerdings von der Insel Khiosi eingeführte Süßigkeit gereicht, auf die alle bereits neugierig gewartet hatten. Hatte man doch schon oft davon gehört. Gekostet hatte sie jedoch kaum noch jemand. Sie wurde aus dem süßen Harz eines nur dort wachsenden Pistazienbaums hergestellt und war eine zähe, weiße Masse, die hartnäckig an den Zähnen kleben blieb, was schließlich zu mancherlei albernem Gekicher Anlass gab. Angeblich sollte sie den Magen säubern und, nach einer reichhaltigen Mahlzeit genossen, vor Sodbrennen schützen. Ein dicklicher Junge aus der königlichen Verwandtschaft in Achmim war der Erste, der sich übergeben musste. Doch schließlich liefen immer mehr Diener mit Spucknäpfen durch die Reihen, um die sich ungeniert Erleichternden von dem Zuviel an Speisen zu befreien. Selig saßen die meisten der Gäste halbwegs bewegungsunfähig in ihren Sesseln und wurden nicht müde, den Überfluss und die Köstlichkeit der Gaben des Guten Gottes zu preisen.
Zwischendurch hatte Anis Magen immer wieder einmal ein erbärmliches Knurren von sich gegeben, musste er doch den ganzen Abend hinter Amenhotep stehen bleiben, ohne sich an der Schlemmerei beteiligen zu können. Amenhotep kicherte jedes Mal und steckte ihm ungesehen ein paar Happen zu, die Ani schnell in seinem Mund verschwinden ließ. Nach einer besonders lautstarken Äußerung seines hungrigen Inneren erbarmte sich Mutemwia und reichte Ani ein Plätzchen mit Kichererbsenmus und Taubenragout. „Armes Jungchen!“ Voller Mitgefühl hatte sie ihn angesehen und aufmunternd angelächelt. Dies entsprach natürlich keineswegs der höfischen Etikette, doch Pharao und Teje taten einfach so, als hätten sie nichts gesehen.
Nach einem weiteren musikalischen Zwischenspiel erhoben sich Teje, Thutmosis und Amenhotep, um sich unter ihre Gäste zu mischen, während Pharao auf seinem Thron sitzen blieb und huldvoll lächelte. Thutmosis und Amenhotep gingen zur rechten Seite des Audienzsaales, wo die Männer und ihre Söhne saßen, falls diese älter als vierzehn Jahre waren. Teje begab sich zur deutlich volleren linken Seite, weswegen ihr dann auch Mutemwia schnell beisprang. Denn es war Teje schlichtweg unmöglich, mit jeder der Damen, ihren Töchtern sowie Schwiegertöchtern ein paar Worte zu wechseln, so groß war ihre Zahl. „Ich werde mich jetzt erst einmal um die Sprösslinge der Herrschaften kümmern“, flüsterte Amenhotep Ani zu. Und der hielt sich dicht hinter ihm und flüsterte Amenhotep das, was es zu sagen gab, ins Ohr.
„Das dort ist dein Namensvetter Amenhotep, Sohn des Heby, der Bürgermeister von Men-nefer ist. Alle nennen ihn Huy. Genauso wie sein Vater versucht er, den alten Glanz Men-nefers wiederherzustellen. Dass er dadurch wie von selbst in Gegnerschaft zu den Amun-Priestern von Waset gerät, ist zwangsläufig. Er ist Leiter der Feste des Ptah. Und da dein Bruder Thutmosis dort ja bald seine Ausbildung zum Priestervorsteher von Ober- und Unterägypten beginnen wird, wäre es vielleicht angebracht…“
„Du sollst mir nur Informationen zu den betreffenden Personen geben“, zischte Amenhotep ihn an, „und nicht auch noch Ratschläge, was ich zu tun oder zu lassen habe.“
„Verzeih mir!“, stammelte Ani erschrocken. „Es sollte nur ein Hinweis sein.“ Worauf Amenhotep sich mit einer wegwerfenden Handbewegung abwandte.
Es war eine ersprießliche Unterhaltung zwischen Amenhotep und Huy, die sich beide auf Anhieb gut verstanden. Schließlich hatten sie ja auch einen gemeinsamen Gegner, wie Ani meinte. Amenhotep konnte sein Gegenüber dahingehend beruhigen, dass auch sein Bruder, der Thronfolger, durchaus beabsichtige, die Stellung Men-nefers gegenüber Waset und den Amun-Priestern zu stärken. Pharao habe zudem angeordnet, dass der Kronprinz gleich nach dem Ende des Opet-Festes nach Men-nefer gehe. Huy verbeugte sich ob der Ehre, die seiner Stadt damit zuteil wurde. Allerdings käme Thutmosis nicht, wie Amenhotep mit einem fast schon verschwörerischen Tonfall anmerkte, wie sonst für den Kronprinzen üblich, um dort seine militärische Ausbildung zu vervollkommnen, sondern um sich dort in Men-nefer am Haupttempel des Ptah in seine zukünftige Rolle als Oberaufseher der Priester und Propheten von Ober- und Unterägypten einweisen zu lassen.
„Die Weisheit des Guten Gottes ist grenzenlos“, meinte Huy verbindlich und verbeugte sich abermals. „Die Priester des Amun werden allerdings nicht tatenlos zusehen, wie ihnen dieses hohe Amt weggenommen und dem zukünftigen Pharao übertragen wird.“
„Darum dachte ich“, sagte Amenhotep, „dass es von Vorteil sein könnte, wenn das Amt des Hohepriesters meinem Bruders durch ein Orakel oder eine Weissagung des Ptah angekündigt werden würde. Deine Heimatstadt Men-nefer könnte somit einen Teil ihres alten Glanzes wiedererlangen und stünde unweigerlich an zweiter Stelle unter den Städten Ägyptens. Denn der oberste Priester des Reiches würde dann ein Priester des Ptah sein. Vielleicht“, Amenhotep zuckte mit den Schultern, „vielleicht würde Thutmosis, wenn er denn erst einmal gekrönt war, auch dahingehend Überlegungen anstellen, dass er seine Hauptstadt wieder nach Men-nefer zurückverlegen möchte.“
Huy lächelte zuvorkommend. „Möglicherweise wäre es ja eine gute Gelegenheit, wenn Pharao und der Thronfolger an der Beisetzung des Apis-Stiers teilnähmen, die bald in Men-nefer