Название | Paulo am Ende der Seidenstraße (8) |
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Автор произведения | HaMuJu |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847655411 |
Ich zahlte verschwindend wenig für das Busticket, und der Bus fuhr sofort los in den Norden des Stadtzentrums. Das Hotel lag in einer Gegend, in der ein hässlicher Wohnblock neben dem anderen stand, aber es lag immer noch im Stadtzentrum, das meiste Interessante war von dort aus zu Fuß erreichbar. Das Hotel hatte nach Landeskategorie drei Sterne, die Länder stapelten bei der Sternvergabe immer noch hoch, aber für meine Ansprüche reichte das Hotel allemal, direkt vor dem Hotel lag die Bushaltestelle, ich konnte also jederzeit mit dem Bus ins Zentrum fahren. Das Zimmer, das ich nach dem Einchecken erhielt, war zwar sehr einfach eingerichtet, es war aber sauber und hatte ein frisch gemachtes Bett, dazu gab es auf dem Zimmer noch ein Bad. Mehr brauchte ich nicht, ich stellte meinen Rucksack in die Ecke und legte mich aufs Bett, ich lag auf dem Rücken und dachte über meine Situation nach. Ich wäre in Lanzou nur noch siebenhundert Kilometer von Xian, dem eigentlichen Ende meiner Reise entfernt, ich müsste noch nach Shanghai und nach Peking, von wo aus ich nach Hause flöge. Aber bis dahin dauerte es noch mindestens zwei Monate, ich müsste mir Xian gründlich anschauen, auch Shanghai und vor allem Peking wollte ich gründlich besichtigen. Ich stand wieder auf und nahm ein paar frische Sachen aus meinem Rucksack, dann ging ich duschen und drehte das heiße Wasser voll auf, aber leider gab es kein heißes Wasser, ich duschte also mit einiger Überwindung kalt. Dann zog ich mich an und ging runter, mein Zimmer lag im zweiten Stock, der Lift war außer Betrieb, sodass ich die Treppe nahm. Ich grüßte den Portier im Vorbeigehen und lief zur Bushaltestelle, wo ich den Bus ins Zentrum gerade noch erwischte.
Ich stieg an der legendären Zhongshan-Brücke wieder aus und setzte mich auf eine Bank an den Huang He. Die Zhongshan-Brücke war die erste feste Brücke über den Gelben Fluss, sie löste eine Pontonbrücke ab, die im Winter bei Eisgang abgebaut werden musste, sodass dann eine Flussüberquerung nicht mehr möglich war. Wichtig für mich war, dass über diese Brücke die Seidenstraße verlief, im Jahr 1992 hatte am Südende der Brücke ein Seidenstraßenfestival stattgefunden, auf dem daran erinnert wurde, dass die Brücke ein Denkmal für die Bemühungen Chinas war, sich nach Westen zu öffnen, denn die Brücke war von deutschen Ingenieuren gebaut worden, die alles für den Bau benötigte Material auf dem See- und Landwege dorthin verfrachtet hatten. Im Juli 1907 kamen die ersten Teile im Hafen von Tianjin an und wurden von dort tausendsiebenhundert Kilometer über Land nach Lanzhou transportiert, vierhundertachtzig Kilometer davon mit der Eisenbahn, der Rest wurde mit Lasttieren bewältigt, die Transportzeit betrug insgesamt neunzehn Monate.
Die Brücke lag auf vier Stützpfeilern, die wiederum auf Stahlbetonquadern standen. Die Brückentafel bestand aus Holzbohlen, die eigentliche Brücke bestand aus fünf Kästen mit rechteckigem Querschnitt, die Kästen waren aus vernieteten Eisenträgern gefertigt. Die Länge der Brücke betrug zweihundertdreißig Meter, achtzig Jahre Lebensdauer waren garantiert. Die geplanten Kosten lagen bei 165000 Tael Silber (ein Tael = 37.5 g), sie hatten sich bis zum Ende der Bauzeit auf 306600 Tael Silber erhöht. Um dem wachsenden Verkehr, vor allem dem Kraftverkehr standzuhalten, wurden auf die Brückenkästen ebenfalls vernietete Eisenträger gesetzt, sodass die Brücke dann wie eine Bogenbrücke aussah. Ihre Tragkraft wurde mit dieser Maßnahme verzehnfacht, die ursprünglich 1.20 m breiten Fußwege wurden auf 2.10 m verbreitert und nach außerhalb der Kästen verlagert.
2004 wurde die Brücke für den Straßenverkehr gesperrt und nur den Fußgängern offengehalten. Es gab in Lanzhou mittlerweile zehn Brücken über den Huang He. Ihren Namen erhielt die Brücke 1942 zu Ehren des Gründers der Republik China, Dr. Sun Yat Sen. Die Brückenköpfe waren fußgängergerecht gestaltet, die Menschen, die sie passierten, waren, sowie ich das beobachten konnte, guter Dinge und lachten. Kinder stampften fest mit ihren Füßen, um die Holzbohlen ertönen zu lassen.
Vierhundert Meter flussabwärts gab es die nächste Brücke und noch einen Kilometer weiter lag die große Huang-He-Brücke. Ich ging über die Zongshan-Brücke auf die andere Flussseite und lief die Beibinhe Middle Road flussabwärts, man hatte von dort einen herrlichen Blick auf die City von Lanzhou, allerdings durch dichten Smog. Ich lief am „Apollo“-Hotel vorbei und ging über die Huang-He-Brücke in die Stadt zurück. Am Brückenende ging ich die Treppe hoch und gelangte in eine „Kinderpark“ genannte Günfläche, wo ich mich eine Zeit lang auf eine Bank setzte und Familien mit ihren Kindern beobachtete. Ich lief anschließend weiter ins Zentrum zum Century Place, wo ich mir ein Restaurant suchte, denn es war Abend geworden und ich hatte Hunger bekommen. Ich fand dann ein einfaches chinesisches Restaurant, in dem ich allerdings die Speisekarte nicht lesen konnte. So nahm mich, wie damals in Yining, der Kellner bei der Hand und führte mich in die Küche. Dort zeigte mir der Koch, was sich in den einzelnen Töpfen befand und ich wies auf die Speisen, die mir zusagten und die ich bestellte. Es gab eine sehr gut aussehende Gemüsemischung aus Tomaten und Bohnen, dazu bestellte ich Reis und Rindfleisch süß-sauer. Der Kellner schrieb die von mir ausgesuchten Speisen auf und brachte sie mir ins Restaurant. Ich bestellte Bier zum Essen, das Wort „Bier“ wurde verstanden. Ich musste sagen, dass ich in China noch kein schlechtes Bier getrunken hatte, sie verstanden in China die Braukunst.
Wein zu bekommen wäre in teuren Restaurants zwar möglich gewesen, hätte aber seinen Preis gehabt und dann hätte man natürlich nicht so einen Wein bekommen, wie ihn Liang oder Akuma kelterten, sondern wahrscheinlich importierten Wein minderer Qualität, also trank ich Bier. Es war kühl geworden in Lanzhou, man merkte doch die Höhe von tausendfünfundert Metern, die Luft war entsetzlich.
Die chinesischen Behörden hatten Teile der die Stadt umgebenden Berge sprengen lassen, um einen Luftaustausch zu ermöglichen. Ich lief nach dem Essen ein wenig durch die erhellte Innenstadt, es herrschte geschäftiges Treiben, die Leute kamen entweder von der Arbeit, um vor dem Nachhausegehen noch etwas zu trinken oder sie liefen zum Vergnügen durch die Stadt. Ich hatte einen ersten Eindruck von der Stadt bekommen, einen ersten oberflächlichen Eindruck und lief zur Bushaltestelle, um zu meinem Hotel zurückzufahren. Ich würde am nächsten Tag mit meinem Besichtigungsprogramm beginnen. Ich müsste mir zunächst einmal anschauen, wie der Gelbe Fluss in die Stadt eingebunden war, er war schließlich ein recht breiter Strom, auch schiffbar, da musste es so etwas wie eine Infrastruktur der Binnenschifffahrt geben. Im Bus saßen wenige Menschen in Jacken gehüllt, wortlos, mit teilweise verkrampftem Gesicht, vielleicht kamen sie von der Arbeit zurück, erschöpft. Ich war um 21.30 h am „Friendship Jiabinbou Hotel“, der Portier sah desinteressiert von seinem Rezeptionstisch auf, als ich die Halle betrat und grüßte mich, ich grüßte zurück. Ich ging auf mein Zimmer und las noch einen Augenblick in dem Prospekt, den ich bei der Touristeninformation am Bahnhof erhalten hatte und suchte Besichtigungsschwerpunkte aus.
Über meinem Bett hing ein Bild, das den Huang He an seinem Oberlauf zeigte, wie er tosend durch Gebirgsschluchten brach, über den Bergen flogen Vögel, eine etwas kitschige Darstellung, aber sehr farbenfroh. Gegen 22.30 h schlief ich ein, ich hatte auf meiner Reise nie Schlafprobleme, immer war ich so müde, dass ich schnell einschlief, sei es, weil ich viel Alkohol getrunken hatte oder sei es, weil ich viel herumgelaufen war und müde auf mein Zimmer zurückkehrte. Am nächsten Morgen war ich seit langer Zeit einmal wieder allein beim Frühstück. Ich genoss es, lange zu sitzen und in der „China Daily“ zu blättern, die ich mir am Vorabend in der Stadt besorgt hatte und Tee zu trinken. Ich hatte nicht viel gegessen, ein, zwei Hörnchen mit Marmelade. Nach dem Frühstück nahm ich wieder den Bus zum Bahnhof, von wo ich zwei Kilometer nach Westen lief, und den „Wuquanshan“-Park-auf Englisch „Five-Springs“-Park- erreichte. Der gesamte Park hatte eine Fläche von 260000 Quadratmetern und machte einen sehr gepflegten Eindruck, üppige Grünflächen und einige architektonisch bedeutsame Tempel waren im Park zu finden. Es rankte sich eine Legende um den Park, nach welcher der Kaiser den berühmten General Huo Qubing dazu bestimmt hatte, eine Strafexpedition gegen eine Minderheitengruppe im Nordwesten Chinas durchzuführen. Weil die Soldaten von Xian durchmarschiert waren, waren sie und der General erschöpft, als sie in der Gegend des heutigen Parks ankamen. Sie konnten in der Nähe kein Wasser finden, sodass der General seine Reitpeitsche