Lost in Privilege. Markus Gammersbach

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Название Lost in Privilege
Автор произведения Markus Gammersbach
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754132159



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soll es um die größten Faktoren für das Ausbrechen einer Sinnkrise gehen und um die Verhaltensmuster und Gedanken, durch die sich diese Phase bemerkbar macht.

      Definition

      Eine passende Definition für meine Generation aufzustellen, klingt zunächst einmal deutlich einfacher, als es im Endeffekt ist. Schon bei der Bezeichnung gibt es verschiedene Ansätze. Neben der Benennung als Millennials hat sich auch der Begriff der Generation Y etabliert. Die Definition meiner Generation als Millennials stellt dabei einen Bezug zur Geburt kurz vor der Jahrtausendwende her, während sich die Generation Y alphabetisch in die vorherige Generation X und die nachfolgende Generation Z einreiht. In der zweiten Definition steckt zudem bereits das erste Merkmal der Generation, da der Buchstabe Y in englischer Aussprache genauso klingt wie das Fragepronomen why und sich damit auf kritisches Hinterfragen bezieht. Inhaltlich beschreiben beide Begriffe ein und dieselbe Generation. Für dieses Buch habe ich mich für die Beschreibung als Millennials entschieden.

      In der Sozialwissenschaft gibt es keine einheitlich festgelegten Jahreszahlen, die den Bereich der Millennials abgrenzen. Generationen verändern sich in einem fließenden Übergang, sodass eine einfache Abgrenzung nicht immer leicht ist. Mehrere Marktforschungsinstitute befassen sich seit längerer Zeit mit Verhaltensmustern von Millennials und versuchen, einen klar definierten Altersrahmen abzustecken. Das amerikanische Pew Research Center kam 2018 zu dem Schluss, dass Millennials zwischen 1981 und 1996 geboren wurden, und an dieser Vorgabe möchte ich mich gerne orientieren.

      Als 2007 das erste iPhone auf den Markt kam und damit der Digitalisierung einen enormen Schub gab, waren Millennials zwischen 11 und 26 Jahren alt. Wir gelten daher als erste Generation, die bereits in jungen Jahren einem ausgeprägten digitalen Einfluss ausgesetzt war. In unserer Jugendzeit überschlugen sich teilweise die Neuheiten im Bereich der Technik und es kamen in kurzen Abständen neue Handymodelle, neue Fernseher oder Computer auf den Markt. Auch wurde unser Alltag zunehmend durch digitale Unterstützung erleichtert. Gleichzeitig haben wir aber auch im Vergleich zu anderen Generationen einen ausbalancierteren Zugang zur Technik. Während die Generation X erst im Alter zwischen 30 und 40 Jahren von der Digitalisierung beeinflusst wurde, wächst die Generation Z bereits in einer vollständig digitalisierten Welt auf. Millennials kennen zumeist beide Seiten, sodass sie sich noch an eine analoge Zeit in ihrer Kindheit erinnern können.

      Neben dem Drang, alles hinterfragen zu müssen, wird uns gerne mal eine gewisse Plan- und Ziellosigkeit vorgeworfen. Auch die Behauptung, ausschließlich vom Wohlstand der Eltern zu profitieren und keine eigenen Erfolge zu verzeichnen, hält sich hartnäckig. Verstärkt wird die kritische Bewertung dadurch, dass die nachfolgende Generation Z bereits in jungen Jahren positiv auf sich aufmerksam macht. Mit Fridays for Future steht sie für großes gesellschaftliches Engagement, während die Millennials vergleichsweise schlecht wegkommen. Ich kann die Gründe für die Kritik in Teilen nachvollziehen, finde es allerdings vermessen, eine ganze Generation einfach so als nutzlos abzustempeln. Auch wir Millennials haben mittlerweile ein größeres gesellschaftliches, politisches und soziales Interesse entwickelt und versuchen entsprechend, einen Beitrag zu leisten.

      Es folgt eine kleine Übersicht über charakteristische Merkmale der Millennials:

      MILLENNIALS SIND…

      …technikaffin

       verstehen technische Prozesse und Anwendungen

       digitalisieren viele Prozesse in ihrem Alltag

      …mit Social Media vertraut

       vernetzen sich beruflich und privat über Social Media

       sprechen dem »digitalen Ich« große Bedeutung zu

      …gebildet

       weisen innerhalb der Generationen die höchste Quote an akademischen Abschlüssen auf

      …die Generation Why

       hinterfragen alles vom Job über die Beziehung bis zum eigenen Leben

      …an einer Work-Life-Balance/Integration interessiert

       entwickeln Bewusstsein für ein erfülltes Leben

       wollen nicht mehr um jeden Preis Karriere machen

      …aufgeklärt

       besitzen ein hohes Bewusstsein für Klimawandel, gesunde Ernährung und Achtsamkeit

      …neigen zur Planlosigkeit

       haben Probleme bei der Suche nach Zielen und Aufgaben

      Die Privilegien

      Mit dem Titel des Buches wollte ich von Anfang an auf den Konflikt zwischen Wohlstand und innerer Unzufriedenheit hindeuten. Das Wort Privileg ist meiner Meinung nach nie ganz frei von einer kritischen Betrachtung. Privilegierte Menschen werden nicht nur als wohlhabend wahrgenommen, sondern auch schnell mal mit verwöhnten Menschen gleichgesetzt. Das möchte ich meiner eigenen Generation ungerne vorwerfen. Die hervorragenden Rahmenbedingungen sind allerdings nicht zu übersehen.

      Wir Millennials sind in einer Zeit aufgewachsen, in der die Sicherheit im eigenen Land mehr oder weniger durchgehend gewährleistet war. Während die Generation X durch ihre Eltern noch eine gewisse Nähe zu den grausamen Ereignissen des zweiten Weltkrieges und der damit verbundenen unsicheren Lage in Deutschland hatte, haben Millennials hierzu eine größere Distanz. Nur wenige von uns mussten erfahren, was es heißt, Existenzängste zu haben, Hunger zu leiden oder in Armut aufzuwachsen. Und es lässt sich natürlich auch nicht abstreiten, dass wir dabei in gewisser Weise von dem Wohlstand profitieren können, den sich unsere Eltern in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben.

      Millennials gelten als die Generation mit den meisten Hochschulabschlüssen. Das liegt vor allem daran, dass Deutschland über ein ausgebautes Bildungssystem verfügt, das es ermöglicht, in nahezu jedes Themengebiet eintauchen zu können. Es ist nicht zu übersehen, dass das deutsche Bildungssystem ein weitreichendes Update vertragen könnte. Jedoch stehen uns so viele Möglichkeiten offen wie in wenigen anderen Ländern. Gleiches gilt auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote von etwa 5,0 Prozent (Stand März 2020, vor Corona) bietet Millennials gute Chancen, um mit dem entsprechenden Studiengang oder einer Ausbildung geeignete Arbeit zu finden. Wie sich die Situation durch Corona mittel- bis langfristig ändern wird, bleibt zunächst einmal abzuwarten und soll in diesem Buch auch nicht weiter behandelt werden. Das gilt ebenso für die Reisefreiheit durch den deutschen Pass und die zahlreichen kulturellen, gesellschaftlichen und sportlichen Angebote, die wir normalerweise wahrnehmen können.

      Unbegrenzte Möglichkeiten

      Obwohl es sich bei all diesen Möglichkeiten um große Privilegien handelt, wird die Auswahl zunehmend zu einer Belastung. Es entwickelt sich ein überwältigendes Überangebot, aus dem die Optionen gewählt werden sollen, die das eigene Leben bestmöglich gestalten. Nicht nur die Entscheidungsfindung wird dadurch schwieriger, auch das Vertrauen in die eigene Auswahl lässt nach, wenn überall das Gefühl lauert, eine bessere Option zu verpassen. Hätte ich nicht doch BWL studieren sollen? Wäre eine Ausbildung nicht vielleicht besser gewesen? Ist Köln der richtige Wohn-ort? War das andere Date nicht vielleicht passender? All das sind Fragen, mit denen sich Millennials tagtäglich auseinandersetzen.

      Selbstverständlich besteht dieses Dilemma nicht nur bei der Wahl des Studiengangs, des Wohnortes oder des Jobs, sondern vor allem auch bei der Partnerwahl. Nicht ohne Grund wird uns Millennials nachgesagt, wir seien nicht beziehungsfähig. Diese Ansicht teile ich zwar nicht, doch glaube ich, dass sich Millennials durchaus schwerer tun als andere Generationen.

      Das liegt unter anderem an zahlreichen Dating-Apps, die die Tür zu einer nicht enden wollenden Auswahl an potenziellen Personen weit aufmachen. Noch nie war der Weg