Das Barnabas-Evangelium. Irene Dorfner

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Название Das Barnabas-Evangelium
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738053623



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Sie hat eine unverschämte Art an sich, mit anderen zu sprechen, du hättest heute bei ihren Befragungen dabei sein sollen. Diese Struck hat keine Kinderstube!“, konterte Leo, der sich sofort wieder über die Frau ärgerte. Die beiden lästerten noch lange über die Neue und ließen kein gutes Haar an ihr. Insgeheim wussten sie trotzdem, dass Tante Gerda vollkommen Recht hatte: Sie sollten der Struck beide eine faire Chance geben.

      8.

      Ausgeschlafen saßen die Beamten Punkt 8 Uhr im Besprechungszimmer der Polizeiinspektion Mühldorf und staunten nicht schlecht, als Krohmer mit einer gestylten Tatjana Struck ins Zimmer trat; lediglich die plumpen Schuhe passten nicht zu dem edlen Kostüm. Hans nickte ihr anerkennend zu.

      „Glotzen Sie nicht so,“ raunte Tatjana Struck Hans an. „Ich habe gleich anschließend einen Termin mit dem Bürgermeister. Was bleibt mir da anderes übrig? Lästige, unvermeidliche Termine, deren Gepflogenheiten ich mich unterwerfen muss. Sobald das Blabla vorbei ist, werfe ich mich in etwas Bequemeres.“

      „Sie gehen mit den Schuhen?“

      „Die unbequemen Damenschuhe sind im Auto.“ Sie verdrehte die Augen und setzte sich. Das, was sie von sich gab, war nicht überheblich und arrogant, sondern absolut ehrlich gemeint. Hans war beeindruckt. Leo hingegen empfand diesen Spruch von ihr als unangebracht.

      Sie gingen nochmals die gestrigen Aussagen durch, die keine neuen Erkenntnisse brachten. Krohmer war nicht enttäuscht, er hatte damit gerechnet.

      „Der Mühldorfer Bürgermeister hat die Geschichte um die Bombenattrappe öffentlich gemacht. Der Artikel steht heute fast überall auf der ersten Seite. Außerdem erscheint heute Abend ein Bericht darüber im Bayrischen Fernsehen. Ich habe es vorgezogen, mich nicht daran zu beteiligen und hoffe, dass der Bürgermeister die Bevölkerung nicht aufwiegelt und Panik aufkommt. Ich schätze, dass mit dieser Öffentlichkeitsarbeit nur erreicht wird, dass nur noch wenige die Weihnachtsmärkte besuchen werden. Das ist schade für die Budenbetreiber, die dieses Jahr ganz sicher kein gutes Geschäft machen. Hoffentlich sind diese Weihnachtsmärkte bald vorbei. Wir stoßen mit dem Polizeipersonal an unsere Grenzen. Welche Märkte laufen noch?“

      Werner zählte einige Weihnachtsmärkte auf, die zum Glück nur maximal zwei Tage liefen.

      „Und natürlich Tüßling und Altötting. Tüßling noch bis 13. Dezember und Altötting bis zum 20. Dezember.“

      „Großer Gott! Heute ist erst der 10. Dezember. Der ganze Spuk geht also noch 10 Tage weiter?“

      „Altötting ist sicher. Allerdings bekommen wir in Tüßling ein riesiges Problem: Am 12. Dezember findet im Schlosshof als besondere Attraktion zum Weihnachtsmarkt ein Open-Air-Konzert statt. Höhepunkt der Veranstaltung ist der Gastauftritt des berühmten Alexander Klein, der sich spontan für das Konzert zur Verfügung gestellt hat. Ursprünglich war ein Opernsänger eingeplant gewesen, der aber aufgrund einer Erkrankung absagen musste.“ Leo hatte schon vor einigen Tagen die Werbeplakate gesehen und kannte den Sänger bis dato nicht. Tante Gerda hatte ihn aufgeklärt. Jetzt wusste er, dass es sich bei diesem Klein um einen angesagten Schlagersänger handelte, der momentan mit einem Hit in den Charts war, dessen Titel er längst wieder vergessen hatte. Er musste sich den schnulzigen Song anhören, den Tante Gerda nur zu gerne hörte. Das war definitiv nicht Leos Musikgeschmack, der noch auf richtige Rockmusik der 70er-Jahre stand. Aber jeder nach seinem Geschmack!

      „Der springt für einen Opernsänger ein? Mich wundert, dass Alexander Klein überhaupt Zeit hat, kurz vor Weihnachten aufzutreten.“ Tatjana hatte den Mann im Fernsehen singen hören. Es ging ihr in dem Moment nicht gut und der schnulzige Sänger sprach ihr aus der Seele. Sofort fühlte sie sich mit ihm verbunden und hatte sogar CDs von ihm gekauft.

      „Alexander Klein?“, rief Krohmer aus. „Meine Frau hört diesen Typ beinahe täglich. Und der kommt nach Tüßling? Ich hoffe nicht, dass meine Frau Karten für das Konzert hat und mich nötigt, sie zu begleiten.“

      „Wenn Sie nicht mit wollen, springe ich gerne für Sie ein,“ sagte Tatjana, die sehr gerne die warme, warmherzige Stimme des Sängers live hören wollte. Hans und Leo waren überrascht, das passte eigentlich nicht zu der Neuen. Welche Überraschungen hatte sie noch auf Lager?

      „Ich komme gegebenenfalls gerne auf Ihr Angebot zurück,“ sagte Krohmer. Er kannte seine Frau. Sie hatte ganz bestimmt schon kurz nach Bekanntgabe des Konzerts Karten besorgt und würde ihn erst in letzter Sekunde darüber informieren, damit er nicht abspringen konnte. Nur noch zwei Tage bis zu dem Konzert, aus der Nummer kam er jetzt nicht mehr heraus. „Wie sollen wir die Sicherheit des Konzerts gewährleisten? Schaffen wir das personell?“

      Werner hatte bereits einen Plan gemacht und legte ihn auf den Tisch.

      „Es gibt am 12. Dezember noch fünf weitere Weihnachtsmärkte und die Personaldecke ist recht dünn. Wenn wir an den rot markierten Stellen mindestens zwei Polizisten postieren, können wir die Veranstaltung absichern,“ sagte Werner stolz, der lange über dem Plan gesessen hatte.

      „Sind Sie verrückt geworden Grössert? Nach Ihrer Vorstellung bräuchten wir dafür 34 Polizisten. Woher sollen wir die nehmen? Durch den Bombenanschlag haben andere Städte und Gemeinden die Polizeipräsenz bei den eigenen Veranstaltungen verstärkt. Ich werde zusätzliches Personal anfordern, werde aber keine Leute genehmigt bekommen. Wir sind auf uns allein gestellt.“ Krohmer war erschrocken, musste aber eingestehen, dass eine reibungslose Überwachung ohne diesen Aufwand nicht möglich war.

      „Wir müssen von den zwölf Kollegen auf dem Christkindlmarkt Altötting zehn abziehen. Ja, ich weiß auch, dass dann dort nur noch zwei Polizisten vor Ort wären, aber es geht nicht anders. Ein Anschlag während des Konzertes wäre eine Katastrophe. Außerdem geht es nur um ein paar Stunden und am nächsten Tag wäre alles wieder so wie vorher.“

      „Irgendwelche Gegenvorschläge?“

      „Hoffen Sie auf ein Wunder? Denken Sie, wir können zusätzliches Personal herbeizaubern?“ Tatjana war wieder sehr direkt. „Wir wissen alle, dass der Plan genial ist. Nur so kann die Veranstaltung abgesichert werden. Ich schlage vor, dass unsere Abteilung in Altötting derweil einspringt. Wir sind zwar auch nur vier Personen, aber somit wären zumindest sechs Polizisten vor Ort.“

      Die anderen stimmten sofort zu. Klar halfen sie alle gerne aus, wenn Not am Mann war. Krohmer und Tatjana zogen davon, der Termin im Rathaus drängte. Der Bürgermeister und die Honoratioren der Stadt, die sich gerne von der Neuen ein persönliches Bild machen wollten, warteten nicht gerne. Krohmer betrat zusammen mit Tatjana Struck das Büro des Bürgermeisters und hoffte inständig, dass die Neue sich zusammenreißen und ihn und seine Polizei nicht blamieren würde.

      Leo, Hans und Werner besahen sich wieder und wieder den Plan.

      „Vielleicht ist ein Anschlag während des Konzerts der wahre Grund für den Bombenleger? Vielleicht hegt er einen persönlichen Groll gegen den Sänger, große Veranstaltungen oder Weihnachtsmärkte an sich?“

      „Spekulationen bringen uns nicht weiter,“ unterbrach Werner. „Es gibt noch viel vorzubereiten. Der Tüßlinger Plan muss exakt ausgeführt werden, wir dürfen uns keinen Fehler erlauben.“

      Krohmer kam überglücklich aus dem Rathaus zurück. Tatjana Struck hatte sich von ihrer besten Seite gezeigt und hatte ihren Charme versprüht. Alle waren begeistert von ihr und gratulierten Krohmer zu seinem Neuzugang. Anfangs war er erstaunt über ihr Auftreten, durchschaute sie aber. Sie konnte sich problemlos anpassen und sich Mühe geben – wenn sie nur wollte. Noch war die Frau ihm ein Rätsel, das er aber vorhatte, so bald wie möglich zu lüften.

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