Название | Wunderwelten |
---|---|
Автор произведения | Ernst Friedrich Wilhelm Mader |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753196442 |
„Doch hat man nie mit Sicherheit Dämmerungserscheinungen auf ihm beobachten können“, warf der Professor ein.
„Das beweist gar nichts“, widersprach Flitmore hartnäckig: „Erstens wollen mehrere Astronomen Dämmerungserscheinungen auf dem Mond erkannt haben; zweitens gibt es in reiner Luft, wie Tyndall nachwies, überhaupt keine Dämmerungserscheinungen, diese rühren vielmehr von kleinen Partikelchen in der Atmosphäre her; so kennen zum Beispiel auch tropische Länder auf der Erde keine Dämmerung, und die Luft wollen Sie ihnen doch nicht absprechen? Dass der Mond keine Wolkenbildungen zeigt, beweist bloß den Wassermangel auf seiner Oberfläche. Andrerseits erscheint oft ein Stern vor der Mondscheibe, ehe er hinter derselben verschwindet, was sich am leichtesten durch die atmosphärische Lichtbrechung erklären lässt.“
Einladend sah allerdings die Mondlandschaft nicht gerade aus, wie der Kapitän sehr richtig bemerkt hatte: alles erschien starr, öde und tot, ohne eine Spur von Pflanzenwuchs und Wasserläufen. Aber hochinteressant erschien der Anblick und fesselte denn auch die Augen der Beobachter.
Die Gebirge erhoben sich zu ungeheurer Höhe über ihre Umgebung und überall zeigten sich die dem Monde eigentümlichen Ringkrater mit ihren himmelhohen steilen Rändern. Einzelne Erhebungen mochten eine absolute Höhe von 10000 Metern erreichen.
Besondere Aufmerksamkeit wandten der Professor und der Lord dem Krater Linné zu, der von Lohrmann als ein Schacht von zehn Kilometer Durchmesser beschrieben und von Beer und Mädler als solcher mit besonderer Deutlichkeit beobachtet wurde, 1866 aber plötzlich verschwand. An seiner Stelle erschien später ein kleines Kraterchen, das auch die beiden Beobachter der Sannah erblickten.
Gerne hätten sie auch den Doppelkrater Messier betrachtet, der sich ebenfalls in merkwürdiger Weise verändert haben soll: Bei nicht weniger als 300 Beobachtungen von 1829 bis 1837 waren beide Krater rund und einander gleich; heutzutage zeigt der eine Krater eine elliptische Form und die Zwischenwand der beiden Schlünde ist durchbrochen.
Man glaubt auch hie und da ein wogendes Nebelmeer in diesem Krater gesehen zu haben, vielleicht Rauchwolken. Für unsere Freunde war der Messier unsichtbar, weil das Mare foecunditatis, wo er sich befindet, in dunkle Nacht gehüllt war.
Von mehreren Kratern sah man helle Strahlen ausgehen. Namentlich zeigte sich diese merkwürdige Erscheinung an dem großartigsten Ringgebirge des Mondes, dem Tycho, von welchem mehrere hundert getrennte Streifen bis zu 1200 Kilometer Länge ausstrahlten.
Schultze glaubte in diesen rätselhaften Gebilden erstarrte Lavaströme zu erkennen mit glatter glänzender Oberfläche. Dafür spricht der Umstand, dass sie nur bei voller Beleuchtung durch die Sonne sichtbar sind.
Flitmore dagegen wies darauf hin, dass die Strahlen meist erst in einiger Entfernung von den Kraterwällen begannen und dann über Ebenen, Krater, Berge und Täler ununterbrochen hinwegliefen, um dann plötzlich am Fuße irgendeiner Erhebung zu enden oder sich allmählich in einer Ebene zu verlieren. Das stimmte doch nicht recht zu der Theorie der Lavaströme.
Dagegen erkannten beide Forscher deutlich das Wesen der rätselhaften Rillen, die teils gerade, teils gekrümmt, bald vereinzelt, bald sich verzweigend oder einander schneidend, sich in den Ebenen und um die Berge herum zeigten, manchmal auch einen Berg durchbrechend. Sie erwiesen sich als mehr oder weniger breite klaffende Sprünge in der Mondoberfläche.
Mehr als einmal wurden auch Neubildungen auf dem Monde beobachtet, und unsere Freunde hatten das Glück, eine solche unter ihren Augen entstehen zu sehen: in der großen Ebene des Mare imbrium tat sich auf einmal der Boden auf, Rauch und Glut brach hervor und es bildete sich binnen weniger Minuten ein Krater, von dem aus ein Schlamm- oder Lavastrom sich in die Umgebung ergoss.
„Schade, dass die Astronomen auf der Erde den neuen Vulkan nicht sehen können“, meinte Flitmore bedauernd: „Er ist zu klein für ihre Instrumente.“
„Wir haben den Vorgang beobachtet, das genügt!“, triumphierte Schultze.
„Ja“, mischte sich Heinz darein; „Falls wir je wieder die Erde erreichen und Kunde von diesem Vorgang dorthin bringen können.“
„Damit wäre ein alter Streit entschieden“, sagte der Professor, „wenn man uns nämlich Glauben schenkt, was immerhin sehr zweifelhaft bleibt.“
„Was für merkwürdige Farben!“, bemerkte nun Lady Flitmore und wies auf die Gegend des Oceanus procellarum hin.
In der Tat zeigten sich dort ausgedehnte Flecken von hellgrüner und gelblicher Färbung.
„Sollte da am Ende dennoch Pflanzenwuchs vorhanden sein?“, wagte Heinz zu vermuten.
„Achtung, meine Herren!“, rief jetzt der Lord: „Wir werden nun einen Anblick bekommen, den kein irdisches Auge noch genossen hat. Bekanntlich kehrt der Mond der Erde stets nur ein und dieselbe Seite zu, weil er sich genau in der gleichen Zeit um seine Achse wie um die Erde dreht. Nur infolge seiner Libration, das heißt seiner geringen Achsenschwankung, sehen wir bald auf der einen, bald auf der andern Seite einen kleinen Teil der von uns abgekehrten Hälfte.
Nun ist der Moment gekommen, wo wir am Erdtrabanten vorbeifliegen und seine rätselhafte Rückseite zu Gesicht bekommen werden, und zwar aus verhältnismäßiger Nähe; denn wir sind ihm bis auf 10000 Kilometer nahegekommen, während er 400000 Kilometer von der Erde entfernt ist.“
Alle waren aufs höchste gespannt auf den Anblick, den die geheimnisvolle Rückseite des Mondes ihnen gewähren würde, obgleich Schultze meinte, sie werde nicht viel verschieden sein von dem, was man bisher geschaut.
Zur Beobachtung musste ein andres Zimmer aufgesucht werden, da infolge der Umdrehung der Sannah der Mond für das Zimmer, in welchem sich die Gesellschaft befand, gerade unterging.
Der Lord beschloss, sich dem Monde noch weiter zu nähern, damit alle Einzelheiten der zu erwartenden Erscheinungen mit voller Deutlichkeit beobachtet werden könnten. Er stellte daher den Zentrifugalstrom ab und mit rasender Geschwindigkeit stürzte die Sannah dem Monde zu.
Das Nächste, was entdeckt wurde, war die Fortsetzung der farbigen Flecke, die sich durch das Teleskop nun deutlich als grüne Matten und dürre Grassteppen erkennen ließen.
„Was ist das?“, rief Lady Flitmore auf einmal erschreckt aus.
Durch das Fenster fiel ein leuchtender Schein.
Der Lord sah auf und eilte dann mit einem Satz an die Stromschaltung, um die Fliehkraft wieder in Tätigkeit zu setzen.
„Was war’s?“, fragte Heinz.
„Wir sind in die Mondatmosphäre eingedrungen“, erklärte der Engländer, „und bei der Geschwindigkeit unsres Sturzes begannen die Metallränder der Fenstereinfassung trotz des Flintglasschutzes zu glühen; doch die Gefahr ist beseitigt; wir erheben uns bereits wieder über die Atmosphäre.“
„Sie ist also vorhanden, diese vielbezweifelte Mondluft“, sagte Schultze.
„Daran ist nicht mehr zu zweifeln; aber sehen Sie!“ erwiderte Flitmore.
Die Mondoberfläche war kaum noch hundert Kilometer entfernt; so hoch erhob sich der dichtere Teil ihrer atmosphärischen Hülle. Und nun zeigten sich Landschaftsbilder von entzückender Pracht.
Auch hier herrschten die sonderbaren Ringgebirge vor; aber sie waren bewaldet.
Die Entfernung gestattete nicht, mit bloßem Auge die Natur dieser Wälder zu erkennen, das Fernrohr jedoch offenbarte ganz eigentümliche Baumformen, wie sie auf der Erde kaum zu finden sind. Die meisten dieser Gewächse glichen ungeheuren Grasbüscheln auf hohen Stämmen, so dass sie palmenartig aussahen; doch hatten die Bäume nur selten eine eigentliche Krone; meist waren es wagrechte Äste, die ihr buschiges Ende nach allen Seiten hin ausstreckten.
Riesenfarnen und Nadelbäume von demselben eigentümlichen Bau waren an andern Stellen zu sehen; die Wedel standen wagrecht von den Stämmen ab und neigten sich zum Teil nach