Geliebter Unhold. Billy Remie

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Название Geliebter Unhold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 4
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189772



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Fleisch, womit er sich auf das Bett zurückzog und genüsslich kaute.

      Riath blickte über die Schulter zu Wexmell, der sich gewissenhaft die Hände abklopfte und dabei auf sie starrte. »Ich hätte dich aufhalten sollen.«

      »Das konntest du nicht«, flüsterte Riath rau.

      »Du hättest nicht nach Carapuhr reisen dürfen, Riath.« Wexmells Tonfall veränderte sich, wurde schärfer. Er blicke mit gerunzelter Stirn auf. »Melecay schickte mir einen Brief, er traf kurz nach deinem ein. Carapuhr und Elkanasai brechen das Bündnis mit Nohva. Aber ich bin sicher, das wusstest du. Du hast es genau darauf angelegt. Andere sollen mich schwächen, weil du es nicht über dich bringst.«

      Er kam nicht einmal in Versuchung, sich zu schämen oder so zu tun, als wäre er ertappt worden. Es würde Wexmells Intelligenz beleidigen.

      Riath goss sich erneut Wein ein, er lachte zynisch und schüttelte über seinen König und Ziehvater den Kopf. »Sie waren schon vor Jahren keine Verbündeten mehr, das hast du selbst gesagt!« Er stellte den Krug lautstark ab, griff den vollgefüllten Kelch und ging hinüber zu einer anderen Ecke, sodass der Tisch zwischen ihnen stand. Er brauchte diese Barriere, brauchte Abstand zu dem Blick seines Vaters. »Irgendwann musst auch du die Augen öffnen, und wenn es bedeutet, dass ich die ganze Welt auf dich hetzen muss, damit du endlich siehst, wer unsere Feinde sind, dann ja, dann tue ich das, auch zu deinem Wohl. Vater, sie haben nicht gezögert, das Bündnis zu brechen!«

      »Du hast es vor allem getan, um deinen Willen durchzusetzen«, wusste Wexmell. Er klang nicht schockiert, allerhöchstens ein wenig ermüdet.

      »Du solltest mir danken.« Riath überspielte seine Unsicherheit mit einem wölfischen Grinsen, prostete Wexmell kurz zu und nippte dann an seinem Wein.

      Doch der König sah ihn lediglich unbeeindruckt an, ließ sich nicht von ihm täuschen oder auch nur um einen Hauch ärgern. »Du hättest Melecay mir überlassen sollen, du hast ja keine Ahnung, welchen Feind du dir mit ihm gemacht hast. Und somit auch Nohva.«

      »Er ist solange eine Gefahr für Nohva, solange das Herz in seiner Brust schlägt. Genau genommen ist er eine Gefahr für jedes lebende Wesen, du hättest ihn mit netten Schmeicheleien und politischen Geschick vielleicht für die Dauer deiner eigenen Herrschaft zähmen können, doch was käme danach? Früher oder später hätte er den offenen Konflikt auf dem Schlachtfeld gesucht, das liegt ihm im Blut, er hasst uns alle, vor allem mich, weil ich ihm nicht den Schwanz lutsche oder furchtsam vor ihm erzittere! Alle, die ihn nicht fürchten, wird er versuchen, das Früchten zu lehren. So und nicht anders hat er sich in Nohva gezeigt, kaum dass Vaters Asche kalt war!«

      Wexmell schloss gequält die Augen. »Melecay ist ein Mensch, er hätte mich nie überlebt. Geduld und Voraussicht führt uns zum Ziel, Riath, wie oft haben wir dir das gepredigt?«

      Riath winkte genervt ab, schnaubte herablassend. »Glaubst du, er würde einen schwachen Nachfolger wählen? Einen mitfühlenden? Er hat bewiesen, dass er das nicht vorhatte, kaum dass sein Erbe Vynsu Menschlichkeit zeigte, hatte er ihn verstoßen. Wen auch immer er wählt, er wird genauso ein Tyrann und Kriegstreiber wie er selbst. Carapuhr muss mit einem Hammerschlag zerschlagen werden, früher oder später, oder wir werden Nohva an den Norden verlieren, so lange Carapuhr und Elkanasai verbrüdert sind!«

      Ruhig sah Wexmell ihn an. »Es hätte keinen Konflikt gegeben, hättest du nicht zurückschlagen müssen, nachdem er dich persönlich angriff, Riath. Und du unterschätzt ihn, wenn du denkst, er wäre ein einfacher Tyrann.«

      »Er ist ein Mann der groben Gewalt«, entgegnete Riath herablassend und schwenkte seinen Kelch in Wexmells Richtung, wobei der Wein beinahe eine feuchte, rote Spur durch das Zelt gezogen hätte. »Das hat er mehrfach gezeigt. Er kennt nur die direkte Konfrontation, von Intrigen hat er keine Ahnung. In Carapuhr habe ich ihn überrascht. Und jetzt ist er geschwächt.«

      »Oh nein, Riath, das ist er nicht!« Wexmell trat auf ihn zu, bis er gegen den Tisch stieß und sich mit den Händen draufstützte, er lehnte sich ihm entgegen. »Mach niemals den Fehler, ihn zu unterschätzen. Du denkst, du kennst ihn? Er wird dir das Gegenteil beweisen, und er wird dir alles nehmen, was du liebst, wenn du nicht aufpasst. Ich habe dich gewarnt, Riath!« Er schloss kurz die Augen, wirkte wie so oft enttäuscht und müde. »Du hättest ihn mir überlassen sollen, wie besprochen, ich hätte ihn bezähmen können, mit Worten. Du hättest mir einfach vertrauen sollen, jetzt steht uns Krieg bevor! Krieg, den unsere Völker ausbaden müssen. Wir sind geschwächt durch die Aufstände, durch die Spaltung unserer Häuser, wir sind keine Einheit, wir haben ihm nichts entgegenzustellen! Warum hast du mir nicht einfach vertraut?«

      Riath sah ihn kühl an. »Wir müssen nicht gespalten sein, wenn du und ich uns einigen. Und dem steht nichts im Wege, bis auf deine Unfähigkeit, unser Reich mit Strenge zu führen.«

      Wexmells Lippen wurden dünner, als er sie aufeinanderpresste. »Wir können uns einigen, wenn du anfängst, mir zu vertrauen.«

      »Dir vertrauen?« Riath spürte, wie sein Arm zu zittern begann, sein Blick glühte. »Oh ich hab dir vertraut, Vater. Ich habe dir viel zu lange vertraut. Was hat es mir gebracht? Es sind so viele deinetwegen gestorben, weil du nichts unternommen hast!« Er zischte die letzten Worte und spürte sein Herz wild schlagen, als ob es eigenständig aus seiner Brust brechen und Wexmell an die Gurgel wollte.

      Wexmell sah ihn wieder mit verschlossener, königlich ernster Miene an. Er straffte sich, denn obwohl eine große Last auf seinen Schultern lag, hatte Riath ihn seit dem Tod seines Vaters nicht ein einziges Mal einknicken gesehen. »Es sind noch mehr gestorben, als du zu den Schwertern gerufen hast. Nohva ist geteilt, das Volk schlägt sich in den Tavernen die Köpfe ein, weil es darüber streitet, wem von uns sie Treue schulden! Wir hätten eine Einheit sein sollen!«

      »Soldaten sterben, Kinder sollten das nicht.« Damit traf Riath einen wunden Punkt, er sah es in Wexmells Gesicht, als in dessen blaue Augen ein schwarzer, tiefer Schmerz trat. »Dafür bilden wir Armeen aus, Vater, sie sollen kämpfen und für uns sterben, damit unsere Kinder es nicht müssen. Sie erfüllen damit einen Eid, dazu wurden sie ausgebildet! Niemand zwang sie, in unsere Armee einzutreten, sie tun es freiwillig. Sie wollen für uns kämpfen und sterben, Vater. Dazu sind sie da, sie sind die Waffen und die Barrieren, die die Unschuldigen schützen.«

      »Ich habe nicht Nichts getan, Riath! Wir haben versucht, das Bild der Magier zu verbessern, wir haben Hexen zum Heilen durch das Land geschickt, wir haben auf friedliche Weise gegen den Aufstand gekämpft, mit friedlichen Mitteln!«

      Sie starrten sich an, beide den eigenen Überzeugungen treu.

      Langsam glitten Wexmells Fingerspitzen von der Tischkante. Riath lehnte sich gegen die Kommode hinter ihm, auf der eine einzelne Kerze stand und flackerte.

      »Ohne Krieg kein Frieden, Vater.« Er suchte Wexmells Blick, versuchte ihn zu erreichen. »Ich konnte nicht länger dasitzen und zusehen, wie du darauf hoffst, dass die Diplomatie siegt, während Volksverhetzer nicht nur unsere Heimat in Brand setzten, sondern auch meinesgleichen jagten und abschlachteten wie Tiere.« Er zeigte anklagend auf Wexmell. »Während deine angeblichen Verbündeten uns angriffen.«

      Wexmell sah ihn noch einen Moment länger an, dann wandte er sich ab. »Es erfreut dich sicher zu hören, dass bisher keine weiteren Vorfälle gemeldet wurden.« Er ging um den Tisch herum und strich dabei mit den Fingern über das Holz, als überprüfte er seine Beschaffenheit. »Ich weiß, dass du kämpfen musstest, glaub mir, ich weiß das. Aber ich allein muss mit meinen Entscheidungen leben, Riath, also wirf mir nicht vor, ich würde nichts tun. Ich habe etwas getan, die Angelegenheit erforderte Fingerspitzengefühl, keine Schwerthiebe! Je mehr ich den Magiern geholfen hätte, je mehr Feinde hätten sie dadurch erhalten. Euer größter Feind ist der Neid, Riath, und hätte die Krone sich schützend vor die Zauberkundigen gestellt, hätten die Hexenjäger es so ausgelegt, als ob wir sie bevorzugen. Mehr Hass, mehr Neid, mehr Gewalt wurden daraus geboren!«

      »Du kannst die Verlorenen nicht retten, jeder wählt sein Schicksal selbst, und wer sich gegen die eigene Krone stellt, ist und bleibt ein Verräter, Vater hätte das genauso gesehen.«

      Wexmells