Geliebter Unhold. Billy Remie

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Название Geliebter Unhold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 4
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189772



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Schnauben antwortete ihm.

      Na ja, niemand, der sprechen konnte, korrigierte er sich.

      Lord stand mit einigen Schritten Entfernung neben dem schmalen Trampelpfad, der am Seeufer vorbeiführte, im Urwald und suchte am Boden nach Gras, das ihm mundete. Er war ein bildschöner Hengst mit cremefarbenem, beinahe goldenem Fell, das schimmerte wie purer, kostbarer Samt. Er war einheitlich gefärbt, wie aus einem Guss, nur um die Nüstern und um seine hellblauen, klugen Augen schimmerte es leicht rosafarben.

      Er war Riaths ganzer Stolz, obwohl er ihn sich nicht ausgesucht hätte, sondern Lord sich Riath ausgesucht hatte. Im Gegensatz zu ihm, war Lord ein sehr gelassenes, ruhiges Pferd, doch eines hatten sie gewiss gemeinsam. Sie waren blaublütig und so gaben sie sich auch. Riath sah sein Reittier selten mit gesenktem Kopf, es sei denn er fraß. Lord stolzierte gern, vor allem wenn Zuschauer in der Nähe waren, andere Pferde giftete er gerne mal mit zurückgelegten Ohren an, wenn sie es wagten, neben ihn zu treten. Er war der König in jedem Stall, ihm gehörte die Welt, aller Augen sollten auf ihm liegen.

      Er war perfekt.

      Aber auch eitel, wie Riath zugestehen musste, denn obwohl er diesen Prachtburschen nur zu gerne weiterzüchten wollte, zeigte Lord keinerlei Interesse, die ausgewählten Stuten zu besteigen.

      Riath konnte es ihm nicht einmal übelnehmen, wer wurde schon gern wie ein Zuchthengst behandelt, selbst wenn man einer war.

      Lord stammte von Wanderer ab – König Desiderius` unsterblicher Hengst – womit Lord einer unheimlich klugen, langlebigen Rassen angehörte. Sein Farbschlag machte ihn in so gut wie jedem Stall einzigartig. Er war geboren worden, um an Riaths Seite zu weilen.

      Nachdem er Atem geschöpft hatte, kümmerte sich der Prinz von Nohva um seine Wunden, aus denen dunkelrote Flüsse in Schlangenlinien über seine Haut flossen.

      Das grüne Wasser würde eine widerliche Infektion nach sich ziehen, zum Glück war er recht robust dank des Gemischs des Luzianer- und Hexenblut, das durch seine Adern strömte.

      Er ging zu seinen Kleidern und Waffen, die im Gras neben dem Ufer lagen, löste den Wasserschlauch und spülte seine Wunden aus. Danach zerriss er seine Unterhose mit den Zähnen in Streifen und band die tiefsten Wunden ab. Etwas Blut würde das heilen.

      Als er sich anzog, glitt die Lederhose nur widerwillig über seine nassen Beine nach oben, denn obwohl er sich gerade erst abgekühlt hatte, floss der Schweiß erneut in Strömen, die schwüle Hitze Elkanasais war unerbittlich. Es schien nach dem Bad und dem Kampf sogar noch schlimmer als zuvor. Das Wollhemd klebte an seiner muskulösen Brust, er ließ es locker hängen, mit offenen Schnüren und hochgekrempelten Ärmeln.

      Schließlich zog er sich auf Lords Rücken, der weder Sattel noch Trense trug, sondern nur ein Halfter und Zügel aus groben Seil. Riath hatte sich auf einen gemütlichen Ritt eingestellt.

      Der Weg zurück war genauso tückisch wie hin, überwucherte Felsen und Wurzeln im dichten Wald, knurrende Raubtiere hinter jedem Busch. Lord blähte die Nüstern, er war nervös, ob der vielen gierigen Augen, die aus den Baumkronen heraus auf ihn herabblickten, doch Riath würde ihn beschützen. Das tat er immer.

      Die Flanken des Hengstes zitterten, sein Schritt war dennoch trittsicher. Langsam staksten sie durchs Unterholz, Äste knackten unter den gewaltigen Hufen.

      Als das Lager in Sicht kam, die hellen und dunklen Lederplanen der Zelte durch das dichte Grün schimmerten, eilte ihnen bereits mit ernster Miene Marks entgegen. Riaths Linker Hand tropfte der Schweiß vom kantigen Gesicht, doch er würde sich lieber lebendig verbrennen lassen, als die schwarze Kluft und das violette Band an seinem Oberarm abzulegen.

      »Du hast Besuch«, sagte er knapp, als Riath das Bein über Lords Hals schwang und von seinem Rücken glitt.

      Besuch war höchst ungewöhnlich. Einen Moment dachte er an Kacey und konnte ein triumphierendes Schmunzeln nicht verbergen. Er dachte an sein seidiges Haar, die seidige Haut, die zierliche Gestalt, die warmen, samtenen Lippen. Riath spürte ein Prickeln in Brust und auch in den Lenden. Herz und Gehänge waren bei ihm stark miteinander verknüpft, das spürte er bei keinem so stark wie bei Kacey, denn er sehnte sich sowohl danach, sich in ihm zu versenken, als auch schlicht nach seinem ungeheuerlich verführerischen Anblick und nach seiner Gesellschaft, obwohl letzteres auf beiden Seiten noch eher zu Kopfschmerzen als zu Liebe führte.

      Marks griff nach den improvisierten Zügeln des Hengstes und nickte zu Riaths Zelt. Der Eingang war zugeklappt, zwei Wachen standen in strammer Haltung davor.

      Nicht seine Wachen, nicht seine Getreuen.

      Ein Blick zu den eingepferchten Pferden bestätigte seine Vermutung, gesattelte Rösser, verschwitzt von einem langen Ritt, standen unter ihren Pferden. Das Lächeln wich aus seinem Gesicht, sein Herz wandelte sich in harten und kalten Stein.

      Das hatte ihm gerade noch gefehlt.

      Riath überließ Lord in Marks‘ Obhut und ging mit großen, zielstrebigen Schritten auf sein Zelt zu, obwohl sich in seinem Magen ein fester Kloß bildete.

      Die Wachen nahmen mit klimpernden, schwarz gefärbten Rüstungen Haltung an, salutierten ihm, doch ihre Mienen waren grimmig und voreingenommen. Sie mochten ihn nicht, ihre Loyalität gehörte einem anderen Herrscher, aber sie wurden zur Höflichkeit erzogen.

      Riath beachtete sie nicht, schlug die Plane zurück und trat ins Zelt. Warmer Kerzenschein empfing ihn, ebenso schwüle Hitze, die sich im Inneren gesammelt hatte.

      Sein Besucher saß auf der Bettstatt und verströmte den Geruch von Leder und Pferd. Der Mann trug schwarze Reisekleidung, denn die Zeiten, als er feine Seide in hellen und freundlichen Tönen und mit königlichen Stickereien getragen hatte, waren lange vorbei. Über seinen Schultern lag König Desiderius` schwarzer Wollumhang. Trotz schlankerer, kleinerer Gestalt als Riaths Vater sie besessen hatte, wirkte das Kleidungsstück keineswegs übergroß, es wurde von strammen, stolzen Schultern getragen, die seiner würdig waren. Golden schimmernde Locken, aus denen kaum die goldene Flammenkrone herausstach, Haut wie Elfenbein, eisblaue Augen – und Sari, der Schakal, der über überkreuzten Schenkel lag und sich genüsslich den Rücken streicheln ließ.

      »Ich erwartete einen Brief, keinen persönlichen Besuch«, sagte Riath ohne Begrüßung und trat einen Schritt ein. Das Zeltinnere kam ihm nicht mehr wie sein eigenes vor, als ob alles, was ihm gehörte, nichtig wurde, wenn der wahre König in Erscheinung trat.

      Noch einmal fuhr die zärtliche Hand über Saris struppigen Rücken, der Schakal gähnte genüsslich, schmatzte und schloss dann wieder die Augen.

      »Ich wollte mich aber gerne persönlich mit dir unterhalten.« Wexmell hob endlich den Blick, schielte zu Riath auf. »Mein Sohn.«

      Diese eindringlichen Augen, die alles sahen. Riath wandte sich unter dem Vorwand ab, an seinem Kartentisch Wein einzugießen. »Du musst durstig sein.«

      »Ich hatte Wasser, danke.«

      Riath stellte den einen Kelch wieder auf das Tablett, seine Schultern fielen herab. »Wie hast du mich gefunden?«

      »Du bist nicht der Einzige, der gute Spione unterhält, und es war nicht so schwer zu erraten, wohin dein Weg – oder sollte ich besser sagen, dein Herz dich als nächstes führt.«

      Riath mahlte mit den Kiefern.

      »Ich kenne dich eben.«

      Ja, vielleicht tat er das ein wenig zu gut. Das war das Problem mit Vätern – oder Eltern allgemein – sie kannten die Herzen ihrer Söhne, sie kannten … ihr Schwächen.

      Riath schluckte die Bemerkung ohne Kommentar, stattdessen stürzte er den Inhalt seines Kelches in den Rachen.

      »Ich muss mich wohl bedanken.« Wexmell hob Sari sanft auf den Boden. »Immerhin hattest du den Anstand, es mir selbst mitzuteilen.«

      »Ich bin davon überzeugt, dass die Gerüchte, oder sollte ich sie deine Spione nennen? Nun ja, sie kamen gewiss früher als mein Brief.«

      »Aber zu spät,