Geliebter Unhold. Billy Remie

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Название Geliebter Unhold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 4
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189772



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Und jetzt denke ich … Nun, er ist ein gefährlicher Feind, aber …« Er unterbrach sich, weil er leise lachen musste. »Melecay wird ihn und seine Wut auf mich ausnutzen, um ihn und die Hälfte seiner Männer nach Nohva zu schicken. Was wiederrum für mich bedeutet, er selbst lässt ein geschwächtes Land zurück. So brachte Desith mir am Ende doch noch Erfolg, sie wissen es nur noch nicht.«

      Kacey wandte den Blick zur Seite, versuchte die Ereignisse in seinem Kopf zusammenzufügen, bis ihm bewusstwurde, worum es Riath wirklich ging.

      Er sah wieder zu ihm auf, ernst und unbeugsam. »Du willst Carapuhr.«

      »Ich werde es brennen lassen.« Riaths Gesicht verhärtete sich, seine Augen verschlossen sich, als ob ein Vorhang gefallen wäre, und er drehte Kacey die Schulter zu. »Das zwischen mir und Melecay ist etwas … sehr Persönliches, Kacey, das verstehst du jetzt noch nicht.«

      »Und die Magier?« Kacey konnte nicht aus seiner Stimme verbannen, wie enttäuscht er war. »Ich dachte, es ginge dir um uns und unseresgleichen. Aber jetzt geht es nur noch um Riath und Melecay? Wieso?«

      Riath schloss kurz die Augen. »Das eine ist das andere«, flüsterte er, als wollte er nicht, das Kacey es hörte. Er hob eine Hand, schien es aber nicht zu bemerken, und strich über die leichte Narbe, die sich über seine Kehle zog.

      Mit gerunzelter Stirn beobachtete Kacey die Geste. »Was soll das bedeuten?«, raunte er verwirrt zurück.

      Schweigen. Riaths Gedanken schienen wie weit entfernt, er blickte in eine dunkle Ecke, mit einem ausdruckslosem Gesicht und leeren Augen.

      »Was willst du wirklich, Riath?« Kacey betrachtete ihn mit schiefgelegtem Kopf. »Geht es dir nur um dich, um deine Macht, um eine Krone?«

      Ein kühles Lächeln trat zurück auf Riaths Züge, er sah Kacey wieder an. »Es geht um alles, Kacey, es ging immer um alles. Die Freiheit der Magier beginnt dort, wo ihre Unterdrückung anfing.«

      Ein ungutes Gefühl stieg ihm die Kehle rauf. »Und sie begann beim Großkönig?«

      Dazu schwieg Riath, starrte wieder vor sich hin, als sähe er nicht die Zimmereinrichtung, sondern einen weit entfernten Ort zu einer anderen Zeit. Seine Lippen zuckten, als wollte er knurrend die Fänge blecken, und seine Hand lag verkrampft um den Kelch, sodass er Dellen in das Silber drückte.

      Kacey runzelte die Stirn. Die Magie in ihnen mochte eingesperrt und versiegelt sein, und doch war allein der Hauch ihrer Präsenz stark genug, sie alle zu verändern. Desith, sein Halbbruder, der einst als Mensch geboren, widerstand Gift und konnte laut Riath mit den Schatten eins werden. Xaith vermochte, seine Gestalt aufzulösen, zu einem Schwarm Nachtfalter, und hinwegzufliegen. Riath entkam dem Tod und schien übernatürlich stark.

      Kacey selbst verspürte keine Veränderung.

      »Ich würde dich gerne verstehen«, flüsterte Kacey niedergeschlagen, »aber du erklärst dich nur halbherzig und in Rätseln.« Er wandte sich ab und blickte wieder in den Kamin, spürte Riaths Augen auf seinen Wangen, als ob sie sich dort einbrannten. »Ich weiß nicht, wie all das zusammenpassen soll, wonach du strebst.«

      »Du vertraust mir nicht«, Riath klang nicht, als wäre er überrascht oder gar verletzt. »Nach allem, was du über mich weißt, solltest du das vielleicht auch gar nicht.«

      »Ich weiß nicht, wer du wirklich bist«, gab Kacey zu.

      Riath setzte sich in Bewegung, schlenderte zielstrebig durch den Raum auf Kacey zu.

      Er schloss die Augen, als Riath hinter ihn trat und den Arm an ihm vorbei streckte, um seinen verbeulten Kelch auf das Sims zu stellen. »Alles, was ich in meinen Briefen schrieb ist wahr, ich habe dich nie angelogen«, flüsterte Riath ihm ins Ohr, sodass sein heißer Atem Kaceys Wange streichelte. »Und ich habe auch nicht vor, je unehrlich zu dir zu sein, verzeih, wenn du dich hintergangen fühltest, ich wollte dir nur Kummer ersparen.«

      Sein Herz raste und krampfte, weil es nicht wusste, was es fühlen sollte.

      Zärtlich berührten Riaths Fingerspitzen Kaceys Handrücken, strichen seinen Ärmel zurück, während Riaths Nasenspitze über seinen Nacken rieb. »Alles, was ich tue, tu ich für unseresgleichen, Kacey. Ich kämpfe dafür, dass wir unsere Freiheit behalten können, und dafür, dass wir endlich respektiert werden. Aber ich kämpfe eben auch für mich, dafür werde ich mich nicht entschuldigen. Du kennst mich, du weißt, was in mir schlummert.«

      Kacey schluckte angestrengt. »Ich weiß nicht… was ich denken soll.«

      »Doch, du weißt es.« Riath verschränkte ihre Finger und beugte sich hinab, um die warme Wange zwischen Kaceys Schultern zu schmiegen. »Du denkst, dass wir nicht zulassen dürfen, dass man uns Kronen und Länder abspricht oder uns wie Wild jagt und zur Strecke bringt, nur weil wir mit Magie im Blut geboren wurden. Und du denkst, dass jemand wie ich vielleicht der einzige Mann ist, der den Magiern helfen kann, der sie anführen sollte. Du hast nur Angst, dafür einzustehen, weil es dich zu jemanden macht, der nicht in das diplomatische Vorbild deiner Familie passt.«

      Vielleicht. Doch es wäre einfacher, sich Riath zu öffnen und ihm zu vertrauen, würde er ihn in seine Gedanken und Gefühle und vor allem in seine Absichten einweihen. Denn das Letzte, was Kacey zulassen würde, war sich von einer säuselnden Stimme manipulieren zu lassen.

      Er fühlte sich auf gefährliche Art zu Riath hingezogen, aber er würde nicht naiv wie eine verliebte Göre handeln und blind jeden Honig von seinen Fingern schlecken.

      »Du weißt, wer ich bin«, raunte Riath ihm ins Ohr, »du hast in meine Seele geblickt, du weißt alles über mich, Kacey, du kennst mein Herz so gut wie ich das deine. Und du wusstest, was ich getan habe, in Zadest, du weißt es ganz genau, doch du hast mir trotzdem geschrieben. Wir sind nicht so verschieden. Du hast es selbst gesagt, wir sind vom gleichen Schlag, wir wollen beide kämpfen, für das, was uns zusteht, du hast nur Angst vor dir selbst.«

      Kacey schloss die Augen, ließ ermattet die Schultern fallen.

      »Sag es«, forderte Riath, »sprich es aus.«

      »Du …«

      »Sag es!«

      »Du hast Sarsar in den Abgrund gestoßen, ihn den Trümmern überlassen.«

      Riath hob den Kopf und atmete aus, als ob ihm ein Dolch in der Brust steckte. »Und doch hast du bei mir gelegen, mich getröstet in dieser Nacht, mir danach geschrieben…«

      Kacey fuhr zu ihm herum, suchte in seinem Blick den jungen Mann, dem er damals in dieser Nacht so tief in die Seele geblickt hatte. Suchte nach dem Jungen, der für ihn in den brennenden Wald gerannt und ihn aus den Dornen gerettet hatte, der ihm nachgestellt, ihn angehimmelt hatte. Suchte den Jungen, mit dem er vor knapp acht Jahren diese besondere Nacht verbracht hatte. Er war menschlich gewesen und voller Verzweiflung, voller Reue, gequält von seiner eigenen Schuld.

      Natürlich war das, was er getan hatte, unverzeihlich, denn er hatte den eigenen Bruder töten wollen, aus Angst, dieser könnte ihm die Krone streitig machen.

      Abertausende Brüder töteten einander um der Macht willen, aber nicht einer hatte wie Riath so schnell und so stark deshalb gelitten, solch einen verzehrenden Schmerz verspürt, der ihn innerlich zerriss.

      »Deine Mutter hat dein Leben lang zu dir gesagt, dass du es tun musst«, verteidigte Kacey ihn, spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. Er wollte Entschuldigungen für ihn finden. »Sie hat es dir aufgetragen, den zu töten, der dir gefährlich werden kann.«

      Was tat er hier nur?

      »Tu das nicht«, Riath lächelte kühl, hob eine Hand und berührte Kaceys Wange mit den Knöcheln, als wäre er ein kostbares Stück zerbrechliche Kunst, »gib ihr nicht die Schuld, nicht einmal ich tue das. Denn am Ende…«, er streichelte Kaceys Kinn, »…war es meine eigene Entscheidung.«

      Kacey blinzelte zu ihm auf, hatte Schwierigkeiten, sich ob der Liebkosungen, die sich prickelnd über sein Gesicht und Hals ausbreiteten, einen kühlen Kopf zu bewahren.

      »Und doch empfindest