Geliebter Unhold. Billy Remie

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Название Geliebter Unhold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 4
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189772



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muss auch einer vierten Seele das Leben schenken, die derjenige aussucht, der auf der anderen Seite wartet.«

      Kacey hob verwirrt die Hand, um Riath zu unterbrechen. »Der, der auf der anderen Seite wartet?«

      Riath hob die breiten Schultern. »Sie dachten, es sei der Tod, doch wir wissen, dass die Unterwelt abgeschnitten und Onkel Zazar vermutlich gefangen ist. Wir wissen nicht, wer oder was die vierte Seele aussucht, und was dadurch in unsere Welt gebracht wird.«

      Riath rieb die Hände über die Schenkel, als wären sie schwitzig. »Der Priester sagte auch, nach dem Ritual kämen sieben Jahre Sonnenschein über die Heimat derer, die aus dem Tod zurückkehren, doch danach würden auch sieben Zeitalter lang nur eine kalte, schwarze Sonne scheinen, Monster würden aus dem Boden kriechen und über das Volk herfallen.« Riath suchte Kaceys Blick, wirkte hart und doch betroffen. »Sieben Zeitalter lang Dunkelheit, Kälte und Monster über Nohva. Nur weil ich versäumt habe, meinen Bruder in seiner verzweifelten Trauer zu helfen. Nur weil ich … Sarsar in den Abgrund stieß.«

      Kacey wusste nicht, was er sagen sollte, er öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder betroffen. Ihn fröstelte es, wenn er an die Ausmaße dessen dachte, was ein einziger Zauber heraufbeschwören konnte.

      »So gerne ich auch meinen Vater zurückhätte…«, Riath starrte auf seine Finger, die er gewissenhaft knetete, »und so gerne ich mich wieder mit meiner Schwester messen würde… So gerne ich vieles wiedergutmachen würde. Ich kann ihn das nicht tun lassen, er würde alle Magier zum Tode verurteilen, sie würden uns alle dafür hassen. Außerdem ist unsere Welt von allen anderen Welten abgeschnitten, nur so konnten wir das Portal schließen. Zazar, Cohen, Vater… sie gaben ihre Leben dafür. Was, wenn Xaith diesen Schutzschild einreißt und dadurch noch mehr Risse verursacht, die noch mehr fremde Götter anlockt?«

      Kacey wurde es eng in der Kehle, als er an das Portal dachte, das ihn ausgesaugt und fast umgebracht hätte, als er plötzlich inmitten von zerflossenen Leichen die gleichen grünen Augen erblickt hatte, die ihn auch jetzt ansahen, und ihn vom Tod weggerissen, ihn gerettet hatten.

      Riath und ihn verband mehr, als er Außenstehenden begreiflich machen könnte. Ja, Riath mochte ein Brudermörder sein, aber Riath hatte ihm auch mehr als einmal das Leben gerettet. Das machte seine Taten nicht wieder wett, aber es sorgte dennoch für ein besonderes Band zwischen ihnen, das man vielleicht nur dann verstehen konnte, wenn man selbst wie Kacey von Riath geliebt wurde.

      Er räusperte sich, um das beklemmende Gefühl abzuschütteln. Er spürte Riaths Blick auf sich, als erwartete der Prinz von Nohva eine bestimmte Erwiderung. Unwohl drehte Kacey sich um, ging um seinen Tisch herum und nahm den Kelch auf, den Riath ihm eingeschenkt hatte, während er den anderen abstellte. Er trank einen großen Schluck.

      »Ich muss ihn aufhalten«, erklärte Riath sich, »erst wenn ich ihn aufgehalten und ihn in Sicherheit gebracht habe, kann ich mich um alles andere kümmern. Melecay und der Schutz der Magier hängen mit Xaith zusammen, denn wenn er dieses Ritual durchführt, werden wir andern Zauberkundigen zu Gejagten, und Melecay würde sich dieser Jagd gewiss sofort anschließen, um mir und meinen Brüdern die Kehlen aufzuschlitzen.«

      »Warum ist Melecay hinter euch her? Hinter dir?«

      Riath zischte und wandte den Blick ab, als ob Kacey ihn zutiefst beleidigt hätte.

      »Wie soll ich dir vertrauen, Riath, wenn du mir nicht vertraust?«

      Er haderte mit sich, kratzte sich am strohblondem Kopf, rieb die Hände aneinander, und starrte dabei in eine andere Ecke des Zimmers. »Melecay… sagen wir, er will verhindern, dass ich den Thron Nohvas je besteige.«

      Da steckte mehr dahinter, Kacey spürte es, doch Riath wollte es ihm nicht erklären.

      Mit dem Kelch in der Hand, schlug Kacey ein Buch auf und blätterte stehend darin herum, doch er las nicht, er verschaffte sich nur Zeit zum Nachdenken, gleichzeitig behielt er den Schluck Wein im Mund, um nichts sagen zu müssen. Wieder spürte er Riaths erwartungsvollen Blick auf sich, sah aber nicht auf.

      »Du trägst noch die Kette.«

      Unwillkürlich blickte Kacey an sich hinab, dabei wusste er sehr genau, worüber Riath sprach und was ihn so vor Schadenfreude grinsen ließ. Kacey legte die Hand ertappt um den sichelförmigen Mondanhänger, den Riath aus einem alten Grab entwendet und ihm umgehängt hatte, nachdem Kacey ihm erklärt hatte, er würde Riath nur dann einen Kuss schenken, wenn er ihm den Mond vom Himmel…

      Nun gut, Jugendlieben waren albern und kitschig und…

      Warum trug er diese Kette dann noch immer?

      »Was willst du hier?« Er klang genervt, doch das war er ganz und gar nicht, nur verwirrt und halb erschlagen von zu vielem Gerede. Noch immer wusste er nicht, was Riath beabsichtige. Nicht bezüglich der Welt, sondern auf ihn – auf sie beide – bezogen.

      Und auch wenn er sich dafür schämte, ja, das war ihm trotz aller Umstände sehr wichtig.

      Seine hellblauen, frostigen Augen blickten Riath herausfordernd an.

      Der Prinz von Nohva lächelte milde. »Weißt du das nicht?«

      »Ich meine«, Kacey schloss die Augen, er hielt sich an der Tischkante fest, nachdem er den Kelch wieder abgestellt hatte, »…was erwartest du jetzt von mir? Soll ich dir helfen, Xaith aufzuhalten? Ich habe hier Verpflichtungen, ich…«

      »Nein, ich will, dass du hierbleibst und die Magier von Elkanasai darauf vorbereitest, sich zu wehren. Ich will, dass du sie für mich gewinnst, dass wir uns und sie unter einem Banner vereinen, als Streitmacht.« Riath stand auf, als Kacey ihn ungläubig anblickte. »Ich will, dass du mein Wort und mein Wille bist, ich will, dass du dich mir anschließt, Kacey, und dass du hier für eine solide Sicherheit sorgst, während ich mich um meinen Bruder kümmern muss.« Er stellte sich Kacey gegenüber, nur der Tisch war zwischen ihnen, eine große und dicke Platte Nussbaumholz, die nicht genug schien, um Riath aufzuhalten, sollte er näherkommen wollen. Nichts, nicht einmal ein Heer Dämonen hätte ihn dann aufhalten können. »Stärk mir den Rücken, Kacey, sorg dafür, dass die Magier von Elkanasai sich auflehnen.«

      Kacey schluckte, sein Herz raste. Doch er wusste in diesem Moment noch nicht zu bestimmen, weshalb.

      »Willst du nur das von mir?« Er wusste nicht, warum er das fragte. Doch, er wusste es, aber er wollte es sich nicht eingestehen. »Einen… Verbündeten?«

      »Wie könnten wir mehr sein, wenn du nicht einmal das sein willst?« Nun klang Riath beinahe verletzt. Beinahe. »Nein, ich will dein Herz, ich will dich, Kacey. Ich will, dass wir eins sind, ich will von dir geliebt werden, so wie ich dich liebe und verehre, aber ich weiß sehr wohl, dass ich Liebe nicht einfach so verlangen kann wie ein Bündnis. Es liegt an dir, alles liegt nur an dir. Alles ist deine Entscheidung, aber ich bin hier, um dir von Angesicht zu Angesicht zu erklären, was bald geschehen wird.«

      Kacey wusste nicht, was er sagen sollte. Auch, wenn er jetzt wusste, wohin Riaths nächster Schachzug ihn führte, wusste er nicht, wohin sich sein eigener Weg richten sollte.

      »Sei nicht so dumm wie Wexmell und handle zu spät«, bat Riath ihn, streckte die Hand über den Tisch aus und berührte Kaceys Wange. »Lass nicht zu, dass hier auch nur ein Magier unter deiner Verantwortung stirbt, nur weil du einen Frieden wahren willst, zudem keine Seite bereit ist.«

      Unwillkürlich und gegen die Vernunft, schloss Kacey genüsslich die Augen. »Riath…«, hauchte er und atmete schwer aus, »…manipulier mich nicht.« Er zwang sich, Riaths Hand zu nehmen und sie nach unten zu drücken.

      Riath lächelte melancholisch. »Ich habe es nicht nötig, dich zu bezirzen, damit du tust, was ich will. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, Kacey. Glaub mir, ich will dich auch dann, wenn du mir den Rücken kehrst. Ich habe dich immer gewollt. Stich mir einen Dolch in die Brust und ich würde mich trotzdem nach dir verzehren, dir alles verzeihen.« Seine Stimme und sein Blick wurden dunkler, schwerer, verheißungsvoll und so rau wie ein Stein auf Stein. »Und ich dachte, du mir auch.«

      Damals vielleicht. Für eine Nacht vielleicht.