Geliebter Unhold. Billy Remie

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Название Geliebter Unhold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 4
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189772



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erwachen.

      Es war noch dunkel, doch ein Streifen hellblaues Licht zeigte sich am Horizont hinter den geschlossenen Buntglasfenstern. Es war still geworden, bis auf das leise Plätschern, das der Regen hinterlassen hatte. Es war warm, denn ein kleines Feuer knisterte im Kamin, ein paar Kerzenständer brannten. Doch es war kein normales Feuer, sondern blaues, kaltes Geistfeuer.

      Jemand musste alle Fenster geschlossen, den Kamin entzündet und – wie Kacey in genau jenem Moment feststellte – ihn in ein weiches Hemd aus warmer Wolle gesteckt haben. Dieser jemand musste ihn auch im Schlaf gesäubert haben.

      Nein, nicht Jemand, sondern Riath. Wer sonst.

      Doch abgesehen von einem zusammengerollten Schakal, der Kaceys Füße wärmte, gab es von dem Prinzen Nohvas keine Spur, nur sein Geruch hing noch schwer, herb und würzig im Raum.

      Das Zimmer war leer, als Kacey sich umsah.

      Er sollte ehrleichtert sein, vor allem nachdem, was er zugelassen – erfleht! – hatte. Scham und Verwirrung brachen schlagartig über ihn herein, wie zwei aufeinandertreffende, stürmische Winde. Röte stieg ihm in die Wangen, als er sich an sein eigenes Gebaren erinnerte. Wie eine läufige Hündin hatte er sich an Riath gerieben und ihm das Gesäß hingestreckt.

      Er sollte sich wirklich glücklich schätzen, allein aufzuwachen. Und doch war er vor allem verärgert, zutiefst gekränkt. Schon wieder allein, nachdem er bei Riath gelegen hatte.

      »Mistkerl!«, zischte er wütend und schlug mit der Faust auf das Bett, sodass Mak verwirrt den Kopf hob und verschlafen um sich blickte, als wäre neben ihm ein Pfeil eingeschlagen. Kacey schlug die Hände stöhnend vor das Gesicht und rieb sich die Augen, er fühlte sich so dumm.

      »Wer ist ein Mistkerl?«

      Überrascht hob er den Kopf. Und da stand er, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, erfüllte den Raum mit seiner überwältigenden Präsenz. Er hatte seinen Umhang abgelegt, trug aber noch Hemd, Hose und Stiefel, sein dickes, blondes Haar wirkte verwüstet und seine grünen Augen glitzerten wie Smaragde. Und … er … war… so… schön.

      Verflucht.

      Als er nicht antwortete, sondern nur starrte, hob Riath eine Augenbraue. Er befand sich in der Nähe der Tür zu Kaceys Studierzimmer.

      »Du bist noch da«, stellte Kacey trocken fest, seine Kehle war rau und seine Stimme dunkler, als hätte er die ganze Nacht geschrien.

      Das hatte er ja auch, in Riaths Hand.

      Doppelt und dreifach verflucht…

      »Du klingst überrascht.« Ein leichtes, unverschämt wölfisches Lächeln schlich sich auf Riaths markante Züge.

       Ja, warum wohl…

      »Wo sollte ich denn hin?«, setzte Riath hinterher und ging mit einem gemächlichen, raubtierhaften Schritt zu Kaceys Tisch, griff zur Karaffe mit Wein.

      Statt darauf einzugehen, sagte Kacey ernst und kühl: »Du solltest nicht hier sein.«

      Riath hatte zwei silberne Kelche mit rotem Wein gefüllt, stellte die Kristallkaraffe wieder auf das Tablett und drehte sich mit einem dunklen Blick zu Kacey um. »Wo sollte ich denn sein?«, fragte er absolut bedrohlich und verführerisch zugleich.

      Kacey versuchte, sich nicht davon einlullen zu lassen. Es war jedoch überwältigend, dass sie nach all den Jahren – es waren fast acht – nun wieder in einem Raum beisammen waren, so nah, sich unterhielten, sich sehen und anfassen konnten. Kein Briefverkehr konnte mit dieser Empfindung mithalten, es war etwas völlig anderes, sich von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Beinahe fühlte er sich durch Riaths bloße Anwesenheit betört.

      Und er konnte darin nicht einmal einen Sinn erkennen, er fühlte sich einfach nicht mehr real und gleichzeitig so lebendig wie nie zuvor.

      Doch für alberne Philosophie und Jugendschwärmerei war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit und ganz bestimmt war Riath nicht der richtige Mann dafür.

      »Wie bist du durch das Alptraumfeld gekommen?«, fragte Kacey schließlich dünn, als fürchtete er sich. Doch das Einzige, wovor er sich fürchtete, war nicht Riath, sondern dass ihm schlicht die Antworten nicht gefielen, die er ihm geben würde.

      Oder dass sie ihm gefielen, obwohl er sie verachten sollte.

      Kurz um, das, was er am meisten fürchtete, war er selbst und das, was Riath hervorbringen konnte.

      Riath lächelte arrogant. »Ein wirklich beeindruckender Zauber, ich habe für einen Moment meinem schlimmsten Alptraum gegenübergestanden – meiner nörgelnden Mutter.« Er erschauderte. »Doch du vergisst, dass ich… nun ja, dass ich nun mal ich bin.« Ein dunkles Lachen gluckste in seiner Kehle. »Ich lass mich nur ungern von meinem Kurs abbringen. Und sind wir ehrlich, du konntest mich nie von dir fernhalten.« Ein unverschämtes Zwinkern.

      Kacey runzelte ärgerlich die Stirn. Dieses Feld war sein größter Zauber, seine beste Arbeit, und Riath spazierte einfach hindurch.

      »Ich muss es wohl verbessern«, murrte er und wollte die Decke aufschlagen, um aufzustehen, doch dann bemerkte er, dass sein Hemd recht kurz war und er nicht mit raushängendem Geschlecht vor Riath herumspazieren wollte, also blieb er, wo er war, und zog die Beine an die Brust.

      Riath nippte an seinem Kelch, die Hand auf den anderen gelegt, als überlegte er, ob er es wagen konnte, Kacey ein Wurfgeschoss in die Hand zu geben.

      Im Moment war ihm davon abzuraten, das schien er zu spüren, denn er blieb, wo er war.

      »Nun verkenn deine eigene Arbeit nicht«, sagte er wohlwollend, »ich habe noch nie so etwas beeindruckendes gesehen! Ich bin blind in den Nebel spaziert, bis ich begriff, dass es sich um einen Zauber handelt. Man spürt das Knistern der Magie kaum und die Alpträume und die Verwirrung, die das Kraftfeld weckt, sind wahrlich wie eine Klinge im Schädel, die dich versucht, zu spalten. Ich glaube nicht, dass irgendjemand, abgesehen von mir, dort hindurch kommt.«

      »Du meinst, weil du dich selbst für eine Art Gott hältst?« Kacey sah ihn an und musterte ihn unterkühlt, aber er belog sich damit nur selbst. Riath ließ ihn alles andere als kalt. Das musste er ihm aber nicht auf die Nase binden. Und es bedeutete auch nicht, dass er ihm vergeben würde, nur weil er eine große Anziehung besaß, die Kacey sich nicht einmal erklären konnte. Nicht, ohne sich selbst herabzuwürdigen.

      Riath grinste nur, wollte darauf nichts weiter erwidern, als wäre es unnötig.

      Kacey schüttelte den Kopf, versuchte die Gedanken frei zu bekommen. »So war das nicht geplant«, hörte er sich sagen, spürte die Wut wieder hochkommen.

      Nun stand er doch auf, wickelte sich das dünne Laken um die Hüfte und fuhr zu Riath herum, der lässig dem Gefühlsausbruch entgegensah, weil er darauf gewartet hatte.

      »Carapuhr!«, erinnerte Kacey ihn unnötigerweise. »Du hast mir etwas anderes versprochen als das, was du getan hast!« Seine Augen brannten, seine Sicht verschwamm, er wusste nicht warum sein Herz sich anfühlte, als würde es bluten.

      Was verletzte ihn mehr, Riaths verabscheuungswürdige Vorgehensweise, oder dass er ihn belogen hatte?

      Riath blickte ihn gelangweilt an, tippte mit einem goldenen Ring, der einen großen Amethyst einrahmte, gegen den Kelch.

      »Wie konntest du das tun?«, entfuhr es Kacey, er schüttelte entrüstet den Kopf, suchte verzweifelt nach einem Anzeichen auf Reue, doch da war nichts in Riaths kühlem Gesicht. »Du hast mir versprochen, Lohna heim zu bringen, du wolltest sie beschützen und aus der Gefahr herausbringen. Für mich, für das Kaiserreich!« Seine Stimme brach, er musste einen Kloß hinunterwürgen. »Deinetwegen ist die jetzt tot, Riath!«

      Schweigen erfüllte den Raum, während sie sich in die Augen sahen. Kacey wartete auf eine Erwiderung, aber Riath ließ nur den Kelch gemächlich kreisen.

      Kacey wollte ihn erwürgen.

      »Wieso?«, brüllte er ihn an. »Das haben wir so nicht besprochen,