Geliebter Wächter 2: Wolfsherz. Billy Remie

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Название Geliebter Wächter 2: Wolfsherz
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 2
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750209534



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einem Nicken machte Desiderius ihm Mut, sodass der Kleine schließlich seine Hand ausstreckte und sie in Desiderius` legte. Die zerbrechlichen, viel zu dünnen Finger waren eiskalt. Er hatte sofort das Bedürfnis, sie mit seinen Händen zu wärmen.

      Er zog den Kleinen, der Wexmells absolutes Ebenbild war, an seine Seite und drehte sich mit hochmütiger Miene zu Eagle um. »Sag mir, Eagle, hast du versäumt, uns etwas zu erzählen?«

      Aber Eagle starrte den Kleinen genauso fassungslos an, wie Wexmell. Keine Spur von Erkennen oder Reue. »Das kann nicht sein«, raunte er und schüttelte entschieden den Kopf. »Das ist überhaupt nicht möglich! Ich habe Ari nie…« Hilfesuchend sah er sich nach Wexmell, seinem Vater um.

      Wexmells Augen weiteten sich etwas. »Er ist bestimmt nicht von mir, Eagle!«

      Nein, Wexmells einzige Erfahrung mit einer Frau – einer Dirne – hatte nur Eagle hervorgebracht, das wussten sie alle ganz sicher.

      Eagle schluckte nervös und sah wieder zurück in das Gesicht des eingeschüchterten Jungen, der den Kopf wegdrehte und zurück zu seinen Gefährten fliehen wollte.

      Desiderius hielt ihn fest.

      »Er ist dein Sohn, Eagle, leugnen ist sinnlos.«

      In Eagles Mimik arbeitete es, während er durch den Jungen hindurchsah und äußerst angestrengt nachdachte. »Wie alt bist du?«, hakte Eagle tonlos nach. »Du kannst nicht älter als zwölf-«

      »Achtzehn«, antwortete Ragon in der Gemeinsprache für ihn, »der Junge ist Achtzehn Sommer alt.«

      Eagle blinzelte, als sähe er plötzlich klar. »Deine Mutter war eine Hexe«, es war keine Frage, sondern eine Erinnerung. Er blickte auf und schien zu verstehen. »Sie flüchtete mit ihrer Familie aus Nohva.«

      Auch Desiderius erinnerte sich an die Flüchtlinge, die er gemeinsam mit Eagle und Cohen vor so vielen Jahren in der Wildnis getroffen hatte. Aber er hatte nicht gewusst, dass Eagle…

      »Ich habe dich damals gewarnt«, sagte Cohen leise zu Eagle. Leise, aber vorwurfsvoll. Trotzdem drückte er aufmunternd die Schulter seines Freundes.

      Schwankend fuhr Eagle sich über den Mund. »Götter, ich habe es nicht gewusst …«

      Desiderius dachte an Ragon und seine Wut verrauchte. Er ließ den Jungen los, der sofort zurück hinter Ragon rannte und sich an dessen Arm klammerte. Er war eben doch nur ein Junge.

      »Vergib mir, ich urteilte zu vorschnell«, sagte Desiderius zu Eagle, der noch immer um Fassung rang.

      Cohen zog unter seiner Kapuze äußerst nervig eine arrogante Augenbraue nach oben. Zazar gab ein amüsiertes Grunzen von sich.

      Es gefiel Desiderius überhaupt nicht, dass sie sich gegen ihn verschworen, beide strafte er mit einem bösen Blick. Dann wandte er sich wieder ihrem Problem zu.

      »Er ist nicht aus Zufall hier, Eagle«, begann er und sah dann Wexmell an, der sofort seine betont ernste Stimme bemerkte und die Stirn runzelte. »Das sind Ragon und Fen«, Desiderius deutete auf die beiden Männer. »Sie haben ihn aus einer Metallkiste befreit und mussten ihn hierherbringen. Er ist eine Waffe, eine verflucht mächtige Waffe.« Dann sah er an Zazar vorbei und holte tief Luft. »Und das sind Korah, Levi und Place. Sie sind Götter.« Matt ausatmend drehte er sich wieder zu Eagle und Wexmell um. »Und spätestens jetzt wisst ihr, dass wir ziemlich tief in der Scheiße sitzen.«

      »So tief«, bestätigte Bellzazar und trat vor, »dass wir sie schon schmecken können.«

      Kapitel 7

      »Was dauert denn da so lange?«, maulte May und warf sich trotzig auf einen Stuhl im Vorzimmer, das in einem satten Bronzeton erstrahlte.

      Xaith lag mit dem Ohr an der Tür und hatte seinen Gehörsinn mit Magie verstärkt, während im Audienzsaal des Kaisers debattiert wurde.

      Normalerweise hatte er dadurch immer bestens lauschen und seine Geschwister auf dem Laufenden halten können, doch dieses Mal hörte er sehr schlecht. Es war, als herrschte im Saal ein Sturm, der alle Gespräche mit einem lauten Rauschen übertönte. Er musste raten, was die einzelnen Wortfetzen bedeuteten. Auch Sarsar versuchte, durch magische Hilfsmittel, das Gesagte verständlich zu machen, aber seine tief gefurchte Stirn zeugte davon, dass auch er das Rauschen nicht umgehen konnte.

      Irgendetwas – oder Jemand – schien den Raum ganz bewusst vor lauschenden Ohren abzuschotten.

      »Ich glaube, sie haben eben jemanden rausgeschickt«, vermutete Xaith den Geräuschen und Wortfetzen nach. »Und der Kaiser hat wohl noch einen Sohn.«

      »Lass mal sehen!« Riath, der Hornochse, stieß Sarsar grob zur Seite und ging vor dem Schlüsselloch der goldverzierten Türen in die Hocke, um linsen zu können. Er hatte sein hübsches helles Seidenhemd mit den goldenen Rändern durch sein ledernes Rüstungshemd ausgetauscht und roch nach frischem Schweiß, als hätte er, statt sich auszuruhen, mit dem Schwert geübt.

      »Ja«, sagte er mit seltsam kratziger Stimme. »Da geht jemand raus. Zwei Jungen. Den einen kenne ich!« Er wirkte plötzlich ganz erregt und zappelte herum. »Das ist der Junge vom Fest.«

      »Der, wegen dem Vater beinahe gefressen wurde?«, hakte Vaaks nach und trat nun auch näher. Sehr nahe, sodass Xaith seine harten Muskeln im Rücken spüren konnte.

      May schnaubte amüsiert. »Der, wegen dem Riath gesabbert hat.«

      Sofort flog Xaiths Kopf herum. Erst sah er May an, die voller Spott grinste, dann sah er zu Riath, der angestrengt durch das Schlüsselloch linste und die Lippen aufeinanderpresste, während er so tat, als hätte er Mays Bemerkung nicht gehört.

      Warum ihn das so überraschte, wusste er eigentlich nicht so genau. Riath geiferte so ziemlich jedem nach, Fräuleins, Burschen, Ziegen, einfach allem, was warm war und einigermaßen passabel aussah, zumindest so lange, bis er seine Gier an ihnen gestillt hatte.

      Vermutlich hatte Xaith ein seltsames Gefühl, weil Riath den fremden Jungen vor einem Drachen hatte retten wollen. Riath war niemals aufopfernd oder gar ein Held, Riath war ein egoistisches Schwein, wie es im Buche stand.

      Aber tatsächlich, man konnte fast sehen, wie ihm der Sabber vom Kinn tropfte, während er durch das Schlüsselloch spähte und wie gebannt jede Bewegung darin verfolgte.

      Dann wurde eine Tür geschlossen und er blinzelte, als habe ihn jemand geweckt. Enttäuscht ließ er die Schultern hängen, und Xaith glaubte, dass der Junge den Saal verlassen haben musste.

      Ein Geräusch hinter der Tür zum Flur ließ sie allesamt ertappt aufschrecken. Wachen eilten über die Gänge und vertraute Stimmen näherten sich langsam.

      »Das ist der Orden.« Vaaks fluchte verhalten, dabei legte er die Hand auf Xaiths Schulter, und Riath durchbohrte sie mit Blicken. Sie lauschten alle angespannt, doch die Schritte näherten sich. Langsam zwar, aber zielstrebig.

      Vaaks wandte sich an Xaith und beschloss. »Ich geh sie ablenken, vielleicht kann ich Zeit schinden oder sie wegführen.«

      Der Orden vertraute Vaaks und hielt ihn für reif, aber im Grunde war er auch noch ein freches Kind, das seine Geschwister immer gedeckt hatte, wenn sie lauschten.

      Manche Dinge würden sich nie ändern.

      Noch einmal sahen sie sich an und beide zögerten. Xaith wusste, was Vaaks sich ersehnte, er wünschte es sich auch, doch keiner brachte den Mut auf. Also wandte Vaaks sich nach einem leichten Lächeln ohne Kuss ab und schlüpfte auf den Flur hinaus, nachdem er zuvor gewissenhaft den Gang hoch und runter gespäht hatte.

      Sarsar drückte hinter ihm leise die Tür zu und legte das Ohr daran, um mitzuhören, ob Vaaks die Ablenkung gelang, während May bereits den Stuhl unter die Fensteröffnung zerrte und ihnen einen schnellen Fluchtweg bahnte. Sie machten das ja nicht zum ersten Mal, sie hatten dieses Zimmer ganz bewusst ausgewählt, denn vom Fenster aus konnten sie schnell auf das Dach klettern und dann auf einen Balkon flüchten.

      Xaith