Geliebter Wächter 2: Wolfsherz. Billy Remie

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Название Geliebter Wächter 2: Wolfsherz
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 2
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750209534



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»Ich wollte dir was schenken, nur dir. Aber … ich habe nichts gefunden, was … was dir gefallen könnte.« Bedauernd sah er wieder in die Hecken hinein.

       Xaith wusste nicht, was er sagen sollte, also wollte er ihn nur beruhigen: »Du musst mir doch nichts schenken.«

       »Riath hat dir was geschenkt«, erinnerte Vaaks sich. »Heute Morgen.«

       Xaith runzelte die Stirn, bis er sich an das Frühstück erinnerte. Er lachte und nickte fröhlich dabei. »Ja, einen Stein.« Er griff in seine Taschen und zeigte ihn stolz seinem Bruder. »Er sagte, wenn man ihn so dreht, sieht er fast aus wie ein Küken.«

       Xaith drehte den Stein, bis die Form mit ganz viel kindlicher Fantasie so etwas wie ein Küken darstellen könnte, und zeigte es Vaaks. »Siehst du? Hier ist der runde Po. Und hier der Kopf, es fehlt nur der Schnabel. Die Füße sind eingezogen, als ob es schwimmt.«

       Vaaks lächelte, legte den Kopf schief und sagte plötzlich: »Nein, es ist ein Herz.«

       »Was?« Verwundert legte auch Xaith den Kopf schief.

       »Siehst du?« Vaaks drehte den Stein, bis die zwei Rundungen von Kopf und Gesäß nach oben ragten. »Ein Herz.«

       Tatsächlich, so betrachtet, sah es mehr wie ein Herz, denn ein Küken aus. Fasziniert strich Xaith darüber und lachte dann triumphal. »Ha! Und Riath hat´s nicht bemerkt! Riath ist sooo blind!«

       Aber Vaaks freute sich gar nicht mit ihm darüber, dass sie klüger als Riath waren. Er starrte Xaith wieder mit seltsam glänzenden Augen an.

       Xaith musste schmunzeln und senkte verlegen den Blick. »Ich mags, wenn du so schaust.«

       »Wie schau ich denn?«

       »Als ob du einen Braten siehst!«, lachte er auf.

       Und Vaaks lachte ebenfalls.

       Doch der Anflug befreiter Freude zog so schnell ab, wie er aufgekommen war, und wieder saßen sie still nebeneinander, während das Schweigen Xaith nervös machte.

       »Du, Vaaks?«

       »Ja?«

       »Müssen wir wieder zurück?« Ängstlich sah er seinen großen Bruder an. »Ich glaub, ich will nicht wieder zurück.«

       Vaaks schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. »Nein, wenn du nicht willst, dann will ich auch nicht.«

       Das brachte Xaith dazu, breit zu lächeln. Sehr breit. Sodass ihm die Mundwinkel schmerzten.

       Vaaks wandte den Blick zu Boden und schürzte wieder die Lippen. »Xaith?«

       »Hm?«

       Schüchtern fragte er: »Hab ich wirklich ein Schweinsgesicht?«

       Xaith gluckste und schüttelte den Kopf. »Nein! Natürlich nicht!« Dann schämte er sich sogleich und senkte den Blick. »Es tut mir leid, dass ich das gesagt habe. Ich wollte nur gemein sein.«

       Vaaks wandte ihm das Gesicht wieder zu und seine Augen funkelten warm. »Wirklich?«

       Xaith schielte zu ihm auf und nickte stumm.

       Dann wurden Vaaks` Augen auf etwas gelenkt, das sich hinter Xaith befand. Er beugte sich vor und an ihm vorbei, und als er sich wieder hinsetzte, hielt er eine Rose in der Hand, deren Blüte noch fest verschlossen war. Vaaks` Finger waren wegen der Dornen blutig, aber das schien ihn nicht zu kümmern.

       »Hier«, sagte er und reichte Xaith die junge Rose, »die schenk ich dir.«

       Das machte Xaith so unsicher, dass er am liebsten im Erdboden versunken wäre. »Aber… aber die ist doch noch zu!«, sagte er und lachte.

       Vaaks wirkte verlegen. »Vater schenkt Vater auch immer Rosen, die noch nicht blühen. Dann sagt er, so hat man länger davon. Und Vater lächelt dann immer glücklich.« Er sah Xaith bedeutungsvoll an. »Ich will auch, dass du heute lächelst. Ich will, dass du immer lächelst. Wie Vater, wenn er Vater ansieht.«

       Xaith starrte Vaaks mit der Rose in der Hand an. Seit diesem Moment, dort auf der Bank, hatte er in Vaaks keinen Bruder mehr gesehen, nicht im Geringsten. Seit diesem Moment hatte es ihn regelrecht wütend gemacht, wenn sie als Brüder bezeichnet wurden. Denn es war der Moment, als er ganz sicher wusste, was es hieß, verliebt zu sein. Auf seine kindliche, unschuldige alles aufopfernde Art und Weise, wie eben nur ein Kind zum ersten Mal lieben konnte.

       »Bleiben wir hier?«, durchbrach Vaaks die anhaltende Stille. »Und feiern ganz allein, nur du und ich?«

       Xaith grinste glücklich. »Nur du und ich!«

       Und das taten sie, jagten lachend durch den Rosengarten, spielten Verstecken und Fangen, erst miteinander, dann mit den Wachen und ihren Vätern, die sie bis zur Dämmerung suchten und erst in der Festungskapelle fanden, wo sie sich unter dem Altar versteckt und mit einer Kerze und ihren Fingern Schattenspiele auf die Tischdecke geworfen hatten. Es war und würde immer der schönste Tag in Xaiths Kindheit sein, obwohl ihre Väter so wütend vor lauter Sorge waren, dass sie beide einen Mond lang die Festung nicht verlassen durften und Unterrichtstunden aufgebrummt bekommen hatten, während ihre Geschwister zu Mittag schon im Garten spielten. Doch auch das machte nichts, denn sie waren dabei zusammen, und das war alles, was Xaith wollte.

       Die Rose hegte und pflegte Xaith die Tage darauf mit größter Hingabe, denn auch wenn er ein Kind war, glaubte er ihre Bedeutung zu verstehen. Vaaks hatte ihm etwas geschenkt, was sich ihre Väter aus einem besonderen Grund schenkten.

       War dies eine Botschaft?

       Er hatte Wochen darüber gegrübelt und immer ein nervöses Flattern im Bauch gespürt, wenn er die Rose neben seinem Bett angesehen hatte.

       Doch dann, ein paar Wochen später, war Jin in Vaaks` Leben getreten, genau an jenem Tag, als die Rose ihr letztes Blatt verlor. Nur kurz darauf war der erste rote Punkt in Xaiths Gesicht erschienen. Und von da an, wurde alles anders…

      Es war eine Berührung, die ihn weckte. So sanft und zart und doch aufdringlich genug, um ihn aus seinem Traum zu reißen. Forsche Finger kitzelten ihn im Gesicht, während sie neugierig jedes Grübchen im Mundwinkel nachfuhren und sacht seine warmen Lippen betasteten.

      Angestrengt versuchte Xaith, nicht zu lächeln, solange er so überaus lieblich erforscht wurde. Es kostete ihn einiges an Anstrengung, jetzt nicht zu lachen. Noch halb im Schlaf nahm er all das war, auch den heißen Atem auf seiner Wange, der von dem Schatten ausging, der dicht über ihm kauerte.

      Es konnte nur einer sein, da war er sich sicher, und er wollte den Moment nicht zerstören.

      Also blieb er liegen und rührte sich auch nicht, als ihm die Lippen resolut geöffnet und über die Fänge geschoben wurden. Nun musste er sich wirklich zusammenreißen, nicht die Augen zu öffnen oder loszulachen.

      Interessiert fuhren die salzigen Finger über seine zusammengebissenen Zähne, strichen ehrfürchtig über seinen dolchartigen Reißzahn, immer und immer wieder. Dann beugte sich der Schatten über ihn hinab und leckte unerwartet sanft mit der warmfeuchten Zunge über seinen messerscharfen Fangzahn.

      Xaith knurrte tief und animalisch. Ein dunkles Lachen erklang leise im Raum, dann fuhr die Zunge damit fort, Xaiths Fangzahn zu lecken. Er schmeckte den fremden Speichel und fühlte das weiche, heiße Fleisch der Zunge an seinen Lippen und Zähnen, immer wieder, und ein starkes Kribbeln weckte sein Geschlecht.

      Unruhig begann er sich zu bewegen und zu blinzeln, da drückte ihm der aufdringliche