Geliebtes Carapuhr. Billy Remie

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Название Geliebtes Carapuhr
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 3
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752909692



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für euch.«

      Jori lachte leise in sich hinein. »Das habe ich befürchtet. Aber wissen das auch die anderen?«

      Vynsu sah ihn ernst an. Er hatte nicht den ganzen Abend gekocht, damit seine Männer Desiths Kraftbrühe wegschlurften.

      »Geh«, lächelte Jori ihm milde zu, »ich bewache deinen Kessel.«

      Vynsu zögerte noch einen Moment, aber wenn er einem seiner Männer vertraute, dann Jori.

      Seufzend stand er mit der Brühe in der Hand auf, seine Glieder fühlten sich steif an, seine Beine so schwer wie mit Eisenplatten versehen. Er versuchte, sich seine Erschöpfung nicht anmerken zu lassen, aber der mitleidvolle Blick seines Freundes sagte alles, als er an ihm vorüber ging.

      Er hörte Jori noch leise, aber ehrlich sagen: »Hast ein gutes Herz, mein Prinz.«

      Ihm lag auf der Zunge, erneut zu betonen, dass er nicht mehr der Prinz war – und er gewiss kein gutes Herz besaß –, tat dann aber der Einfachheitshalber so, als hätte er den Kommentar nicht gehört und ging auf das einzige Zelt in ihrem winzigen Lager zu, das er zusammen mit Jori am frühen Abend aufgebaut hatte, während die anderen jagen und Früchte sammeln waren und der Schamane dem bewusstlosen Desith die Naht an der Stirn wieder zusammengeflickt hatte.

      Als er nun das Zelt betrat, war es still im vom Kerzenschein gefluteten Innerem, und so stickig wie in den Schwitzbuden Carapuhrs. Nach seinem Traum kam ihm die Ruhe beinahe beängstigend vor, als würde der Tod über Desith stehen, ihm zuflüstern, ihm zu folgen.

      Der Schamane war nicht anwesend, vielleicht holte er Wasser oder verrichtete seine Notdurft.

      Trotz Räucherwerk, das in vielen Schalen vor sich hin qualmte, konnte Vynsu den beißenden Geruch von Pisse und Scheiße im Krankenzelt überdeutlich wahrnehmen.

      Desith lag mit dem Rücken zu ihm auf einer Pritsche aus Leder und Fellen, nackt und leicht rosig, er war gerade erst gesäubert worden, die Waschschale stand noch an seinem Lager, der Nachttopf war leer. Vynsu schob alles mit seinem Fuß zur Seite, zog mit einer Hand einen Hocker heran und setzte sich dicht neben ihn.

      Desith besaß das gleiche rote Haar wie seine Schwester. Kein blasses, farbloses Rot, wie es das Volk aus den südlicheren Fürstentümern Carapuhrs oft besaß, sondern ein lebendiges, feuriges Rot. Es hatte sich über die Jahre nicht verändert, noch immer trug er es lang und zu einem Zopf, wobei der Schamane den Knoten und Desiths rotes Haarband gelöst hatte, sodass sich die struppigen Strähnen nun wie wütende Flammen auf den Fellen ausbreiteten. Doch anders als die Haarpracht seiner Zwillingsschwester Lohna beschrieb Desiths Haar keine fließenden, seidenen Wellen, es wirkte wie abgefressen. Um das Gesicht herum reichten ihm die längsten Strähnen bis zum Kinn, die kürzesten nur bis zur Schläfe, hinten ließ er das Haar länger, dort reichten die Spitzen der längsten Strähnen bis zu der Kuhle seiner Taille, die kürzesten nur bis zu seinem schlanken Nacken.

      Er war dünn geworden, stellte Vynsu besorgt fest, beinahe mager.

      Mit der freien Hand fuhr er Desiths Rippen nach, die sich unter der warmen, seidenen Haut abzeichneten. »Wann hast du zuletzt gegessen? Was habt ihr nur solange da draußen getrieben?« Vynsu hätte es gerne verstanden, er kannte den Grund für Desiths und Derricks Reise, aber er konnte bis heute nicht verstehen, weshalb sie all die Jahre so verbissen nach einem Toten gesucht hatten, so tief im Dschungel. Warum waren sie nicht nach einem oder nach zwei Jahren heimgekehrt? Es war eine sinnlose Suche gewesen, irrsinnig und gefährlich. Der junge Mann, der nun vor Vynsu lag, war längst nicht mehr der flapsige Bursche von damals, und die Blessuren seines Leibes zeugten von der Hölle, durch die er gegangen sein musste.

      »Warum seid ihr nicht nach Hause gekommen?«, flüsterte er Desith drängend zu, erhielt natürlich keine Antwort.

      Verbände waren um Desiths Arme, Schultern, Beine und den Kopf gewickelt, eine Salbe roch stark nach scharfen Kräutern und färbte die Binden gelb. Irgendwie schien es Vynsu wie ein verdammtes Wunder, dass der kleine Wildfang noch lebte, die Vergiftungen der Schlangenbisse, die Verbrennungen an seinem Arm, selbst die Kopfwunde hätten tödlich enden können, und doch lag Desith vor ihm, atmete, fühlte sich warm und nicht einmal sonderlich fiebrig an, schimmerte bereits wieder rosig, obwohl er noch vor einer Nacht kurz davor gestanden hatte, in seine Nachwelt einzutreten – wie die Elkanasai ihren Tod nannten.

      »Wie kannst du noch am Leben sein?« Vynsus Stimme war nur ein raues Flüstern, natürlich erwartete er von Desith keine Antwort, seine Frage war ohnehin mehr an das Schicksal gerichtet.

      Doch auch wenn es schien, als wäre er auf dem Weg der Besserung, fürchtete Vynsu sich davor, dass sie einem Trugschluss aufsaßen. Immerhin konnte Desith nicht so schnell gesunden, das war völlig unmöglich. Und Melecay hatte ihn gewarnt, dass Desith besser nichts zustieß, während er in Vynsus Obhut war. Er konnte es sich schlicht nicht erlauben, einen Fehler zu begehen.

      Vorsichtig umfasste er Desiths Schulter und drehte ihn langsam auf den Rücken, das Fell eines Braunbären bettete ihn sanft. Langsam schob Vynsu ihm einen Arm unter den Kopf und stützte ihn leicht auf. Desith brummte schläfrig, er bekam die Augen nicht auf. »Trink, das gibt dir Kraft«, hauchte Vynsu, dann pustete er in die Suppe, bevor er die Schale an Desiths trockene, aufgerissene Lippen führte.

      Erst verschluckte er sich, aber dann trank er, halb im Schlaf, gierig wie ein Hund, ohne jeden Anstand, lauthals saufend.

      Für einen Moment betrachtete Vynsu Desiths Antlitz. Immer schon hatte er dieses Gesicht mit großer Irritation wahrgenommen. In seiner Heimat bedeutete Männlichkeit Breite, Muskeln, markante Züge. Alles an einem Mann musste mächtig wirken, um einzuschüchtern. Desith war weder breit noch groß, auch seine Züge waren nicht im eigentlichen Wortsinn männlich, jedoch auch nicht hager oder gar weiblich. Etwas schlank, gewiss, das war nicht abzustreiten, das Kinn lang und spitz, die Augen zu groß, die Brauen zu dünn, die Stirn klein und unauffällig und die winzige Nase frech nach oben gebogen, weshalb Vynsu ihn früher oft mit dem Schimpfwort »Sau« betitelt hatte. Zarte Sprenkel überzogen heute zahlreich sein gekrümmtes Nasenbein, doch auch sie konnten nichts daran ändern, dass Vynsu überhaupt nichts Weiches an diesem Gesicht finden konnte, nichts Sanftes. Es war hart und kalt.

      Desith war kantig, nicht typisch männlich, aber doch auf eine andere Weise unverkennbar maskulin. Und während er ihn so betrachtete und ihm zu trinken gab, musste er feststellen, dass Desith bis auf die Farbe seines Haars und seiner Augen rein gar nichts mit seiner Zwillingsschwester gemein hatte. Aus einem unbestimmten Grund, enttäuschte das Vynsu. Er hätte sie gern noch einmal gesehen, und sei es nur in der Ähnlichkeit, die sie zu ihrem Bruder gehabt hatte. Doch Desiths fehlende weibliche Züge zerstörten jegliche Illusion.

      Desith beendete das Trinken mit einem lauten Schmatzen, gefolgt von einem unsittlichen Grunzen, als er Luft schluckte. Vynsu legte ihn wieder ab und stellte die geleerte Suppenschale auf den Boden. Flüchtig flackerten Desiths Lider, das frostige Blau seiner Iriden blitzte auf, darin erkannte Vynsu unter der tiefen Erschöpfung auch noch den Funken Eiseskälte, den Desiths Blick schon immer besessen hatte.

      Manchmal fand er es seltsam, dass ausgerechnet der ruhige und gutherzige Derrick sich in diesen aufmüpfigen Burschen verliebt hatte, sie waren gänzlich gegensätzlich. Vielleicht war auch das schon das ganze Geheimnis ihrer Liebe, außerdem hatte Desith mit Derrick seinen verstockten Vater ärgern können.

      Noch ein weiteres Mal zitterten Desiths Lider, Erkennen stand nun in seinem Blick, begleitet von einer tiefen Angst. »S…sucht ihn nicht«, flüsterte er schwach, hob eine Hand, als wollte er Vynsus Arm packen, doch sie fiel nutzlos wieder herab und blieb mit zuckenden Fingern liegen. »I…ihr dür…dürft ihn nicht s…suchen.«

      Vynsu runzelte nachdenklich seine Stirn, legte Desith aber beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Schlaf«, trug er ihm auf, »ich wache über dich.«

      »N…nein…« Aber seine Erschöpfung ließ ihm keine andere Wahl, außerdem schien er noch unter dem Einfluss des Schlafpulvers zu stehen. Ohne weiteren Protest sackte sein Gesicht zur Seite, und er sabberte auf die Felle.

      Eine Weile blieb Vynsu einfach dort sitzen, ertrank in