Geliebtes Carapuhr. Billy Remie

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Название Geliebtes Carapuhr
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 3
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752909692



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von jeglicher Zivilisation entfernt an einer Wegkreuzung mit gerafften Röcken und entblößter Möse. Allzeit bereit, sich eine Münze zu verdienen, oder auch nur ein warmes Bett und einen Becher Met für die Nacht. Von den Einnahmen, die eine spitzohrige Dirne verdiente, konnten die Weiber in Carapuhr nur träumen. Wenn sie denn überhaupt entlohnt und nicht nur geschändet wurden.

      So war das eben im Land der Barbaren, hatte Desith erwidert.

      Aber Vynsu hatte überraschender Weise verachtend geschnaubt. »Ja, wir sind Barbaren, aber müssen wir uns wie Tiere aufführen? Wie arm muss ein Mann sein, wenn er es nötig hat, sich einer Hure aufzudrängen. Mir würde nie in den Sinn kommen, ein Weib zu schänden. Wenn eine nicht will, such ich mir einfach eine, die mich wertschätzt.«

      »Wie romantisch. Prinz Vyni, der Dirnenflüsterer.«

      »Ach lass doch das Narrentheater«, hatte er beleidigt zurückgegeben. Desith hatte nur betont den Mund geschlossen und sich ein Lachen verkniffen. Er hatte da wohl einen wunden Punkt getroffen.

      Aber konnte er es Vynsu verübeln, sein Volk wurde auf ein Vorurteil reduziert, und einige nutzten dieses sogar als Entschuldigung für ihre Taten.

      Ein Barbar darf das. Was für ein Schwachsinn, das ist eine so veraltete Sichtweise, als ob ein Mann sagen würde, er dürfe seine Gemahlin verprügeln und ihren Körper wie sein Eigentum verkaufen, nur weil er einen Schwanz zwischen den Beinen trug, und sie eine Möse.

      Es gab einen feinen, aber deutlichen Unterschied zwischen einem Barbarenleben und einem Leben als Drecksschwein. Um diesen zu erkennen, musste man allerdings die Fähigkeit besitzen, sinnbegrifflich zwischen den Zeilen zu lesen.

      Sie ritten durch die Stadt, verfolgt von fragenden Blicken. Wenn jemand Desith als Kaiser Eagles Sohn erkannte, so behielt derjenige es für sich. Die vielen Menschen in den Straßen, die weiße Tuniken oder Togen, bunte Schärpen oder Kopftücher trugen, entlockten ihm ein Gefühl von Heimkehr. Er atmete sogar erleichtert hinter Vynsu auf und sog die vielen Gerüche in sich auf. Die Hitze sorgte dafür, dass der Stein immer besonders roch. Irgendwie… sonnig. Desith konnte es nicht genau beschreiben, es war wie mit Holz, das nach Harz roch, wenn es warm wurde. Der Stein roch irgendwie nach Regenwald und Meerwasser. Salzig und frisch.

      Früher war ihm all das zu viel gewesen, die überfüllten Straßen, die Wachen mit ihren Speeren und in ihren Lederröcken – wie Vynsu es scherzhaft nannte – die an jeder Ecke standen und ihn für seinen Vater einfingen. Die hohen Mauern und Villen. Als Kind hatte er sich eingesperrt gefühlt, war lieber mit Derrick, der in der Akademie gelernt hatte, in den Regenwald geflüchtet, hatte sich von ihm die Schwerttechnik Carapuhrs beibringen lassen, war gerne geklettert und geschwommen, fern der Zivilisation. Sieben Jahre in diesem verdammten Dschungel hatten ausgereicht, damit er die bunte und laute Welt des Kaiserreichs wertschätzen konnte.

      Im ersten Moment war er schlicht überglücklich, zu Hause zu sein. Seine Augen brannten.

      »Ich habe es versprochen«, Vynsu saß plötzlich ziemlich aufrecht und stolz in seinem Sattel, er hatte Desiths Gefühlsregung wohl bemerkt.

      »Das hast du.« Desith legte das Kinn auf seine Schulter. »Und du hast mich davor bewahrt, das Frühstück eines Jaguars zu werden.«

      Vynsu lachte über den Vorfall vor drei Tagen, als sie am Morgen von drei Raubkatzen angegriffen worden waren. Die Tiere waren von dem schmackhaften Duft des Warzenschweins angelockt worden, das sie am Abend zuvor erlegt und gebraten hatten. »Du hast mir wortwörtlich den Arsch gerettet, das Biest hatte schon fast die Zähne in meiner rechten Backe vergraben, als du den Dolch geworfen hast. Wir sind also quitt.«

      Desith grinste. »Wir sind ein gutes Gespann da draußen gewesen, oder nicht?«

      »Ja«, stimmte Vynsu noch immer schmunzelnd zu, »waren wir. Fast so gut, wie wir Feinde sein können.«

      »Wäre der Großkönig nicht dazwischen gegangen, hätte ich dich besiegt.«

      »Lass uns das bei Gelegenheit überprüfen.« Damit gab er Hekkli die Hacken, und der Rotfuchs trabte mit hocherhobenem Kopf die breite Marktstraße entlang zu den kaiserlichen Ställen. Gleich würde Desith seine Familie wiedersehen.

      Sein Herz klopfte erregt.

      *~*~*

      Ihre Ankunft wurde jedoch gar nicht richtig wahrgenommen. Diener huschten geschäftig umher, die Hallen und Flure des Palastes waren ungewöhnlich belebt, Taschen wurden herumgetragen, Befehle gezischt. Vynsu und Desith waren nur im Weg, sobald sie aus der brennenden Sonne Elkanasais ins kühle und schattige Innere des Palastes eintraten. Es gab keine Fenster, der sachte Windzug wehte durch die scheibenlosen Öffnungen den Duft der Kirschblüten herein, über ihnen wölbte sich das Dach zu einer imposanten Kuppel, die Vynsu von außen als riesige Brust bezeichnet hatte.

      Desith blieb in der Empfangshalle stehen, auch hochrangige Besucher hatten zu diesem Bereich Zutritt und konnten ihn durchqueren, um in den Palastgarten zu gelangen, wo Flamingos gezüchtet wurden und bunte Fische wie Edelsteine durch die angelegten Seen schwammen. Tief einatmend sog Desith den Duft seiner Kindheit in sich auf und lächelte. »Daheim«, flüsterte er, dann drehte er sich zu Vynsu um, der in seiner robusten Lederkluft und mit seinem groben, kriegerischen Auftreten so fehl am Platz wirkte, wie ein Ochse in einem Hühnerstall. »Komm mit!«, forderte er den sichtlich unsicheren Barbaren auf und geleitete ihn durch die Flure. Er kannte dieses Gebäude noch in- und auswendig, hätte sofort alle Verstecke und Geheimwege gefunden, die er als Kind genommen hatte, um den Lehrstunden in der Bibliothek entgehen zu können.

      »Was geht hier vor sich?«, fragte Vynsu, während er Desith nacheilte und tüchtigen Dienern in knappen Tuniken auswich. »Sieht so aus, als wären sie im Aufbruch.«

      »Mein Vater ist bestimmt im Thronsaal, komm mit!«

      »Woher wisst ihr eigentlich, wo euer Thronsaal anfängt und wo er aufhört? Ich meine, schau dir diese aberwitzig hohen Decken an. Wie fegt ihr nur da oben Staub?« Vynsu sah nach droben, wo die gewölbte Decke des Flures so weit über ihren Köpfen hing, dass sie schon fast so hoch wie der Himmel selbst war. Zumindest sollte sie diesen Eindruck erwecken, die Höhe der Gebäude war ein Sinnbild für die Gewaltigkeit des Kaiserreiches. Für seine Übermacht und, wenn man Desith fragte, seine Arroganz. Aber er freute sich, diese Hallen und Flure wiederzusehen, hatte er doch lange Zeit geglaubt, den Dschungel nie wieder zu verlassen. Er hatte geglaubt, dort sterben zu müssen, bis ihn Vynsu gefunden hatte. Und nun war er hier, zu Hause, obwohl er es nicht mehr für möglich gehalten hatte.

      Je tiefer sie in den Palast eindrangen, je mehr Wachen standen mit geraden Rücken und unbeteiligten Mienen in den Fluren. Und endlich schien auch Desith erkannt zu werden, zumindest von einigen wenigen. Es gab jedoch auch Wachen und hochgestellte Diener, die es wagten, sich ihnen in den Weg zu stellen und sie daran zu erinnern, dass sie ohne Erlaubnis nicht befugt waren, diesen Bereich des Palastes zu betreten.

      »Ich bin euer Prinz!«, sagte Desith in seiner Muttersprache in einem herrischen Ton, und konnte förmlich Vynsus Unbehagen im Nacken spüren. »Tretet Beiseite, ich wünsche meinen Vater zu sehen!«

      Die Wachen vor dem Thronsaal wollten ihm jedoch nicht glauben, vor allem wegen des Barbaren, der ihm folgte. Doch bevor Desith aus der Haut fuhr, näherte sich Hilfe. Der General der Stadtwache, enger Vertrauter seines Vaters, erkannte ihn selbstverständlich wieder und führte sie höchstpersönlich durch die Türen in den weißen Thronsaals Elkanasais.

      Der Mittelgang war von weißen, goldverzierten Säulen gesäumt, roter Samtteppich dämpfte seine Schritte und führte an Reihen von weißen Bänken nach vorne zu einem Podium, auf dem ein Stuhl mit hoher Lehne, und weitere vier Stühle auf jeder Seite des Throns standen. Linkerhand befand sich die offene Front eines Balkons, der einen atemberaubenden Blick über die sonnengeflutete Stadt bot.

      »Eure Majestät«, der silbersträhnige General ging auf ein Knie und verbeugte sich würdevoll, »Ihr habt Besuch…«

      »Vater!« Desith umrundete einfach mit einem breiten Grinsen den gealterten Soldaten und hielt auf die zwei Personen zu, die vor den niedrigen Stufen des Podestes standen