Название | Geliebtes Carapuhr |
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Автор произведения | Billy Remie |
Жанр | Языкознание |
Серия | Chroniken der Bruderschaft 3 |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752909692 |
»Ich will… zu meiner Familie.«
Ein Schatten fiel auf ihn, als die Hexe sich in das Kerzenlicht stellte und sich über ihn beugte. Ihre Lockenpracht hüllte ihn ein, sie roch nach Orchideen. »Du bist schon bei deiner Familie, mein Sohn. Das weißt du doch noch, oder? Du hast dem Großkönig die Treue geschworen.«
Er wollte noch verneinen, wollte ihr sagen, dass sein Schwur in dem Moment nichtig geworden war, als Rick … gegangen war. Aber der Schlaf übermannte ihn.
*~*~*
Mit dem schwindenden Fieber, wurden auch seine Träume klarer…
Desith stolperte durch den Dschungel, unter dem Blätterdach herrschte unheilvolldrohendes Zwielicht. Geflüster in den Schatten. Kein Tier schien sich zu regen, dafür schien etwas anderes hinter den Blättern zu lauern, etwas Böses. Er konnte regelrecht spüren, wie es ihn aus der Dunkelheit heraus beobachtete. Es war überall, auf jeder Seite, vor und hinter ihm, immer dort, wohin er gerade nicht blickte.
Gehetzt sah er sich um. »Rick?« Er wollte rufen, wollte schreien, aber die Furcht schnürte ihm die Kehle zu. Mehr als ein heiseres Raunen entkam seinen Lippen nicht. »Rick?«
Ein Rascheln ließ ihn herumfahren, sein Herzklopfen pochte in seinen Ohren. Er wusste, dass er träumte, konnte den Traum aber nicht beeinflussen. Er ging dem Geräusch entgegen, obwohl er sich selbst anschrie, es nicht zu tun. »Rick?«
Etwas sprang aus dem dichten Unterholz in sein Blickfeld, groß und schlank, nicht mehr als ein Schatten. Er zuckte zurück, das Herz sackte ihm in die Hose, bis er ihn erkannte. Der Schatten nahm Form an, bekam ein Gesicht.
»Rick?« Er blinzelte. Es war Derrick, unverkennbar, groß und muskulös, aber mit einer Grazie, die ihm seine sterbliche, spitzohrige Mutter vererbt hatte. Doch etwas war anders an ihm, fremd und seltsam fern. Er sah Desith an – und doch starrten seine grünen Augen wie durch ihn hindurch, als wäre er in tiefen Grübeleien versunken.
Desith schluckte. »Rick? Lass uns nach Hause gehen, ja?«
Rick drehte sich jedoch einfach um, ohne ein Wort, und ging weiter in den Wald hinein. Suchte oben, suchte unten, blieb aber nicht stehen, folgte einer unsichtbaren Spur, wie ein Wolf der Witterung.
Ein unheimliches Schnattern wehte durch den Wald, die Bäume schienen zu stöhnen.
Desith eilte Rick nach, wollte ihn einholen und ihn festhalten.
Ganz gleich wie schnell er rannte, über kniehohe Wurzelgeflechte und umgestürzte Bäume hechtete, er holte Derrick nie ein, der – obwohl er langsam ging – ihm immer einen Schritt voraus war. Zum Greifen nahe, aber doch unerreichbar.
Desiths Herz raste ruhelos, panisch. Er brüllte aus Leibeskräften. »Rick!« Er wütete, spürte den Zorn, der ihm die Brust hinaufkroch und sauer schmeckte. »Rick! Lass uns zurückgehen! Warum bleibst du nicht stehen? Rick! Es ist sinnlos, wir müssen zurück! Hörst du mich? Bleib stehen, verdammt noch mal, du hohlköpfiger Bastard eines Dämons! Bleib verdammt noch mal stehen! Rick! He, Rick! Ich will heim, ich will nur … heim!« Mit jedem Wort verrauchte seine Wut und wurde zu Enttäuschung, zu Erschöpfung und schlicht zu Angst, weil Rick nicht stehen blieb, sich nicht einmal nach ihm umsah.
Desith wurde langsamer. Er wollte es nicht, aber der Traum bremste ihn, als ob ihn seine Ausdauer allmählich verlassen hätte, wie nach einem langen Lauf. Doch das spürte er im Traum nicht, er konnte gar nichts fühlen, bis auf die Empfindungen seines Herzens.
»Rick!« Er wurde panisch, je weiter Rick sich entfernte. Kopfgroße Blätter versperrten ihm immer wieder den Weg, wütend schlug er sie zur Seite, Derrick versank immer weiter im Zwielicht, bis ihn die Schatten gänzlich aufgesogen hatten.
Desith rannte los, auch wenn er bereits wusste, dass es sinnlos war. »Rick!« Er eilte diesem nach, konnte ihn aber nicht mehr finden. War er ihm überhaupt noch auf den Fersen? Desith wusste es nicht und irrte bald nur noch ziellos umher, drehte sich um sich selbst, eingeschlossen vom dunklen, dichten Dschungel, beobachtet von hungrigen Augen aus dem Unterholz.
Die Furcht ließ ihn blind davonrennen, doch er konnte dem Gefühl der Gefahr nicht entrinnen. Derrick war fort, und er war plötzlich im großen, unheimlichen Dschungel ganz allein, auf sich gestellt. Zwischen riesigen Raubtieren, giftigen Pflanzen und tödlichen Insekten. Ihm war, als ob hinter jedem Baumstamm der Tod lauerte.
Er war allein.
Und dann hörte er es. Das Grollen in der Dunkelheit, das Knacken und das Rascheln des Dschungels. Der Drache. Erschrocken fuhr er herum, starrte auf eine plötzlich schwarze Wand, und taumelte zurück. Nebel trat stoßweiße ins Zwielicht. Nein, kein Nebel, sondern Atem. Nach Schwefel stinkender Atem. Das Grollen wurde lauter, Desith erblickte die gewaltigen Nüstern des Drachen, der sich aus der Schwärze schob.
Er wartete nicht auf den Rest des Monsters, warf sich herum und rannte davon, sprang wie ein junges Reh durchs Unterholz, verfolgt von einem wütenden Brüllen und dem Geräusch eines gewaltigen Flügelschlags.
Sein Fuß verfing sich in einer Wurzel, und er stolperte vorwärts. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich mit den Händen voran abfangen, sie versanken in tiefem Matsch, unter ihm schimmerte eine dunkle Pfütze im Zwielicht. Doch er bemerkte, dass sie nicht sein Gesicht widerspiegelte. Sie zeigte gar nichts, auch als er sich tiefer hinab beugte. Er hatte kein Spiegelbild, als wäre er nur ein Geist.
Der Drache flog über ihn hinweg, brüllte, schien ihn nicht zu sehen. Aber das Unterholz um ihn herum knackte erneut, leise, es kam von überall und kreiste ihn ein. Er wankte auf die Füße und sah mit klopfendem Herzen zu, wie Gestalten in dunklen Umhängen und mit ausgestreckten Armen auf ihn zu kamen…
*~*~*
Vynsu schlug die Augen auf. Im ersten Moment wusste er nicht, was ihn geweckt hatte, aber seine Instinkte waren in Alarmbereitschaft. Wie ein Bär, der von dem Knacken eines Zweiges geweckt wurde. Er lauschte einen Moment, jedoch war es im Lager bei Nacht beinahe grabesstill, selbst vor dem Zelt schien sich nichts zu rühren, er konnte seinen eigenen Atem hören und das Zischen der Glut in den Feuerschalen. Da war sonst nichts.
Brummend bewegte er sich auf seinem Stuhl ein wenig hin und her, versuchte genervt, eine bequemere Position zu finden, aber durch die Nächte, die er bereits auf dem Holzstuhl an Desiths Seite verbracht hatte, taten ihm jegliche Gelenke und Knochen weh. Natürlich hätte er auch einen Barbaren abstellen können, der Desiths Bewacher spielte, aber sowohl er als auch seine Mutter und Jori hielten es für klüger, dass er sich selbst darum kümmerte. Er nahm diese Pflicht – auch wenn er sie nur aufgelastet bekommen hatte, um aus dem Weg zu sein – sehr ernst. Vermutlich hätte Vynsu ohnehin kein Auge zugetan, wenn er Desiths Schutz einem anderen Krieger anvertraut hätte. Außerdem tat es Vynsu auch für Derrick, für seinen Bruder. Er wollte dessen Gefährten beschützen, denn er wusste, Derrick hätte ihm den gleichen Gefallen erwiesen.
Vynsu verschränkte wieder die Arme vor der Brust, als es weiterhin still blieb, und rutschte tiefer an der Stuhllehne hinab, dann schloss er die Augen und schmatzte. Solange er hier saß, würde niemand an ihm vorbeikommen, weder ein Eindringling noch Desith. Keiner würde ein- noch ausgehen.
Plötzlich fiel ihm etwas auf. Wobei, eigentlich war es mehr das Aufflammen eines unguten Gefühls. Normalerweise schreckte er auf, wenn er spürte, dass sich außer ihm noch jemand im Raum befand, doch dieses Mal war es mehr das Gefühl, dass etwas fehlte…
Erschrocken richtete sich Vynsu auf und fuhr zum Bett herum. Desiths Lager war leer, kein Körper befand sich mehr darin.