Liebe und Alltag in der DDR. Helena Zauber

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Название Liebe und Alltag in der DDR
Автор произведения Helena Zauber
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750233195



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gekommen, als Du das letzte Mal hier warst. Das tut mir leid, aber was will man machen. Ich bin gut ins Objekt gekommen, aber mein Bus fuhr auch erst um 23:00 Uhr. Ehe ich geschlafen habe, war es auch 23:45 Uhr. Aber es war ja doch noch ganz schön gewesen, trotz des Zwischenfalls mit dem Uffz. Dass die Wohnung Dir gefällt, freut mich aber auch. Ich bin jetzt auch schon immer ganz gespannt, wie sie aussehen wird. Mach Dich nicht selbst verrückt, wegen dem Umzug. Es wird schon alles klappen. Du wirst das Kind schon schaukeln, Ich habe vollstes Vertrauen in Dich. Ich werde wahrscheinlich Sylvester fahren (in VKU), das wäre dann vom 30. 12. nach Dienst bis zum 4. 1. zum Dienst früh 6:00. Wenn ich richtigen Urlaub habe, ist auch Dein Großfrei drin. Ich habe mal geguckt wegen dem 7. Oktober. Da dieser ein Montag ist, wäre es sehr günstig, wenn ich dann meinen ersten VKU bekommen würde. Dann wäre ich vom 4. 7. nach Dienst bis 9. 7. zum Dienst zu hause und Du hast auch gerade frei. Wenn das klappen würde, das wäre eine Wucht. Ja das sind die kleinen Träume hier. Der Zwischenfall mit Yvonne ist natürlich nicht gerade sehr schön, aber was soll´s. Lass es ruhen, wie es ist. So Fratz, nun ist es 4:30 Uhr. Ab 5:00 Uhr gibt es genug zu tun für mich. Sei ganz lieb gegrüßt von Deinem Hannes. Ich liebe Dich, wie verrückt!“

      Es zeigte sich also, dass meine Idee, Hannes meinen Kalender zu schicken, genau richtig war. Ich freute mich natürlich auch, dass er den Brief dieser Yvonne nicht wichtig und ernst genommen hat. Dem entsprechend klang mein nächster (19.) Brief vom 10.6. als Antwort auf seine Briefe vom 8. und 9.6.:

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       Mein lieber Fratz Hannes!

       Ich habe mich sehr über Deine beiden Briefe gefreut! Endlich Post von Dir! Musst Du die ganze Nacht auf dem Flur hocken? Wann schläfst Du denn dann? Kannst Du dabei wenigstens Radio hören?

       Weißt Du nun schon, ob Du am Wochenende Wache hast?

       Ja, wir lassen den Brief von Yvonne ruhen.

       Heute bin ich mit dem Zug nach Hause gefahren. Es hat bei uns gewittert mit Hagel. Es wird wohl doch nicht der Jahrhundertsommer. Aber das kann uns ja nicht ärgern, dann musst Du nicht so sehr schwitzen. Morgen wollen Konstanze und ich nach der Arbeit gleich zum WKK fahren. Ich will fragen, wie das läuft mit dem Tag des Umzuges und Konni hat immer noch Ärger, wegen der Unterkunft. Sie will auch noch mal an den Major von Franks Einheit schreiben. Vom ZK hat sie die Antwort bekommen, ihr Fall werde bearbeitet. Ich halte mein Angebot aufrecht, dass sie zu mir kommen kann, wenn Du nicht da bist, aber offiziell in die Massenunterkunft zieht.

       Heute habe ich wegen Sonntag an Manuela geschrieben. Hoffentlich klappt alles! Ich liebe Dich doch so!

       Ach so: Könntest Du bitte auf Deine Brief das Datum vorne schreiben. Manchmal kommen die ja zu zweit hier an und ich weiß dann nicht, welchen soll ich zuerst lesen. Gute Nacht und ein dickes Küsschen von Deinem Fratz Helena.“

       Am nächsten Morgen war ich schon um 4:00 Uhr wach, weil jemand vergessen hatte, sein Radio auszumachen und in Frei gefahren ist.

      „Danach gab´s irre Träume. Hundekalt ist es auch. Den Träumen nach stehe ich freiwillig auf. Der Kälte nach möchte ich lieber im Bett bleiben. Mein Fratz, weißt Du schon, ob Du Wache hast am 16. 6.? Hoffentlich nicht! Ich liebe Dich ganz doll! Und heute ist erst Dienstag!“

      9. Kapitel

       A

      

       uch Hannes hat am Pfingstsonntag noch mal geschrieben.

      „Ich möchte wieder mal was von mir hören lassen, wenn es Dir recht ist.“

      Und wie recht es mir war!

      „Es ist Sonntag, 18:30 Uhr und ich habe gerade Fußball-Panorama gesehen. Eine feine Sache in Farbe, bloß blöd, dass man auf einem Hocker sitzen muss und das im Flur. Morgen geht der Stress wieder los, eine neue Woche fängt an. Ich sehe unser Wochenende in Gefahr kommen. Wir müssen wahrscheinlich Wache stehen, aber ich werde mich noch genau erkundigen. In genau 2 Monaten bin ich bei Dir im Urlaub. Im Radio läuft gerade ,Ìch sterbe nicht noch mal´. Du weißt doch was ich meine. Wir müssen unbedingt tanzen gehen, ich freue mich schon riesig darauf. Wie war Dein Wochenenddienst, so wie immer? Deine Schwiegereltern haben sich bestimmt auch noch nicht gemeldet, oder? Was ist eigentlich mit Konni geworden? Hast Du schon neue Termine für die Wohnung? Was macht das Transportproblem? Ich wollte, ich wäre doch lieber bei allem dabei. Aber es ist nun mal nicht zu ändern. Übrigens, Post bekommen wir im Feldlager, die wird wohl von hier nachgeschickt. Aber ich werde nicht schreiben können. Dann bist Du also mindestens 3 Wochen ohne Post. Das waren aber auch zwei schlechte Nachrichten heute.“

       J

      

       a, das waren schlechte Nachrichten.

      „Hoffentlich müsst Ihr keine Wache stehen!“

      Ich wünschte es mir so sehr.

      Den Liedtext, den Hannes erwähnte, fand ich nicht passend und fragte:

      „Hast Du Angst, es selbst mal singen zu müssen?“, und weiter:

      „Natürlich gehen wir tanzen, wenn Du auf Urlaub kommst. Am besten ins ,Boddenhus´, da haben wir es dann nicht so weit nach hause. Von meinem Wochenenddienst habe ich Dir ja schon geschrieben.“

      Dann berichte ich von Zoff in der Wohnunterkunft, wegen der Küchen- und Badreinigung, dass mich das aber nicht mehr gestört hat, da meine Tage dort ja eh gezählt waren. Dann fiel mir ein:

      „Wieso bist Du erst in zwei Monaten auf Urlaub. Du bekommst doch Deinen Sonderurlaub noch.

       Termine für die Wohnung habe ich noch nicht. Aber man sagte mir heute, das kann ganz plötzlich kommen.“

      Ja und dann ausführlich zu Konnis Situation:

      „Um Konnis Sache steht es ganz schlecht! Sie hat heute einen Anruf von der SED-Kreisleitung bekommen und ist heute Nachmittag gleich hingefahren. Die Genossin dort hat ihr gesagt, in der Massenunterkunft sei das doch gar nicht so schlecht. Sie habe auch mal in einem Studentenwohnheim gewohnt. Nun hat sich Konni doch über den Schwarzwohner in ihrer Wohnung beschwert. Aber die Objektleitung kümmert sich nicht mehr um so was, das müsse der Betrieb regeln. Na und wie der das regelt, kannst Du Dir ja vorstellen. Sie hat zum Schluss nur gesagt: Ich muss raus und die Schwarzwohner können drin bleiben! Die Genossin meinte dann noch, wenn Frank auf Urlaub kommt, können die anderen aus dem Zimmer ja so lange ausziehen! Bietet ihr also an, dass er sich dann dort schwarz aufhält. Du kannst mir glauben, sie hat die Nase voll! Ich verstehe auch nicht, warum sie Konni nicht ein kleines Zimmer geben. Da braucht der Betrieb auch nur ein Bett bezahlen. Na jedenfalls will die Genossin am 2. Juli eine Aussprache veranstalten, mit Konstanze, unserem Chef und einen Kollegen von der Kaderabteilung. Am Montag wollen wir mal zur BGL fahren, mal sehen, was die dazu sagen. Du siehst wie beschissen man dran sein kann, wenn der Mann zur Armee muss. Aber Konstanze kann sich meiner Unterstützung sicher sein. Schon alleine, weil ich immer daran denke, dass es mir hätte genauso gehen können.

       So, Fratz, ich hoffe, ich habe Deine Neugier für heute gestillt. Ich liebe Dich ganz doll und bin ewig Deine Dich liebende Helena. Gute Nacht.“

      Gleich am nächsten Morgen wieder Zeilen an Hannes. Diesmal über einen guten Traum:

      „Heute Nacht haben wir unsere Wohnung bekommen. Ich habe das eine Zimmer gleich eingerichtet, aber leider keine Tapeten gefunden.“

      Daran sehe ich heute wieder, wie sehr mich das Ganze auch in meinen Träumen beschäftigt hat. Auch bei meiner Mutter gab es Veränderungen.

      „Meine Mutter habe ich gestern angerufen,