Schwur auf Rache. Carola Schierz

Читать онлайн.
Название Schwur auf Rache
Автор произведения Carola Schierz
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738049206



Скачать книгу

die krachend hinter ihr ins Schloss gefallen war. Gut! Sie würde sich irgendwann schon wieder beruhigen und einsehen, dass er nur Luises Wohl im Sinn hatte. Außerdem würde ihr Protest Friedrichs Familie sowieso nichts mehr nutzen. – Sie waren alle tot!

      Fürst Siegmund ahnte nicht, dass er damit einem schweren Irrtum unterlag.

      Schwur auf Rache

      Pater Johannes saß am Bett des Jungen und sah besorgt auf das blasse Gesicht hinab. Es war ein Wunder, dass Falko den Überfall überlebt hatte. Er konnte noch immer nicht fassen, was ihm die Brüder bei ihrer Rückkehr erzählt hatten ...

      Die Mönche hatten den Jungen zunächst zu den anderen Toten auf den Karren gelegt, im Glauben, dass auch er nicht mehr am Leben war, bis Bruder Lukas bemerkte, wie Falko versuchte etwas zu sagen. In der Annahme, die letzten Worte eines sterbenden Kindes zu hören, hielt der Mönch sein Ohr direkt an den Mund des Jungen. Was er dann vernahm, konnte er kaum glauben.

      „Fürst Siegmund! ... Er war es ... Er hat die Männer dazu … beauftragt!“ Dann wurde Falko wieder bewusstlos.

      Direkt nach ihrer Ankunft im Kloster begab sich der Mönch zum Abt und berichtete ihm von dem schrecklichen Geschehen und den Worten des Jungen. Pater Johannes eilte danach sofort zum Krankenlager des Kindes und verschaffte sich einen Überblick. Falko war nicht ansprechbar und es schien fraglich, ob er überleben würde. Sein Angreifer hatte das kleine Herz nur knapp verfehlt, aber es bestand die vage Hoffnung, dass auch die angrenzenden Organe und großen Blutgefäße verschont geblieben waren, sonst wäre Falko sicher schon gestorben. Doch er hatte sehr viel Blut verloren.

      Der Abt wollte noch immer nicht glauben, was Bruder Lukas ihm offenbart hatte. Selbst wenn er den Jungen richtig verstanden hatte, konnten die Worte vom Schock herrühren, den das Kind zweifelsohne erlitten hatte. Doch er wollte auch kein Risiko eingehen. Er versammelte alle Brüder des Ordens in der Kapelle und unterrichtete sie über die schwierige Lage.

      „Solange wir nichts Genaues wissen, werden wir verschweigen, dass der Junge überlebt hat. Sollte er wieder zu sich kommen und die Anschuldigung widerrufen, können wir Fürst Siegmund die gute Botschaft immer noch überbringen. Er wird es sicher verstehen. Sollte sich aber herausstellen, dass er die Wahrheit sprach, schwebt Falko von Kaltenstein in höchster Gefahr. Dann darf niemand etwas davon erfahren, dass er lebt. Wir wollen alle gemeinsam ein Gelübde ablegen, dass wir uns an diese Vereinbarung halten werden.“

      Und so geschah es dann auch.

      Als Falko erwachte, saß Pater Johannes an seinem Lager und hielt ihm die Hand. Mit großen Augen blickte das Kind den Älteren an. Falko kannte den freundlichen Mann, seit er noch ganz klein gewesen war. Er wiederholte vor ihm seine Anklage gegen Fürst Siegmund.

      Liebevoll fuhren die Finger des Mönches durch das verschwitzte lockige Haar des Jungen. „Es tut mir leid, mein Sohn! Dir ist großes Unheil widerfahren. Doch der Herr hat dich bei uns gelassen und dafür wollen wir ihm danken!“ Der Abt faltete die Hände zum Gebet und gab Falko ein Zeichen, es ihm gleichzutun.

      „Ich werde nicht beten!“, flüsterte der Junge verbittert. Eine Weile blieb es still zwischen ihnen und nur das leise Knistern des Kaminfeuers war zu hören. „Gott hat zugelassen, dass Fürst Siegmund meine ganze Familie umbringt! Wofür sollte ich ihm also danken?“

      Pater Johannes lächelte nachsichtig. „Du glaubst also, dass Gott dafür die Verantwortung trägt? Nein, mein Sohn! Gott hat uns einen freien Willen gegeben. Es gibt Menschen, die diese Freiheit nutzen, um gute und große Dinge zu tun. Andere wiederum sind … wie Fürst Siegmund.“ Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. „Keiner hätte sich so etwas je vorstellen können. Auch wenn er nie so gütig war wie dein Vater, er galt bisher immer als unbescholtener Ehrenmann. Doch glaube mir, er wird die gerechte Strafe für seine Taten erhalten. Spätestens, wenn er eines Tages vor unserem Schöpfer steht.“

      Hasserfüllt starrte Falko ins Leere. Sein kleines Gesicht hatte jeglichen kindlichen Ausdruck verloren. „Ich werde dafür sorgen, dass er seine gerechte Strafe noch hier auf Erden erhält. Ich werde lernen zu kämpfen. Und ich werde ihm das Gleiche antun, das er mir angetan hat. Er soll auch alles verlieren!“ Die letzten Worte hatte er unter Tränen herausgeschrien. Der Abt nahm das schluchzende Kind fest in seine Arme.

      „Jetzt werde erst einmal wieder gesund. Du bist voller Hass und ich kann das verstehen, aber ich warne dich. Hass ist kein guter Berater. Er frisst dich nur auf. Eines Tages, wenn du ein Mann bist, dann kannst du dein Erbe zurückerobern. Aber nun müssen wir dich erst einmal verstecken. Der Fürst darf auf keinen Fall erfahren, dass du noch lebst. Wenn er fürchtet, seine Pläne könnten durchkreuzt werden, wird er alles daran setzen, dich zu finden, um dich doch noch zu töten.“

      „Verstecken? Ich verstehe nicht. Warum kann ich nicht aufs Schloss zurück? Hauptmann Gernot wird sicher auf mich aufpassen.“

      „Mein Junge! Du und Gernot allein habt keine Chance. Siegmund hat das alles nur getan, um an das Erbe deines Vaters zu gelangen. Das Schloss gehört jetzt ihm. Es dürfte dir schwer fallen zu beweisen, dass er etwas mit dieser Gräueltat zu tun hat. Er würde sicher den verständnisvollen Onkel spielen und zu deinem Vormund ernannt werden. Was das für dich bedeuten würde, kannst selbst du dir schon vorstellen ... oder, mein Junge?“

      Ja, in etwa konnte er das.

      „Also lass dir Zeit! Habe Geduld und bedenke genau, was du tun willst. Werde zunächst ein Mann, um ihm ein ebenbürtiger Gegner zu sein. Nur so wirst du Erfolg haben.“

      Falko dachte nach. Der Pater hatte sicher recht. Auch wenn es einem Jungen seines Alters vorkam wie die Unendlichkeit, er musste erwachsen werden, um seinen Eid zu erfüllen. Er sah dem Mönch fest in die Augen. „Ich kann warten, wenn es sein muss! Aber ich schwöre, dass ich nicht eher ruhen werde, bis ich das Erbe meines Vaters wiederhabe und Fürst Siegmund seine Strafe bekommen hat.“

      Pater Johannes nickte zustimmend. Im Moment war es das Wichtigste, den Jungen von irgendwelchen unüberlegten Racheakten abzubringen, die er sonst in seinem kindlichen Leichtsinn begangen hätte. Mit der Zeit würde er schon wieder zur Vernunft kommen und sich in sein Schicksal fügen. Alles andere wäre ein Spiel mit dem Tod.

      „Könntet Ihr Hauptmann Gernot verständigen, dass ich noch am Leben bin? Er ist mein bester Freund – und der meines Vaters.“

      „Nun, ich weiß nicht, ob es klug wäre …“

      „Wenn ich ihm nicht vertrauen kann, dann keinem! Bitte ruft ihn, Pater!“ Der Junge war erst zehn Jahre alt, aber er besaß in diesem Augenblick die Überzeugungskraft eines erwachsenen Mannes.

      „Gut. Ich werde ihn holen lassen. Nun schlafe, mein Sohn. Du wirst deine Kräfte noch brauchen.“

      Hauptmann Gernot saß, am Boden zerstört, in seinem Zimmer. Seit ihn vor zwei Tagen die ungeheuerliche Nachricht vom Tod seiner geliebten Herrschaft erreichte, hatte er den Raum kaum verlassen. Der furchtlose Kämpfer wusste nicht, wann er das letzte Mal geweint hatte, doch nun bahnten sich immer wieder neue Tränen ihren Weg. Auch der Wein, den er in großen Mengen trank, um zu vergessen, konnte seinen Kummer nicht lindern.

      Fürst Siegmund war schon gestern mit seinen Männern auf dem Schloss angekommen und hatte sofort die Führung übernommen. Zunächst fand niemand etwas daran auszusetzen, denn es gab einiges zur Vorbereitung der Trauerfeier zu organisieren. Doch bald war deutlich geworden, dass er schon jetzt grundlegende Änderungen in den bewährten Strukturen vorzunehmen gedachte. Gernot und seine Männer sollten den Befehlen von Siegmunds Hauptmann unterstellt werden. Dass hatte bei Gernots Leuten zu heftigen Protesten geführt. Er hatte ihnen zunächst befohlen, Ruhe zu bewahren und die weiteren Entwicklungen abzuwarten. Ihn selbst hatte diese Vorgehensweise des künftigen Schlossherren ebenso erzürnt, aber er war ein kühler Stratege und wusste, dass es für seine Männer nur zum Nachteil war, wenn sie sich dagegen auflehnten. Abgesehen davon musste er zunächst einmal seinen Schock überwinden, um wieder klar denken zu können.

      Nun war es schon Abend, als es an seiner Tür klopfte. Einer