Schwur auf Rache. Carola Schierz

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Название Schwur auf Rache
Автор произведения Carola Schierz
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738049206



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zu einem großen Krieger ausbilden lassen und dann mit seinen Männern die königlichen Truppen unterstützen. Dann würde er seine Eltern, mit unzähligen Orden an der schicken Uniform, stolz machen.

      „Tja, aber Männer müssen nun mal ihr Land vor Feinden beschützen.“

      „Wirst du mich auch beschützen?“ Wieder hatte sie die smaragdgrünen Augen auf ihn gerichtet.

      „Mal sehen!“ Plötzlich griff Luise nach seinem Hauptmann. Er wollte nicht, dass sie ihn bekam und hielt Parsifal hoch über den Kopf. Schnell sprang das Mädchen auf und griff erneut danach. Dabei rutschte sie aus und fiel rücklings in den Teich. Erschrocken blickte Falko auf das aufgewühlte Wasser. Kurz tauchte Luises Kopf über der Oberfläche auf und sie schnappte nach Luft. Es war offensichtlich, dass sie nicht schwimmen konnte.

      Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang er hinterher und zog das Mädchen an Land. Keuchend und pitschnass lagen sie nebeneinander am Ufer.

      „Meine Mutter wird schimpfen, wenn sie mich so sieht!“, flüsterte Luise atemlos.

      „Denkst du etwa meine nicht?“, keuchte er zurück. „Wir müssen die nassen Sachen ausziehen und zum Trocknen aufhängen, dann merken sie vielleicht nichts.“ Als sie ihn mutlos ansah, meinte er schulterzuckend: „Zumindest können wir es ja versuchen.“

      Beide zogen sich bis aufs Hemd aus. Als sie die Kleider über die Sträucher gelegt hatten, setzten sie sich wieder in die warme Sonne.

      „Danke, dass du mich gerettet hast. Du bist ein Held!“ Schüchtern lächelte sie ihn an.

      Falko hätte lügen müssen, wenn er nicht zugeben wollte, dass ihm diese Worte schmeichelten. „Schon gut, schließlich ist so was Ehrensache für einen zukünftigen Feldherrn.“ Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander.

      „Was ist das?“ Luise strich mit dem Zeigefinger über den dunkelroten Fleck an seinem Oberschenkel.“

      „Ein Muttermal! Also eigentlich hab ich das von meinem Vater. Er hat genau dasselbe.“

      Aufmerksam sah sie hin. „Sieht aus wie ein kleiner Stiefel!“, meinte sie nachdenklich.

      „Findest du? Hm, stimmt sogar. Hab mir da noch nie Gedanken drüber gemacht.“

      Nun begannen sie ausgelassen zu plaudern. So ganz ohne ihren modischen Glanz, benahm sich Luise wie ein völlig normales Kind und Falko begann ernsthaft, sie zu mögen. Bald spielten sie sogar gemeinsam mit seinen Soldaten. Stolz erzählte ihr der Junge von seinem Freund Gernot und was der ihm schon alles beigebracht hatte. Mit einem Stock demonstrierte er verschiedene Kampfzüge.

      Aufgeregt klatschte Luise in die Hände. „Das machst du toll! Sag mal, hast du nicht Lust, mein Ritter zu werden?“

      Zunächst fand Falko die Idee albern, aber dann sah er an ihrem Gesicht, dass sie es ganz ernst meinte und war geschmeichelt. „Gut! Was muss ich denn dafür tun?“

      Sie hatte rote Bäckchen vor Begeisterung. „Du musst vor mir niederknien und schwören, immer für mich da zu sein. So machen es die Ritter in Mutters Geschichten immer.“

      Davon war Falko weniger begeistert, doch er wollte ihr die Freude gönnen. „Aber es bleibt unser Geheimnis! Das ist meine Bedingung.“

      Sie willigte ein, auch wenn sie es schade fand, nicht mit ihrem Ritter angeben zu dürfen.

      Als die Sachen trocken waren, und beide sich so gut wie möglich hergerichtet hatten, war der große Moment gekommen. Falko kniete vor Luise nieder.

      Sie nahm seine Hand und sagte mit gewichtigem Tonfall: „Falko von Kaltenstein, willst du fortan mein Ritter sein, mir dienen, mein Leben mit dem deinen schützen und mir in der Not zur Seite stehen?“ Eigentlich war es nur ein Spiel, aber beide Kinder spürten, dass sie es sehr ernst meinten.

      Aufrichtig blickten seine grauen Augen in ihre grünen, als er sagte: „Ich schwöre es!“

      Von der Situation beeindruckt verharrten die Kinder noch einen Moment reglos, bevor sich der Junge erhob. Dann war der Zauber vorbei und sie mussten beide lachen. Schnell verfielen sie wieder in ihre ausgelassene Stimmung und kehrten gerade noch rechtzeitig zum Mittag in die Burg zurück.

      „Luise, Falko! Wie seht ihr denn aus! Ist euch etwas passiert?“ Aufgeregt kamen beide Mütter auf sie zu. Ihre Kleider waren zwar wieder trocken, aber völlig zerknittert und ramponiert. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Geschichte zu erzählen. Geschockt bedankten sich Luises Eltern für deren Rettung und Falko genoss es erneut, der große Held zu sein.

      Am Morgen von Luises neuntem Geburtstag wachte Falko mit einem flauen Gefühl im Magen auf. Er war erst sehr spät eingeschlafen. Lange hatte er über die Ereignisse am Teich nachgedacht und festgestellt, dass ihm die Zeit mit Luise sehr viel Spaß gemacht hatte. Inzwischen sah er in ihr so etwas wie eine gute Freundin. Mit reichlicher Überwindung rang er sich dazu durch, ihr ein besonderes Geburtstagsgeschenk zu machen. Er wollte dem Mädchen einen seiner Soldaten überlassen, damit der sie beschützen konnte, wenn Falko nicht da war, um seine Ritterpflicht zu erfüllen. Vorsichtig zog er das Stoffsäckchen unter seinem Kopfkissen hervor und breitete dessen Inhalt auf der Bettdecke aus. Bedächtig nahm er jeden der kleinen Kämpfer in die Hände. Dann hatte er sich entschieden. Anselm, sein ruhmreicher Schwertkämpfer, würde wohl am besten auf Luise achten. Er stellte den Auserwählten auf den Nachtschrank und beförderte den Rest der Truppe zurück in das Säckchen. Dann stand der Junge auf, um etwas zu suchen, womit man das Geschenk verpacken konnte. Aus Mangel an geeignetem Papier, griff er zu einem sauberen Taschentuch, welches seine Mutter mit Falkos Initialen bestickt hatte. Behutsam wickelte er Anselm darin ein und band das Ganze mit einer der Seidenschleifen zusammen, die ihm normalerweise für seinen Zopf dienten.

      Als Falko im Esszimmer eintraf, war schon die ganze Familie um das stolze Geburtstagskind versammelt. Luise trug erwartungsgemäß ein nagelneues Kleid und ließ freudig die zahlreichen Glückwünsche über sich ergehen.

      „Na das wird aber Zeit, mein Sohn!“, begrüßte Fürst Friedrich seinen Ältesten. „Komm her und gratuliere unserer lieben Luise zum Geburtstag!“

      Peinlich berührt brachte ihr Falko, unter den Blicken der Anwesenden, seine Wünsche entgegen. In der linken Hosentasche spürte er das Geschenk gegen seine Leiste drücken. Auf keinen Fall wollte er es Luise jetzt geben, wo alle dabei zusahen. Darum gratulierte er nur höflich und war froh, als sie sich an den Tisch begaben, um zu frühstücken. Im Anschluss an die Mahlzeit erhob sich Fürst Siegmund würdevoll und bat alle Anwesenden nach draußen. Dort erwartete sie schon ein Stallbursche mit einem schönen braunen Fohlen, das liebevoll mit bunten Bändern geschmückt worden war. Freudig kreischend lief Luise auf das Pferdchen zu und schlang zärtlich ihre Arme um dessen Hals. Auch Falko und seine Schwestern gesellten sich dazu und bewunderten das großzügige Geschenk ausgiebig. Zufrieden über den Erfolg seiner Überraschung, bat Siegmund seine Gäste wieder in die Burg.

      Falko und Luise blieben noch einen Moment allein. Darauf hatte der Junge nur gewartet. Schüchtern zog er das kleine Bündel aus seiner Hosentasche und überreichte es dem Mädchen wortlos.

      „Oh! Du hast ein Geschenk für mich? Wie schön!“ Vor Überraschung und Neugierde bekam sie rote Flecken am Hals. Ungeschickt öffnete Luise das Tuch und machte große Augen, als die Figur zum Vorschein kam.

      „Das ist Anselm. Er ist der beste Schwertkämpfer in meiner Armee und wird dich immer beschützen, bis ich es einmal selbst tue. – Ich hoffe du freust dich ein wenig!?“

      Luise war beeindruckt. „Du willst ihn mir wirklich schenken? Ich weiß doch, wie viel dir deine Kämpfer bedeuten! Das ist sehr großzügig. Danke! Ich werde ihn immer bei mir tragen.“ Zu seiner Überraschung fiel ihm das Mädchen um den Hals und gab ihm einen schüchternen Kuss auf die Wange. Dann lief sie ohne ein weiteres Wort zurück zur Burg. Falko grinste übers ganze Gesicht, während er ihr nachschaute. So etwa mussten sich die Ritter gefühlt haben, wenn sie das holde Burgfräulein für sich gewonnen hatten.

      Vielleicht war es ja doch nicht so schlimm, wenn man erwachsen