Название | Renaissance 2.0 |
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Автор произведения | Christian Jesch |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754127643 |
"Wo ist der Nachbau?", wollte Tandra plötzlich wissen.
"Ich weiß es gerade nicht. Aber warten Sie einen Moment. Ich werde das erledigen." Er lief, so schnell er konnte, aus dem Raum und ließ die beiden mit den Unterlagen zurück.
"Vielleicht kann der Kommandant einen der Renegaten schicken, der Thevog abholt und hier herbringt", überlegte Jikav laut.
"Thevog sieht die Dinge häufig aus einem anderen Blickwinkel. Das könnte hilfreich sein. Die Ingenieure haben nur auf die Bauteile geschaut und nicht darüber hinaus. Das ist genau Thevogs Spezialität."
"Was ist der Rest hier auf dem Tisch?" Jikav nahm einige Akten zur Hand und klappte sie nacheinander auf. Das meiste waren EEG's, CT's, MRT's und ähnliche, ärztliche Aufzeichnungen. Der junge Renegat warf sie unbeachtet wieder zurück auf die Tischplatte.
"Keine Ahnung, warum Pumar diese Unterlagen für stehlenswert gehalten hat."
"Hast du dir mal die letzte Seite der Akten angesehen?", forderte Tandra ihn auf. Jikav griff erneut nach einem der Pappordner und blätterte zur letzten Seite darin. Nachdem er sie gelesen hatte, fragte er seine Freundin, was denn so besonders daran war. Die runzelte die Stirn und nahm ihm das Dokument aus der Hand.
"Stimmt. An der ist nichts Besonderes. Aber schau dir mal diese an. Sie stammt von einem Mutanten." Jetzt war auch Jikav hellwach.
Sofort griff er nach weiteren Ordnern und blätterte sie durch. Dann machte er zwei Stapel. Einen für Mutanten und einen für normale Menschen. Gemeinsam verglichen sie die Datenblätter der beiden Gruppen und stellten nach einer Weile fest, dass bei den Mutanten Hirnaktivität gemessen wurde, sobald sie ihre Fähigkeit ausführten. Bei den normalen Menschen wurden jedoch Hirnströme gemessen, während man bei ihnen bestimmte Areale stimulierte. Allem Anschein nach wollte Jachwey dem Ursprung der Mutanten auf den Grund gehen. Lediglich der Anlass zu dieser wissenschaftlichen Erforschung offenbarte sich ihm nicht. Was Jikav jedoch noch viel mehr interessierte, war die Frage, wo der Gottkaiser die Mutanten her hatte, die sich für die Messungen zur Verfügung stellten.
"Vecal soll die Unterlagen wieder wegschließen", beendete Jikav seinen Gedankengang. "Ich denke, wir müssen uns diesen Gottkaiser einmal etwas genauer betrachten."
"Dazu benötigen wir aber Hilfe", wendete Tandra kritisch ein.
"Das ist kein Problem", erklang es von der Tür.
"Dahos? Ich dachte, Sie wären schon wieder in Ihrem Stützpunkt."
"Ich musste unbedingt noch mit Ihnen reden. Es gab einen guten Grund, warum Siglas heute Morgen vor Ihrem Haus stand. Wir müssen Sie warnen. Der Kommandant ist nicht nur ein einfacher Befürworter des Gottkaisers, wie die Meisten hier in der Stadt. Er ist eher so etwas wie ein Stalker. Der Kommandant lässt nichts auf Jachwey kommen und jeder, der schlecht über den Regenten spricht, steht auf seiner persönlichen Abschussliste. Nach Ihrer gestrigen Bemerkung war uns sofort klar geworden, dass Sie in Gefahr sind."
"Was für eine Bemerkung habe ich den gemacht?", fragte Tandra unwissend.
"Das Jachwey Technologie gestohlen haben soll", erinnerte sie Dahos.
"Wie ich schon sagte, davon habe ich nichts gesagt", widersprach die Renegatin vehement, wobei sie das Wort Ich besonders hervorhob.
"Doch. Das hast du leider", belehrte sie jedoch Jikav. "Aber das haben wir ja gestern schon geklärt."
"Könnt Ihr das zu einem späteren Zeitpunkt ausdiskutieren?", unterbrach Dahos. "Siglas, Qari und ich haben es geschafft, den Kommandanten zu überreden, in eurer Nähe zu bleiben. Nicht als Spion, sondern als Beschützer und in der Hoffnung, dass er unser doppeltes Spiel nicht herausbekommt."
"Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will", sagte Tandra offen und schaute dabei Jikav von der Seite an, dem der Gedanke scheinbar auch nicht gefiel.
"Offengestanden wissen wir nicht, wie ihr zu all dem steht", fügte er hinzu. "Unser Interesse am Gottkaiser könnte dem euren im Wege stehen."
"Wir gehören zur gleichen Garde von Renegaten, wie der Kommandant dieses Stützpunktes", wies Dahos den Einwand zurück, während sich Tandra fragte, wie lange sie sich schon in der Nähe des Raumes befunden haben musste, dass sie diese Information mitbekommen hatte. "Wir unterstützen den Gottkaiser nur oberflächlich. In Wahrheit beobachten wir alles, was er macht. Er scheint irgendetwas zu verheimlichen."
"Soll was genau bedeuten?", hakte Jikav nach.
"Wissen wir noch nicht. Da wir nichts von Pumars Anwesenheit wussten, konnten wir sie, oder ihn, keine Ahnung, auch nicht unterrichten. Möglicherweise hätte das geholfen."
"Dann unterrichten Sie uns jetzt. Glauben sie, dass Jachwey eine Gefahr für das Land ist?"
"Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Wir haben nur beobachtet, dass er eine Vielzahl an Wissenschaftlern und Ingenieuren angeheuert hat. Ingenieure konnten wir ja noch erklären. Deusakem soll so eigenständig, wie nur möglich, gegenüber der Hauptstadt und der Regierung sein. Aber Wissenschaftler? Darauf konnten wir uns keinen Reim machen."
"Unabhängigkeit von Lebensmitteleinfuhren durch genmanipulierte Agrarkulturen und Aquafarmen vielleicht", gab Jikav zu bedenken.
"Dann hätte er aber keine Ärzte und andere medizinische Forscher hier hergeholt."
"Gesundheitliche Versorgung und Forschung für die Bevölkerung", warf jetzt Tandra ein. Darauf hatte Dahos keine Antwort.
"Ich sehe schon, sie glauben mir nicht, dass da irgendetwas vor sich geht", sagte die Renegatin bedrückt.
"Das heißt nicht, dass wir Ihnen nicht glauben. Der Ansatz für Ihre Zweifel ist nur etwas dürftig."
"Und? Was haben Sie jetzt vor?" Tandra blickte ihren Freund mit einem leidigen Blick an. Sie wusste nicht so recht, was sie mit der Frau anfangen sollte. Konnten sie ihr trauen? Und, wenn ja, konnten sie auf die anderen beiden auch zählen? Jikav schien auch so seine Zweifel zu haben, denn er hatte seine Stirn in Falten gelegt und dachte angestrengt über die Pro und Kontra nach. Einen Vorteil hatte die Zusammenarbeit mit den dreien, vorausgesetzt, sie waren ehrlich zu Tandra und Jikav. Sie hatten somit auch Zugriff auf das Verhalten des Kommandanten ihrer Basis und wurden über jede seiner Handlungen unterrichtet. Trotzdem blieb da immer noch ein Restrisiko. Die drei Renegaten waren Unbekannte für sie. Aber vielleicht war er auch nur übertrieben paranoid. Mit einem unangenehmen Gefühl in der Magengrube nickte er unmerklich Tandra zu.
"Also gut. Bewähren Sie sich. Wir nehmen Sie mit in das Team. Trotzdem. Wir werden sie alle sehr genau im Auge behalten. Keiner von uns kann sich einen Fehler leisten. Versuchen Sie uns also nicht über den Tisch zu ziehen", drohte Tandra Dahos ganz offen. Die verzog keine Miene. Sie hatte sehr genau verstanden, was die Suprimemajorin damit andeuten wollte. Und sie traute ihr genau das auch zu, weswegen ihre in wenig mulmig wurde. Tandra bemerkte diese leichte Veränderung und beendete das Thema, indem sie Dahos beauftragte, ihre beiden Begleiter, Qari und Siglas, über das neue Abkommen zu informieren und sie herzuholen, damit weitere Schritte besprochen werden konnten. Von dem Inhalt der Akten erwähnte sie jedoch nichts gegenüber ihren neuen Mitstreitern.
Kapitel 15
"Na, bist du auch mal wieder hier?", fragte Marah schnippisch, als sie von Hinten an Shilané herantrat. "Wo warst du den gestern nach der Arbeit? Eine Ankilla hat sich immer in ihrer Quolcose einzufinden, wenn sie mit ihrer Tätigkeit außerhalb fertig ist", zitierte sie die Regeln der Gemeinschaft.
"Ich war bei meinem Onkel, wenn du es unbedingt wissen musst, Dayzicke", antwortete Shilané genervt.
"Nenn mich nicht so! Das ist respektlos!"
"Als hättest du Respekt verdient", konterte sie tonlos. Marah holte mit der Hand zu einem kräftigen Schlag aus, doch die junge Ankilla wehrte diesen mit dem Unterarm ab und versetzte ihrer Widersacherin einen Schlag, den sie nur Millimeter vor ihrer Nase stoppte. Diese Gegenwehr feuerte die Wut von Marah nur noch weiter an. Es entstand eine Rangelei, bei der Shilané immer wieder geschickt auswich oder konterte,