3. Die Marquise de Brinvilliers. Alexandre Dumas d.Ä.

Читать онлайн.
Название 3. Die Marquise de Brinvilliers
Автор произведения Alexandre Dumas d.Ä.
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754902547



Скачать книгу

Interessen folgte, sondern auf den Geschmack des Experimentes gekommen war. Gott hatte die Fähigkeit der Schöpfung für sich verbucht, dennoch musste er hinnehmen, dass ein zerstörerischer Kern seiner Schöpfung, dem Menschen, innewohnte. Deshalb wähnte der Mensch sich auf Augenhöhe mit Gott, wenn er Leben zerstören konnte. Das war die Philosophie, die hinter Exilis Stolz steckte: Er war der dunkle, fahle Alchemist des Todes. Andere mochten das große Geheimnis des Lebens suchen, doch er hatte das Geheimnis der Zerstörung gefunden.

      Sainte-Croix zögerte einen Moment, erlag letztendlich doch dem Hohn seines Gefährten, der den Franzosen unterstellte, dass sie viel zu viel Respekt bei ihren Verbrechen zeigten, was sie vom Ruin ihrer Feinde betroffen machte und sie mit hineinzog, obwohl sie sie mit Leichtigkeit überleben und danach den Triumph ihrer Zerstörung feiern könnten. Im Gegensatz zur französischen Ritterlichkeit, die allzu oft dazu führte, dass der Mörder eines grausameren Todes starb als sein Opfer, wies er auf den Florentinischen Verräter hin, mit seinem liebenswürdigen Lächeln und dem tödlichen Gift. Er sprach von gewissen Pulvern und Tränken, von denen einige eine Langzeitwirkung hatten, die ihr Opfer so langsam schwächten, dass es erst nach langen Qualen starb, andere wirkten so heftig und schnell, sie töteten wie der Blitz und ließen dem Opfer noch nicht einmal die Zeit für einen letzten Schrei. Nach und nach begann Sainte-Croix sich für diese grauenvolle Wissenschaft zu interessieren, mit der man das Leben der Menschheit in die Hände eines Einzigen legen konnte. Er begleitete Exilis Experimente und bald hatte er genug Geschick erlernt, um seine eigenen Experimente durchzuführen.

      Sainte-Croix kehrte in jene Gesellschaft zurück, die ihn verbannt hatte, mit einem tödlichen Geheimnis, das ihn bestärkte, mit dessen Hilfe er all das Böse, das ihm widerfahren war, zurückgeben konnte. Kurze Zeit später kam auch Exili auf freien Fuß – wie das passieren konnte, wurde nie herausgefunden – und er suchte Sainte-Croix auf, der ihm unter dem Namen seines Haushalters, Martin de Beuille, ein Zimmer im Hause einer Frau Brunet besorgte, das in einer versteckten Gasse in der Nähe des Maubert-Platzes gelegen war.

      Niemand weiß, ob Sainte-Croix während seiner Haft in der Bastille die Möglichkeit hatte, die Marquise de Brinvilliers zu sehen, es ist jedoch sicher, dass die beiden Liebenden sich nach seiner Entlassung näher waren als je zuvor. Aus der Erfahrung hatten sie allerdings gelernt, was sie zu befürchten hatten; weshalb sie sich dazu entschlossen, Sainte-Croix' neu erworbenes Wissen gleich auszutesten und M.

      D'Aubray wurde als erstes Opfer von seiner eigenen Tochter auserkoren. Auf einen Schlag wäre sie frei von der Unbequemlichkeit seiner strengen Verbote und Regeln, zudem würde sein Erbe ihr eigenes Vermögen sanieren, das von ihrem Ehemann schon beinahe aufgebraucht worden war. Dennoch, wenn man mit einem Schlag so viel aufs Spiel setzte, musste man sich absichern, dass es auch das gewünschte Ergebnis bringen würde, die Marquise entschied sich also, das Experiment zuerst an jemand anderem auszuprobieren. Und so kam es, dass ihr Zimmermädchen, Françoise Roussel, eines Tages nach einem langen Diner in ihr Zimmer kam und die Marquise ihr ein Stück indisch zubereitetes Lamm und ein paar eingemachte Stachelbeeren anbot. Ohne Argwohn aß das junge Mädchen, was ihre Herrin ihr gegeben hatte, doch sie fühlte sich fast zur gleichen Zeit bereits krank und klagte über fürchterliche Bauchschmerzen und über ein Gefühl, als ob spitze Nadeln in ihr Herz stachen. Doch sie überlebte und die Marquise schlussfolgerte, dass das Gift nicht stark genug war. Sie gab es Sainte-Croix zurück, der ihr ein paar Tage darauf mehr Gift brachte.

      Es war Zeit zu handeln. M. D'Aubray, der erschöpft von der Arbeit war, würde einige Tage in seinem Schloss Offemont verbringen. Die Marquise bot an, ihn zu begleiten. M. D'Aubray, im Glauben, dass ihre Beziehung zu Sainte-Croix zerbrochen war, nahm ihr Angebot freudig an. Offemont war genau der richtige Ort für ein derartiges Verbrechen. Mitten im Wald von Aigue, drei oder vier Meilen entfernt von Compiegne, würde es für jede effiziente Hilfe zu spät sein, wenn die schnelle Wirkung des Giftes eingesetzt hätte.

      D'Aubray brach mit seiner Tochter und nur einem Bediensteten auf. Die Marquise war nie so liebevoll, so besonders aufmerksam, gegenüber ihrem Vater gewesen wie auf dieser Reise. Und M. D'Aubray, wie Jesus Christus – in dem auch ohne eigene Kinder das Herz eines Vaters schlug – liebte seine nun reumütige Tochter mehr als wenn sie nie vom Weg abgekommen wäre. Zudem profitierte die Marquise von ihrem schrecklich ruhigen Anblick, den wir bereits in ihrem Gesicht bemerkt haben. Während sie immer bei ihrem Vater war, im Zimmer neben ihm schlief, mit ihm aß, sich in jeder Hinsicht darum kümmerte, dass er es gut hatte, immer rücksichtsvoll und hingebungsvoll, und keiner anderen Person erlaubte, etwas für ihn zu tun, musste sie ein lächelndes Gesicht wahren, in dem selbst das misstrauischste Auge nichts entdecken würde, außer der Zärtlichkeit einer liebenden Tochter, obwohl sie die niederträchtigsten Vorhaben im Herzen trug. Mit dieser Maske brachte sie ihm eines Abends eine Suppe, die sie vergiftet hatte. Er nahm sie in seine Hände; mit ihren Augen verfolgte sie, wie er die Tasse an seine Lippen führte und die Suppe trank, mit einer unverfrorenen Contenance verbarg ihr Äußeres jegliche Anzeichen der fürchterlichen Angst, die ihr innerlich fast das Herz zum Zerspringen gebracht haben musste. Nachdem er die Suppe ausgetrunken hatte und sie ihm mit ruhigen Händen die Tasse und die Untertasse abgenommen hatte, ging sie zurück in ihr eigenes Zimmer, wartete und horchte.....

      Die Wirkung zeigte sich schnell. Die Marquise hörte ihren Vater stöhnen, dann hörte sie ihn ächzen. Letztendlich hielt er sein Elend nicht mehr aus und rief nach seiner Tochter. Die Marquise ging zu ihm. Nun jedoch mit einem Gesicht, das so lebhafte Angst zeigte, dass es nun an M.

      D'Aubray war, zu versuchen, seine Tochter wegen seines Zustandes zu beruhigen. Er dachte, dass es nur ein vorübergehendes Unwohlsein war, und wollte nicht, dass der Arzt gestört würde. Doch dann übermannte ihn ein furchtbarer Brechreiz, gefolgt von derart unerträglichen Schmerzen, dass er dem Flehen seiner Tochter nachgab und sie doch darum bat, Hilfe zu holen. Gegen acht Uhr morgens kam ein Arzt, doch zu dieser Stunde war bereits alles im Körper abgebaut, was während einer wissenschaftlichen Untersuchung hätte Aufschluss geben können. Der Arzt konnte aus der Beschreibung von M. D'Aubray nichts heraushören, was man nicht einer Verdauungsstörung zuschreiben konnte. Er gab ihm Medikamente und machte sich auf den Rückweg nach Compiegne.

      An jenem Tag wich die Marquise nicht mehr von der Seite ihres Vaters. In der Nacht richtete sie sich eine Schlafstätte in seinem Zimmer ein und erklärte, dass niemand außer ihr an seinem Bett sitzen darf. Auf diese Weise konnte sie den Verlauf der Krankheit und den Kampf zwischen Leben und Tod im Körper ihres Vaters mit eigenen Augen beobachten. Am nächsten Tag kam der Arzt erneut: M. D'Aubray ging es schlechter. Die Übelkeit hatte zwar nachgelassen, doch die Bauchschmerzen wurden immer heftiger. Ein Feuer schien sich durch seine Organe zu brennen, eine Behandlung wurde angeordnet, die seine Rückkehr nach Paris erforderte. Bald war er aber so schwach, dass er es für das Beste hielt, nur nach Compiegne zu reisen, doch die Marquise bestand so beharrlich darauf, dass nirgendwo besserer Rat zu finden sei, als in seiner Heimat, dass er sich schließlich entschied, doch weiter zu fahren. Er brach in seiner eigenen Kutsche auf und lehnte sich an die Schulter seiner Tochter, die sich weiterhin auf dieselbe liebevolle Weise um ihn kümmerte: Endlich erreichte M. D'Aubray Paris.

      Alles geschah, wie die Marquise es sich erhofft hatte; denn die Umstände hatten Sich nun geändert: Der Arzt, der die Symptome gesehen hatte, würde zum Zeitpunkt des Todes nicht anwesend sein, niemand könnte also durch Beobachtung des Krankheitsverlaufes die Ursachen herausfinden. Der rote Faden im Untersuchungsverlauf wurde in der Mitte entzweit, und beide Enden waren nun zu weit voneinander entfernt, um wieder zusammengefügt zu werden. Trotz der besten Behandlung und Aufmerksamkeit verschlechterte sich M.

      D'Aubrays Zustand immer weiter; die Marquise spielt ihre Rolle bis zum Schluss, wich nicht eine Stunde von der Seite ihres Vaters. Nach vier qualvollen Tagen starb er endlich in den Armen seiner Tochter und segnete jene Frau, die seine Mörderin war. Ihre Trauer brach unkontrolliert aus. Ihr Schluchzen und ihre Tränen waren so herzzerreißend, dass ihre Brüder in seiner Trauer dagegen fast schon kalt wirkten. Niemand vermutete einen Mord, also wurde auch keine Autopsie durchgeführt. Das Grab wurde zugeschüttet und sie zog nicht den geringsten Verdacht auf sich.

      Doch die Marquise bekam nur die Hälfte von dem, was sie sich erhofft hatte. Natürlich