Slow Dancing In A Burning Room. Rika Mayer

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Название Slow Dancing In A Burning Room
Автор произведения Rika Mayer
Жанр Языкознание
Серия Slow Dancing In A Burning Room
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754184059



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sie ein Paar Unterhosen aus dem Schrank suchte und dann ihr Nachthemd überzog. Wenn sie den Anfall von Müdigkeit ausnutzte, würde sie vielleicht gleich einschlafen und morgen war das alles nicht passiert. Albin hatte das Gesicht zur Wand gedreht und schien nicht mitzubekommen, dass seine Freundin hinter ihm unter die Decke schlüpfte.

      Der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Obwohl sie bestimmt eine Schicht Haut von sich geschrubbt hatte, spürte sie immer noch seine Hand auf ihrem Arm, in ihrem Nacken, seine Lippen auf den ihren. Auf der Decke, auf die sie starrte, projizierten sich Bilder und Gedanken und erhöhten ihren Puls bis zu einem Punkt, an dem sie das Gefühl hatte zu ersticken. Ihre Ohren begannen zu rauschen und sie musste die Decke loswerden. Was war bloß los mit ihr? Warum machte sie sich so viele Gedanken darüber, was passiert war? Oscar hatte ganz Recht: Es war nur ein Kuss - es hatte nichts zu bedeuten, wenn er von Haydn Cavendish kam. Aber das war es nicht allein. Es war nicht nur, dass sie verstört und verärgert war. Dazu waren ihre Gedanken viel zu unanständig. Der Teenager in ihr jubilierte geradezu: Sie hatte einen Rockstar geküsst!

      Sie drehte sich zu Albin und folgte dem Umriss seines schlafenden Körpers im Zwielicht der Straßenlaternen, die selbst hier oben noch durchs Fenster schienen. Zu gerne hätte sie sich jetzt in seine Arme gekuschelt, um sich wieder sicher zu fühlen, aber da gab es ein gravierendes Problem: Sie hatte genau das getan, wovor er sie gewarnt hatte – sie war auf Haydn Cavendishs Charme hereingefallen. Albin und sie hatten kaum mehr ein Wort darüber verloren, seit sie das Interview angenommen hatte, aber wenn sie ihm jetzt sagte, dass sie sich hatte küssen lassen, konnte sie gleich aufstehen und anfangen ihre Sachen zusammenzupacken.

      „Ah förbannat!“ Sie warf die Beine über die Bettkante und versuchte durch Gähnen ihre Ohren freizukriegen. Halblind tappte sie zum Sofa und ließ sich darauf fallen. Ächzend nahm sie ihre Tasche und kramte nach ihren Notizen und dem Diktiergerät. Wenn sie schon nicht schlafen konnte, konnte sie ebenso gut ein bisschen Arbeit erledigen. Vielleicht würden dann die Bilder in ihrem Kopf verschwinden, wenn dieser Alptraum endlich abgeschlossen auf Karlas Tisch lag.

      Sie knipste das Licht neben dem Sofa an und steckte ihre Kopfhörer ans Diktiergerät, um Albin nicht zu wecken. Doch je länger sie zuhörte, desto unruhiger wurde sie. Nicht, weil es tatsächlich ein ganz anständiges Interview geworden war, vielmehr begann sie plötzlich zwischen den Zeilen zu lesen. Du lieber Himmel, das konnte sie unmöglich alles drucken! Sie klang ja manchmal wie ein blauäugiger Teenager! Niemand, niemand, durfte das je zu hören bekommen!

      11

      Das Telefon riss sie aus einem traumlosen Schlaf. Das Diktiergerät war auf den Boden gefallen und aufgesprungen. Verdammt, es war also kein Traum gewesen. Die Kassette hatte sich aufgewickelt und Linnea fluchte, während sie es aufhob und gleichzeitig ihr Handy in ihrer Tasche suchte. „Hej flicka!“ Es war Kristina. Natürlich war es Kristina, wer sonst würde sie um diese Uhrzeit anrufen? „Hej, Kris. – Verdammt!“ Das Band war eingerissen und Linnea legte das Gerät frustriert auf den Tisch. „Wie ist es gestern gelaufen? Sag schon! Bist du in Ohnmacht gefallen?“ Das hätte sie wohl besser getan. „Ist er wirklich so umwerfend, wie man sagt?“ So würde sie das vielleicht nicht sagen… „Es ist ganz gut gelaufen – denke ich.“ Sie sah auf ihre Spickzettel die über das ganze Sofa verstreut waren und steckte das Ladegerät an ihren Laptop. „Hat er deine Fragen beantwortet?“ „Die meisten, ja.“ „Wahnsinn! Karla wird dich lieben!“ „Kris, solltest du nicht in der Arbeit sein?“ Wie spät war es eigentlich? „Oh, ich bin auf dem Flur. Recht ruhig heute. Aber jetzt erzähl schon: Hat er mit dir geflirtet? Bestimmt hat er das.“ Linnea zuckte zusammen, biss sich auf die Lippen bis sie Blut schmeckte und schüttelte das Bild von sich. „Oooooh, ich bin ja so neidisch auf dich! Warst du wenigstens ein klein bisschen versucht, mit ihm zu flirten? Ich hätte dieses Interview niemals führen können, ich wär nach dem ersten Satz schon auf seinen Schoß gesprungen.“ Linnea ließ sie reden. Sie hatte gar nicht vor, dazwischen zu gehen. Je weniger sie selbst erzählen musste und je mehr Kristina sich ausdachte, umso mehr konnte sie sich darauf konzentrieren, das Chaos um sie herum in Ordnung zu bringen. Albin war längst bei der Arbeit. Hatte er sie zum Abschied wenigstens geküsst? „Kris, ich bin echt beschäftigt.“ Und sie brauchte Kaffee. „Ich muss alles noch ordnen und formatieren und dann muss ich meiner Mutter noch das Kleid zurückbringen.“ Dieses furchtbare Kleid! „Ach, du hast es gut, dass du heute frei hast. – Was ziehst du denn heute Abend an? Kommt Albin mit? Ich wette, er hat gesagt…“ „Heute Abend?“ Was war denn heute Abend? „Zum Konzert! Ach, ich bin ja soooo neidisch! Ich hab ja keine Karten mehr gekriegt und eigentlich hätte ich schon erwartet, dass du deine beste Freundin mitnimmst, aber ich muss ja zu dieser dämlichen Jubiläumsfeier.“ Welches Konzert? Oh mein Gott, das Konzert! Linnea zog fieberhaft die Mappe aus einem Stapel auf dem Couchtisch, sodass alles andere auf den Boden rutschte und blätterte nach den zwei Karten, die Karla ihr für ihre Arbeit ebenfalls geschenkt hatte. Es waren keine Presse- oder gar VIP Tickets, dafür war Linnea nur eine zu einfache Mitarbeiterin, aber es waren Karten für das ausverkaufte Konzert von Agents Provocateurs im Annex an diesem Abend.

      „Okay, ich muss jetzt, glaube ich, zurück ins Büro“, seufzte Kristina am anderen Ende der Leitung. „Aber wir treffen uns ja eh morgen Abend zum Essen und da will ich dann alles über das Konzert hören – und Haydn Cavendishs Augen.“ Linnea ließ die Karten sinken. „Ciao ciao, flicka!“ „Bis dann, Kris“, legte sie auf und lehnte sich seufzend zurück. Das Konzert. Sie konnte unmöglich auf dieses Konzert gehen. Nicht nach dem was die Musik mit ihr gemacht hatte – nicht nach dem was Haydn Cavendish mit ihr gemacht hatte. Aber es wäre ihr erstes richtiges Rockkonzert. Als Teenager hätte sie ihren linken Arm dafür gegeben, ein Live-Konzert zu erleben – außerhalb der Jugendclubs. Ihr Studium und ihre Beziehung hatten sie viel zu sehr gezähmt, sie war gar nie mehr auf die Idee gekommen, nachdem sie in die Stadt gezogen war, wo die Musik tatsächlich spielte. Es würde sie vielleicht nicht umbringen. Sie würde ihn ja wahrscheinlich nicht mal richtig sehen können. Und eigentlich würde sie schon gerne erleben, wie man solche Musik auf die Bühne bringen konnte. Nur weil Haydn Cavendish ein arroganter Snob war, musste sie ja nicht die Band bestrafen, indem sie ihre Karten verkommen ließ.

      Okay, sie würde gehen, aber sie würde sich nicht amüsieren. Und sie wusste auch, wem sie mit der zweiten Karte ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk machen konnte.

      12

      „You are my sunshine, my only sunshine, you make me happyyy...!“ Ian sprang neben Haydn aufs Bett und rüttelte seinen Bandkollegen an der Schulter. „Rise and shine, mouse, rise and shine!“ „Hau ab!“, schlug der Angesprochene um sich und zog die Decke über den Kopf. „Oh, it’s such a beautiful day. The sun is out, the birds are singing…” „Would you stop that?” Haydn schlug die Decke wieder zurück und setzte sich auf. „Dir auch einen schönen guten Morgen, Maus.“ Ian lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Woher kommt deine gute Laune so früh am Morgen?” „Zu viel Zucker im Kaffee.“ „Oh Gott!“ Haydn verkroch sich wieder unter der Decke und kniff die Augen zusammen. Aber er musste sich gar nicht bemühen, er war längst wach, sollte er überhaupt je wirklich müde gewesen sein. „Okay, jetzt hast du mich soweit. Also sei so gut und bestell Frühstück.“ „Right, boss!“ Ian kletterte wieder aus dem Bett und griff nach dem Telefon.

      „Sind die anderen schon wach?“ Haydn tastete nach seinen Zigaretten und gähnte langgezogen. Er war tatsächlich eingeschlafen, wann war denn das passiert? „Wach und munter!“, nickte Ian und nahm sich die gebotene Zigarette. „Wie spät ist es?“ „Kurz vor zehn.“ „Was?!“ Das brennende Streichholz fraß sich in die Decke, bevor Ian es ausdrücken konnte. „Merde!“ „Jesus!“ Beide sprangen zurück und Haydn schüttete geistesgegenwärtig sein Wasser darüber. „Phew!“ „Mein Gott, wie zwei Mädchen“, grinste Ian dann und setzte sich wieder. „Du ja kennst meine feminine Seite“, zwinkerte Haydn und entzündete ein neues Streichholz. „Huch, ja“, winkte Ian fröhlich ab und zog fest, um die Zigarette zum Glühen zu bringen. „Und du quietscht immer noch wie meine Maus.“

      Etwa