Название | Die deutschen Auswanderer |
---|---|
Автор произведения | Jakob |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754184851 |
Es gelang, ihn in den Aufzeichnungen der Übersiedler aus den Kolonisten Siedlungen ausfindig zu machen. Diese Aufzeichnungen wurden im Zuge einer Revision erstellt, die auf Anordnung der Vormundschaftskanzlei für Ausländer am Ende des Jahres 1767 erstellt wurde. An zehnter Stelle ist er neben weiteren Übersiedlern der Kolonie „Potschinnaja“ registriert, deren deutsche Bezeichnung „Kratzke“ lautet. Die im Zensus angeführten Informationen „Züge Christian Gottlieb, 22, Schuhmacher aus Sachsen, ledig, Ankunft am 7.08.1766, hat von der Voevodsker Kanzlei in Saratow 150 Rubel erhalten, hat zum Jahr 1768 eine Deßjatine aufgepflügt, ist als Leiharbeiter tätig“,13 entsprechen voll und ganz seiner Erzählung über sich selbst. Letzteres dient auch als Beweis seiner Autorenschaft, die von einzelnen Historikern angezweifelt wird, wie sich den Fakten im Nachwort zu seinem Buch entnehmen lässt. Alle Übersiedler der Kolonie „Potschinnaja“ wurden der Anwerbemannschaft der Privatkolonie De Boffes zugerechnet. Deren Mitglieder wendeten im Bemühen, so viel Geld wie möglich zu verdienen, beliebige legale und illegale Vorgehensweisen an, machten auch vor offensichtlichem Betrug keinen Halt und warben alle und jeden an, unter anderem auch Kolonisten, die für die Landarbeit ungeeignet waren. Die damals unter den Anwerbemannschaften vorkommende „schmutzige“ Praxis beim Anwerben deutscher Kolonisten erwähnt auch Georgij Pisarevskij in seinem Buch: „... das allgemeine Niveau der Kronskolonisten war weitaus höher als das der Privatkolonisten, bei denen Vertreter des städtischen Proletariats keine Seltenheit waren – Menschen, die jeder Arbeit aus dem Wege gingen, Trinker und Vagabunden“.14
Die hier für die Kolonie „Potschinnaja“ durchgeführte Analyse des Übersiedlerverzeichnisses aus der Revision von 1767, in dem auch der Kolonist Züge geführt wird, zeigt, dass unter den 54 registrierten Übersiedlern 33 verheiratete und zehn verwitwete Personen (davon acht Männer), ein Waisenkind, zwei Stiefkinder und acht Junggesellen waren, und zu ihren Familien gehörten 32 Kinder. Bei elf registrierten Personen, von denen vier erwachsene Männer, zwei Witwen und fünf Stief- und Waisenkinder waren, war keine Berufsbezeichnung angegeben. Diese Daten lagen nur für 43 offiziell registrierte Kolonisten vor, von denen lediglich sechs Ackerbauern bzw. Personen waren, die über Erfahrung in der Landwirtschaft verfügten. Unter den Übrigen waren sechs Schuhmacher, fünf Weber, drei Schneider und jeweils zwei Gerber, Schmiede, Weinbrenner, Steinmetze, Soldaten und Tischler. Nur einmal waren folgende Berufe anzutreffen: Maler, Jäger, Instrumentenbauer, Schlosser und Schreiner. Je einmal waren auch so seltene Fachgebiete wie Salzsieder, Kupferschmied, Schiffbauer, Silberschmied, Sattler und Buchbinder vertreten.
Wir sehen also, dass lediglich 14% der in der Kolonie „Potschinnaja“ registrierten Kolonisten über Erfahrungen in der Landwirtschaft verfügten. Die Übrigen, die den Überredungskünsten und der Hartnäckigkeit der Beamten nachgegeben hatten, wurden gegen ihren Willen gezwungen, einer landwirtschaftlichen Beschäftigung nachzugehen, obwohl sie auf ganz andere Bereiche spezialisiert waren. Eine solche professionelle Zusammensetzung konnte auch Züge beobachten, und die daraufhin folgende Beschreibung in seinem Buch fiel nicht unbedingt positiv aus.
Nicht nur er, sondern auch andere Autoren übertrugen die negativen und subjektiven Einschätzungen hinsichtlich der professionellen Eignung der Übersiedler, die meist durch Agenten anwerbender Privatkolonien rekrutiert wurden, auf alle deutschen Kolonisten im Wolgagebiet, was bei weitem nicht immer den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach. Um keine leeren Behauptungen aufzustellen, werden an dieser Stelle die Ergebnisse der bereits erwähnten Revision von 1767 angeführt. Diese lagen dem Rapport des Grafen Orlov vom 14. Februar 1769 zugrunde, der von ihm an Katharina II. gesendet wurde. Die einzigartigen Materialien dieses Rechenschaftsberichts sind in Anhang №38 der monumentalen Arbeit Grigorij Pisarevskijs aufgeführt. Der Anhang enthält eine zahlenmäßige Charakteristik der Kolonisten („(...) wie viele ausländische Familien in den bei Saratow gegründeten Kolonien zum Ackerbau in der Lage bzw. nicht in der Lage sind, und auch die Anzahl der Männer und Frauen...“) und gibt auch den Viehbestand, den Bestand an Saat- und Dreschgut und die Anzahl der gebauten Häuser und Anbauten an.15
Das vorliegende Buch beschäftigt sich später in den entsprechenden Abschnitten detaillierter mit der Bewertung dieser Daten, an dieser Stelle bewerten wir hingegen die Zusammensetzung der Kolonisten im Rahmen ihrer Fähigkeit und Eignung für den Ackerbau. Dabei werden die sogenannten „Kronskolonien“ und die „Privatkolonien“ getrennt voneinander behandelt. Insgesamt wurden im Wolgagebiet 41 Krons- und 61 Privatkolonien gegründet. Es soll daran erinnert werden, dass neben russischen Gesandten und Residenten auch von der Regierung ernannte spezielle Kommissare mit dem Anwerben der Kronskolonisten betraut waren. Deren Bezahlung hing nicht von der Anzahl der angeworbenen Personen ab. Die Bildung der Privatkolonien verlief hingegen anders. Deren Werber und ihre Agenten waren wenig um die qualitative Zusammensetzung besorgt, da ihre Bezahlung direkt von der Anzahl der angeworbenen Kolonisten abhing.
Laut den im Rapport des Grafen Orlov gemachten Angaben lebten 2.946 Kolonisten Familien in den Kronkolonien. Von diesen waren 2.747 oder 93% zum Ackerbau fähig, bei 199 war dies nicht der Fall. Dabei waren in Kolonien wie Panovka, Elshanka, Jagodnaja Poljana, Talovka und Bujdakov Bujarak alle 100% der Familien für die Arbeit in der Landwirtschaft geeignet. Im Falle der Privatkolonien wurden folgende Zahlen genannt: Bei De Beauregard waren 1.357 von 1.523 oder 89% der Familien für den Ackerbau geeignet, bei De Boffe 403 von 434 oder 92,8% der Familien. Ein wenig niedriger war der Anteil der für den Ackerbau geeigneten Familien in den Privatkolonien Lerois' und Pitets., der bei 1.347 von 1.530 Familien lag (88%). Von allen 6.433 Familien der Krons- und Privatkolonien wurden 5.854 oder etwa 91% als für den Ackerbau geeignet geführt.
Wie wir also sehen, wird im Rapport Orlovs eine recht hohe Eignung der Kolonisten Familien für die landwirtschaftliche Produktion genannt, die sich in keinster Weise mit den existierenden negativen Bewertungen einzelner Autoren vereinbaren lässt. Dabei ist anzumerken, dass die Bewertung der Eignung eines Kolonisten für den Ackerbau ohne Angabe seines vormaligen Fachgebiets erfolgt. Man kann davon ausgehen, dass ein bestimmter Anteil der Übersiedler nichts mit der Landwirtschaft zu tun hatte, sich gegen den eigenen Willen zum Erlernen des Ackerbaus gezwungen sah und sich erst später daran gewöhnte und Fortschritte in dieser Tätigkeit machte.
Ganz anders entwickelten sich die Dinge beim Anwerben von Kolonisten, die in anderen Staaten, in denen Russland ebenfalls Kolonisten anzulocken versuchte, für den Umzug dorthin gewonnen werden sollten. Die russische Regierung forderte 1763 ihre diplomatischen Gesandten und Agenten dazu auf, das Manifest Katharinas II. in vielen Ländern Europas zu veröffentlichen und zu verteilen und in diesen aktiven Kolonisten anzuwerben. Allerdings blieb ihre Tätigkeit in diesen Ländern beinahe ergebnislos. Dies hatte mit einer ganzen Reihe von Ursachen und insbesondere damit zu tun, dass die bedeutenden europäischen Staaten selbst Interesse an einem Zustrom fremder Staatsangehöriger hatten, die Einwanderung auf jede erdenkliche Art und Weise zu stimulieren versuchten und die Auswanderung aus ihren Ländern untersagten. Im Hinblick darauf ergriffen viele von ihnen alle möglichen Maßnahmen gegen Versuche, ihre Staatsangehörigen über die großzügigen Vergünstigungen und Privilegien für Übersiedler nach Russland, die im Manifest verkündet worden waren, zu informieren. Eine Reihe von Ländern sah sich zudem dazu gezwungen, äußerst hart gegen die Tätigkeit der russischen Werber vorzugehen.
So untersagte die österreichische Königin Maria Theresia durch ihren Erlass vom 16.11.1763 nicht nur die Verbreitung des Manifests von Katharina II., sondern auch die Auswanderung aus ihrem Land. Die erstmalige Zuwiderhandlung wurde mit fünf Jahren Gefängnis und Zwangsarbeit bestraft, die erneute Zuwiderhandlung mit zehn Jahren Gefängnis und Zwangsarbeit und die dritte Zuwiderhandlung mit der Todesstrafe durch Erhängen. Dabei drohten dieselben Strafen bis hin zur Todesstrafe auch den ausländischen Werbern und eigenen Staatsangehörigen, die sie in ihrer Arbeit unterstützten. Mit Zwangsarbeit
und Gefängnis wurde die Aufnahme angeworbener Personen im eigenen