Zwischen Hoffen und Zerbrechen - Ist mein Partner ein Narzisst?. Anita B.

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Название Zwischen Hoffen und Zerbrechen - Ist mein Partner ein Narzisst?
Автор произведения Anita B.
Жанр Языкознание
Серия Eine toxische Beziehung
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753188171



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fühlt sich perfekt an. Zurück im Hotel schlemmen wir erneut über Stunden an unserem Fünf-Gänge-Menü. Danach können wir uns kaum noch bewegen. Oben im Zimmer nehme ich ein erholsames Bad in der großen Wellness Badewanne.

      Am nächsten Morgen genießen wir ein ausgiebiges Frühstück. Das Buffet ist der Wahnsinn, nach dem dritten Teller Lachs, zwei Omeletts und ganz viel frischem Obst lehne ich mich vollgefuttert zurück. Abschließend trinke ich noch einen Cappuccino. Das Leben ist so schön! Nichts und niemand kann uns mehr trennen.

      In Ruhe packen wir zusammen, checken aus und danach gehen wir bei strahlendem Sonnenschein in Richtung Garmischer Sprungschanze. Die vielen Treppen nach oben machen uns heute richtig zu schaffen, jeder Schritt tut dabei weh. Doch wieder lohnt sich die Anstrengung, auch von hier ist der Blick ins Tal beeindruckend.

      John schlägt vor, gemeinsam mit den Jungs zum Neujahrsspringen herzufahren. Er will versuchen, Karten für uns zu bekommen und wieder ein Hotel zu finden, welches in unserer Zeitschrift werben möchte. Was für eine schöne Idee. Live bei einem Skispringen dabei zu sein, war schon immer mein Traum und für die Kinder wäre es ein wahnsinnig tolles Erlebnis.

      In Garmisch essen wir noch gemütlich zu Mittag und anschließend fahren wir nach Hause. Auf der Heimfahrt ruft Linda an. Sie ist auf dem Weg zu mir und möchte mich abholen, um mit den Hunden spazieren zu gehen. Ich bin überrascht, es ist das erste Mal seit wir in Seeshaupt wohnen, dass sie mit mir spazieren gehen will. Dabei weiß sie doch, dass wir nicht daheim sind. Was soll der Anruf also?

      Danach schütte ich mein Herz darüber aus, wie wenig Zeit Linda und ich miteinander verbringen. Eigentlich sind wir doch gerade wegen ihr hierhergezogen. Und heute, wo sie endlich mal von sich aus anruft, muss ich ihr absagen. Mitfühlend legt John mir seine Hand aufs Knie. Es tut ihm leid, dass mich Lindas Verhalten so mitnimmt. Er meint, sie hat das mit Absicht gemacht, gerade weil sie wusste, dass ich heute nicht kann. Ich schüttle den Kopf: »Nein, das glaube ich nicht, sie hat es bestimmt vergessen.«

      Zu Hause haben wir noch ein paar Stunden für uns. Am Abend kommen die Kinder zurück und laufen John jauchzend in die Arme. Ich freue mich über diesen Anblick mehr, als ich es in Worte fassen kann.

      Johns erste Dienstreise

      Die Jungs sind im Kindergarten, ich begleite John noch rüber zum Zug. Am Bahnhof bittet er mich, sein Ticket mit meiner AMEX zu bezahlen, damit wir die Bonuspunkte gutgeschrieben bekommen. Überrascht antworte ich: »Aber deine Fahrkarte wolltest du doch online bereits vor zwei Wochen buchen. Damals wäre sie doch viel billiger gewesen.« »Ja, schon, nur da wusste ich nicht, ob wir am Ende nicht doch mit dem Auto fahren. Außerdem wollte ich Linda noch überzeugen, mich auf diese Messe zu begleiten. Leider hat sie mein Angebot nicht angenommen.« Ich bleibe ruhig, fühle mich jedoch nach Johns Abreise irgendwie ausgenutzt.

      Schon zwei Minuten später habe ich eine Nachricht auf dem Handy:

       Süße, glaub mir, nach diesem Wochenende haben wir es geschafft. Noch heute Abend treffe ich die ersten Kunden. Alle sind total gespannt auf das neue Heft. Ich liebe dich! Genieß die zwei Tage mit den Jungs und erhol dich ein bisschen.

      Erholen ist gut, verdrehe ich die Augen. Trotzdem bauen mich seine stetigen Liebesbekundungen während der Zugfahrt auf. Es ist schön, jemanden gefunden zu haben, dem die Familie so am Herzen liegt.

      Nach seiner Ankunft schickt er mir über WhatsApp ein Video von seinem Hotelzimmer. Er geht in jeden Raum und teilt mir betrübt mit, wie schade es ist, dass ich nicht bei ihm bin. Mit einem dicken Kuss in die Kamera verabschiedet er sich zum Geschäftsessen. Ich vermisse ihn fast so sehr wie zu Knastzeiten. Doch dieses Mal ist es zum Glück nur für ein Wochenende.

      Bereits am nächsten Morgen habe ich eine Nachricht von John, in der er mir mitteilt, wie erfolgreich sein Dinner war und wie sehr er sich schon wieder auf uns freut. Sofort ist der Tag noch sonniger. Ich packe unser Badezeug, schnappe die Jungs und wir gehen zum See.

      Zwischendurch ruft John jedes Mal ganz euphorisch an, wenn er wieder einen neuen Kunden hat, der definitiv im nächsten Heft eine Anzeige bucht. Er rechnet mir vor, was dies bei fünftausend Euro pro Anzeigenseite bedeutet. Wow, das wäre ja ein Vermögen, was er da an nur einem Wochenende verdient. Ich kann das gar nicht glauben, John ist wirklich ein Genie!

      Zurück von seiner Reise, erzählt er mir stolz, dass fünf Firmen sicher gebucht haben und einige seiner früheren Kunden müssen erst Rücksprache mit ihrem Chef halten, da das MEN’S MAGAZINE momentan noch zu unbekannt ist. Anschaulich berichtet er mir noch einmal, wie sehr sich alle gefreut haben, ihn endlich wiederzusehen und wie schmerzlich er die letzten Jahre vermisst wurde. Am meisten erzählt er von seinem Kumpel, der bei Adidas arbeitet. Der hat wohl früher schon immer bei ihm gebucht und möchte ab unserer zweiten Ausgabe das gesamte Jahr Anzeigen schalten. »Weißt du was das heißt, Süße?« Ohne meine Antwort abzuwarten, gibt er mir einen Kuss und wirft hinterher: »Dass ich am Wochenende mal eben fünfundzwanzigtausend Euro verdient habe und viele weitere Kunden nach dem ersten Heft folgen wollen. Die waren so begeistert, das glaubst du nicht.« Ich staune wortlos und bin beeindruckt.

      »Ach und weißt du was? Ich habe dir doch von dem einen Typen, dem Christian, erzählt. Dem habe ich vor meiner Inhaftierung monatlich eintausend Euro fürs Marketing gezahlt, obwohl er letztlich fast keine Kunden gebracht hat.» John hält kurz inne und schaut, ob ich ihm folgen kann. Ich nicke. Er hatte mir tatsächlich bereits von diesem Christian berichtet, dass er dessen Kinder jahrelang mit Prototypen von Klamottenfirmen ausgestattet hat. Damals hatte ich mich schon gefreut, dass John mit unseren Jungs gute Abnehmer für die Werbeartikel der einzelnen Firmen haben wird.

      »Jedenfalls hat genau dieser Typ dafür sorgen wollen, dass Leki nicht bei uns bucht.« »Ist nicht wahr!«, falle ich ihm entsetzt ins Wort. »Doch Süße, die Anna von Leki, die kenne ich wie gesagt auch schon ewig. Sie hat sich zunächst so gefreut, mich wiederzusehen und mir sofort eine Anzeige für die erste Ausgabe zugesagt. Und dann komme ich später zufällig dazu, als der Christian ihr gerade mitteilt, dass John, dieser Betrüger, wieder da ist.« Ich bin entsetzt: »Was für ein gemeiner Kerl!« John nimmt mich in den Arm und versichert mir, dass die Anna ihm seine Lügen eh nicht glauben wird. Trotzdem scheint er sehr bedrückt zu sein. Wieder fallen ihm genau die Menschen in den Rücken, für die er damals am meisten getan hat.

      Auch mich beschäftigt das Thema noch bis spät in die Nacht. Irgendwann finde ich mich damit ab, dass es leider immer solche Leute geben wird, die mit Johns Vergangenheit nicht umgehen können. Entweder wollen sie ihm schaden oder sie sind neidisch auf uns. Ich werde lernen müssen, damit klarzukommen.

      Am nächsten Morgen, die Jungs sind bereits im Kindergarten, falle ich John um den Hals: »Ich bin so froh, dass du wieder da bist. Diese zwei Tage ohne dich fühlten sich an wie eine Ewigkeit.« John lacht und küsst mich liebevoll auf die Stirn: »Ach Süße, ich komme doch immer wieder nach Hause. Ich werde euch niemals wieder alleinlassen. Ihr seid das Beste, was mir je passieren konnte.«

      Dann holt John seinen Rechner und zeigt mir zufrieden die ersten Seiten unserer Zeitschrift. Er hat die ganze Nacht am Computer gesessen. »Jetzt, wo ich weiß, dass das MEN‘S MAGAZINE so gut ankommt, macht arbeiten wieder richtig Spaß. Ich möchte unsere Zeitschrift ganz bald auf den Markt bringen. Dann kann ich endlich deinen Sparstrumpf wieder auffüllen.«

      Ich verkneife mir jeglichen Kommentar dazu. Trotzdem bringt mich dieser Spruch innerlich auf die Palme! Genau diese Worte hat er mir schon während seiner Haftzeit des Öfteren geschrieben. Dabei sind es gerade Johns nicht enden wollende Kosten, warum ich in den letzten Jahren überhaupt so sparen musste.

      Mit den beruhigenden Nachrichten der ersten Anzeigenverkäufe lege ich mich am Abend zufrieden ins Bett. Fünf Minuten später geht die Türe auf. John hüpft zu mir unter die Bettdecke, kuschelt sich an mich und meint: »Aber bevor ich weiterarbeite, sollten wir uns noch um unser Nesthäkchen kümmern.« Verliebt grinse ich ihn an und lasse mich verführen.

      Ich liebe diesen Mann und ich bin froh, dass wir uns auf so unglaubliche Art und Weise