Isabelle von Bayern. Alexandre Dumas d.Ä.

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Название Isabelle von Bayern
Автор произведения Alexandre Dumas d.Ä.
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754913567



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Ihr, Odette?«

      »Wollte der Himmel, dass ich träumte, gnädiger Herr, und dass ich beim Erwachen wieder wäre, wie damals, ehe ich Euch sah, ohne Tränen im Auge, ohne Liebe im Herzen.«

      »Meiner Treu, Ihr seid nicht gescheit, oder es hat Euch jemand eine Lüge angeheftet, kommt!« Bei diesen Worten umschlang er das junge Mädchen mit seinen Armen und zog es empor; sie aber beugte den Oberkörper zurück und wehrte ihn mit beiden Händen von sich ab, ohne sich jedoch von ihm frei machen zu können.

      »Ich bin nicht verrückt, gnädiger Herr!« fuhr sie fort, »und Niemand hat mir eine Lüge gesagt. Ich sah Euch.«

      »Und wo?«

      Bei dem Zuge, als Ihr mit der Frau Königin spracht, und ich habe Euch wiedererkannt, obgleich Ihr sehr prachtvoll gekleidet war, Monseigneur.«

      »Ei, Ihr täuscht Euch, Odette, irgend eine Ähnlichkeit führt Euch irre.«

      »Ja, ich habe es auch glauben wollen und hätte es vielleicht auch geglaubt, aber ein anderer Herr kam und sprach mit Euch, und ich erkannte in ihm den, der vorgestern mit Euch hier war, den Ihr Euern Freund nanntet, und von dem Ihr mir sagte, er stände mit Euch im Dienste des Herzogs von Touraine.«

      »Peter von Craon?«

      »Ja, ich glaube, das ist der Name, den man mir nannte. Nach einer Pause fuhr sie dann traurig fort:

      »Ihr habt mich nicht gesehen, Monseigneur, denn Ihr hattet nur Augen für die Königin, Ihr hörtet den Schrei nicht, den ich ausstieß, als ich ohnmächtig wurde und zu sterben glaubte, denn Ihr hörtet nur die Stimme der Königin, und das ist ganz natürlich, denn sie ist so schön! – Ach mein Gott, mein Gott!«

      Bei diesen Worten brach das arme Kind abermals in einen Strom von Tränen aus.

      »Nun gut, Odette«, sagte der Herzog, »was tut's, wer ich bin, wenn Du mich nur liebst?« »Was das tut, Monseigneur?« sagte Odette, indem sie sich aus seinen Armen befreite. Was das tut, fragen Sie? Ich begreife Sie nicht.«

      Wie erschöpft durch diese Anstrengung ließ sie den Kopf auf ihre Brust sinken und betrachtete dabei den Herzog.

      »Und was wäre aus mir geworden«, sagte sie, »wenn ich, Euch für meines Gleichen haltend und in der Hoffnung, dass Ihr mich heiraten würdet, Euch nachgegeben hätte, als Ihr mich auf den Knien darum batet? Ihr hättet mich heut Abend tot gefunden. Ach, Ihr würdet mich aber bald vergessen haben: die Königin ist so schön!«

      »Nun ja, Odette«, sagte der Herzog, »ich habe Dich getäuscht, indem ich Dir sagte, dass ich nur ein Stallmeister sei. Ich bin der Herzog von Touraine, es ist wahr.«

      Odette stieß einen tiefen Seufzer aus.

      »Aber sag' mir«, fuhr der Herzog fort, »liebst Du mich nicht mehr, reich und glänzend, wie Du mich gestern sahst, als einfach, wie Du mich jetzt hier siehst?«

      »Ich, gnädiger Herr, ich liebe Sie nicht, liebe Sie gar nicht.«

      »Wie! Aber Du hast mir doch zwanzig Mal gesagt? –«

      »Ich würde den Stallmeister Ludwig lieben«, fiel Odette ein, ich würde den lieben, der von gleichem Stande mit der armen Odette von Champsdivers ist; ich würde ihn lieben, dass ich lächelnd mein Blut und Leben für ihn hingäbe, und aus Pflicht täte ich dies auch für den Herrn Herzog von Touraine. Aber was machte mit meinem Leben, meinem Blute der edle Gemahl der Madame Valentine von Mailand, der galante Ritter der Königin Isabelle von Bayern?«

      Der Herzog wollte etwas antworten, als die Amme ganz bestürzt herein trat. »Ach, mein armes Kind«, sagte sie auf Odette zueilend, »was wollen sie mit Dir anfangen?«

      »Wer denn?« fragte der Herzog.

      »Ach, Meister Ludwig, man will. Odette holen.«

      »Und wohin?«

      »An den Hof.«

      Der Herzog runzelte die Stirn.

      »An den Hof?« Er sah Odette an. – »Und wer lässt sie holen, wenns Euch gefällig ist?« fragte er mit misstrauischem Blicke auf Jehanna.

      »Madame Valentine von Mailand.«

      »Meine Frau?« rief der Herzog verwundert.

      »Seine Frau?« wiederholte Johanna voll Staunen,

      »Ja, seine Gemahlin«, sagte Odette, indem sie die Hand auf die Schulter ihrer Amme stützte. »Es ist der Bruder des Königs, den Du siehst. Er hat eine Gemahlin, und lachend wird er ihr gesagt haben: da in der Straße la Ferronnerie, dem Kirchhofe der Saints Innocens gegenüber wohnt ein armes Mädchen, das mich alle Abende bei sich sieht, während ihr alter Vater – o, es ist wunderbar, wie sie mich liebt!« – Odette lachte bitter; »das hat er ihr gewiss gesagt, und jetzt will sie mich sehen.«

      »Odette«, fiel der Herzog heftig ein, »ich will sterben, wenn dem so ist! Hunderttausend Livres hätt' ich im Spiel verlieren wollen, wenn das nicht so gekommen wäre! Ich schwöre es Dir, dass ich nicht weiß, wer mein Geheimnis entdeckte, aber wehe Jedem, der mich hintergangen hat!« – Er machte eine Bewegung, sich zu entfernen.

      »Wohin wollen. Sie gehen, Monseigneur?« fragte Odette. »Niemand in meinem Hôtel hat das Recht, Befehle zu erteilen, als ich allein, und ich will den Leuten, die unten sind, gebieten, sich auf der Stelle zu entfernen.«

      »Ihr seid Herr, zu tun, was Ihr Monseigneur; aber diese Leute werden Euch erkennen und Madame Valentine sagen, dass Ihr hier seid was sie jetzt vielleicht noch nicht weiß; sie würde mich für strafbarer halten, als ich jetzt noch bin, und dann wär' ich rettungslos verloren.«

      »Aber Du gehst nicht nach dem Hôtel Touraine?«

      »Im Gegenteil, Monseigneur, ich muss es. Ich werde Madame Valentine sehen, und wenn sie nur noch Verdacht hat, gesteh' ich ihr alles. Dann fall' ich ihr zu Füßen, und sie wird mir verzeihen. Euch, Monseigneur, wird sie auch verzeihen, und Eure Freisprechung wird leichter zu erlangen sein, als die meinige.«

      »Thu', was Du willst, Odette«, sagte der Herzog, »Du hast stets Recht und bist ein Engel.«

      Odette lächelte traurig und gebot Jehanna durch ein Zeichen, ihr einen Mantel zu geben.

      »Und auf welche Weise willst Du nach dem Hôtel kommen?« fragte der Herzog.

      »Die Leute haben eine Sänfte bei sich«, erwiderte Johanna, indem sie Odette den Mantel um hing.

      »Auf jeden Fall wach' ich über Dich«, sagte der Herzog,

      »Gott hat es schon getan, Monseigneur«, erwiderte sie, »und ich hoffe, er wird es auch ferner tun.«

      Bei diesen Worten grüßte sie den Herzog mit Ehrfurcht und Würde, und ging die Treppe hin ab. »Hier bin ich, meine Herren«, sagte sie zu den Männern, die ihrer warteten. »Ich stehe zu Euerm Befehl; führt mich, wohin Ihr wollt.«

      Der Herzog blieb einen Augenblick schweigend und regungslos an der Stelle, wo Odette ihn verlassen hatte. Dann eilte er aus dem Gemache und die Treppe hinab. An der Haustür blieb er einen Augenblick stehen, zu sehen, welche Richtung die Leute mit der Sänfte eingeschlagen hätten. Er sah fiel zwischen zwei Fackeln der Rue Saint Honoré zuführen und lief hierauf durch die Rue Saint Denis, dann durch die Rue aux Fers und gelangte durch die Kornhalle zeitig genug nach dem Hôtel Touraine, um den Zug am äußersten Ende der Rue des Etuves zu erblicken. Überzeugt, dass er ihr um einige Minuten zuvorgekommen war, kehrte er durch die erwähnte Seitentür in den Palast zurück, erreichte sein Gemach, warf sich hastig in andere Kleider, und eilte in ein Kabinett, das an das Schlafgemach der Madame Valentine grenzte, und von wo aus er alles sehen konnte, was in deren Zimmer vorging. Madame Valentine ging, wie es schien, etwas mit Ungeduld erwartend, im Zimmer auf und nieder; beim geringsten Geräusch wendete sie den Blick der Eingangstür zu, und ihre schönen schwarzen Augenbrauen, die einen regelmäßigen Bogen bildeten, wenn ihr Gesicht ruhig war, zogen sich voll Heftigkeit zusammen. Sie war reich und sehr zu ihrem Vorteil