Hardcore. H. C. Schwarz

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Название Hardcore
Автор произведения H. C. Schwarz
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753193229



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die sonst nur die Nutten mitmachen. Das volle Programm, das alles beinhaltet, wovon Männer heimlich träumen. Gang-Bang-Massaker mit jungfräulichen Drei-Loch-Stuten sozusagen...“

      Während mir allmählich mulmig wurde, redete sich der Pornopate zunehmend in Rage, er schien voll in seinem Element zu sein. Die kalten Stahlaugen fingen plötzlich an zu leuchten und ein schwärmerischer Zug trat in sein ansonsten eher wächsern wirkendes Gesicht.

      „...Anal-Fisting, Ultra-Deep-Throat, Anpissen und als Dreingabe noch ein bisschen Sadomaso für Anfänger. Schläge bis die Arschbacken glühen. Da bleibt kein Wunsch unerfüllt und sei er auch noch so extravagant.“

      Allmählich begann ich zu ahnen, worauf dieser Wahnsinn hinauslief. Mir blieb sie Spucke weg. Dem Pornopaten wohl auch, kein Wunder, so enthusiastisch hatte ich ihn vorher noch nie vom Leder ziehen sehen. Mit einem lauten Plopp öffnete er eine Flasche Mineralwasser.

      „Ich weiß, das ist im Prinzip alles nichts Neues...“

      Er hob seinen spitz zulaufenden, sorgsam manikürten Zeigefinger und stach mit einer heftigen Aufwärtsbewegung himmelwärts, als wollte er da oben jemandem ein Auge ausstechen.

      „Der kleine, aber feine Unterschied ist, wir veranstalten all diese herrlichen Sauereien mit blutjungen Fotzen, die so rüberkommen wie Jungfrauen, die wir am Tag zuvor aus ihrem Kinderzimmer entführt haben.“

      Mit diesem grenzwertigen Satz goss er sich so stürmisch ein, dass das Sprudelwasser über den Rand des Glases schäumte. Und das ihm, der sonst jede Handbewegung überaus korrekt ausführte, der so pedantisch in jeder seiner Gesten war, dass sie schon fast wie einstudiert wirkten. Wie die Bewegungsabläufe einer fleischgewordenen Maschine...

      Diese Assoziation brachte mich auf eine seltsame Idee. Wäre es nicht möglich, dass diese graue, gruselige Eminenz gar kein lebendiges Wesen, nicht aus Fleisch und Blut war, sondern ein ferngesteuerter Automat, der von finsteren Mächten aus einem höllischen Jenseits gesteuert wurde?

      „Tobt euch nur aus, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Vorschläge sind willkommen. Hautsache, das Ganze wirkt schön brutal und authentisch. Und natürlich muss alles absolut legal ablaufen, da sichern wir uns ab. Ich habe unseren Anwalt schon informiert. Die Darstellerinnen unterschreiben vor den Aufnahmen einen Vertrag, in dem sie erklären, dass sie freiwillig bei dem Dreh mitgemacht haben und ihnen keine Gewalt angetan wurde.“

      Ein breites Schmunzeln machte die Runde. Jetzt waren die Sesselfurzer und der Häuptling wieder Verbündete. Beim Thema Vergewaltigung und Jungfrauen fanden sie ihren gemeinsamen Nenner.

      Frauenhasser unter sich. Tja, so ein Feind vereint. Auch, wenn dieser Zustand der Harmonie nur sehr vorübergehend und extrem fadenscheinig war, wie sich kurz darauf zeigte.

      Ich fühlte mich mal wieder vollkommen fehl am Platz. Allein unter Menschenfressern. Was zur Hölle, hatte ich hier bloß verloren? Meinen Selbstrespekt?

      Mein Verhältnis zum weiblichen Teil der Erdbevölkerung war zwar ausgesprochen ambivalent, von einem Ausnahmezustand wie Hass aber meilenweit entfernt. Ich bezeichnete ihn eher als gleichzeitige Anziehung und Abstoßung auf verschiedensten Ebenen, als ein vielschichtiges Wirrwarr zwiespältiger Emotionen. Doch trotz meines Beziehungschaos konnte ich mir ein Leben ohne Frauen auf diesem Planeten nicht vorstellen, wollte es mir nicht vorstellen. Mein Dasein allein mit dem männlichen Geschlecht auf dem Planeten Erde zu fristen, glich in meinen Augen einem Urteil von horriblem Ausmaß. Lebenslänglich interniert mit Milliarden von Männern in einem Hochsicherheitsknast...

      „Was, verflucht noch mal, gibt es hier eigentlich zu grinsen?“

      Die Mienen der Versammelten gefroren schlagartig. Die Heiterkeit war ihnen von einer Sekunde auf die andere aus den Gesichtern gewischt.

      „Wenn wir uns rechtlich nicht hundertprozentig absichern, kommen wir in des Teufels Küche, ist euch das bewusst?“

      Alles zurück auf Anfang, das Stechen der eisigen Augen traf auf beklommenes Schweigen. Dieses Mal war auch ich wie erstarrt. Ich hatte es kommen sehen, auch wenn ich die Entwicklung, die die Dinge in letzter Zeit nahmen, bisher nicht wahrhaben wollte. Mich schockierte daher nicht so sehr die unheimliche Strahlkraft des bösen Blicks, dagegen war ich allmählich immun. Was mich echt beunruhigte, war das neue Projekt.

      Auch, wenn ich mal wieder folgsam meine Klappe hielt, die Gedanken waren und blieben frei.

      1.19 Mein Tagebuch / 8

       Die Pornoszene

       driftet in Richtung Rape-Culture. Und das scheint mir nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Mich erschreckt eine Entwicklung, in deren Verlauf Vergewaltigungen zunehmend gesellschaftsfähig werden. Missbrauch hat offensichtlich einen hohen Unterhaltungswert und garantiert optimale Einschaltquoten. Selbst in den sogenannten gutbürgerlichen Printmedien ist es ein probates Gestaltungsmittel, die krassesten Nachrichten über misshandelte Frauen völlig schamlos mit irgendwelchen softerotischen Tittenbildchen zu garnieren. Layout ohne Grenzen.

       Früher habe ich über solche Eyecatcher blindlings hinweg gelesen. Sie waren Teil meiner Vorstellung von Normalität.

       Heute kotzen sie mich sprichwörtlich an. Sie wollen mir suggerieren, dass sexuelle Belästigungen und Übergriffe einfach nur eine Frage des Geschmacks und erotische Spielarten wären, eine Variation dessen, wie Menschen es miteinander treiben. Die Toleranzgrenzen der breiten Öffentlichkeit verschieben sich. Man gibt es nicht zu, hat aber insgeheim Verständnis für die Ausraster triebgesteuerter Mitmänner. Da hat ein Herr der Schöpfung Lust verspürt, mit einer Frau seiner Wahl gegen ihren Willen Sex zu haben, sie mit Gewalt zu ihrem Glück zu zwingen.

       Man kann unmöglich von einem Mann erwarten, dass er sich immer im Griff hat, oder? So etwas kann jedem mal passieren. Das darf man nicht so eng sehen. Ist doch schließlich nur ein Kavaliersdelikt.

      1.20 Folterknecht

       Ich seufzte

      unterdrückt, nippte an meinem Kaffee und versuchte den Tatsachen ins Gesicht zu sehen.

      Jetzt sollte ich im wahrsten Sinne des Wortes Hardcore abliefern. Die erwarteten tatsächlich von mir, dass ich Snuff-Filme nachstellte, in denen vor laufender Kamera live gekillt wurde.

      Ich sollte liefern. Nach meiner Meinung fragte mich niemand. Und was käme als nächstes? Folterungen und Hinrichtungen vor laufender Kamera, in denen Vergewaltigungen nur ein unbedeutender Nebenschauplatz waren? Faketorturefuckdeath?

      „Hat denn wenigstens jemand eine gute Idee für den Titel? Macht euch darüber mal Gedanken. Und redet mit der Grafikabteilung über das Cover. Bis nächste Woche will ich mindestens drei gute Entwürfe. Das muss einmalig werden, ein echter Hammer.“

      Und Abgang Pornopate.

      Das war das Startsignal. Alle plapperten wild durcheinander und organisierten Nachschub an Kaffee, Tee und Keksen. Überlebende, die erleichtert auf ihr neues Leben anstießen.

      1.21 Mein Tagebuch / 9

       Was ist der Motor

       hinter den Kulissen der Pornoindustrie, die treibende Kraft? Wie tickt der durchschnittliche Kunde? Angebot und Nachfrage, ein profitables Produkt mit einem wachsenden Markt? Geht es wirklich darum, ganz banal um ein lukratives Geschäft?

       Ich bin inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass im Rahmen der Pornographie vor allem ein perfides Konzept der Demütigung, der Erniedrigung gehandelt wird. Porno