...und dann ist nur noch Liebe. Tiago Maria Alma

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Название ...und dann ist nur noch Liebe
Автор произведения Tiago Maria Alma
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847667698



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den Lesern von Herzen!

      18. April 1998

      

      ich stresse mich ohne ende in der firma. meine bereitschaft auf diese messe in ettlingen zu fahren sinkt mit jeder stunde. nicht nur aus persönlichen gründen, sondern auch, weil es in der firma nicht so ganz rund läuft. irgendetwas ist aus dem lot geraten. nicht das zusammenarbeiten, nicht die stimmung, aber das ergebnis der arbeit. bei mir selber spüre ich es auch, dass meine leistung nicht das dazugehörige ergebnis bringt. ich ahne zwar, was der grund dafür ist, lasse es aber nicht zu. das wetter ist für april sensationell schön, aber es interessiert mich nicht. was, verdammt noch mal, ist nur los? ich will, aber ich kann nicht. ich könnte, aber ich will nicht. in mir ist ein sumpf von müdigkeit, depression und resignation der alles erstickt, sogar die aufgesetzte aktivität und das gespielte engagement für die sache. ich spüre, dass die mitarbeiter es spüren, ja scheinbar wissen, was mit mir los ist, ignoriere es aber und mache so weiter.

      ich arbeite wie ein verrückter, wie ein wahnsinniger und habe auf eigenartige weise auch noch irrsinnig viel zu tun. ich bin unterwegs, besuche kunden, war auf messen, arbeite, arbeite, arbeite... und weiß doch, dass die arbeit ab ca. 20:00 uhr völlig sinnlos ist. ich weiß, dass ich mich dahinter verstecke, ausruhe, endlich mit mir alleine und wenn es nur im büro ist, aber endlich alleine. nirgendwo kann ich alleine sein!

      ich bin ständig situationen ausgesetzt, die mich nicht mehr freuen, die mich zutiefst belasten, ja, ständig kränken, verletzen, ignorieren, deprimieren. es scheint keinen ausweg zu geben, außer sich zu fügen. und das tue ich ständig. aber heute ist es mir bewusster als zuvor und trotzdem hilft es mir aktuell nicht. ich fahre mit dem taxi nach hause um nach einer flasche weißwein mit der zum schlafen notwendigen müdigkeit, mattheit ruhig einzuschlafen um unruhig zu schlafen.

       19. April 1998

      ich wache um vier uhr unruhig auf, gehe runter um eine zigarette zu rauchen, schalte mtv ein, rauche, sitze, friere... um dann wieder ins bett zu gehen und noch etwas schlafen zu können. ich wache mit dem wecker um 06:30 uhr auf. noch eine viertel stunde nur so da liegen und an den bevorstehenden tag denken. ich wundere mich; irgendwas verursacht herzklopfen. aber im gegensatz zum „normalen“ herzklopfen ist es ein angenehmes herzklopfen, ein freudiges! was ist denn jetzt los?

      ich gehe runter, decke den frühstückstisch, gehe ins bad und...pfeife ein lied! ich pfeife ein lied, so wie ich vor längerer zeit immer morgens nach dem aufstehen ein lied gepfiffen habe ohne es selber bewusst zu merken. das überträgt sich offensichtlich auf mein unter- und bewusstsein und es geht mir heute irgendwie richtig gut.

      josi ruft in ihrem zimmer nach der mama. doerte steht auf und torkelt schlaftrunken zu josie ins zimmer. josie redet und redet und redet, will aber nicht aufstehen. doerte wohl auch nicht; und so liegen die beiden noch in josie’s bett bis kurz nach sieben. dann gehe ich rein, sage freudig guten morgen und ziehe die jalousien hoch. josie protestiert, aber ohne erfolg. es ist zeit aufzustehen.

      josie kommt zu mir runter in die küche und doerte ist noch im bad. josie erzählt mir ihren traum und ich ihr meinen (natürlich erfunden, denn ich weiß gar nicht ob ich geträumt habe); und ich weiß auch nicht ob das, was josie mir erzählt, nicht auch erfunden ist. jedenfalls fühlen wir beide uns wohl. josie auf meinem schoss, ganz warm, nah bei mir. sie merkt dass irgendwas schönes mit mir ist und ist entsprechend fröhlich, lustig und gesprächig. wir frühstücken und gehen dann gemeinsam die morgenrunde mit unserem hund max. dann fahren wir alle gemeinsam zum kindergarten. Ich bringe sie, wie fast jeden morgen, in die gruppe und verabschiede mich mit heftigem knutschen und drücken.

      auf der fahrt zur firma sprechen doerte und ich kein wort. unser schweigen ist schon zur normalität geworden und fällt uns gar nicht mehr auf. ich fühle mich irgendwie wohl, höre zu was im radio läuft und denke schon an den tag. ich muss meine sachen für die messe in offenburg zusammenpacken und das normale tagesgeschäft abwickeln. ich muss noch eine zugverbindung aus dem internet recherchieren und organisieren wie ich zum bahnhof komme. diese gedanken bereiten mir irgendwie eine gewisse freude, ja sogar ein wohlgefühl. das ganze gegenteil von gestern!!!

      der tag in der firma verläuft normal. heute bin ich gut drauf. das merken natürlich sofort alle, bzw. die schwingung überträgt sich auf die mitarbeiter und diese reagieren entsprechend. die stimmung im laden ist außerordentlich gut. es wird gelacht, telefoniert, gemacht, gearbeitet... und siehe da, es werden plötzlich angebote zu aufträgen, die wir gestern noch abgeschrieben hatten. ich realisiere das aber nicht so, wie es ist, sondern freue mich über die aufträge. aber mit mir ist was los, das ich nicht einordnen kann. ich habe immer noch dieses freudige herzklopfen in eigenartiger vorfreude auf die messe. ich denke daran, dass diese messe im vorjahr wirtschaftlich nicht besonders erfolgreich war, aber der geist, der während der messe zwischen den ausstellern herrschte war einzigartig und nachhaltig schön. jedoch wurden im vergleich zum vorjahr 80% der aussteller ausgetauscht. es wird also nicht mehr die truppe vom vorjahr zusammen sein, sondern ganz andere leute. ich war also schon gespannt wer da alles kommt.

      der tag vergeht. ich habe eine ideale zugverbindung für morgen gefunden, mein messe-musterkoffer ist gepackt und ich bin irgendwie sehr zufrieden mit mir. der messestand wurde schon vor tagen verschickt und ist schon dort. also morgen nur noch meine klamotten packen, den messekoffer schnappen und mit dem zug um 14:00 uhr nach karlsruhe fahren.

      ich bin dann um 20:00 uhr zu hause und bügele noch drei hemden. das geht schnell und ich stelle mir beim bügeln schon vor, wie ich im zug sitze, zeit und ruhe habe zu lesen und zu denken und wie ich mich auf drei messetage freue – nein, eigentlich vier, denn der aufbau kommt ja noch dazu. endlich vier tage raus aus der depressiven, unabänderlichen stimmung zu hause. meine laune wird immer besser. doerte sitzt im wohnzimmer und glotzt – wie fast jeden abend – eine schmachtschonzette. ich setze mich noch mit einem kastrierten weißbier dazu. ich glaube, sie bemerkt es gar nicht, dass ich da bin, aber es stört mich überhaupt nicht. ich freue mich auf das schlafen gehen, denn ich bin innerlich irgendwie verwandelt. ich bin innerlich glücklich und weiß nicht warum. ich lasse es so und gehe schlafen und schlafe gut.

       20. April 1998

      06:00 uhr aufstehen. ich bin mit dem glücklichen gefühl wieder aufgewacht und es steigert sich noch von minute zu minute. was ist denn jetzt los? ich wusste kaum mit dem in mir tobenden glücksgefühl umzugehend; tatsache war aber, dass ich mich tierisch auf die nun kommenden vier tage freute, auf den abend mit den ausstellern nach dem aufbau und dann auf die messe und auch auf die neuen gesichter. es war ein mir seit langem nicht mehr bekanntes gefühl, so freudig und gut drauf zu sein. mein verhalten an diesem morgen war dementsprechend und josie genoss es, obwohl josie und ich eigentlich immer tolle, schöne, glückliche morgende haben. aber heute bemerkte sie offensichtlich, dass etwas besonders war, was meine laune betrifft. dementsprechend drehte sie besonders auf. doerte kam damit kaum zurecht, denn es war ein einziges, glückliches rumgealbere, das josie natürlich von einem „ordentlichen“ frühstück abhielt. josie ging jubelnd und abschiedsküssendundschmusend in den kindergarten, nicht ohne zu sagen, dass sie sich freut wenn sie dreimal geschlafen hat und ich dann wieder da bin.

      doerte und ich fahren zur firma. in der firma erledige ich freudig ein paar wichtige dinge und bespreche ein paar sachen die in den nächsten drei tagen wichtig sind. frau kemmler wird mich dann um 13:00 uhr zum bahnhof fahren. die sonne scheint und es ist für april außergewöhnlich warm. mein herz klopft immer noch so sehr, dass es mich fast belästigt. ich weiß einfach nicht was mit mir los ist, möchte aber dieses gefühl aufrechterhalten, denn es kann nur etwas schönes bedeuten. am bahnhof wünscht frau kemmler mir eine gute fahrt und eine gute messe und zwinkert mir zu, wie ich es vorher noch nie von ihr bemerkt habe. sie meinte, es sei gut, wenn ich mal rauskomme aus dem tagesstress und dass ich es mir einfach gut gehen lassen sollte.

      ich war viel zu früh am bahnhof. der zug fährt erst in 30 minuten ein. ich setzte mich in der sonne auf die erde neben meinem koffer und war total relaxt. ich spürte, dass irgendetwas