ALLES für NICHTS. Volker Bauch

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Название ALLES für NICHTS
Автор произведения Volker Bauch
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783738014020



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der einzelnen Lastschriftverfahren ebenfalls nicht. LOHP ließ sich nicht in die Karten gucken, wie er was bewertete, son dern zog sein Programm zügig durch.

      Es war nicht gut gelaufen, das war mir klar. Aber mein Tag mit den Entlastungszeugen kam ja noch.

      Die Verhandlung wurde am 27. Februar fortgesetzt.

      Als erstes rief das Gericht Beate in den Zeugenstand. Sie berich tete ausführlich und in allen Einzelheiten über die Verfolgungen

      und Bedrohungen durch ihr fremde Personen, ihre Ängste um die Kinder und sich selbst. Sie sagte, sie hätte sich das alles lange Zeit nicht erklären können. Erst, als ich mich ihr gegenüber geöffnet hätte, wäre es ihr wie Schuppen von den Augen gefallen.

      Ab und zu war ein Schmunzeln im Gesicht des Richters zu be merken, während Beate ihre Aussage machte. Beim Staatsanwalt waren die hochgezogenen Augenbrauen eh Dauerzustand.

      Die Bemerkung des Richters am Ende von Beates Befragung war bezeichnend. So sagte er, als attraktive Frau müsse man gele gentlich auch mit hartnäckigen Verehrern rechnen.

      Auch Beates Darstellung der Vorgänge glaubte man nicht. Und auch nicht an einen Zusammenhang zu den mir vorgeworfenen Taten. Wahrscheinlich deshalb schon nicht, weil wir ein Paar wa ren.

      Nun blieben als einzige Hoffnung, die Aussagen von Beates Chef und ihrer Arbeitskollegin.

      Doch beide waren auf einmal mit Blindheit geschlagen. Sie konn ten sich an nichts erinnern. Es sei wohl mal etwas in dieser Art vorgefallen, räumten sie ein, aber weder Person noch Zeitpunkt wären für sie jetzt noch greifbar.

      Ich stand allein auf weiter Flur mit meiner Aussage und konnte sie nicht beweisen. Es sei denn, die Kripo hätte etwas ermittelt.

      Die KHKin SAGLLÖHNER wurde als letzte Zeugin gehört. Sie berichtete, die Ermittlungen hätten ergeben, dass die beschlag nahmten Unterlagen aus meinem Büro, allesamt Fälschungen sei en. Demnach sei klar gewesen, dass ich unter erheblichen finanzi ellem Druck gestanden hätte. Selbst der Aufbau von PRO ME DIA sei nur durch Protektion meines Vaters möglich gewesen, der den Ruf eines honorigen Geschäftsmannes besessen hätte.

      Ermittlungen bezüglich angeblicher Erpressungen zu meinem Nachteil, hätten überhaupt nichts ergeben. Außerdem würden Erpresser nicht die Kuh schlachten, die sie melken. In Korbach jedenfalls, gäbe es solche Vorgänge nicht. Deshalb sei meine Ge schichte, bedroht, erpresst und zu den Taten gezwungen worden zu sein, eine reine Schutzbehauptung und gehöre ins Reich der Fantasie.

      Die Würfel schienen gefallen zu sein. Doch noch immer hatte ich die Hoffnung, mein Verteidiger würde im Plädoyer das Steuer herumreißen können.

      In der Verhandlungspause kam der Staatsanwalt auf JOHL zu und riet ihm, er solle auf mich einwirken, ein Geständnis abzule gen. Das würde sich beim Strafmaß positiv für mich auswirken.

      Entrüstet antwortete ich:

      „Ich werde nicht etwas gestehen, was ich nicht zu verantworten habe!“

      Der Staatsanwalt MITSCH forderte für die Straftatbestände die Höchststrafe von 5 Jahren und Sicherungsverwahrung. Ich schluck te. Das Plädoyer meines Verteidigers dauert genau 5 Minuten. Er verlangte einen Freispruch. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück.

      Über eine Stunde dauerte es, bis zur Urteilsverkündung aufge rufen wurde.

      JOHL meinte, das wäre ein gutes Zeichen.

      Doch ich war nicht mehr ansprechbar. Sie hatten mich in Hand schellen gelegt.

      „Im Namen des Volkes wird der Angeklagte des versuchten Be trugs in 4 Fällen, jeweils tateinheitlich mit Urkundenfälschung, für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Da der Angeklagte einen festen Wohnsitz hat, wird die Sicherungsverwahrung aufgehoben. Der Haftbefehl wird bis zum Strafantritt nicht vollzogen.“

      Ich war fassungslos und nicht fähig zu sprechen. Erst hatte ich eineinhalb Jahre wegen skrupellosen Verbrechern in Angst und Schrecken leben müssen. Und nun wanderte ich dafür auch noch für drei Jahre und neun Monate in den Knast. Ich verstand die Welt nicht mehr.

      Die, die mir eigentlich helfen sollten, hatten mich in die Tonne getreten. Ich saß im falschen Film und wollte das alles nicht glau ben. „Das kann alles nicht wahr sein!“ ging es mir permanent durch den Kopf. Beate weinte. Sie ahnte, dass die Zeiten noch schlechter werden würden.

      Es dauerte Tage, bis ich wieder einigermaßen klar denken konn te.

      JOHL hatte formell die Revision gegen das Urteil eingelegt. Damit war es nicht rechtskräftig. Nun musste gewartet werden, bis die schriftlichen Urteilsgründe vorlagen, um dann in einer Frist von einem Monat, die Revisionsbegründung einzureichen. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe würde dann entscheiden, ob das Urteil aufgehoben wird und es zu einer neuen Verhandlung kommt, oder nicht.

      Es bestand also noch Hoffnung und daran klammerte ich mich. JOHL sprach davon, dass es Revisionsspezialisten unter den An wälten gäbe, die mich für 15.000 DM da raus hauen würden. Doch woher sollte ich 15.000 DM nehmen? Ich musste JOHL die Sache weiter durchziehen lassen. Ich war froh, dass das Ganze noch dauern würde und versuchte, innerlich Abstand zu gewin

      nen. Aber es war wohl mehr ein Verdrängen.

      Beate, die Kinder und ich bezogen eine neue gemeinsame Woh nung. Es gab viel zu tun und das lenkte mich ab. Wir beide hoff ten, dass die Sache in der höheren Instanz doch noch positiv aus gehen würde. Vor allem hofften wir auf Richter mit mehr Sach verstand, als in Kassel bei LOHP und Kollegen.

      Die langsam wieder einkehrende Ruhe wurde jäh unterbrochen, als die lokale Presse in großer Aufmachung über den Fall berichte te. Meinen Namen hatten sie zwar zu Volker B. abgekürzt, aber jeder in unserem Städtchen wusste, wer gemeint war.

      Beate hatte beim Umzug ihre alte Telefonnummer behalten. Ab jetzt stand das Telefon nicht mehr still. Bekannte, Freunde, Fami lie, alle wollten wissen, ob ich derjenige in dem Artikel sei. Auf der Straße sprach man mich laufend an.

      Ich tat so, als ob mich das nicht betreffen würde und wiegelte ab. Wie hätte ich auch jedem erklären sollen, was die tatsächli chen Hintergründe waren. Außerdem lief die Revision.

      Doch die Presseberichte veränderten mein Leben schlagartig. Die letzten Verbliebenen aus meinem Umfeld verabschiedeten sich nun auch noch. Ich war von einem unbescholtenen Bürger zu einem Kriminellen geworden, mit dem man nichts mehr zu tun haben wollte.

      An Korbach’s Theken blühten die unmöglichsten Gerüchte. Ein gefundenes Fressen für all diejenigen, die sich schon seit jeher auf

      Kosten anderer wichtig gemacht hatten, aber selbst nur kleine Lichter waren.

      Beate hatte inzwischen den Job gewechselt und arbeitete nun als Kosmetikerin in einem Studio, unweit meines ehemaligen Büros. Ihre Arbeitszeiten gingen oftmals bis 23 Uhr.

      Da uns beiden die Ereignisse der letzten Jahre noch immer in den Schuhen steckten, holte ich sie meist mit dem Auto ab, wenn es spät wurde.

      In Korbach machte es die Runde, Beate würde aus Geldnot heraus, im Kosmetikstudio auch noch ganz andere Behandlungen durchführen, als die normal üblichen und ich sei ihr Zuhälter, der die Kundschaft besorge.

      So gut es ging, versuchten wir diese entwürdigenden Gerüchte zu ignorieren. Aber es nagte.

      Ich selbst bemühte mich, eine neue Arbeitsstelle zu finden, ob wohl ich in eine ungewisse Zukunft sah. Von PRO MEDIA war einzig noch mein Postfach bei der Hauptpost übrig geblieben.

      Beim Arbeitsamt meldete ich mich arbeitsuchend, schaltete Stel lengesuche in einschlägigen Fachzeitschriften und überregionalen Zeitungen. Ich bekam eine Reihe von Angeboten, die jedoch meist dubioser Art waren.

      Eines Tages meldete sich telefonisch ein DR. DIETMAR HEN SE aus Frankfurt auf meine Anzeige in der Frankfurter Allgemei nen Zeitung und erklärte, er arbeite für die FIRST BANK